Real Virtualinks 5/16

Dieses Blog wird bald auch wieder “echte” Artikel enthalten. Bis dahin müsst ihr euch mit diesen Links begnügen, in denen es immerhin auch um “Echtheit” geht.

Welcome to the divergence

Ich habe mich aus voller Überzeugung längst vom “Erfahrungen sind wichtiger als Zeug”-Mantra anstecken lassen – aber wenn ich wieder Zeug kaufen muss, um Erfahrungen zu haben, bin ich doch wieder nur einem Marketing-Schachzug zum Opfer gefallen, oder?

Hollywood’s Turn Against Digital Effects

Bryan Curtis’ Artikel ist wunderbar, denn er gibt dem Echtheitswahn aktueller Effektfilme Kontext: “Bobbajo was in all of about two shots in “The Force Awakens.” He didn’t have a line. Did he add to Abrams’s garbage-picker milieu? Well, maybe a little. Did he work as a sop to us fans who demand “reality” as it was delivered at multiplexes thirty years ago (…)? Absolutely.”

Auf, auf und davon!

Ich bin ja schon lange ein Freund davon, das Internet nicht nur für kurzen Clickbait, sondern auch für lange und multimediale Auseinandersetzungen zu nutzen. Christian Steiner, bekannt aus dem “Second Unit”-Podcast, hat so etwas gerade begonnen. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt

Und… los geht’s!

Deutschland hat ein Podcastlabel: Viertausendhertz. Und wie bei Gimlet gibt es auch einen Metapodcast über die Gründung eines Podcastlabels. Dabei wird schon klar: Hier sind Radioprofis am Werk, die aber trotzdem eine echte Liebe zu Podcasts mitbringen. Ich bin sehr gespannt und werde die verschiedenen Formate bald mal durchtesten.

Real Virtualinks 3/16

Inside Out and the ‘Science’ of Emotions

Ich bin mir nicht sicher, was ich von diesem Artikel halten soll. Auf der einen Seite wird moderne Neurowissenschaft belächelt mit dem Verweis auf 100 Jahre alte, unbewiesene Theorien, in deren Schwitzkasten die Psychologie bis heute an vielen Ecken zu stecken scheint. Auf der anderen Seite öffnet sich ein wissenschaftstheoretischer Korridor gegen die vollquantifizierte Wahrnehmung des menschlichen Geistes. Lesen darf man ihn also auf jeden Fall und auch diesen sehr guten Kommentar von Jochen Ecke dazu.

Lexical Analysis: Lex Luthor on disrupting the vigilante industrial complex

Batman v Superman: Dawn of Justice kommt schon am 23. März in die Kinos und allein wegen der Hybris und Produktionsgeschichte ist es einer der Filme, auf die ich dieses Jahr am meisten gespannt bin. Das “Wired Brandlab” ist dazu Mit-Urheber einer cleveren Werbekampagne – ein Interview mit Filmbösewicht Lex Luthor im Gewand eines “Wired”-Artikels. Seine Meinung zu Batman? “You want to clean up the streets? Dress up like the boogeyman, switch on a fog machine and lower your voice.”

The Nine Lives of Leo DiCaprio

Ich war nicht übermäßig begeistert von The Revenant, aber die Kameraarbeit hat mich beeindruckt. Ich hatte vor allem einen Gedanken, den Leonardo DiCaprio in diesem unterhaltsamen Interview witzigerweise auch wieder aufgreift: “This movie is a little like virtual reality.” Fallen euch weitere Filme ein, in denen man durch filmische Techniken so stark in einen Raum eintaucht?

Werner Herzog Talks Virtual Reality

“It’s a form of space that we haven’t experienced yet. It is a form of space that occurs in our nightmares.” Ich kann es nicht erwarten, was die VR-Welt uns durch Menschen wie Herzog bringen wird.

Eine Frage der Zeit – Gibt es zu lange Filme?

Ich glaube, ich habe selbst oft genug behauptet, Film XY wäre “zu lang”. Lucas Barwenczik geht der Behauptung auf den Grund und versucht wie immer, provokant und versöhnlich zugleich zu sein.

