In eigener Sache: Gestatten, Matzkeit.

Der Vater meines Vaters kam kurz vor oder während des Zweiten Weltkriegs – so genau weiß ich das gar nicht – als junger Mann von Serbien nach Deutschland. Er hat seinen Namen an seinen Sohn weitergegeben, und der hat ihn an mich weitergegeben. Seit 30 Jahren heiße ich Gajic, ein Name, der von den meisten Leuten weder richtig ausgesprochen (“Gadschick” ist die häufigste Form – ich habe dazu eine komplizierte Theorie, die ich auf Parties gerne erkläre) noch richtig geschrieben wird, obwohl ich ihn immer freundlich buchstabiere (“Gayic” ist sehr häufig, aber am besten war der Brief, der an Herrn Geahjottizeh addressiert war).

Ich will gar nicht jammern. Es gibt wahrlich schlimmere Namen und schlimmere Schicksale, aber ich habe meinen Namen nie geliebt. Ich habe keinen Bezug zu Sprache, Land und Leuten dahinter (er bedeutet übrigens “Wäldchen”), selbst zu meinem Großvater hatte ich nie eine enge Beziehung. Die Buchstabiererei geht mir auf den Wecker, ich mag das Schriftbild nicht (J und I direkt nebeneinander, bäh) und auf Englisch ist der Name noch anstrengender als auf Deutsch – die Assoziationen reichen von Gay bis Garlic.

Am Freitag heirate ich Katharina Matzkeit und ich habe mich entschieden, ihren Namen anzunehmen. “Matzkeit” muss man zwar auch buchstabieren, wenn ihn jemand anders aufschreiben soll, aber wenn ein Deutsch sprechender ihn liest, spricht er ihn in der Regel richtig aus. Ich werde mich in Zukunft nicht mehr rechtfertigen müssen, warum ich nie Kontakt mit meinen serbischen Wurzeln gesucht habe und auf Google nie wieder mit dem amerikanischen Lacrosse-Spieler verwechselt werden (Alexander Matzkeit gibt es nämlich noch nicht). Das Ganze lohnt sich allein schon für jedes Gespräch, das ich geführt habe, in dem ich erklären konnte, warum es keineswegs ein Gott gegebener Standard ist, dass Frauen sich dem Mann angleichen und nicht umgekehrt.

Allerdings veröffentliche ich als Alexander Gajic auch seit guten 14 Jahren Texte. In meinem kleinen, bescheidenen Rahmen ist mir die Markenbildung, von der im Internet immer alle reden, geglückt. Inzwischen kann ich mich Leuten in meiner Branche vorstellen, und der ein oder andere hat schon einmal was von mir gehört (“Sind Sie der Alex Gajic?”). Es kommt für mich trotzdem nicht infrage, meinen Namen einfach zu behalten, denn ich möchte, dass die Eltern meiner zukünftigen Kinder den gleichen Namen haben (das ist noch einmal eine ganz andere Diskussion).

Ich frage mich nur, ob ich ihn vielleicht als Autorennamen behalten sollte. Hier im Blog und auf Twitter, in Artikeln, die mit Film und Medien zu tun haben und in Vorträgen. Alles, was ich beruflich neben meinem Hauptberuf mache, um meine Konsumlust zu stillen. Das würde eine klare Trennung der Sphären bedeuten und eine Kontinuität wahren.

Oder ist es sinnvoller, jetzt einmal den Wandel zu vollziehen und dann nie wieder zurückzublicken? Beziehungsweise, höchstens, um die Geschichte “Wie ich meinen Namen änderte, und warum es bescheuert ist, dass das bei Frauen normal und bei Männern immer noch etwas Besonderes ist” noch ein paar Mal zu erzählen?

Ich habe noch keine gute Antwort auf diese Frage gefunden, aber vielleicht haben das ja andere. Deswegen habe ich mich zu diesem Blogpost entschieden und ich hoffe auf Erfahrungsberichte, Reaktionen, Ratschläge und Gedanken in den Kommentaren. Danke schon mal.

11 thoughts on “In eigener Sache: Gestatten, Matzkeit.”

  1. Ach, wenn es nur so einfach wäre, seinen Vornamen zu ändern, wie seinen Nachnamen! Damit habe ich nämlich die selben Probleme wie du mit deinem Nachnamen. Ich kann deine Entscheidung also sehr gut nachvollziehen. Gajic ist aber an sich schon ein schön klingender Name, wie ich finde.

    Wie wäre es denn, wenn du deine bereits bestehenden Projekte unter diesem Namen fortführst, aber bei neuen Projekten auf deinen neuen Namen wechselst? Zum Beispiel könntest du Themenbereiche dadurch trennen… “Lustiges” unter Gajic, “Ernstes” unter Matzkeit… oder umgekehrt. ;)

  2. Erst einmal: Gratuliere zum kleinen großen Schritt!

    Zum Namen ist es natürlich schwierig, besonders da du eben – wie du schreibst – eine gewisse Marke etabliert hast. Natürlich würde es Sinn machen dies fortzuführen. Hat dann aber auch etwas von Kunstfigur. Schwierig und eine Lösung habe ich auch nicht parat.

