Die Oscars sind verliehen, das Filmjahr ist vorbei. Herzlichen Glückwunsch an Kathryn Bigelow und ihre Teammitglieder, an Jeff Bridges, Sandra Bullock, Mo’Nique, Christoph Waltz und alle weiteren Gewinner.
Von den Preisen an sich einmal abgesehen – eigentlich doch immer schöner, wenn man sehen kann, wie sich das Team eines Independent-Films freut wie ein Schnitzel, als wenn routinierte Studio-Großmeister (wie Kostüm-Designerin Sandy Powell) die Awards mit einem “habe ich auch verdient”-Blick großzügig annehmen – war die Oscar-Nacht als TV-Ereignis allerdings ein riesiger Rückschritt im Vergleich zum letzten Jahr und denen davor. Trotz oder gerade wegen der vielen Bemühungen der Academy, sie wieder attraktiver zu machen.
Das Moderatoren-Duo Steve Martin und Alec Baldwin war ein neuer Tiefpunkt in Sachen Witzniveau und mangelnder Spritzigkeit. Neil Patrick Harris hatte in seiner Drei-Minuten-Eröffnungs-Musiknummer mehr Charme und Witz als die billige Kopie von Statler und Waldorf in den sich endlos ziehenden kommenden dreieinhalb Stunden. Fast alle Witze waren verbale Faustschläge oder unter der Gürtellinie – aber trotzdem nicht witzig – und das Timing war äußerst mies. Es gab genau einen Einspieler, der ebenfalls auf schwachem Slapstick-Humor basierte. Schwer vorzustellen, dass andere Moderatoren in den vergangenen Jahren wahre Feuerwerke auf der Bühne abgebrannt haben.
Mindestens genauso daneben war die Vorstellung der nominierten Hauptdarsteller durch Kollegen mit rührenden Anekdoten – eine Weiterentwicklung des letztes Jahr ausprobierten “Magischen Zirkel”-Konzepts, in dem bisherige Oscar-Preisträger die Neuankömmlinge in ihre Hexen- und Zauberergemeinschaft aufnehmen durften. Stattdessen ließen sich dieses Jahr vor allem bei den männlichen Nominierten Kolleginnen minutenlang darüber aus, dass diese auch menschlich grundsätzlich die wärmsten und nettesten Personen sind – eine Tatsache, die eigentlich niemanden im Saal interessieren sollte, denn ausgezeichnet wird schließlich die Perfomance der Schauspieler und nicht ihre Persönlichkeit. Dieser zwanghafte Versuch eines Human Touch zog sich endlos in die Länge und war auch den Geehrten sichtbar unangenehm.
Dritter Fehlschlag war die, neben der Eröffnungsnummer, einzige Showeinlage von einer Tänzertruppe, die ihr Können zu den nominierten Scores demonstrieren durfte (Herzlichen Glückwunsch übrigens an Michael Giacchino), dabei aber augenscheinlich nicht die gleiche Musik hörten, wie der Rest der Zuschauer: Denen schallten vom Orchester sinfonische, meist gelassene Klänge entgegen, während die Tänzer schnellen Hip Hop auf den Ohren hatten – anders kann ihr furioses Gefuchtel nicht erklärt werden, das nicht einmal etwas mit den Titeln oder Inhalten der nominierten Filme zu tun hatte. Traurig.
Und warum man die zehn Nominierten für den Besten Film von Leuten ankündigen ließ, die man durch Einstellungsgröße und Beleuchtung kaum erkennen konnte, bleibt ebenfalls für immer ein Mysterium.
Insgesamt war die Show an Einfalls- und Lieblosigkeit schwer zu unterbieten. Bei zehn nominierten Filmen, darunter mehrere, die besonders fürs Auge einiges boten, hätte man aus einer Gala, die diese Filme ehrt, vor allem visuell mehr rausholen können. Stattdessen: Eine staubtrockene Präsentation und Witze darüber, dass James Cameron seiner Ex-Frau im Vorfeld einen Toyota geschenkt hat. Armes Hollywood.
Zum Vergleich: Meine Oscar-Bilanz 2009
Nachtrag: Meine Meinung scheint sich allgemein mit der der Mehrheit zu decken. Alle fanden die Show einigermaßen gräßlich, schlecht koordiniert, erfolglos anbiedernd und unlustig: spiegel.de, Cinematical, Newsweek etc..
Danke an M, die die Nacht mit mir durchgemacht hat.
Hinzu kommt: Die Kulisse war merkwürdig angestaubt (wie eben auch Baldwin und Martin). Irgendwie schien es in diesem Kneipenkeller von der Vorveranstaltung reizvoller.
Was mich aber sehr gerührt hat (ist aber wohl ein Generationen-Ding :-)): Molly Ringwalds und Matthew Brodericks Tribute für John Hughes.