Star Wars: The Force Awakens – VFX Breakdown

Was VFX-Breakdowns angeht ist dieses zehnminütige Video zu The Force Awakens ganz vorne mit dabei, weil es tatsächliche Vergleichsmöglichkeiten bietet, statt (wie gerne) selbst ein Budenzauber zu sein. Allerdings sieht man auch sehr gut, dass die im Vorhinein oft beschworene Echtheit der Sets und Effekte vor allem eins war: Marketing. Zählt mal, wie oft ihr “Full Digital Shot” lest. The Force Awakens hat auch nicht weniger CGI als ein durchschnittlicher Peter Jackson-Film. (Neuer Link. Danke, Fabian in den Kommentaren)

How Queen and David Bowie wrote “Under Pressure

Selten, dass Musiker_innen mal einen so präzisen Einblick in den kreativen Prozess hinter der Entstehung eines Songs geben. Wer sich, wie ich, für so etwas interessiert, sollte das hier unbedingt lesen, egal ob er den Song mag oder nicht. “The procedure was each of us went into the vocal booth consecutively, without listening to each other, and, listening to the track, vocalised the first things that came into our heads, including any words which came to mind, working with the existing chord structure. At this point Freddie laid down his amazing De Dah Day bits, very unusual, which actually made it to the final mix.”

Real Virtualinks 2/16

The Year In Rebootquels

“Rebootquel” ist ein wesentlich weniger eleganter Ausdruck als “Legacyquel“, aber mit Devin Faracis Analyse stimme ich trotzdem ziemlich überein.

The Culture Gabfest “We Forced You to Call Us” Edition

Das “Slate Culture Gabfest” ist einer der wenigen Gesprächspodcasts, die ich höre. Es ist etwas mehr “sophisticated” als andere Popkulturpodcasts und diskutiert öfter mal Geschehnisse außerhalb meiner direkten Filterbubble (zum Beispiel den Essay “On Shit: Profanity as Weltanschauung”). Die Jahressendsshow ist weniger wegen Star Wars interessant, als wegen der Reflektionen über Podcasten und einer interessanten Beobachtung: War 2015 das Jahr, in dem die Empathie in die Kultur zurückgekehrt ist?

The Mogul of the Middle

Nehmt euch ein bisschen Zeit und lest diesen fantastisch geschriebenen Einblick in die aktuelle Situation in Hollywood und wie Adam Fogelson mit dem neuen STX Studio in eine entstandene Lücke hineingrätschen will.

The 2015 Movie Club

Das beste am Januar: Der Slate Movie Club. Dana Stevens, Amy Nicholson, Mark Harris und David Ehrlich lassen in losen, lustigen Briefen aneinander das Filmjahr im Gespräch noch einmal Revue passieren. Unbedingt lesen (alle 16 Teile!) – und mir sagen, ob wir das gleiche mal in der Blogosphäre machen sollten.

Victoria, der meistüberschätzte Film 2015

Ich mag es, dass Rajko mal wieder gegen die landläufige Meinung provoziert, aber ich kann ihm nicht zustimmen. Egal, ob man das Schauspiel von Frederick Lau und andere Akzente, die der Film setzt, mag, das ununterbrochene Einfangen einer Handlung über 140 Minuten macht etwas mit mir als Zuschauer. Genau wie andere stilistische Entscheidungen beim Filmemachen, ist der One-Take Teil des Erlebnisses – extradiegetisch, aber nicht extratextuell. Ob VICTORIA – Film “überschätzt” ist, bleibt also eine sehr persönliche Ansicht. Seinen Wert hat der Film auch über die Schnittlosigkeit hinaus bereits bewiesen.

Real Virtualinks 1/16

Jetzt wird alles gut!

A Conversation with Steve Binder, Director of the Star Wars Holiday Special

Es geht kaum um das Star Wars Holiday Special, stattdessen bekommt man einen interessanten Einblick in die “Variety Show”-Szene der USA der Siebziger und die Arbeit mit Elvis.

Drew Goddard – The Martian Q & A

Drew Goddard ist einer der sympathischsten Drehbuchautoren, die in Hollywood rumlaufen – sympathisch auch von seiner Arbeitsweise (zumindest mir).

