Zehn zu Null – Eine Dekade voller Filme: Eternal Sunshine of the Spotless Mind (2004)

Ich weiß noch, dass ich aus dem Kino kam, nachdem ich Eternal Sunshine of the Spotless Mind gesehen habe, und wusste, dass ich gerade Zeuge der Vorführung eines perfekten Films gewesen war. Es gibt diese Filme, bei denen einfach alles stimmt, bei denen alle Aspekte des Filmemachens perfekt ineinander greifen — auf der visuellen, der schauspielerischen und der Story-Ebene. Diese Perfektion muss nicht unbedingt bedeuten, dass der Film einem auch gefällt, aber man kann nicht anders, als sich vor einer Meisterleistung zu verbeugen.

Eternal Sunshine kombiniert die Vorstellungskraft von zwei erstaunlichen Individuen der Noughties, Drehbuchautor Charlie Kaufmann und Regisseur Michel Gondry. Die zwei hatten vorher schon einen Film gemacht (den vergessbaren Human Nature) und sie haben später alleine Filme gemacht, aber bei Eternal Sunshine schien einfach alles zu klappen: Jim Carrey spielt seine beste ernste Rolle, Kate Winslet scheint wie ein Stern, in den Nebenrollen brillieren Kirsten Dunst, Tom Wilkinson und Mark Ruffalo, die Visuellen Effekte sind einfallsreich und nahtlos, die Musik von Jon Brion traumhaft.

Dazu kommt eine Geschichte, die jeden Menschen, der schon einmal über Liebe und Schicksal nachgedacht hat, packen muss. Können zwei Menschen füreinander geschaffen sein, gar zum ewigen Scheitern geschaffen?
Wachsen oder zerbrechen wir an unseren Erinnerungen? Und wieviel ist “wahre” Liebe wirklich wert? Solange diese Fragen weiter gestellt werden, wird Eternal Sunshine of the Spotless Mind seine Wirkung behalten.

Über Gondry-Kaufmann hinaus war 2004 vor allem ein gutes Jahr für erstaunlich gute Fortsetzungen. Spider-Man 2, mit Alfred Molina als Doc Ock, ist mit Abstand der Beste der Reihe (und The Incredibles nahm das ganze Genre gut auf die Schippe). Kill Bill Vol. 2 gab dem wahnwitzigen Schlachtfest aus Folge 1 plötzlich einen psychologischen Sinn und gefiel mir sehr gut. The Bourne Supremacy prägte deutlicher als sein Vorgänger einen neuen Typ von Actionfilm — die Häcksel-Action mit gebrochenem Held.

Phantastik mit guten Bildern würde ich als einen weiteren Trend des Jahres nennen, das definitiv zu meinen Lieblingsfilmjahren der Noughties gehört. Mit Hellboy und Harry Potter and the Prisoner of Azkaban adaptierten zwei mexikanische Regisseure, Guillermo del Toro und Alfonso Cuaron, fantastische Welten mit einem faszinierenden Gespür für Bild und Herz. Und Brad Silberling kochte in Lemony Snicket’s A Series of Unfortunate Events eine Suppe, die Tim Burton sicher auch gefallen hätte. Einer meiner Lieblingsfilme des Jahres wird allerdings wohl kaum in die Geschichte eingehen: Sky Captain and the World of Tomorrow gefiel mir mit seiner Pulp-Attitüde dennoch sehr gut.

Shaun of the Dead ist vielleicht die beste Komödie des Jahrzehnts, gerade weil sie ihr Parodieobjekt so ernst nimmt. Aber 2004 war auch das Jahr von Team America: World Police, dem wohl besten und bösesten Film über den neuen amerikanischen Post-9/11-Imperialismus-Traum. I Heart Huckabees hingegen geht von seiner Stimmung eher in eine ähnliche Richtung wie Eternal Sunshine.

Die Tatsache, dass ich die großen Oscar-Filme des Jahres, Million Dollar Baby und Finding Neverland beispielsweise, jetzt erst erwähne, zeigt, dass 2004 einfach ein verdammt gutes Jahr für Mainstream-Kino war, abseits der großen Gefühle. Der Oscar für Million Dollar Baby ist verdient — der Film war sehr gut — aber ich bezweifle, dass er in den Köpfen so lange überleben wird. Den Auslandsoscar gewann Alexandro Amenabars Mar Adentro, ebenfalls verdient (vor allem gegen den Untergang).

Dieser Beitrag ist Teil 5 der Serie
Zehn zu Null – Eine Dekade voller Filme

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