In der Calton Road wird gerade gebaut. Das beeinträchtigt die Stimmung leider sehr. Zwecklos, darauf zu warten, dass ein Auto aus der Einfahrt kommt, über dessen Motorhaube man ein irres Grinsen in die Welt schicken könnte – wie einst Mark Renton in der ikonischen Eröffnungsszene von Danny Boyles Trainspotting. Ich muss mich mit Fotos und einer Rezitation des »Choose Life«-Monologs begnügen. Aber dass ich herkommen würde, in diese historische Seitenstraße in Edinburghs Zentrum, stand bereits vor meinem Urlaub fest.
Ich bin nicht allein. Nicht nur in der Calton Road, wo sich auch andere Trainspotting-Fans herumtreiben. Filmfans sind schon immer gepilgert – zu den “Homes of the Stars” und dem Hollywood-Boulevard, aber auch zu den oft entlegenen Drehorten ihrer Lieblingsfilme. Sie wissen, dass in der tunesischen Wüste ein paar verwitterte Überbleibsel von Lukes Feuchtigkeitsfarm aus Star Wars zu besichtigen sind oder dass in der Nähe des südspanischen Alméria viele Italowestern ihr Pulver verschossen haben. Ganz zu schweigen von Filmstädten wie New York, Los Angeles oder Berlin, zu denen einige Regalmeter mit einschlägigen Reiseführern gefüllt wurden. Doch seit einigen Jahren hat der Filmtourismus eine neue Qualität erreicht. Wo man früher oft Einheimische nach dem Weg fragen musste, ist eine kleine Industrie aus dem Boden geschossen.
Eine Voraussetzung dieser Entwicklung: Drehs außerhalb der Studios an beeindruckenden Schauplätzen haben zugenommen, ironischerweise nicht trotz, sondern wegen digitaler Technologien. Fernsehantennen an Gebäuden etwa müssen heute nicht mehr mühsam abmontiert werden, sie lassen sich einfach in der Postproduktion digital entfernen. In Totalen können ganze Gebäude und Aussichten durch digitale Modelle und matte paintings nahtlos ersetzt werden. Häufig bedeutet das auch, dass die gefilmten Orte nicht sich selbst repräsentieren, sondern fantastische Orte aus anderen Welten, die von Filmemachern behutsam konstruiert werden. Perfekt für Touristen.