Fragebogen 2015

Mein privater Wasserstandsanzeiger, den Felix doof findet.

Real Virtualinks 52/15 – Mostly Star Wars Edition

Wie sollte es anders sein? Diese Woche ist sehr Star Wars-lastig.

“RETURN OF THE JEDI: A Bad Lip Reading”

Was die “Bad Lip Readings” von den meisten anderen Parodieformaten des Internets unterscheidet, ist ein unübersehbarer Dada-Einfluss. Die Star Wars-Performancekunstwerke, die das Team jetzt geschaffen hat, sind in ihrem Humor relativ konkret, aber deswegen streckenweise nicht weniger “weird”. Muss man gesehen haben.

‘The Force Awakens’ Is the Least Interesting Star Wars Yet

Ich war nach dem ersten Kinobesuch sehr “in two minds” was Star Wars VII angeht. Ich hatte eine spaßige Zeit im Kino und ich mag die neuen Figuren, aber das krasse Zurückgreifen auf Vertrautes erschien mir auch ein bisschen mut- und ideenlos. (“Star Wars: The Apology“, wie es die Simpsons 2009 vorhergesagt haben). Sehr typisch für die derzeitige Filmbranche insgesamt natürlich – wie Brian Merchant gut zusammenfasst. (Meine Meinung nach der Zweitsichtung)

26 Unanswered Questions of ‘Star Wars: The Force Awakens’: We Have the Answers

Servicejournalismus im Zeitalter des Parakosmos. Peter Sciretta hat alle Bücher und Comics gelesen, die begleitend zu “The Force Awakens” erschienen sind und trägt die Infos zusammen, die im Film fehlen.

Star Wars: Das Erwachen der Macht. 100 Probleme, Fragen, Ideen.

Stefan Mesch denkt laut nach.

Will STAR WARS Just Be Fanfic From Now On?

Devin Faraci hat auf seiner Seite “Birth. Movies. Death.” über The Force Awakens als Fanfic (ebenfalls ein großes Thema im Blog dieses Jahr) geschrieben und nennt es sehr prägnant “ice cream for dinner”. Ähnlich wie bei mir und vielen anderen liegen seine Hoffnungen auf Gareth Edwards und Rian Johnson.

Marc-Uwe Kling – Wir hängen im Wohnzimmer ab

»Mich würden mehr diese Momente interessieren, in denen total dumme Entscheidungen getroffen wurden.«

Starkiller Base: The Contractor Memos

Sehr lustiges Zeug von Dan Kois

How ‘Revenant’ star Tom Hardy helped me realize I am out of the junket business

Über die unsägliche Kultur der Pressejunkets hatte ich es ja schon öfter im Blog. Nachdem ein unangenehmes Erlebnis (und eine Reihe unnötiger Ad-Hominem-Tweets) von “HitFix”-Autor Drew McWeeny Schlagzeilen gemacht hat, hat er sich entschieden, fortan Junkets den Rücken zu kehren. “My decision is for me alone, but I would urge my fellow journalists to consider the real balance of power here. When there are hundreds of identical interviews online, nobody is benefiting from that.”

Daily Cartoon: Thursday, December 24th

Frohe Weihnachten an alle!

Mit diesen drei Richtlinien können Nerds dem Empfehlungsdilemma entgehen

Mein Freund Simon ist der größte Brettspiel-Nerd, den ich kenne. Er arbeitet freiberuflich in der Spielebranche und seine Wohnung gleicht einem Ausstellungsraum für Brettspiele jeder Form und Farbe. Mir war also klar, an wen ich mich Ende Oktober wenden würde, als ich vorhatte, ein neues Spiel zu kaufen. Bis sich folgender Dialog im Facebook-Messenger entspann:

Alex: Hi! Kathi und ich fahren nächste Woche in Urlaub. Kennst du noch ein gutes kompaktes Spiel für zwei, das ich mitnehmen könnte?

Simon: Ich kenne einige, habe auch einige und kann entsprechend einige empfehlen… :) Kommt ein bisschen drauf an, was ihr mögt.

