RePotter #4 – Simon Born und der Feuerkelch

Schon mit dem dritten Harry-Potter-Film unter der Regie von Alfonso Cuarón war die Kontinuität der ersten beiden Filme, zumindest im allgemeinen Look, unterbrochen worden. Mike Newell hatte mit Harry Potter und der Feuerkelch eine noch schwierigere Aufgabe zu meistern: Er musste ein fast doppelt so dickes Buch in einen Film von normaler Länge zwängen.

Mit Simon Born, Mediendramaturg und Filmjournalist (unter anderem für Negativ) aus Mainz, spreche ich im vierten Teil meiner Podcast-Serie unter anderem über Filmmusik, Actionsequenzen und den Unterschied zwischen Lese- und Filmerlebnis.

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In der Podcast-Serie “RePotter” wage ich, einen Monat bevor der achte und letzte Teil der Harry Potter-Filme in die Kinos kommt, einen Rückblick auf die Saga, die sich selbst als das “Motion Picture Event of a Generation” bezeichnet.

Bisherige Folgen:

RePotter #1 – Jochen Ecke und der Stein der Weisen
RePotter #2 – Martin Urschel und die Kammer des Schreckens
RePotter #3 – Jonas Hahn und der Gefangene von Azkaban

RePotter #3 – Jonas Hahn und der Gefangene von Azkaban

Nach zwei Filmwissenschaftler-Blickwinkeln dreht sich der dritte RePotter-Podcast vor allem um die Sicht der Fans auf “ihre” Filme. Mein Gesprächspartner zum Prisoner of Azkaban ist Jonas Hahn, der Gründer der Online-Community HP-Fans.de. Wir sprechen unter anderem über das Standing von Alfonso Cuaron in Fankreisen, über die Geografie von Hogwarts und über die Frage, welche Fragen man als Fan überhaupt stellen darf.

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In der Podcast-Serie “RePotter” wage ich, einen Monat bevor der achte und letzte Teil der Harry Potter-Filme in die Kinos kommt, einen Rückblick auf die Saga, die sich selbst als das “Motion Picture Event of a Generation” bezeichnet.

Bisherige Folgen:

RePotter #1 – Jochen Ecke und der Stein der Weisen
RePotter #2 – Martin Urschel und die Kammer des Schreckens

RePotter #2 – Martin Urschel und die Kammer des Schreckens

Im zweiten RePotter-Podcast spreche ich mit dem Mainzer Filmwissenschaftler und Mediendramaturgen Martin Urschel (@MartinUrschel auf Twitter) über Harry Potter und die Kammer des Schreckens. Es geht um Monsterfilme und Kenneth Branagh, darum ob Chris Columbus Special Effects versteht und schließlich gesteht Martin, dass er sich selbst zur “Generation Harry Potter” zählt. Was er damit meint und mehr im Podcast.

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In der Podcast-Serie “RePotter” wage ich, einen Monat bevor der achte und letzte Teil der Harry Potter-Filme in die Kinos kommt, einen Rückblick auf die Saga, die sich selbst als das “Motion Picture Event of a Generation” bezeichnet.

Nach wie vor sind noch nicht alle sieben Filme fest vergeben. Wer Lust hat, mit mir einen Blick in die Vergangenheit von Hogwarts zu werfen, möge mir eine E-Mail schreiben.

Bisher:

RePotter #1 – Jochen Ecke und der Stein der Weisen

Von der Seitenlinie

Am 16. August beginne ich eine neue Arbeitsstelle. Ich werde (fester freier) Redakteur in der Filmredaktion eines Fernsehsenders. Ich bin mit der Stadt vertraut, in der ich arbeiten werde, ich liebe Filme und ich kenne das Team der Redaktion von einer früheren Begegnung – ich freue mich sehr auf diesen Job.

Und doch war das Ganze ursprünglich nicht ganz so geplant.

Im Herbst 2009 arbeitete ich in Frankfurt im Redaktionsteam von epd medien mit einem Vertrag, der zum Ende des Jahres auslief. Ich hatte gerade ein knappes Jahr damit verbracht, fast jeden Tag darüber zu berichten, wie miserabel es um die Printmedien in der Bundesrepublik steht und mir war klar, dass mein nächster Job nur online stattfinden konnte.

Meine Bewerbungen bei diversen Onlineredaktionen, große und kleine, wurden alle abgelehnt. Einmal bekam ich die Begründung geliefert, ich habe zu wenig Online-Erfahrung. Ich habe 1996 meine erste eigene Website online gehabt, blogge seit 2003 und hatte mich zu diesem Zeitpunkt fast ein Jahr intensiv mit Onlinemedien beschäftigt. Zudem war ich bei einer Nachrichtenagentur beschäftigt, einem Medium, dass es gewohnt ist, seine Geschichten mehrmals täglich zu aktualisieren. Die reine Tatsache, dass ich noch nie hauptberuflich für ein primär online erscheinendes Medium gearbeitet hatte, reichte anscheinend aus, um mir mangelnde Online-Erfahrung zu attestieren.

