Wir haben am Wochenende die zweite Staffel von The Morning Show auf Apple TV+ beendet. Obwohl es tragisch ist, dass diese Serie, die ich in der ersten Staffel mal sehr unterhaltsam fand (und in der immer noch viele sehr charismatische Schauspieler*innen mitspielen), in der zweiten leider ziemlich random und langweilig geworden ist (Linda Holmes kann besser erklären, warum), hat sie doch einige Gedanken in mir angestoßen.
Denn eine Entscheidung, die ich sehr clever von den Drehbuchautor*innen fand, war, die Staffel in den Wochen vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie anzusiedeln. Sie spielen immer wieder sehr geschickt damit, wie fast alle Menschen den Ausbruch in China vor anderthalb Jahren erstmal nicht besonders ernst genommen haben (ich höre ab und zu meinen Podcast vom 11. März 2020 nochmal) und baden geradezu darin, große Menschenmengen und Händeschüttel-Orgien zu zeigen, während wir – das Publikum mitten in der Pandemie – dabei vermutlich jedes Mal zusammenzucken. Die Staffel kulminiert darin, dass einer der Hauptcharaktere selbst COVID bekommt, aber bis dahin spielt die Serie geschickt damit, dass wir uns ständig fragen, wie die anlaufende Pandemie wohl die Handlung beeinflussen wird?
Dazu frage ich mich einmal, ob das die erste Serie ist, die den Corona-Ausbruch auf diese Art thematisiert. (Ich habe mitbekommen, dass Grey’s Anatomy sich auch mächtig ins Zeug gelegt hat, aber dort ist man ja an vorderster Front. Auf die entsprechende Staffel von The Good Fight warte ich sehnsüchtig.) Denn wie wir zum Beispiel noch in Kulturindustrie festgestellt haben, fühlte sich etwa die dritte Staffel von Master of None ja sehr nach “in der Pandemie gedreht” an, thematisierte sie aber gar nicht.
Zweitens frage ich mich, ob diese Art von “Suspense durch Ereignisse aus der echten Welt” ein regulärer Brunnen ist, aus dem TV-Autor*innen schöpfen können und/oder sollten. Bei historischen Filmen ist es ja eigentlich gang und gäbe, dass ein großer Teil der Spannung daraus besteht, dass wir als Publikum wissen, was passieren wird, und uns eigentlich pausenlos fragen, was deswegen den Figuren zustoßen kann. Ist ja auch eine beliebte Quelle für dramatische Ironie, egal ob auf der Titanic (“Gott selbst könnte dieses Schiff nicht versenken”) oder am Vorabend der Machtübernahme durch die Nazis. Aber mit einem so jungen historischen Ereignis fühlte es sich irgendwie anders an – vielleicht auch, weil wir noch nicht auf der anderen Seite sind (“I am tired of being a part of a major historical event“). Und wie so oft endet mein Gedankengang dort – ich finde es weder besonders gut oder schlecht, nur irgendwie bemerkenswert.