Alex: Ich weiß nicht so richtig, was wir mögen. Wir hatten Spaß am “Siedler”-Kartenspiel und an “Mr. Jack“. Ich wollte gestern am liebsten “Munchkin” kaufen, aber das geht ja erst ab 3 Spielern. Ist das eine Orientierung?

Simon: Du meinst, das 2-Personen-Kartenspiel für Siedler, richtig? Ja, das finden wir auch super. Schon lange nicht mehr gespielt, allerdings – kostet dann doch etwas Zeit. So, wie ich das herauslese, sollte das Spiel thematisch eingekleidet sein, weniger abstrakt. Und auch eher kein 2-Stunden-Spiel, sondern eher was kürzeres, das man ggf. öfter spielen kann. Und sollen es primär 2-Personen-Spiele sein (also reine ebensolche), oder Spiele, die auch mit mehreren gespielt werden können?

Alex: Meistens sind wir zu zweit. Das Thematische ist wurscht. Wir wollen nur im Urlaub auch mal was anderes machen als Fernsehen gucken, essen und lesen :)

Simon: Ah. Wie schauts mit der Spiellänge aus? Ich hab da durchaus involvierte, lange Spiele, aber auch Spiele mit “normaler” Länge, oder sogar kurze :) Ist die Frage – lieber ein Spiel lang, oder ein Spiel mehrfach… :)

Alex: Egal. Kurz ist praktischer, aber wenn das lange Spiel gut ist nehm ich auch das

Simon: Okay, dann lass mich mal überlegen. Ich kann allerdings nicht garantieren, dass es die Spiele noch alle gibt. In Berlin solltet ihr aber mehr Chancen haben, denke ich… Das dauert jetzt etwas, da ich eine etwas größere Liste bzw. Auswahl vorschlage. Jeweils mit Link zu einschlägigen Foren, damit ihr weitere Infos/Bilder kriegt, falls es interessant klingt
Ich mach mir grade nen Tee, dann setz ich mich dran… :)

Alex: Simon, empfiehl mir doch einfach was Einfaches, was ich überall bekomme und womit wir zu zweit ein bisschen Spaß haben können.

Simon: Wenn das so einfach wäre.

Ich war hin- und hergerissen. Einerseits war ich zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich genervt, weil ich doch eindeutig einen Experten gefragt hatte. Warum war dieser Experte nicht in der Lage, meine doch irgendwie einfache Frage auch einfach zu beantworten? Andererseits konnte ich Simon verstehen. Wenn man als Experte schon mal gefragt wird, dann möchte man natürlich auch sein gesamtes Expertenwissen anwenden (was ja schließlich sonst so selten Leute interessiert).

Die vermittelnde Instanz fand ich im Journalismus. Dort geht es schließlich auch darum, umfangreiches Wissen so zu filtern und aufzubereiten, dass es auch von jenen verstanden werden kann, die das Wissen nicht besitzen. Und auch wenn die Verfechter der aktivistischen Filmkritik den Charakter der Filmkritik als Dienstleistung ablehnen, ist es doch genau eine Dienstleitung, die sich viele Konsumenten mindestens von einer Filmkritik erwarten. Eine Antwort auf die Frage: Sollte ich mir diesen Film ansehen? Ich weiß, “Here I am, brain the size of a planet, and they ask me to take you to the bridge.” Aber trotzdem.

“Kannst du mir einen Film empfehlen?” ist die Frage, die ich als Filmmensch nach “Kannst du Filme noch normal gucken?” und “Was ist dein Lieblingsfilm?” wahrscheinlich am häufigsten gestellt bekomme. Und weil ich ungerne ein Snob bin und gerne gute Antworten gebe, halte ich mich bei dem, was ich daraufhin sage, an drei einfache Richtlinien, die ich hiermit allen Nerds ans Herz legen will. Eure Freunde werden sich bei euch bedanken und euch als Empfehlungsgeber weiterempfehlen. Garantiert!*