Der Deutsche Evangelische Kirchentag, der es sich zum Prinzip gemacht hat, Menschen außerhalb ihrer Komfortzone einzustellen, gab mir die Chance, die andere mir verwehren wollten. Seit Anfang 2010 bin ich dort alleine verantwortlich für den Inhalt der kompletten Website. Ich habe eine blühende Facebook-Seite und einen funktionierenden Twitterkanal aufgebaut und im Juni die (relativ konservative) Berichterstattung einer vierzigköpfigen Onlineredaktion geleitet. Natürlich habe ich beim Kirchentag keinen Journalismus gemacht. Aber ich habe mehr Online-Erfahrung gesammelt, als mir wohl jemals in einer deutschen Onlineredaktion zugetraut worden wäre.

Da immer klar war, dass der Kirchentag nur ein Projekt sein würde, hatte ich mir ursprünglich mal überlegt, danach irgendwie an die vorderste Front des Onlinejournalismus in Deutschland zu wechseln. Mittendrin zu sein in diesem Mahlstrom des Medienwechsels, der sich gerade vollzieht; mit anderen gemeinsam Geschichte zu schreiben, während die Neuen Medien endlich ihre volle Reife erlangen.

Das werde ich jetzt nicht tun und ich bin eigentlich froh darüber. So spannend ich all das finde, was derzeit in der Medienlandschaft passiert, so nervenaufreibend finde ich es doch, die immer gleichen Debatten zwischen verstockten Apologeten und arroganten Avantgardisten lesen und hören zu müssen. Ständig zu sehen, wie große Medienhäuser ebenso große Töne spucken und selbst das Gegenteil ihrer Reden umsetzen. Zu beobachten, wie Journalisten immer schlechter bezahlt werden, während gleichzeitig von ihnen verlangt wird, immer mehr Inhalte zu generieren, bei deren Anblick das Wort “Qualitätsjournalismus” regelmäßig in hohl widerhallendes Gelächter ausbricht.

Filme haben nach wie vor eine, um den aktuellen Bildersturm von Jeff Jarvis aufzugreifen, recht orthodoxe Form. Und auch ihre Präsentation im Fernsehen folgt dieser Form, was sollte sie auch sonst tun. Dass ich mich auch im Filmbereich für Technologien wie Stereoskopie interessiere, die die althergebrachten Formen “stören”, ist sicherlich kein Zufall. Aber wenigstens muss ich nicht mehr mittendrin stecken, wenn wieder mal jemand schreibt oder sagt, das Internet wäre oder mache dumm, Google sei der Teufel oder mein Video sei nicht viral genug.

Ich beschäftige mich lieber mit etwas, was ich liebe: mit Filmen. Übrigens auch weiterhin an dieser Stelle. Währenddessen beobachte ich den Medienwechsel von der Seitenlinie und lasse sich die Ewiggestrigen und die Ewigmorgigen auf dem Spielfeld die Köpfe einschlagen. So bleibt mein eigener Kopf heil – und vielleicht kann ich dann eines Tages zurück aufs Spielfeld kommen, ein paar Wunden versorgen, und mir von den erschöpften Mannschaften, die beide verloren haben, zeigen lassen, wo ich helfen kann, den kaputten Rasen zu flicken (Nebenbei werden sie mir wahrscheinlich beibringen, Metaphern nicht überzustrapazieren).

Auf die Zukunft!

RePotter #1 – Jochen Ecke und der Stein der Weisen

In der Podcast-Serie “RePotter” wage ich, einen Monat bevor der achte und letzte Teil der Harry Potter-Filme in die Kinos kommt, einen Rückblick auf die Saga, die sich selbst als das “Motion Picture Event of a Generation” bezeichnet. Wie haben sich die Filme all die Jahre später gehalten, wie haben sie sich entwickelt und was verraten sie uns über die Zeit, in der sie entstanden sind?

Das alles und mehr bespreche ich im ersten Podcast im Bezug auf Harry Potter und der Stein der Weisen mit Jochen Ecke. Jochen ist Filmwissenschaftler, Dozent für Anglistik an der Uni Mainz und bloggt gelegentlich auf G wie Gorilla.

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(Die Tonqualität des Interviews ist leider nicht die beste. Ich lerne noch.)