    Lass uns wissen, wie du es handhabst. Treue Leser werden dir auch weiterhin treu bleiben. Egal welcher Name.

  3. Vielleicht kommen deine wichtigsten literarischen Ergüsse ja erst noch und diese werden dann unter deinem (neuen,) wahren Namen erscheinen. Ist das nicht eine schöne Vorstellung?
    Ich wünsche Dir nicht nur für diese Entscheidung alles Gute :)
    Fühl dich gedrückt!

  4. Puh, schwierige Frage. Ich habe im Internet jahrelang unter meinem Alias “Dos Corazones” publiziert, was mir eine gewisse Anonymität gewähren sollte. Da ich aber nie so eine Reichweite wie du erfahren habe, war für mich jetzt der Schritt in den Blogwelten meinen Vornamen zu nutzen, recht einfach (zumal ich mit vielen Bloggern auch auf Facebook – mit echtem Namen – verbunden bin).

    Die ganz einfache, aber wohl nicht sehr hilfreiche Antwort von mir wäre – wähle den Namen, der dir besser gefällt – wobei mir Alex Gajic wirklich kein Dorn im Auge ist. Vielleicht liegt es an der Gewöhnung. Wie auch immer du dich entscheidest – vorbeischauen und lesen werde ich weiterhin ;)

  5. Danke fürs teilhaben an deine Gedanken! Da ich gerade in dem gleichen Prozess bin kann ich deine Empfindungen nachvollziehen. Naked Berlin war für mich “gedanken äußern ohne zensur” Nur passiert es jetzt ganz oft das von aussen die Frage kommt warum bei mir immer dann auch Werbung von unseriösen Bildern erscheint. MHM die Erklärung ist einfach,, google filtert übersetzt und reagiert ohne wissen. Ich denke ich behalte den Namen und mache einen neuen auf mit einem anderen Namen. mhm.. Also ich kann es nachvollziehn ;O) wie du siehst. GOOD LUCK!!

  6. Ich habe in meiner ersten Ehe vor langen Jahren ziemlich wider Willen den Namen meines Mannes angenommen (er war hässlich, wäre aber mit ihm ausgestorben) und ihn tatsächlich nur im afministrativen und privaten, familiären Bereich benutzt. Für die Arbeit habe ich, was in Künstlerkreisen für Frauen durchaus üblich war, meinen Mädchennamen behalten. Das war relativ wenig erklärungsbedürftig, weil sich diese Bereiche nicht so stark überschneiden wie man glaubt. Ich kenne auch einige Unternehmerinnen, die aus Tradition den Namen wechseln, ihr Unternehmen aber mit dem Mädchennamen verknüpft lassen. Das ist schließlich eine Marke.

  7. @Kitty Koma: Puh, der Text in der Klammer kommt aber erst mal schockierend rüber, bis man merkt, dass du vom Namen sprichst… *lach*
    Aber dein Beispiel ist dafür schön: wenn es bei Frauen durchaus nicht selten vorkommt, dass der Mädchenname für dienstliche Belange weitergeführt wird, warum soll das dann nicht auch prima für “Jungennamen” gelten… ;)

    Insofern könnte ich mich auch an Matzkeit gewöhnen; auch ich “Gajic” durchaus auch schön fand, kann ich die Argumente verstehen. Trotzdem wird die Umgewöhnung eine Zeit brauchen. ;)
    Was Matzkeit angeht: ich finde die “-eit”-namensgruppe ohnehin sehr lustig, da gibt es so viele ulkige Variationen. :) Wo kommt der Name überhaupt her bzw. was bedeutet er?

    LG
    Manu / Gomeck / Maikamatsum-Si É Sukatar …

  8. Etwas verspätet von mir noch einmal einen herzlichen Glückwunsch. Ich hatte das jetzt erst gar nicht registriert und das spricht vielleicht auch etwas über die Marke des eigenen Namens. Sicherlich bin ich mit meiner teils abstrakten Denke nicht der Maßstab. Was mir jedoch hiermit klar geworden ist: Ich schaue bei Blogs offenbar nicht auf den Nachnamen, sondern sehe eine Art Corporate Identity, die bei einer Änderung vermutlich mehr auslöst. Im Internet gilt das Siezen schließlich auch als unhöflich, insofern schaut man nebst der optischen Aufmachung eher auf den Vornamen, so er denn offen gelegt wird. Ich gehöre ja zu dem Kader, der sich von Vornherein eine Marke in Form eines Pseudonyms zugelegt hat. Offline ist es wohl nicht so einfach?

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