Diese Woche beginnt Agents of SHIELD mit einer der komplexesten “Previously on …”-Montagen, die man sich vorstellen kann. Die Ereignisse, die auf das hinführen, was in den nächsten 45 Minuten passieren wird, liegen sehr weit zurück. Gezeigt wird nur, was irgendwann ab Mitte der ersten Staffel geschehen ist, aber eigentlich müsste man fast bis zum Kinofilm The Avengers zurückgehen, um zu wissen, womit man es zu tun hat: Tod, Wiederauferstehung, ein eingebildeter Urlaub in Tahiti, die Entdeckung, dass T.A.H.I.T.I. vielmehr ein experimentelles Wiedererweckungsprogramm von SHIELD mit Alien-DNS ist, Löschung der Erinnerung durch eine traumatische Roboter-Operation, der Drang, merkwürdige Zeichen in die Wände zu ritzen – erst bei Garrett, dann bei Coulson; die Realisation, dass Skye ebenfalls Alien-DNS zu besitzen scheint und schließlich die Erkenntnis, dass die Zeichen eine Karte sein könnten.
Bei all der Flachheit, die ich Agents of SHIELD so gerne vorwerfe, man muss der Serie applaudieren für die Chuzpe ein Mysterium über so lange Zeit aufzubauen und Stück für Stück immer weiter zu entwickeln. Der Showdown, auf den “The Writing on the Wall” hinausläuft, mag wieder einmal antiklimaktisch inszeniert sein und mich endgültig darin bestätigen, dass Clark Gregg – so sympathisch ich ihn als Schauspieler finde – schlicht und einfach nicht in die Rolle passt, die man ihm zugedacht hat. Aber das Mysterium zieht einen in diese Folge hinein und die Enthüllung des nächsten Schritts wirkt tatsächlich wie eine große Erleichterung ohne tatsächliche Auflösung – ein Spiel dass die X-Files über neun Jahre vorgemacht haben. (Nur leicht getrübt wird das alles durch die Tatsache, dass man die Enthüllung über 15 Minuten kommen sieht, von dem Moment an, als die Modelleisenbahn das erste Mal im Bild ist.)
Die George-Lucas-Schauspielschule
Und obwohl Clark Gregg schon sehr stark die George-Lucas-Schauspielschule channelt, während er sich bemüht, seine Erinnerungen zurückzuerlangen: Seine Flashbacks in die kritische Phase des T.A.H.I.T.I.-Programms besitzen genuine Psychothriller-Spannung, inklusive all der paranoiden Momente, die man dabei erwartet. Das Bild der bewussten OP am offenen Gehirn, bei dem der Patient um Gnade winselt und die Ärzte nüchtern daneben stehen, bleibt ein monströs schreckliches Comicpanel, das kein Marvel-Zeichner besser hätte treffen können.
Wenn es nur mehr davon gäbe. In einer parallelen Storyline müssen wir leider stattdessen miterleben, wie dumm sich ausgebildete Superspione bei einer einfachen Beschattung anstellen, bei der sie natürlich nicht davon ausgehen, dass die Kneipe, in der sich das Zielobjekt mit seinen Vorgesetzten trifft, einen Hinterausgang haben könnte. Nur Brett Daltons eiskalter und undurchschaubarer Charme rettet diesen Teil der Folge vor dem Totalausfall. Natürlich bin ich jetzt doch irgendwie gespannt, wie sich Ward zwischen den Fronten durchschlagen wird, nachdem er den Namen Daniel Whitehall gehört hat.
Schließlich wäre da noch zu erwähnen, dass Skye und Mac eiskalt an Hank Thompsons Schweißerladen vorbeigefahren wären, wenn dieser nicht praktischerweise winkend auf der Straße gestanden hätten. Das Marvel Cinematic Universe hat schon angenehme Zufälle manchmal.
Beste Szene: Coulsons Flashback
Bester Dialogsatz: “I like my bosses unjumbled at all times.” (Mac)
Note: 2