Alice in den Städten – Resident Evil: Afterlife

Deutschland/Großbritannien/USA 2010. Regie und Buch: Paul W. S. Anderson (basierend auf Capcoms Videospiel „Resident Evil“). Kamera: Glen MacPherson. Visual Effects Supervisor: Dennis Berardi. Musik: tomandandy. Produktion: Jeremy Bolt, Paul W. S. Anderson, Robert Kulzer, Don Carmody, Bernd Eichinger, Samuel Hadida.
Darsteller: Milla Jovovich (Alice), Ali Larter (Claire), Wentworth Miller (Chris), Kim Coates (Bennett), Shawn Roberts (Wesker), Boris Kodjoe (Luther), Spencer Locke (K-Mart).
Verleih: Constantin.
Laufzeit: 97 Min.
Kinostart Deutschland: 16. September 2010.

Der vierte Teil der Resident Evil-Saga ist vermutlich der erste Film überhaupt, der primär mit einem Kamerasystem beworben wird. Nicht Hauptdarstellerin Milla Jovovich, nicht Autor/Regisseur/Ehemann Paul W. S. Anderson stehen hier im Vordergrund, erklären uns Trailer und Plakate, sondern die Cameron/Pace Fusion 3D-Kamera, mit der auch Avatar gefilmt wurde, ist der wahre Star von Afterlife, wie Resident Evil 4 betitelt wurde.

Der Film bestätigt diese Annahme auf ganzer Länge. Schon die Eröffnungssequenz in der Jovovichs Alice, nahtlos anknüpfend an das Finale des Vorläuferfilms Extinction, mit einer Horde von Klonen das Hauptquartier der finsteren Umbrella Corporation stürmt, macht sehr schnell klar, dass es völlig egal ist, wer hier lebt oder stirbt, solange es cool aussieht. Wenn zentrale Charaktere verwundet oder scheinbar getötet werden, hat das keinerlei Relevanz. Ganz wie in der Videospielserie, auf der die Filmreihe basiert, steht fast jeder nach kurzer Zeit bestimmt wieder auf, um sich fröhlich in 3D weiter von Level zu Level zu ballern und zu metzeln.

Man möchte das fast „konsequent“ nennen. Afterlife ist Exploitation-Kino der reinsten Natur. Genau wie Zombiefilme der Kategorie Resident Evil immer schon die Standards des Horrorgenres ausgeschlachtet haben, so schlachtet Afterlife in seiner kompletten Konzeption auch die Standards des 3D-Kinos aus. Es gibt zwar nur wenige ausgesuchte Pop-Out-Effekte, dafür aber genug große Hallen, Flure mit starken Fluchten, Flüge durch weite Landschaften, Kämpfe in Zeitlupe und jede Menge regnendes Wasser, notfalls halt in einem Duschraum. Keine Angst: Milla Jovovichs Mascara kann auch unter solch widrigen Umständen nicht verschmieren.


Positiv zugutehalten kann man der ganzen Resident Evil-Reihe immerhin, dass sie ihr Geschehen tatsächlich seriell fortschreibt statt in die Fortsetzungsfalle zu treten und immer nur die Handlung des Ur-Films zu wiederholen. Ähnlich wie schon Extinction zeigt auch der neue Film eine kontinuierliche Vision der Welt im titelgebenden Afterlife der Zombie-Apokalypse. Gelegentlich bringt er dafür sogar eine Portion Humor auf, wenn etwa das Trüppchen Überlebender, das sich in Los Angeles auf das Dach eines Gefängnisses geflohen hat, aus Hollywood-Stereotypen besteht, inklusive einem windigen Verräter, der verächtlich als ehemaliger Produzent von Blockbusterfilmen charakterisiert wird.

Solche Lichtblicke können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Resident Evil:Afterlife insgesamt nicht mehr als ein matschiges Etwas von aneinandergereihten Schlachtfesten ist, das von Dialogzeilen zusammengehalten wird, die ebenso dumpf daherpochen wie der Steroiden-Soundtrack des Komponisten-Duos tomandandy. Alice und ihre neuen und alten Kumpanen kämpfen in einem großen Teil der 97 Filmminuten mitnichten nur gegen Zombies, sondern vor allem gegen merkwürdige Mutantenmonster, über deren Identität und Sinn man am Ende ebensowenig weiß wie über die mäandernde Handlung, die sich schließlich auf ein hanebüchenes Finale kapriziert. Nicht ohne dass dann eine kurze Sequenz nach dem Abspann noch einen draufsetzt und eine kaum weniger sinnentleerte Weiterschreibung ankündigt, die Jovovich in Interviews auch bereits bestätigt hat. Es gibt eben noch viel zu töten da draußen.

geschrieben für Screenshot Online