Pythons, Verdi, Gottesdienst – Kinos setzen auf “alternativen Content”

Die Schweißtropfen glitzern auf der Stirn des Piano-Solisten Christopher Park. In der Großaufnahme ist es deutlich zu sehen, vor allem mehrere Quadratmeter breit auf der Multiplex-Leinwand: Man spürt die Arbeit, die in der Musik steckt. Solche Detailbeobachtungen gehören zu den Vorteilen dabei, die Stuttgarter Symphoniker mit ihrem Rachmaninow-Klavierkonzert nicht in der wenige hundert Meter entfernten Konzerthalle, sondern im Kino anzuschauen. Der Ton allerdings ist leicht asynchron, die Boxen knarren bisweilen, und es fehlt völlig der Raumeindruck, den ein Orchester live vermittelt. Entsprechend ist der Kinosaal fast leer. Die wenigen zahlenden Besucher sind enttäuscht.

Walter Schirnik, der Intendant der Stuttgarter Symphoniker, verteidigt sich einige Tage später am Telefon. Schirnik gilt als guter Vermarkter, spricht gerne von seinen bisherigen Erfolgen und davon, dass er gerne »etwas mehr Rock ’n’ Roll in die Klassik bringen will«. Die unbefriedigende Kinoerfahrung schiebt er auf einen Fehler in der Technik, aber auch er gibt zu, dass eine Liveübertragung des Konzerts ins Kino nebenan – und nicht zum Beispiel in andere Städte – wahrscheinlich nicht die beste Idee war.

Das Klassik-im-Kino-Experiment der Stuttgarter Symphoniker steht im Zeichen eines Trends, der in der Branche gerne als »Alternativer Content« bezeichnet wird. Das kann alles und nichts heißen, bedeutet aber zurzeit meist Liveübertragungen von Theater- und Konzertinszenierungen renommierter Häuser aus der ganzen Welt.

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