1. Denkt in breiten Kategorien

Ihr seid Experten und kennt euer Feld viel feinkörniger als jeder Laie. Ihr sortiert euer Interessensgebiet nach Schulen, Ländern, Branchenkategorien. Aber mit diesem Insiderwissen verwirrt ihr euer Gegenüber nur. Dem genügen vermutlich die Einordnungen, wie sie in einer Kaufhausabteilung gemacht wurden. “Komödie”, “Drama”, “Musical”. “Rock”, “Pop”, “Dance”. “Krimi”, “Historischer Roman”, “Liebesschnulze”. Zwingt euch, für einen Moment ebenfalls in diesen Kategorien zu denken. Wenn eure Gesprächspartnerin ein Beispiel nennt, was sie gerne mochte, ordnet dieses Beispiel möglichst weit ein. Wenn sie sagt: “Ich mochte Willkommen bei den Sch’tis.”, denkt nicht: Okay, sie mag französische Filme von und mit Dany Boon, die sich über lokale Besonderheiten lustig machen und mindestens zehn Millionen Zuschauer hatten. Denkt: “Sie mag lustige Filme. Und sie hat nichts gegen europäisches Kino.” Empfehlt ihr schweren Herzens Ziemlich beste Freunde, falls sie den nicht eh schon kennt.

2. Sortiert nach Erhältlichkeit

Simons erste Empfehlung auf meine Frage oben (“7 Wonders – Duel”) hätte ich online bestellen oder in einem Fachhandel suchen müssen. Ich hatte aber tatsächlich relativ wenig Zeit und wollte am liebsten in den nächsten Karstadt marschieren und es noch schnell mitnehmen. Aus demselben Grund empfehle ich Leuten, die mich nach Filmen fragen, am liebsten Filme, die gerade noch im Kino laufen oder überall einfach auf DVD zu haben sind. Denn auch wenn ihr bereit seid, für die perfekte Perle lange und hartnäckig zu graben, heißt das nicht, dass euer Gegenüber genau so denkt. Wenn ihr bei eurer Empfehlung seine Bedürfnisse mitdenkt, heißt das auch, dass ihr es ihm einfach machen solltet, eurer Empfehlung auch nachzukommen. Sonst steht die Chance hoch, dass ihr euch viele Gedanken gemacht habt, aber nie erfahren werdet, ob der Tipp ein guter war.

3. Macht es euch selbst nicht so schwer

Auch wenn es euch vielleicht Spaß macht, euer ganzes Wissen in den Ring zu werfen, lange an einer perfekten Lösung zu tüfteln und die Fragenden im Zuge dessen ein bisschen zu bilden, ihnen am besten noch eine Auswahl zu geben, aus der sie selbst wählen können: Widersteht der Versuchung! Sie macht dem anderen unnötige Arbeit. Als Experten solltet ihr auch wissen, welche Kulturprodukte allgemein beliebt sind. Nennt erstmal das nächstbeste, was euch passend vorkommt. Wenn die Fragende das Empfohlene schon kennt, geht eine Schicht tiefer und nennt etwas, was viele, aber nicht alle mögen (in Reiseführern und Fernsehzeitschriften gerne hyperbolisch “Geheimtipps” genannt). Ein solches Schichtensystem sorgt im besten Fall dafür, dass ihr die fragende Person sanft an einen (eurer Meinung nach) guten Geschmack heranführt, statt von vornherein dutzende Kategorien abzufragen, über die sie sich vermutlich vorher nie Gedanken gemacht hat.

Diese Richtlinien sind übrigens genau das: Richtlinien. Keine in Stein gehauenen Gebote. Wenn euer Gegenüber ebenfalls so seine Obsessionen und Zeit hat, kann es Spaß machen, gemeinsam auf die Suche nach der perfekten Empfehlung zu gehen. Oder die Fragende ist ohnehin so informiert, dass sie bitte einen außergewöhnlichen Tipp haben will und eben nicht eine allgemeine, einfache Empfehlung. Ich selbst stelle solche Fragen allerdings eher selten, selbst in Gebieten, in denen ich mich nicht auskenne, weil die Gefahr, danebenzulangen, viel größer ist. Und ich bekomme sie auch nur selten gestellt.

Case in Point:

Simon: Stell Dir mal vor, ich frag Dich nach nem spannenden, lustigen Film

Alex: Naja, ich werde das ja auch öfter gefragt und ich habe das geübt ;). Zum Beispiel würde ich dir bei spannend und lustig momentan empfehlen … Man from UNCLE.

