Die beste Werbung für einen Podcast ist eine Erwähnung in einem anderen Podcast. Diese alte Weisheit ist zumindest für Podcasts, die über kein Werbebudget verfügen, immer noch wahr. Kein Social Media-Kanal wird einem je so viele neue Hörer*innen bescheren, wie eine Empfehlung “nebenan”. Denn dort werden Menschen erreicht, die bereits Podcasts hören, ihren Hosts vertrauen und mit nur wenigen Klicks am ehesten bereit sind, auch mal einen anderen Feed zu abonnieren.
Man kann aber noch einen Schritt weitergehen, und fremde Podcasts den eigenen Hörer*innen direkt liefern. Denn die meisten haben ein kostenloses Abo abgeschlossen, das sie lieben und schätzen und im Zweifelsfall aus Faulheit sogar behalten, wenn in ihm nichts passiert.
Der RSS-Feed gilt den meisten Podcaster*innen als reiner Auslieferungsmechanismus – für einige sogar der einzig wahre, der Podcasts überhaupt zu Podcasts macht – und auch als ein bisschen heilig. Er sollte ja nicht für irgendetwas anderes benutzt werden, als den eigenen Podcast regelmäßig in die Podcatcher zu drücken. Dabei ist er ein mächtiges Werkzeug, das sich ideal für Podcast-Entdeckung (mein Lieblingsthema) und Podcast-Empfehlung einsetzen lässt.
Es wundert mich immer wieder, dass nicht mehr Podcaster*innen mehr aus ihrem Feed machen, obwohl es viele gute Beispiele gibt, wie das bereits geschieht. Mir sind bisher drei Hauptmodelle aufgefallen, wie Podcaster*innen ihren Feed zur Auslieferung von mehr als den regulären Sendungen verwenden können.
1. Werbung
Die einfachste und naheliegendste Lösung. Trailer für andere Produktionen lassen sich perfekt auch in den Feeds von bereits laufenden Podcasts ausspielen. Im Feed des erfolgreichen Cui Bono-Podcasts von Studio Bummens tauchten zum Beispiel Trailer für die Anschlussproduktionen Noise und Legion auf, bevor der Trailer für Staffel 2 von Cui Bono kam. (Ich habe Studio Bummens dazu Fragen geschickt, aber leider keine Antwort erhalten.)
Wer besonders mutig ist, kann statt des Trailers auch mal die ganze erste Folge eines neuen Projekts in den alten Feed werfen, vorausgesetzt er oder sie hat die Rechte daran. Reinhören werden die meisten – und vielleicht hören einige auch weiter.
2. Paralleluniversen
In Kulturindustrie podcaste ich gemeinsam mit drei anderen Hosts zu Popkultur. Vor einiger Zeit war ich gemeinsam mit einem meiner Co-Hosts, Sascha, zu Gast im Star Wars Podcast Blue Milk Blues, um über das Star-Wars-Anthologie-Buch From A Certain Point of View zu sprechen. Zwei vertraute Stimmen und ein Thema, das nah am Publikum des Podcasts ist. Ich hätte Tobi, den Blue Milk Blues-Host, damals wirklich fragen sollen, ob wir die betreffende Episode auch als Bonus-Episode in unserem Feed veröffentlichen dürfen. Hätten bestimmt viele unserer Hörer*innen gerne gehört – und vielleicht wären ein paar auch bei Tobis Podcast hängengeblieben.
Der Clou bei dieser Art der Cross-Promotion ist, dass man es seinen Hörer*innen so leicht wie möglich macht, mehr von ihren bekannten Stimmen zu hören und das andere Produkt eigentlich nur nebenbei bewirbt. Denn Podcaster sind ja fast regelmäßig auch in anderen Podcasts zu Gast. Das Podcast-Label Pushkin von Malcolm Gladwell setzt diese Methode regelmäßig ein, und ich habe es noch nie bereut, einen Gastauftritt etwa von Tim Harford in The New Bazaar zu hören – und dabei gleich meinen Podcast-Radar etwas erweitert.
