New Work, Powered by the Apocalypse

Ich spiele Rollenspiele (TTRPGs) seit ich Kind bin. Seit einigen Jahren tue ich das nicht mehr regelmäßig, aber ich versuche, mich auf dem Laufenden zu halten und neue Entwicklungen zu verfolgen. Ich finde es interessant, wie sich diese Form des gamifizierten gemeinsamen Geschichtenerzählens seit ihren Ursprüngen in den 1970er Jahren stetig weiterentwickelt.

Dabei sehe ich auch Parallelen zur Arbeitswelt. In den 90ern, als ich angefangen habe, hieß die Spielleitung noch “Game Master” oder “Meister”. Die Spieler:innen waren ihrem Spielstil und ihren Launen für die Gestaltung des Spiels ausgeliefert. Im schlimmsten Fall zogen sie in unterschiedliche Richtungen und spielten teilweise sogar gegeneinander – was im Rollenspiel eigentlich nie das Ziel sein sollte.

Ein neueres System aus den 2010er Jahren, mit dem ich mich gerade beschäftige, klingt da ganz anders. Die Spielleitung heißt jetzt “Master of Ceremonies” (MC), im Regelwerk ist immer wieder von den unterschiedlichen Verantwortungen von MC und Spieler:innen die Rede. “Be a fan of your players” steht da. Umgekehrt haben die Spieler:innen die Aufgabe, dem MC anzuzeigen, welche Dinge ihnen wichtig sind (“Flags”). Ein zentrales Spielelement sind “Directives”, die Ausgestaltungsmöglichkeiten der Story vorgeben. Erfahrungspunkte sammelt man auch dann, wenn die Mission fehlschlägt.

Das erinnert mich doch alles sehr an diverse New-Work-Ideen. Verantwortungs- und visionsgetrieben gemeinsam an einer größeren Geschichte arbeiten. Bedenklich finde ich nur, wie das System heißt, das 2010 für das Spiel “Apocalypse World” entwickelt wurde: “Powered by the Apocalypse“. Andererseits, im Spätkapitalismus vielleicht auch passend?

(zuerst auf LinkedIn veröffentlicht)