Simon: Ja, Man from U.N.C.L.E. steht auf der Liste.

* nicht garantiert

Bild: Allan Ajifo, CC-BY 2.0

In eigener Sache: Berlin

Ich wohne jetzt in Berlin. Kann das selbst noch gar nicht so richtig glauben, aber der Unglaube ist auf jeden Fall eher ein freudiger als ein ängstlicher. Ich freue mich darauf, der blühenden Film-Community hier beizutreten und mich unauffällig unter die vielen bereits anwesenden HauptstadtbloggerInnen zu mischen (sie sind hier wirklich überall, es ist eine Plage). Liebe Agenturen, ihr dürft mir ab sofort gerne öfter Einladungen zu Berliner Veranstaltungen schicken – die Möglichkeit, dass ich kommen kann, ist gerade exponentiell gestiegen.

Was der Umzug auch bedeutet, ist, dass dieses Blog jetzt eine Weile still war und vermutlich auch noch ein bisschen sein wird, während Frau Matzkeit und ich dafür sorgen, dass wir endlich wieder Internet in der Wohnung haben und die Fernbedienung für den Fernseher suchen.

Was die Weiterentwicklung des Blogs angeht, wird es wohl auf eine Mischung aus mehreren Faktoren rauslaufen. Den Aggregator spare ich mir, mit Ausnahme meiner Nachhaltigkeit, die mal eine neue Ausgabe vertragen könnte. Aber ich werde versuchen, einen Podcast zu machen (und vielleicht in der Zeit etwas weniger bloggen) und ich werde versuchen, Strukturen zu schaffen, um in diesem Blog noch öfter andere Stimmen vorkommen zu lassen (quasi als Ausgleich).

All das dann bald an dieser Stelle, aber erstmal muss ich mich in der neuen Stadt ein bisschen eingewöhnen. Wer jetzt schon Ideen für Gastbeiträge hat, möge mir schreiben.

Michael Bay ist der Meister des Moments

Dies ist ein Gastposting von Sebastian Mattukat.

Zur Einstimmung wird diese Playlist empfohlen.

Es ist wieder soweit, der nächste Transformers kommt morgen in die Kinos und wieder wird jede Menge über Michael Bay geschrieben. Fast einstimmiger Tenor: Michael Bay, der Zerstörer des Kinos. Gleich vorweg: Ja, seine Filme sind immer groß, laut und irgendwie ein bisschen vulgär. Aber trotzdem kann man mit ihnen seine Freude haben. Ein paar meiner Kollegen fragen sich regelmäßig, wieso ich mir noch einen Transformers überhaupt anschaue. Manchmal kommen sie mit ins Kino und sind aufgrund der Story in der Regel frustriert. Ich antworte dann immer, dass sie ja bitte nicht ernsthaft wegen der Geschichte in den Film gegangen sind. Die Gegenfrage lautet dann immer, warum ich in den Film gegangen bin und wie ich mit erhobenen Hauptes den nächsten von Trier gehen kann. Der folgende Text ist der Versuch einer Antwort.

Was ist es also, was mich in die Filme von Michael Bay zieht, wenn es nicht wie sonst die Geschichte ist? In meinen Augen sind seine Filme einer der letzten wahrhaftigen Actionfilme, die den Moment zelebrieren, die so echt wie möglich und Hautnah am Geschehen sind. In einem vor kurzem veröffentlichten Video wird die „Bayhem“ betitelte Ästhetik besprochen, aber tritt meiner Meinung nach, in ihrer Kritik, zu kurz. Denn das Video impliziert, dass man der Geschichte folgen möchte, doch das ist wie Eingangs besprochen der größte Fehler, den man in einem Film von Herrn Bay tun kann.

Beginnt man sich jedoch auf die einzelnen Momente einzulassen, achtet auf die kleinen Details und die berauschende Kameraarbeit, dann stellt man immer wieder fest, „Das war gerade das visuell aufregendste, was ich seit langem gesehen habe!“. Ich stelle hier nun die These auf, dass dies vor allem Zuschauer können, die mit dem Medium Musikvideos, was Bay großmachte, nicht nur vertraut sind, sondern dies auch zu schätzen wissen. Auch wenn man heute nur noch selten daran erinnert wird: Musikvideos waren früher kleine opulente Meisterwerke, die im besten Fall die Stimmung eines Liedes perfekt transportierten. Hier hat Michael Bay sein Handwerk gelernt und es auf seine Art perfektioniert, um Stimmungen und Momente zu transportieren.

