Ich bin nicht nur ein großer Filmfan sondern auch ein Freund des Kinos. Also schmerzt es mich, mitzuerleben, dass ausgerechnet das Kino, mit dem ich großgeworden bin, das Bambi und Camera Kino in meinem Geburtsort Bad Schwalbach zum Jahresende seine Pforten geschlossen hat.
Das verwundert nicht. Obwohl der kleine Kurort Bad Schwalbach im Untertaunus von dem Problem vieler Provinzkinos verschont geblieben ist, in der nächstgrößeren Stadt ein Multiplex zu haben (Wiesbaden ringt seit Jahren darum, hat es aber nicht auf die Reihe bekommen), war die Geschäftslage, wann immer ich in den letzten Jahren in Bad Schwalbach vorbeischaute, nicht gerade rosig. Inhaber Volker Weis ist mittlerweile 68, seit über 40 Jahren im Geschäft und hat sich den Ruhestand redlich verdient. Das Kino hat er bis zuletzt als Familienbetrieb geführt, mit einigen wenigen Aushilfen – unter anderem, von 2000 bis 2004, mit mir.
Das besondere am Bambi und Camera ist für mich aber nicht nur, dass ich dort vier Jahre Karten verkauft und abgerissen, Popcorn geschaufelt und Getränke verkauft habe (und mich bis heute ärgere, dass ich nicht sofort gesagt habe, dass ich auch Vorführen lernen möchte). Mich hat auch immer beeindruckt, dass mein Ex-Chef das Kino konstant auf dem neuesten Stand gehalten hatte. Beide Säle, das Camera mit 125 Plätzen und das Bambi mit 74, waren mit Dolby 5.1 (das Camera auch mit DTS) ausgestattet, hatten immer saubere Leinwände und keine durchgesessenen Sitze – ganz im Gegensatz zu vielen anderen Kinos in kleinen Orten. Das Foyer wurde zuletzt 2002 renoviert. Zusätzlich gab es persönlichen Service vom Chef: Kurgäste wurden nach den späteren Vorstellungen in ihre Kliniken zurückgefahren. Dass es am Ende nicht mehr für eine Digitalisierung gereicht hat, kann ich angesichts der momentanen Lage gut verstehen.
Auf der Website des Kinos steht derzeit, dass eine Wiedereröffnung unter neuer Leitung geplant ist. Auch im Artikel des “Wiesbadener Kurier” vom 29. Dezember 2010 heißt es, es gebe zwei Bewerber, die “andernorts schon kleinere Kinos [betreiben]” (was sich etwa mit dem deckt, was ich bei meinem letzten Besuch an Weihnachten erfahren konnte). Es besteht also noch Hoffnung, dass die seit 1926 bestehende Kinotradition in Bad Schwalbach nicht stirbt.
Mir tut die Schließung trotzdem leid. Familie Weis war für mich seit über zehn Jahren eine freundschaftliche Bekanntschaft – und auch eine wertvolle Recherchequelle für die Stimmung “an der Basis” in der Kinobranche. Selbst wenn das Bad Schwalbacher Kino wiedereröffnen sollte, für mich wird ein Besuch dort nicht mehr das gleiche sein. Ich wünsche Herrn und Frau Weis, Beate und Stefanie und Ralf dem Vorführer daher auch an dieser Stelle noch einmal alles Gute und hoffe für sie, dass auch die Zeit ohne Kino eine schöne wird.
Was fuer ein schoener Beitrag! Ich habe meine Jugend in diesem Kino verbracht, bei Herrn Weis das Vorfuehren gelernt und bin seitdem, auch wenn ich mich dann letztendlich doch fuer eine andere Karriere entschieden habe, ein Kinoliebhaber geblieben und denke haeufig an diese wunderbare Zeit zurueck. Die Weis’ waren fuer mich Ersatzeltern und der verstohlene Blick in die Welt des Entertainments zugleich……
Falls sie Familie Weis einmal wieder treffen sollten, dann sagen sie ihnen bitte, dass ich an sie denke. Viele Gruesse aus Berlin, Jörg.