Wie ich vergaß, wer FR-Chefredakteur ist

Joachim Frank ist seit Mitte Mai – seit Uwe Vorkötters Wechsel zur “Berliner Zeitung” – Chefredakteur der “Frankfurter Rundschau”, gemeinsam mit Rouven Schellenberger, der vorher auch schon Chefredakteur war.

Blogger plädieren immer dafür, zu seinen Fehlern zu stehen. Ich habe noch nicht ganz begriffen, ob das auch bedeutet, Fehler zu erzählen, die sonst keiner mitbekommt. Aber weil ich mich dieser Peinlichkeit gerade irgendwie entledigen muss, mache ich das jetzt gerade mal.

Ich habe mir angewöhnt, wenn mich Leute anrufen oder ich mit Leuten verbunden werde, die ich nicht sofort kenne, die ich aber dann später in einem Artikel zitieren will, am Ende des Gesprächs noch einmal sicherheitshalber nach ihrem Namen zu fragen. Das ist zwar immer ein bisschen doof, weil man damit zugibt, den Namen am Anfang nicht richtig verstanden zu haben, aber dafür ist man auf der sicheren Seite, denn wenn man den Namen manchmal nur ein bisschen falsch verstanden hat, ist es manchmal sehr schwer, noch die richtige Schreibweise und dann dazu beispielsweise den Vornamen herauszufinden (mit einem Nachnamen wie meinem kenne ich das Problem umgekehrt nur zu gut).

Man ahnt, worauf dieses Posting hinausläuft: Man gibt mit so einer Nachfrage gelegentlich natürlich auch zu, dass man nicht genau weiß, mit wem man eigentlich gerade geredet hat.

Das ist mir heute passiert. Der Chefredakteur der FR, Joachim Frank, rief mich an und am Ende eines Gesprächs, was ich bis dahin (wie ich meinte) ganz gut gehändelt hatte, fragte ich dann natürlich nach: “Sagen Sie mir bitte nochmal ihren vollen Namen…” Das tat er dann auch pflichtschuldig und fügte mit einem hörbaren Lächeln in der Stimme hinzu: “Ich bin einer der beiden Chefredakteure.”

Ich dankte und legte gelassen auf, aber innerlich dachte ich natürlich etwa das hier. Wie peinlich. Und das ausgerechnet bei der FR, wo ich früher selbst mal geschrieben habe und der ich mich immer noch durchaus verbunden fühle.

Ich hoffe ein drei Monate alter Chefredakteur kann einem jungen Journalisten eine solche Unverfrorenheit vergeben.

Disney kauft Marvel – und?

Die interessanteste Meldung der internationalen Film- und Kreativbranche diese Woche war sicherlich, dass die Walt Disney Company sich entschieden hat, den Comicverlag Marvel für 4 Milliarden Dollar zu kaufen. Beide Seiten sind total happy über diesen großartigen Deal, den sie da geschlossen haben. Disney kann mit Marvel eine Zielgruppe ansprechen, mit der sich der Konzern seit langer Zeit schon schwertut (halbwüchsige Männer) und Marvel kann vom gigantischen Verbreitungsnetzwerk von Disney profitieren. Herzlichen Glückwunsch, ihr zwei.

Der Zusammengang zweier Konzerne, die beide große Figuren-Flaggschiffe haben, ist natürlich eine Steilvorlage für “witzige” und besorgte Überlegungen. Die einen mashen die Figuren zusammen (und sueddeutsche.de machts nach), die anderen versuchen über mögliche Konsequenzen nachzudenken, andere formulieren solche Befürchtungen, um über entsprechende Fans zu berichten.

Glaubt denn eigentlich außer nervigen Netz-Fanboys, die immer überall eine Verschwörung wittern, jemand wirklich, dass Marvel jetzt plötzlich disneyfiziert wird? Dass die Comics alle Familienfreundlich werden? Nur mal eine kurze Übersicht, was Disney in seinem Riesenkonglomerat schon alles produziert hat:

Alle Pirates of the Caribbean-Filme (sogar unter Walt Disney Pictures), alle M. Night Shyamalan-Filme bis Lady in the Water, so ziemlich alles von Jerry Bruckheimer (Con Air, The Rock, Coyote Ugly), The Insider, Dark Water und man schaue sich mal die Liste von Hollywood Pictures und Miramax (Pulp Fiction!) an.

Gehört alles zu Disney. Auch wenn natürlich der Konzern-Einfluss bei Marvel existieren wird (und Disney immer bemüht ist, zumindest nicht allzuviele Parteien mit ihren Produkten ans Bein zu pinkeln) – ich denke wir werden noch einige Marvel-Comics und Comicverfilmungen bekommen, die “edgy” genug sind, um Comicfans zufriedenzustellen.

Worte zum Wochenende

Wir haben uns an die Zeichenzahl 140 gehalten.

Gregor Koall , Trendopfer
// Wenn Unternehmen Twittern

Der Amateurfunker aus Nettetal/Germany wird damit zum Star im Warhol’schen Sinne – deutlich länger als 15 Minuten.

