Content is King – Erfolgreiches Content Marketing für Kinofilme

Die größte Lektion, die er in der Herstellung seines ersten Films The Primary Instinct gelernt habe, sei, wie unfassbar schwierig es sei, Menschen dazu zu bekommen, den eigenen Film zu sehen, sagt David Chen in einem Interview. “Unsere Wettbewerber sind heutzutage nicht mehr nur andere Filme, sondern all die kostenlose Unterhaltung, die es im Internet gibt.” Chen muss es wissen. Er produziert selbst einen Teil davon, dreht YouTube-Videos und nimmt diverse recht erfolgreiche Podcasts auf. Im Hauptberuf war er allerdings bis vor kurzem auch noch in der Marketing-Abteilung von Microsoft tätig. So kam er auf die Idee, für The Primary Instinct kreatives “Content Marketing” zu verwenden.

Jeder Mensch, der diese Kolumne liest und in seinem Beruf nur entfernt etwas mit Marketing und PR zu tun hat, dürfte gerade aufgestöhnt haben. “Content Marketing” ist der Begriff, mit dem in Werbekreisen zurzeit so inflationär um sich geworfen wird wie mit Maskottchenpuppen nach Ende einer Fußball-WM. Kein Wunder, denn der Gedanke dahinter ist clever: Diejenigen, die den Film vermarkten wollen, schaffen Inhalte, die für sich gesehen interessant sind und deswegen ein Publikum finden, aber gleichzeitig indirekt für ein anderes Produkt, also den Film, werben. In Chens Fall bedeutet das zum Beispiel, den Schauspieler Stephen Tobolowsky, dessen Storytelling-Bühnenshow der Hauptinhalt von The Primary Instinct ist, andere Geschichten erzählen zu lassen, und diese über verschiedene Kanäle zu verbreiten. Man müsse sich überlegen, was andere Medien ihren Konsumenten normalerweise gerne anbieten, sagt Chen, und dann versuchen, dem in die Arme zu spielen.

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Sind enge literarische Adaptionsserien wie Hunger Games Transmedia?

Der zweite Film nach den Hunger Games-Büchern von Suzanne Collins, Catching Fire, scheint auf dem besten Weg zu sein, ein ebenso großer Erfolg zu werden wie sein Vorgänger. Und obwohl die Filme fast durch die Bank von Kritikern gemocht werden – was zu einem großen Teil auch der Beliebtheit und schauspielerischen Qualität von Hauptdarstellerin Jennifer Lawrence zu verdanken ist – regen sich trotzdem hier und da kritische Stimmen. Im /filmcast zu Catching Fire fanden sich mit David Chen und Jeff Cannata gleich zwei Menschen, die vom Franchise weniger angetan waren. Beide rechtfertigte seine Abneigung unter anderem damit, dass ihm die Filme zu wenig Eigenständigkeit haben, das von ihnen sogenannte “Harry-Potter-Syndrom”. Cannata ließ sich dann zu dieser Aussage hinreißen, die ich so noch nicht gehört hatte:

I think this is transmedia at its finest, and this is why these novels are being gobbled up and put on screen so fast. This is a handshake between different media properties. You are not meant to just watch this movie. You are meant to go to this movie and then, when you leave it, want to go buy the book, or buy the book and then want to go to the movie. They are not meant to work without one another.

Schielen auf die Verfilmung

Hat Cannata recht? Von einem inhaltlichen Standpunkt aus sicher nicht. Suzanne Collins’ Trilogie existierte als Ganzes bevor der erste Film entstand. Und auch wenn die Bücher in ihren Handlungs-Beats teilweise recht kinematisch sind, hängt das wohl eher mit ihrem medienkritischen Thema zusammen, als mit dem Schielen auf eine mögliche Verfilmung. Dies ist sicher kein Fall, wo das Wissen um eine laufende Verfilmung einer noch nicht abgeschlossenen Geschichte den Autor in seiner Erzählung beeinflusste (wie es etwa Bryan Lee O’Malley für Scott Pilgrim vs. the World zugegeben hat). Wahrscheinlich ist Suzanne Collins, die ihre Karriere als Drehbuchautorin im Kinderfernsehen begann, einfach nur eine Schreiberin mit visuellen Stärken, wie dutzende andere Crossover-Autoren vor ihr – von Dashiell Hammett über Michael Crichton bis George R. R. Martin.

