Das Internet mag ein ewiges Langzeitgedächtnis haben, doch sein Kurzzeitgedächtnis ist miserabel. Tweets und Blogposts, die man heute liest, hat man morgen wieder vergessen. Die Sau, die diese Woche durchs Dorf getrieben wird, mampft nächste Woche schon wieder unbehelligt in ihrem Stall. Das entspricht weder meiner Gesinnung als Journalist, noch als Geisteswissenschaftler. Unter dem Label “Nachhaltigkeit” gehe ich zurück zu meinen Blogeinträgen der letzten Monate und verweise auf interessante Entwicklungen in den angerissenen Themen.
Ich war definitiv nicht der einzige, der sich dieses Jahr mit der Gigantomanie Hollywoods beschäftigt hat. Spätestens mit dem Start von The Lone Ranger fielen die Branchenblätter über die Studios her, doch am Ende siegte der Tenor des “Es wird sich ja doch nichts ändern“. Den interessantesten Beitrag lieferte Damon Lindelof, der dieses Jahr für Star Trek into Darkness mitverantwortlich zeichnete. In einem tollen Artikel auf Vulture erklärte er, warum ein Drehbuchautor derzeit gar keine andere Wahl hat, als immer gleich die Welt untergehen zu lassen. Am Ende des Sommers ist interessanter Weise vor allem die Geschichte von World War Z übriggeblieben, der Erfolg hatte, obwohl er sich im dritten Akt entschied, kleiner statt größer zu werden. Mal sehen, was 2014 aus dieser Entwicklung wird.
In meinem Artikel über das Jahr der Science-Fiction-Originale hatte ich erwähnt, dass mich das Styling der Filme generell an das große Zeitalter der SF aus den 70er Jahren erinnert hat. Keith Phipps, auf der tollen neuen Filmseite “The Dissolve” nennt diese Zeit das “Laser Age” und hat im August eine hervorragende Artikelserie begonnen, die sich ausführlich mit den Filmen der Epoche auseinandersetzt. Unter den SF-Originalen des Sommers hat sich übrigens Pacific Rim als der einzige Quasi-Gewinner herausgestellt. Er steht als einziger nicht-animierter Originalstoff in der Top 10 der weltweiten Kassenhits, vor allem dank Einnahmen aus China.
Meine Anklage der mangelnden Repräsentation moderner Technologie im heutigen Kino ist in der aktuellen US-“Wired” indirekt von Clive Thompson aufgegriffen worden. Thompson berichtet, dass die TV-Kriminalserie The Good Wife in ihren Fällen begrüßenswert nah an der technischen Realität ist. Das allein wäre für mich ein Grund, in die Serie mal reinzuschauen.
Das interessantes Geschehen rund um mein Lob der Frauenrollen in The Wolverine war sicherlich, dass Sophe Rieger (unabhängig von mir) einen Tag später einen Artikel veröffentlichte der genau das Gegenteil behauptete. Wir konnten auf Twitter klären, dass sie die japanischsprachigen Passagen des Films ohne Untertitel sehen musste, so dass sie nicht sehen konnte, dass der Bechdel-Test zumindest rein formell erfüllt wurde, aber es ist dennoch interessant, dass man den dringend notwendigen Fortschritt für Frauenrollen im Superheldengenre so unterschiedlich wahrnehmen kann. Mittlerweile wird nach Kompromissen gesucht: Der Mako Mori Test soll Filmen einen Freibrief geben, die den Bechdel-Test nicht erfüllen, aber in denen immerhin eine Frau mitspielt, die eine komplexe Hintergrundgeschichte hat. Und Natalie Portman will gehört haben, dass ein weiblicher Superheldenfilm bei Marvel in der Mache ist. Vielleicht ist aber auch nur die TV Serie für Hayley Atwells Agent Carter gemeint.
“The Dissolve” hat sich außerdem wie ich einige Gedanken dazu gemacht, ob irgendjemand wirklich Lust hat, Filmfestivals von weitem zu verfolgen.
Was ich nicht verfolgt habe, ist Vin Diesels veränderte Haltung zum Genrekino. Hat jemand Interviews gelesen oder gesehen, die er zu Start von Riddick gegeben hat (den ich nicht gesehen habe, aber von dem man – je nach Tendenz – hört, er sei entweder eine tolle Rückkehr zu den Wurzeln des Charakters oder eine brachiale Kopie von Pitch Black? Doch wie hat Diesel sein Wiederbeleben des steckengebliebenen Epos als dreckiges B-Movie gerechtfertigt?
Weitere interessante Links und Entwicklungen nimmt gerne meine Kommentarspalte entgegen.
Bild: Flickr Commons
Gibt es eigentlich auch einen zum Bechdel vergleichbaren Test gegenüber Dicken*? Gibt es Filme, die 1. wenigstens zwei korpulente Schauspieler beinhalten, die sich 2. miteinander unterhalten und zwar über 3. was anderes als über Dicksein, Gewicht und Diäten?
Wenn nicht, kann das gerne als Marks-Test eingeführt werden. :-)
* Ausgrenzungsgruppe beispielhaft
Ich finde, da ist jetzt rein im Verhältnis Ausgrenzung zu Menge in der Gesellschaft insgesamt durchaus ein Unterschied zwischen Frauen und Dicken.
Sag das mal einem U.S.-Amerikaner… ;-)