Christian Lindner , Rhein-Zeitung
// „Ich bin Presse“, „Maul zu“, „geh sterben“
[via Medienlese]

Der Günther vermittelt dem Publikum seit Jahrzehnten den Eindruck, dass er eigentlich gar nicht ins Fernsehen gehört. Aber weil er schon mal da ist, nimmt er das Kreuz halt auf sich.

Thomas Gottschalk über Günther Jauch, im Zeit Magazin Leben
// Gibt es ein Leben nach dem Fernsehen?

Ein besonders drastisches Beispiel für augenscheinlich kostenlose Übernahme und Vermarktung der Inhalte, die andere teuer erstellt haben, bietet wieder einmal die Bild.

Robin Meyer-Lucht , Carta
// Jauch-Berichterstattung: Enteignet Bild hier das Zeit-Magazin?

Direkt vom Erzeuger

Dass Filmjournalisten, wie fast alle Fachjournalisten, gelegentlich dazu neigen, bei ihren Berichterstattungsobjekten ein wenig befangen zu sein, ist kein Geheimnis. Wer lange genug dabei ist, kennt Schlüsselfiguren der Branche und hat vielleicht auch gewisse Loyalitäten. Es sollte im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass schlechte Filme trotzdem verrissen werden und, sagen wir mal, in der Regel passiert das auch. Gute Kritiker treten beispielsweise davon zurück, Filme zu besprechen, mit deren Machern sie irgendwie verbandelt sind.

Aber wie wäre es denn, wenn die Filmemacher ihre Berichterstattung einfach selbst machen könnten? Dann könnte man sich die ganze Debatte über Fachjournalistenbefangenheit sparen und wüsste direkt woran man ist. Die wohl immer noch größte deutsche seriöse Kinozeitschrift Cinema hat jetzt genau das gemacht und lässt Michael “Bully” Herbig einfach mal die zwölfseitige “Reportage” über seinen neuen Streifen “Wickie und die starken Männer” im aktuellen Heft selber gestalten, als “Chefredakteur für einen Tag”. Wie praktisch, da konnte er auch gleich noch “exklusiv[e] Fotos von den Dreharbeiten” mit unterbringen.

Zwar legt der reguläre Chefredakteur Artur Jung Wert darauf, dass die Filmkritik erst einen Tag später geschrieben wurde, aber für vom “Erzeuger” generierte Inhalte, die journalistisch präsentiert werden, kenne ich eigentlich trotzdem nur einen Ausdruck und der lautet PR.

Printartikel II

Wie viele andere habe auch ich jetzt einen Artikel zum Bundestagswahlkampf im Internet geschrieben. Die zentrale Frage:

Die Schriftzüge der großen Online-Knotenpunkte prangen auf den Webseiten der Parteien wie die Kreditkartenlogos an der Tür eines großen Kaufhauses. „Wir machen Politik auf allen Kanälen“, wollen sie sagen. Damit ist allerdings noch lange nicht garantiert, dass diese Politik auch überall wirkt, vor allem bei den so begehrten Jungwählern.

Ich habe mich nicht nur mit den Aktionen der Parteien beschäftigt, sondern auch mit der Auswertung dieser Aktionen durch das Netz, ARD und ZDF.

Und in der Tat hat sich über den Aktionen der Parteien im Netz längst eine Art übergeordnete Decke aus Aggregation und Kommentierung ausgebreitet.

Diese beiden Teaser-Quotes und mehr in epd medien 65/09.

Worte zum Wochenende

I wonder how long it’ll be before a trailer opens with: “In a world where Megan Fox gets naked …” It might not represent the whole film, but it would make some studio bosses ever so happy.

Anna Pickard , guardian.co.uk
// Jennifer’s Body trailer: not to be confused with Juno

Die Berufsethoswächter mögen ein Nachsehen mit mir haben, denn die Zeit drängt und ich möchte mich doch auch noch einmal auf das Niveau herunterlassen, auf dem nun auch das Panorama der Süddeutschen Zeitung sich einpendelt, und vermelde: Angela Merkel hat einen Bums-Platz in ihrem Haus. Jawohl, ein privates Bumsodrom.

Silke Burmester , taz
// Wer nix wird, wird kompakt

Das Telefonnetz ist ein Ort der Obszönitäten, der Niedertracht und der Drogengeschäfte. Liebende hauchen Sätze in die Muschel, bei denen sich jeder Dudenredakteur ins Tomatenhafte verfärben würde, Beleidigungen und üble Nachrede sind an der Tagesordnung, Straftaten werden geplant. Das Telefonnetz ist ein rechtsfreier Raum.

Malte Welding , Netzeitung
// Das geSpiegelte Internet

Das Stück kann unsere Familien bis ans Lebensende ernähren. Und wahrscheinlich auch die Familien unserer Enkel und Urenkel.

Michael Münzing (SNAP!), im Interview mit dem SZ-Magazin
// “Dieses Stück kann unsere Familien bis ans Lebensende ernähren.”
[via Medienlese]