©

Wie bei einem guten Musikvideo bleiben einzelne Szenen seiner Film im Kopf hängen. Es reicht eine Drehung der Kamera und man ist sofort wieder in Miami. Durch das visuelle Verständnis von Bay und seinen Kameramännern werden kleine Szenen zu wahren Meisterwerken. Sei es die großartige Verfolgungsjagd in The IslandNicolas Cage und das Leuchtfeuer, oder die Szene, die Will Smith zum Filmstar machte. Natürlich sind all dies große Szenen, mit klaren Strukturen und völliger Abwesenheit von Zwischentönen. Doch im Vergleich zu vielen anderen Actionfilmen dieser Tage besitzen sie damit etwas Echtes, etwas Reales, so dass es eine Freude ist, sie in sich aufzusaugen.

Gleichzeitig gibt es noch einen zweiten Punkt, der Michael Bay hervorhebt und besonders macht. Er dreht so viel wie möglich “in camera” und das macht ihn zu einer aussterbenden Art. Früher war es nichts besonderes, aber in der heutigen Welt der Pixel-Avatare ist es eine willkommene Abwechslung. Wenn Stahl auf Beton trifft, merkt das der Zuschauer, er kann es förmlich spüren. Da werden Autos ineinander gefahren, Boote über den Highway geschmissen, ganze Kriegsschiffe aufgefahren und Wüstenoasen gesprengt. Oben drauf kommen dann nicht zu knapp die visuellen Effekte, aber in der Regel gibt es eine reale Grundlage. Und das macht den großen Unterschied für mich als Zuschauer aus. Denn wenn ich weiß, dass etwas physikalisch nicht möglich ist und nur mit Hilfe von CGI entstanden sein kann, reißt es mich aus dem Film raus. Ist die Szene, wie auch immer, geerdet, fällt es mir leichter dem Geschehen zu folgen und die Action macht wieder spaß.

Diese packenden Einzelmomente und handgemachte Action machen natürlich noch keinen Film für die Ewigkeit. Aber das müssen die Filme von Michael Bay auch nicht sein. Viel mehr ist es doch schön, dass es da draußen noch jemanden gibt, der so cool wie kaum jemand auf den Moment inszenieren kann. Bei dessen Filmen eigentlich Szenenapplaus angebracht ist und man für einen kurzen Moment noch einmal kleiner Junge sein kann. Dann ist es wie früher und für zwei Stunden gibt es nichts wichtigeres auf der Welt, als schnelle Autos, Polizisten und Roboter. Warum sollte man das nicht genießen?

Sebastian Mattukat ist Filmemacher und lebt in Berlin. Folgt ihm auf Twitter.

Lieber Nikolaus Röttger, ich sollte für Sie arbeiten [Updated]

Mein kleiner Publicity-Stunt hat erschreckend gut funktioniert. Ich stehe jetzt mit Nikolaus Röttger in E-Mail-Kontakt. Vielen Dank an alle, die mich unterstützt haben.

Den Artikel “Alles auf einmal. Sofort!“, den ich gerade für “epd film” geschrieben habe, hätte ich auch sehr gut für “Wired” schreiben können. Eine kulturelle Technologie (Video on Demand) und eine Dienstleistung (Day-and-Date-Releasing) auf dem Vormarsch, umfassend und belastbar recherchiert, gefiltert durch eine persönliche Geschichte, die von Love Steaks-Regisseur Jakob Lass. Einem, der selbst “wired” ist, und sich wünscht, dass sich was tut in der deutschen Filmlandschaft.

Ich habe eine klare Vorstellung davon, wie Geschichten für “Wired” aussehen können. Meine Leidenschaft für die Zeitschrift – und meine Kritik an den bisherigen deutschen Ausgaben – ist gut dokumentiert. Ausgabe 1 hatte den richtigen Ansatz, aber zu wenig Biss. Ab Ausgabe 3 entwickelte sich leider vieles eher zum Schlechteren.

