Sind enge literarische Adaptionsserien wie Hunger Games Transmedia?

Der zweite Film nach den Hunger Games-Büchern von Suzanne Collins, Catching Fire, scheint auf dem besten Weg zu sein, ein ebenso großer Erfolg zu werden wie sein Vorgänger. Und obwohl die Filme fast durch die Bank von Kritikern gemocht werden – was zu einem großen Teil auch der Beliebtheit und schauspielerischen Qualität von Hauptdarstellerin Jennifer Lawrence zu verdanken ist – regen sich trotzdem hier und da kritische Stimmen. Im /filmcast zu Catching Fire fanden sich mit David Chen und Jeff Cannata gleich zwei Menschen, die vom Franchise weniger angetan waren. Beide rechtfertigte seine Abneigung unter anderem damit, dass ihm die Filme zu wenig Eigenständigkeit haben, das von ihnen sogenannte “Harry-Potter-Syndrom”. Cannata ließ sich dann zu dieser Aussage hinreißen, die ich so noch nicht gehört hatte:

I think this is transmedia at its finest, and this is why these novels are being gobbled up and put on screen so fast. This is a handshake between different media properties. You are not meant to just watch this movie. You are meant to go to this movie and then, when you leave it, want to go buy the book, or buy the book and then want to go to the movie. They are not meant to work without one another.

Schielen auf die Verfilmung

Hat Cannata recht? Von einem inhaltlichen Standpunkt aus sicher nicht. Suzanne Collins’ Trilogie existierte als Ganzes bevor der erste Film entstand. Und auch wenn die Bücher in ihren Handlungs-Beats teilweise recht kinematisch sind, hängt das wohl eher mit ihrem medienkritischen Thema zusammen, als mit dem Schielen auf eine mögliche Verfilmung. Dies ist sicher kein Fall, wo das Wissen um eine laufende Verfilmung einer noch nicht abgeschlossenen Geschichte den Autor in seiner Erzählung beeinflusste (wie es etwa Bryan Lee O’Malley für Scott Pilgrim vs. the World zugegeben hat). Wahrscheinlich ist Suzanne Collins, die ihre Karriere als Drehbuchautorin im Kinderfernsehen begann, einfach nur eine Schreiberin mit visuellen Stärken, wie dutzende andere Crossover-Autoren vor ihr – von Dashiell Hammett über Michael Crichton bis George R. R. Martin.

Ich kann ihm auch nicht so recht zustimmen, dass die Hunger Games-Filme nur Bebilderungen einer literarischen Geschichte sind, wie es bei den Harry-Potter-Filmen zwischen Teil vier und sechs, oder bei einem Film wie The Golden Compass teilweise stark der Fall war. Collins’ Bücher sind schlank und verbringen viel Zeit mit Beschreibungen, ihre Dramatis Personae sind überschaubar. In den Filmen wird keine Zeit mit “Fan Service” verschwendet, etwa mit unwichtigen Figuren, die nur auftauchen, weil sie bei den Lesern beliebt sind, und dann wieder verschwinden. Vielmehr haben die Filme entschieden, die limitierte Ich-Erzählperspektive der Bücher, in denen Hauptfigur Katniss sich viele Informationen nur zusammenreimen oder als Mauerschau im Nachhinein erfahren kann, durch Dialogszenen aufzubrechen, von denen Katniss gar nichts wissen kann.

Keine selbstständige Vision

Cannata hat insofern recht, dass die Filme dennoch keine mutigen, freien Adaptionen sind, die die Handlung zusammenraffen, wie es ihnen passt, Charaktere streichen oder zusammenlegen und der Vision des Buchautors eine selbstständige, filmische Vision eines Regisseurs entgegensetzen, wie es gerade bei Science-Fiction-Adaptionen lange Zeit der Fall war. Auch aus Marketingsicht profitieren Buch- und Filmreihe natürlich voneinander. Bei mir, zum Beispiel, hat das Prinzip “Ersten Film sehen, deswegen Bücher lesen, deswegen zweiten Film sehen” wunderbar funktioniert. Einen “Handschlag” zwischen den Mediengattungen mag ich dennoch nicht erkennen, zumal Scholastic, der Verlag der die “Hunger Games”-Bücher in den USA verlegt, nicht Teil eines Filmstudio-Medienkonglomerats ist.

