Ich glaube, es war in Folge 16 der ersten Staffel, “The End of the Beginning”, in der Skye offiziell eine SHIELD-Agentin wird, dass Agents of SHIELD das alte Whedon-Prinzip des Teams als Familie (das wiederum auf dem alten Stan-Lee-Prinzip des Teams als Familie beruht) zum ersten Mal so richtig raushängen ließ. Skye, so glaubten wir damals noch, ist Waise, also ist es klar, dass sie sich in Fitz, Simmons, May, Ward und Coulson eine Ersatzfamilie sucht.
Folge neun der zweiten Staffel von Agents of SHIELD beginnt mit einer Albtraumsequenz, in der Skye durch die SHIELD-Bunker läuft, in einem Kleid, dass diese Kleines-Mädchen-Große-Welt-Rolle noch einmal in Erinnerung ruft. Und das, wo sich Skye doch in den letzten Folgen so angestrengt hat, erwachsen, taff und verantwortlich zu sein.
Erweiterte Familie
Inzwischen ist nicht nur klar, dass Skye keine Waise ist, die Serie hat auch vor allem der Familie immer mehr Mitglieder hinzugefügt. Das war auch dringend nötig, denn die dünne Dynamik der Mama-Papa-großer-Bruder-und-die-Zwillinge-Konstellation bewies mehr als einmal, dass sie nicht sonderlich gut trägt und einfach zu viele Klischees auf zu wenig Figuren vereint. Zur Ursprungsmannschaft ist mit Tripplet, dem ehemaligen Ziehsohn des Verräters Garret, eine Art cooler Pflegebruder hinzugekommen; außerdem hat sich die Großfamilie mit dem Team von Lance, Bobbi und Mack (mit ihrer verstorbenen “Mutter” Isabelle Hartley) um eine Runde Cousins und Cousinen erweitert.
Was das Erzählerische angeht, trägt diese Auswahl an Familienmitgliedern einen großen Teil dazu bei, dass die Serie endlich ihren Rhythmus gefunden zu haben scheint. Auch in “… Ye who enter here” (Dantes Inferno, anyone?), der wahrscheinlich vorletzten Folge in diesem Jahr, gibt es genügend Raum für Gespräche in vielen verschiedenen Konstellationen, die in Sachen Interaktionsdynamik eine große Bandbreite zulassen, von albern bis todernst und überall dazwischen.
Kein Fremdschäm-Museum
Endlich scheint die Serie genug Atemluft zu haben, um sowohl richtig kindische Comic-Szenen wie die Verfolgungsjagd von Raina – Agent 33 mit einer kaputten Maske, Koenig mit einem Tarn-Regenschirm – als auch wichtige Charaktermomente wie die erste richtige Aussprache zwischen Fitz, der Simmons liebt, und Simmons, die Tripplet toll findet, zu beherbergen. Und das, ohne dabei zum Fremdschäm-Museum zu werden. Wenn Skye Coulson verlegen umarmt, bevor die beiden auf unterschiedliche Missionen gehen, wirkt das zum ersten Mal nicht mehr wie vom Drehbuch diktiert, sondern von den Charakteren verdient.
So gut sich die Charakterdynamik auch entwickelt, die Production Value-Logik sinkt teilweise sogar wieder unter das Niveau von Staffel eins. Die Folge braucht zwei externe Lokalitäten und entscheidet sich für Vancouver, wo ein Großteil von Hollywood sowieso seine “Runaway Productions” dreht und Puerto Rico, anscheinend das Exotischste, was mit dem Staffelbudget machbar war.
Showdown wie immer drinnen
An beiden Orten gönnt man sich ein paar kleine Außenszenen, kehrt aber möglichst bald wieder in sicheres Backlot- und Soundstage-Territorium zurück. Der Showdown dieser Folge, die plotmäßig im Grunde nicht mehr ist als ein einziger großer Aufbau für das Herbstfinale kommende Woche, findet praktischerweise zum x-ten Mal in einem geschlossenen Raum statt. Okay, es ist eine Höhle, die den Eingang zu einer mystischen unterirdischen Stadt darstellt, aber das wissen wir auch nur, weil sie es uns gesagt haben.
Ach ja, und Raina enthüllt, dass die außerirdische Rasse, die den “Diviner” gebaut hat und deren Blut der Grundstoff für Projekt T.A.H.I.T.I. war, die Kree sind. Jene Kree, die auch in Guardians of the Galaxy auftauchen, am prominentesten in der Person von Ronan the Accuser, dem Levelboss des Blockbusters. Aber was sagt uns das, ohne dass wir bisher irgendetwas von ihrer Stadt zu sehen bekommen oder von ihren Plänen erfahren haben, wirklich? Sie wollen die Erde in Schutt und Asche legen und nur die, die es wert sind, am Leben lassen? Das sagt Raina, aber es könnte auch nur eine Legende sein. Warten wir es ab.
Bester Moment: Schwarzer Bus von links nietet überraschend zwei Hydranten um, die gerade Raina einsacken wollten.
Beste Dialogzeile: “That’s not wood, is it?”
Note: 2