Die neue “Wired”, die Sie, lieber Herr Röttger, in Berlin entwickeln, hat einige Vorteile gegenüber ihren Vorgängern. Vor allem: eine richtige Redaktion, mitten in Berlin, und eine regelmäßige Erscheinungsweise, die einen nicht zur Alles-Oder-Nichts-Pilotierung zu einem festen Zeitpunkt zwingt, sondern durch die man Geschichten auch länger entwickeln kann. Daher habe ich Hoffnung, dass sie gut wird und dass diese Marke, die ich so liebe, damit auch in Deutschland Fuß fasst. Weil meine Lebensplanung in den letzten Monaten anders lief, konnte ich mich nicht auf eine Redakteursstelle bewerben. Aber ich würde gerne für Sie schreiben. Dieser Post ist meine Bewerbung, die “epd Film”-Geschichte und dieses Blog ist meine Arbeitsprobe.

Ich bin 31 Jahre alt, zu alt für einen echten Digital Native, aber “wired” aufgewachsen. Mit 14 habe ich meine ersten Webseiten gebaut, mit 20 mein erstes Blog gestartet, mit 28 meine jetzige Frau im Netz kennengelernt. Ich habe Filmwissenschaft (Elfenbeinturm) und Publizistik (Harte Daten) studiert, Vollzeit als Medienjournalist gearbeitet und sämtliche Online-Aktivitäten eines 100.000-Leute-Events koordiniert. Seit fünf Jahren betreibe ich dieses Blog, dass als eins der wenigen privaten Filmblogs in Deutschland in der Mehrzahl keine Filmkritiken, sondern Analysen und Geschichten bietet – und damit auch gut ankommt. Ich schreibe neben meinem momentanen Hauptjob Artikel für “epd film” und “epd medien” und verdinge mich gelegentlich immer noch wissenschaftlich.

Die Kultur-Berichterstattung der US-“Wired”, die ich im Abo habe, ist nicht immer gut und oft ähnlich oberflächlich wie in anderen Illustrierten. Aber zwischendurch hauen sie Geschichten raus, die einfach nirgendwo anders denkbar wären. Adam Rogers’ Analyse des Tron-Reboots 2010, Brian Raftery über David Fincher 2011, die umfassende Begutachtung der neuen, datengetriebenen Fernsehlandschaft im vergangenen Jahr. Solche Geschichten gibt es auch in Deutschland. Und “Wired” sollte sie finden. Mit mir.

Lieber Herr Röttger, wenn Sie bis hierhin gelesen haben, freue ich mich auf Ihre Kontaktaufnahme unter kontakt@alexandermatzkeit.de. Wenn Sie lieber anrufen möchten, finden Sie meine Mobilnummer im Impressum dieses Blogs.

Ihr
Alexander Matzkeit

In eigener Sache: Ein neues Zuhause

Seit Jahren rede ich darüber, dass ich “Real Virtuality” dringend auf meinen eigenen Webspace umziehen und volle Kontrolle über Layout, Plugins und Inhalte haben will. Heute habe ich meinen Worten endlich, endlich Taten folgen lassen. Jetzt gehört dieses Blog wahrhaftig mir!

Das Layout lehnt sich bewusst an das alte an, denn das Rad wollte ich nicht neu erfinden. “Real Virtuality” bleibt ein einfaches Blog mit regelmäßigen Texten zu Film und Medien. Über eine Rückmeldung, wie ihr das neue Layout findet, freue ich mich in den Kommentaren. Es ist davon auszugehen, dass sich hier und da in den nächsten Wochen noch Kleinigkeiten ändern während ich die endlosen Weiten von WordPress erkunde.

WordPress macht es einem übrigens wirklich leicht, ein .com-Blog auf den eigenen Webspace umzuziehen. Deswegen funktionieren alle Links und Abonnements für’s erste auch weiterhin. Falls ihr irgendwo auf meine Startseite verlinkt habt, würde ich euch trotzdem bitten, den Link auf die neue Domain realvirtuality.info umzuleiten.

Ich wünsche frohes Lesen.