Dies ist ein Gastposting von Sebastian Mattukat.
Zur Einstimmung wird diese Playlist empfohlen.
Es ist wieder soweit, der nächste Transformers kommt morgen in die Kinos und wieder wird jede Menge über Michael Bay geschrieben. Fast einstimmiger Tenor: Michael Bay, der Zerstörer des Kinos. Gleich vorweg: Ja, seine Filme sind immer groß, laut und irgendwie ein bisschen vulgär. Aber trotzdem kann man mit ihnen seine Freude haben. Ein paar meiner Kollegen fragen sich regelmäßig, wieso ich mir noch einen Transformers überhaupt anschaue. Manchmal kommen sie mit ins Kino und sind aufgrund der Story in der Regel frustriert. Ich antworte dann immer, dass sie ja bitte nicht ernsthaft wegen der Geschichte in den Film gegangen sind. Die Gegenfrage lautet dann immer, warum ich in den Film gegangen bin und wie ich mit erhobenen Hauptes den nächsten von Trier gehen kann. Der folgende Text ist der Versuch einer Antwort.
Was ist es also, was mich in die Filme von Michael Bay zieht, wenn es nicht wie sonst die Geschichte ist? In meinen Augen sind seine Filme einer der letzten wahrhaftigen Actionfilme, die den Moment zelebrieren, die so echt wie möglich und Hautnah am Geschehen sind. In einem vor kurzem veröffentlichten Video wird die „Bayhem“ betitelte Ästhetik besprochen, aber tritt meiner Meinung nach, in ihrer Kritik, zu kurz. Denn das Video impliziert, dass man der Geschichte folgen möchte, doch das ist wie Eingangs besprochen der größte Fehler, den man in einem Film von Herrn Bay tun kann.
Beginnt man sich jedoch auf die einzelnen Momente einzulassen, achtet auf die kleinen Details und die berauschende Kameraarbeit, dann stellt man immer wieder fest, „Das war gerade das visuell aufregendste, was ich seit langem gesehen habe!“. Ich stelle hier nun die These auf, dass dies vor allem Zuschauer können, die mit dem Medium Musikvideos, was Bay großmachte, nicht nur vertraut sind, sondern dies auch zu schätzen wissen. Auch wenn man heute nur noch selten daran erinnert wird: Musikvideos waren früher kleine opulente Meisterwerke, die im besten Fall die Stimmung eines Liedes perfekt transportierten. Hier hat Michael Bay sein Handwerk gelernt und es auf seine Art perfektioniert, um Stimmungen und Momente zu transportieren.
Wie bei einem guten Musikvideo bleiben einzelne Szenen seiner Film im Kopf hängen. Es reicht eine Drehung der Kamera und man ist sofort wieder in Miami. Durch das visuelle Verständnis von Bay und seinen Kameramännern werden kleine Szenen zu wahren Meisterwerken. Sei es die großartige Verfolgungsjagd in The Island, Nicolas Cage und das Leuchtfeuer, oder die Szene, die Will Smith zum Filmstar machte. Natürlich sind all dies große Szenen, mit klaren Strukturen und völliger Abwesenheit von Zwischentönen. Doch im Vergleich zu vielen anderen Actionfilmen dieser Tage besitzen sie damit etwas Echtes, etwas Reales, so dass es eine Freude ist, sie in sich aufzusaugen.
Gleichzeitig gibt es noch einen zweiten Punkt, der Michael Bay hervorhebt und besonders macht. Er dreht so viel wie möglich “in camera” und das macht ihn zu einer aussterbenden Art. Früher war es nichts besonderes, aber in der heutigen Welt der Pixel-Avatare ist es eine willkommene Abwechslung. Wenn Stahl auf Beton trifft, merkt das der Zuschauer, er kann es förmlich spüren. Da werden Autos ineinander gefahren, Boote über den Highway geschmissen, ganze Kriegsschiffe aufgefahren und Wüstenoasen gesprengt. Oben drauf kommen dann nicht zu knapp die visuellen Effekte, aber in der Regel gibt es eine reale Grundlage. Und das macht den großen Unterschied für mich als Zuschauer aus. Denn wenn ich weiß, dass etwas physikalisch nicht möglich ist und nur mit Hilfe von CGI entstanden sein kann, reißt es mich aus dem Film raus. Ist die Szene, wie auch immer, geerdet, fällt es mir leichter dem Geschehen zu folgen und die Action macht wieder spaß.
Diese packenden Einzelmomente und handgemachte Action machen natürlich noch keinen Film für die Ewigkeit. Aber das müssen die Filme von Michael Bay auch nicht sein. Viel mehr ist es doch schön, dass es da draußen noch jemanden gibt, der so cool wie kaum jemand auf den Moment inszenieren kann. Bei dessen Filmen eigentlich Szenenapplaus angebracht ist und man für einen kurzen Moment noch einmal kleiner Junge sein kann. Dann ist es wie früher und für zwei Stunden gibt es nichts wichtigeres auf der Welt, als schnelle Autos, Polizisten und Roboter. Warum sollte man das nicht genießen?
Sebastian Mattukat ist Filmemacher und lebt in Berlin. Folgt ihm auf Twitter.