3. Kuration
Das finde ich die Königsdisziplin von kreativer Feednutzung für Podcast-Entdeckung. Statt Werbung für eigene andere Projekte zu machen oder Gastauftritte in anderen Podcasts als Bonuscontent zu syndizieren, präsentiert man ausgewählte Podcasts anderer Podcaster*innen im eigenen Feed. Als Death Sex and Money vor zwei Jahren das “Audio we Love Fest” in meinem Feed schob, war ich davon so begeistert wie schon lange nicht mehr. Ein Überraschungs-Podcast-Festival, inklusive Q&A mit den Macher*innen, fand ich einfach eine großartige Idee.
Der Lila-Podcast hat sich vom Konzept diesen Sommer inspirieren lassen und unter dem Namen “Lila Sommerspecial” ebenfalls fünf andere Podcasts im eigenen Feed vorgestellt, jeweils mit ganzen Folgen und rahmenden Gesprächen. Weil mich interessiert hat, wie das ankam, hat mir Host und Labelchefin Susanne Klingner ein paar Fragen dazu beantwortet.
Susanne hat mir erzählt, dass es ein perfektes Format für die Sommerpause war und jeder im Team einen Podcast ausgewählt hat. Die Umsetzung sei vergleichsweise einfach gewesen, sagt sie. Leider habe es wenig Rückmeldung gegeben, die Abrufzahlen wären aber gerade für die Sommerzeit gut gewesen. “Unsere Partnerinnen haben sehr große Ausschläge nach oben gemerkt, bei Zugriffen auf die Website genauso wie bei den Abos bei Spotify.” Dem Lila Podcast hat es kaum zusätzliche Hörer*innen gebracht, aber das Team wertet die Unternehmung dennoch als Erfolg und vor allem “inhaltlich eine totale Bereicherung”.
Dieses Modell finde ich gerade für die freie Podcast-Szene hervorragend geeignet, um sich gegenseitig zu feiern, kleineren Podcasts zu mehr Reichweite zu verhelfen und den eigenen Hörer*innen beim Entdecken neuer Podcasts zu helfen. Klar, man kann auch einfach sagen, dass es die anderen Podcasts gibt, aber so ist es komfortabler und es hat einen redaktionellen Rahmen. Hätte ich endlos Zeit, ich würde einen Podcast machen, der einmal im Jahr nur aus zwei Wochen solcher Kurationen besteht – ein Festival eben (bis dahin behelfe ich mir mit dem Podcapril).
Bevor jetzt alle meinen Ratschlägen folgen und ihre Feeds vollballern – hier sind drei Dinge, die es zu bedenken gilt
I. Relevant bleiben
Ich finde, diese Art der Ausspielung von im Grunde fremden Inhalten funktioniert auf Dauer nur, wenn sie von den Hörer*innen her gedacht wird. “Liefere ich meinen Hörer*innen durch diese Nutzung meines Feeds einen Mehrwert?” sollte die wichtigste Frage sein. Nur dann läuft man nicht Gefahr, dass der ungewohnte Content als störend empfunden wird.
II. Vertrauter Rahmen
In allen Beispielen, die ich oben genannt habe, egal ob es sich um einen einfachen Trailer oder eine komplexe Kuration handelt, ist eine Sache gleich: Der fremde Inhalt purzelt nicht einfach so in den Feed. Die erste Stimme, die die Hörer*innen hören, ist immer die eines vertrauten Hosts, der den fremden Inhalt ankündigt und erklärt, warum er im Feed auftaucht. Diese Art der Einordnung finde ich unerlässlich. Sie sorgt dafür, dass die fremde Auswahl als Teil des gewohnten Podcasts wahrgenommen wird.
III. Die Dosis macht’s
Das versteht sich eigentlich von selbst. Ein Stilmittel, das zu oft eingesetzt wird, nutzt sich irgendwann ab. Wer seine Abokunden irgendwann nur noch mit Content bestückt, den sie nicht bestellt haben, wird sie verlieren. Aber als Bonus-Schmankerl zwischendurch glaube ich fest daran, dass es nicht nur funktioniert, sondern goutiert wird.
Dieser Umfrage auf Twitter zum Trotz:
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