Piq: Rasputins Mörder ist schuld, dass Hollywood-Filme Disclaimer haben

Wer im Kino gerne bis zum Ende des Abspanns sitzen bleibt, kennt folgende Sätze: “This is a work of fiction. Any similarity to actual persons, living or dead, or actual events, is purely coincidental.” Klar, ein Standard-Disclaimer um klagewilligen Paranoikern vorzubeugen.

Das Großartige: Es gibt eine sehr spezifische Geschichte, die zu diesem Disclaimer geführt hat. Der Film: Rasputin and the Empress von 1938. Der Kläger: Prinz Felix Yusupov, der 1916 den mystischen Einflüsterer der russischen Zarin vergiftete und erschoss, flüchtete und als einzige zentrale Persönlichkeit noch verarmt am Leben war, als der Film ins Kino kam.

Wie er sich mit seiner Klage eine goldene Nase verdiente und die Studios dazu brachte, sich fortan am Ende des Abspanns von der Realität zu distanzieren, steht in einem schönen Artikel auf “Slate”. (Bonus Piq: Auch der “No Animals were Harmed”-Disclaimer enthüllt bei genauerem Hinsehen ein paar unschöne Geheimnisse.)

Artikel auf Piq bewerten | Artikel lesen

Piq: Die besten deutschen Filme der letzten 16 Jahre?

Die BBC hat 177 Filmkritikerinnen und Filmkritiker aus der ganzen Welt gefragt, was die besten Filme des jungen 21. Jahrhunderts sind und das Ergebnis als Liste veröffentlicht. Solche Listen sind immer genauso sinnlos wie faszinierend. Sie spiegeln einen scheinbaren Konsens des Kunstvergleichs wieder, den niemand braucht, sind aber auch ein sehr einfacher und effektiver Weg, um Diskussionen anzuregen. Gehört Mulholland Drive von David Lynch wirklich auf Platz 1? Und Maren Ades noch nicht einmal sechs Monate alter Film Toni Erdmann auf Platz 100?

Man konnte förmlich zusehen, wer sich alles bemühte, in den letzten Tagen die BBC-Liste einzuordnen, zu kommentieren – und natürlich auch “weiterzudrehen”. Das Berliner Stadtmagazin “Tip” hat das BBC-Experiment kurzerhand wiederholt und auf Deutschland reduziert. Ihre Liste der zehn “Besten deutschsprachigen Filme des 21. Jahrhunderts”, ebenfalls von einer Gruppe Filmkenner gewählt, ist genau so vor allem Diskussionsstoff und Zeitbild.

Toni Erdmann, noch frisch im Gedächtnis, steht hier plötzlich viel weiter oben. Christian Petzold ist gleich dreimal in der Top 10 vertreten. Und keiner der großen deutschen Publikumshits der letzten 16 Jahre, nicht Good Bye Lenin, nicht Das Leben der Anderen, hat auch nur einen Cameo-Auftritt. Die Gruppe der befragten Kritiker ist sehr feuilletonslastig und (zumindest von den genannten) zu hundert Prozent männlich – was wäre wohl rausgekommen, wenn man das Feld etwas mehr diversifiziert hätte?

Artikel lesen | Artikel bei Piqd bewerten

Piq: Haben wir das Happy End abgeschafft?

Jacob Hall ist einer der besten Thinkpiece-Autoren in der US-Filmbloggerszene, nachdenklich und eher versöhnlich als konfrontativ. Mit vielen der Gedanken, die er in seinem neuen Stück für “Slashfilm” aufwirft, ist er nicht der erste – es gibt exzellente Artikel aus Wired und Daily Dot, die sich auch mit dem neuen Kulturparadigma beschäftigt haben, in dem Geschichten kein Ende mehr finden.

Der neue Aspekt hier ist das Wort “Happy”. Anhand von Harry Potter and the Cursed Child und Star Wars: The Force Awakens seziert Jacob Hall, dass heutigen Helden eben nicht mehr nur kein Ende ihrer Geschichte mehr zugestanden wird, sondern auch kein lang anhaltendes Glück. Auf diese Weise, schreibt er, kommen wir nie dazu, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Wir wollen uns nostalgisch an sie erinnern und reißen trotzdem ihre alten Wunden ständig wieder auf. “It’s frustrating to watch two worlds with infinite possibilities barrel toward the future while remaining so closely tethered to the past.”

Fans, meint er, bekommen zurzeit alles, was sie sich wünschen, nämlich eine endlose Parade an Abenteuern mit Charakteren, die sie lieben. Aber vielleicht, das ist seine Schlussfolgerung, sollten wir auch mal an das Schicksal der Charaktere denken.

Artikel auf “Piqd” bewerten und lesen