Richtig ist auch, allgemein gesprochen: Der Aufstieg des fantastischen Kinos und der damit zusammenhängenden Fankultur im 21. Jahrhundert, besonders von “Harry Potter”, hat eine enge Adaptionsstrategie der Filmstudios begünstigt, die darauf abzielt, die Fans der Bücher als Kern-Multiplikatoren zu erreichen. Im Fall der Hunger Games scheinen die Filme aber auch bei einem breiten Publikum zu funktionieren, das sicherlich nicht in seiner Gesamtheit auch die Bücher gelesen hat. In diesem Zusammenhang aber den Begriff “Transmedia” zu gebrauchen, selbst in einer sehr liberalen Auslegung, finde ich aber falsch. Das erste “native” Transmedia-Projekt, das Blockbuster-Romane mit Blockbuster-Filmen kombiniert, wird mit Sicherheit kommen, ist wahrscheinlich bereits in Entwicklung und der Young-Adult-Markt scheint dafür das perfekte Segment zu sein, vorgeprägt wie er ist durch transmediale Marken von Pokémon bis Star Wars: The Clone Wars. Aber den Tributen von Panem schenke ich fürs erste mal noch den Zweifel für den Angeklagten.

(Liebe Leser. Bitte entschuldigt die mangelnde Bebilderung und Durchlinkung dieses Artikels, der offline geschrieben und dann mit einer sehr langsamen Internetverbindung ins Blog gehoben wurde. Mehr steht mir in den nächsten paar Wochen leider nicht zur Verfügung.)

Quotes of Quotes (XIII)

“That’s how Zack Snyder works. Who needs subtext? It’s text. Overtext. Supertext!”
Devindra Hardawar über die Bildsprache und Jesus-Metaphorik in Man of Steel (bei Minute 44:30)

“Supertext”. Man hätte kein besseres Wort finden können. Ich werde es in meinen Wortschatz aufnehmen und bei jeder sich bietenden Gelegenheit gebrauchen.

“Film Weekly” – An Obituary

When I visited my first real film festival as a professional writer, the Edinburgh International Film Festival in 2008, I saw Oscar Nominee Richard Jenkins a few feet away from me and couldn’t have cared less. I was looking for someone else and when I finally spotted him, I was so star-struck that I didn’t dare to talk to him. Good thing I ran into him a second time – and this time I managed to chat with him for a bit. The man was Jason Solomons, a film journalist for “The Guardian” and he had been in my ear for over a year, every week.

Jason was the host of the Guardian’s podcast “Film Weekly”, the first podcast I listened to regularly, and one of the best film podcasts around, as far as I am concerned. In an internet world, where the geeks – and the loud films they like – have increasingly taken over power, “Film Weekly”, Solomons and later co-host Xan Brooks gave off a cushy scent of old film journalism gentry and art house sensitivity. I first discovered the show in an episode on Danny Boyle’s Sunshine (via the now defunct blog “Cinematical”) and was immediately hooked.

I almost never agreed with Jason’s and Xan’s assessment of more mainstream films, especially animation, and I found the way Jason conducted some of his interviews to be rather unnerving (witness, for example, how he almost drives David Cronenberg mad, by insisting on discovering what’s “cronenbergian” about him). On the other hand, here were journalists who had the power of a publication like the “Guardian” behind them, who could be autonomous and irreverent without too much press junket fanboy-ism.

They led me to art house gems I would hardly have discovered without them, featured big stars as well as small indie newcomers and had English accents that were easy on the ear. At about 30 minutes, the show was exactly the right length, and not as long-drawn and chatty as some of the other efforts on the net (like Filmspotting and the /filmcast).

It’s really too bad, that Solomons and Brooks hosted their last show a week and a half ago. Their company gave no real reason for the cancellation except “limited resources & belts being tightened, as well as the desire to push the Guardian’s multimedia in new directions”. A video show will follow later this year. While video might generate more clicks in this day and age, it’s also hard to enjoy it while you’re going for your weekend run and takes a lot more active commitment to watch regularly. I, for one, will probably stop consuming the “Guardian”‘s film coverage now. I hope I will have the opportunity to run into Jason or Xan at a film festival again to tell them how much I miss their show.