Ich kann ihm auch nicht so recht zustimmen, dass die Hunger Games-Filme nur Bebilderungen einer literarischen Geschichte sind, wie es bei den Harry-Potter-Filmen zwischen Teil vier und sechs, oder bei einem Film wie The Golden Compass teilweise stark der Fall war. Collins’ Bücher sind schlank und verbringen viel Zeit mit Beschreibungen, ihre Dramatis Personae sind überschaubar. In den Filmen wird keine Zeit mit “Fan Service” verschwendet, etwa mit unwichtigen Figuren, die nur auftauchen, weil sie bei den Lesern beliebt sind, und dann wieder verschwinden. Vielmehr haben die Filme entschieden, die limitierte Ich-Erzählperspektive der Bücher, in denen Hauptfigur Katniss sich viele Informationen nur zusammenreimen oder als Mauerschau im Nachhinein erfahren kann, durch Dialogszenen aufzubrechen, von denen Katniss gar nichts wissen kann.

Keine selbstständige Vision

Cannata hat insofern recht, dass die Filme dennoch keine mutigen, freien Adaptionen sind, die die Handlung zusammenraffen, wie es ihnen passt, Charaktere streichen oder zusammenlegen und der Vision des Buchautors eine selbstständige, filmische Vision eines Regisseurs entgegensetzen, wie es gerade bei Science-Fiction-Adaptionen lange Zeit der Fall war. Auch aus Marketingsicht profitieren Buch- und Filmreihe natürlich voneinander. Bei mir, zum Beispiel, hat das Prinzip “Ersten Film sehen, deswegen Bücher lesen, deswegen zweiten Film sehen” wunderbar funktioniert. Einen “Handschlag” zwischen den Mediengattungen mag ich dennoch nicht erkennen, zumal Scholastic, der Verlag der die “Hunger Games”-Bücher in den USA verlegt, nicht Teil eines Filmstudio-Medienkonglomerats ist.

Richtig ist auch, allgemein gesprochen: Der Aufstieg des fantastischen Kinos und der damit zusammenhängenden Fankultur im 21. Jahrhundert, besonders von “Harry Potter”, hat eine enge Adaptionsstrategie der Filmstudios begünstigt, die darauf abzielt, die Fans der Bücher als Kern-Multiplikatoren zu erreichen. Im Fall der Hunger Games scheinen die Filme aber auch bei einem breiten Publikum zu funktionieren, das sicherlich nicht in seiner Gesamtheit auch die Bücher gelesen hat. In diesem Zusammenhang aber den Begriff “Transmedia” zu gebrauchen, selbst in einer sehr liberalen Auslegung, finde ich aber falsch. Das erste “native” Transmedia-Projekt, das Blockbuster-Romane mit Blockbuster-Filmen kombiniert, wird mit Sicherheit kommen, ist wahrscheinlich bereits in Entwicklung und der Young-Adult-Markt scheint dafür das perfekte Segment zu sein, vorgeprägt wie er ist durch transmediale Marken von Pokémon bis Star Wars: The Clone Wars. Aber den Tributen von Panem schenke ich fürs erste mal noch den Zweifel für den Angeklagten.

(Liebe Leser. Bitte entschuldigt die mangelnde Bebilderung und Durchlinkung dieses Artikels, der offline geschrieben und dann mit einer sehr langsamen Internetverbindung ins Blog gehoben wurde. Mehr steht mir in den nächsten paar Wochen leider nicht zur Verfügung.)