Übrigens sind noch nicht alle sieben Filme fest vergeben. Wer Lust hat, mit mir einen Blick in die Vergangenheit von Hogwarts zu werfen, möge mir eine E-Mail schreiben.

RePotter: Collaborative Blog and Podcast Project about the Harry Potter films

I bought the box and I want to re-watch the Harry Potter movies and discuss them here before the last one is out – working title: “RePotter”. The form of discussion is not determined yet. I’m up for recorded phone or skype conversations, live conversations, Instant Messaging sessions, written reviews or anything else you can imagine. Who will join me? You don’t have to commit for all the films, a single one will do.

Reply in the comments or e-mail me at kontakt@alexandergajic.de.

Kenneth Branagh’s Thor and the 5 Joys of 3D Done Right

Edit: Uh-oh, it took a friend to alert me to the fact that Thor was not conceived and filmed in 3D. I feel really stupid now. However, to turn this in my favor, it shows a) that good 3D-conversion can work and b) that good direction can be even better in 3D. I rest my case.

Kenneth Branagh’s film Thor is the most 3D-fun I’ve had in a live action film so far. There, I said it. Suck on that, Cameron. Part of that might have to do with the script which, I thought, cleverly juggled the absolute preposterousness of the setting with the right amount of pathos and humour whenever they were needed. Part of it might have to do with the performances by Natalie Portman, Chris Hemsworth, Stellan Skarsgård and the rest of the gang which exhibited that same tongue-not-quite-but-almost-in-cheek balance. And a large part was the really good 3D-mise-en-scène by Kenneth Branagh.

Looking back at the film, here is what I think Branagh kept in mind while shooting.

1. Keep Moving

There’s two ways to experience space on the screen. Either you leave a lot of time to sink your mind into it and explore it (this is the approach that Wim Wenders took in Pina) or you are constantly reminded of it, because stuff (including the camera) doesn’t just move left to right anymore, but front to back as well. All the time. Thor is very kinetic (except in close-up shots, see point 3) and the movement gives depth to both characters and environments.

2. Use the 3D-Space

Branagh really makes everything of the three axes he has at his disposal. His camera flies, swoops, cranes up and down all the time. This is a sort of standard procedure in CG-landscapes these days and of course Thor has its fair share of roaming establishing shots in pure computer space. But Branagh does the same in non-CG environments. For example, from a medium shot in which the character walks towards the camera, Branagh suddenly pulls out and up into a topshot. What a great way to feel that you are experiencing space without being poked in the face.

3. Behold the power of the closeup

Branagh breaks the relentless kineticism of his fight scenes with comparatively endless dialogues in closeup. And this is where the real magic happens. I don’t think Natalie Portman has ever seemed as enchanting as she was when I had her face 15 feet high in 3D right in front of me. My girlfriend, who was sitting next to me, pretty much admitted the same thing about Chris Hemsworth. The best film critics have written about the power of the closeup in the cinema. Well, it’s back – and this time, it’s personal.

4. If you don’t have diagonal lines, create them

3D thrives on diagonal lines in the image that visualize distance. If you’re not in Tron, you don’t get diagonals in every image. Branagh very cleverly sidesteps this dilemma by just putting the camera at an angle whenever he can. Even his close-ups are often ever so slightly tilted up or down compared to traditional camera positions. Shazam! Instant 3D-space.

5. Cut as fast as you want

Some of the fight scenes in Thor are fast as hell and I wasn’t confused at all. There is either some very clever stereo-continutity at work here that I didn’t grasp or it just doesn’t matter. I guess it’s the latter, and this is one of the points I will retract from my five Predictions of eight months ago: Filmmaker’s, don’t be nice to your audiences. Shock them and slap them in the face. In the long term, this has always led to the most interesting films.

Review: “The Sounds of Star Wars” and “The Music of the Lord of the Rings Films”

The sentence “sound is half the picture” is usually attributed to George Lucas. It seems fitting, then, that one of the most beautiful books about the oft-forgotten topic of sound design has now been released about Lucas’s Star Wars saga. What makes “The Sounds of Star Wars” by J. W. Rinzler so beautiful is, first of all, the fact that it is more than a book. Attached to its spine is a sound module containing 256 sonic examples from the original library of the film series, every one of which can be selected and played individually. Coming from the built-in speakers they can sound a bit tinny at times. However, a headphone jack allows the listener to hear the wide selection of sounds – everything from R2D2 beeping to the star destroyers thundering past – in high fidelity as well.

But even without this gadget, “The Sounds of Star Wars” would be an outstanding book for everyone interested in film production. Every one of the six feature films and the TV series “The Clone Wars” is treated to an introduction spanning several pages and featuering many production photographs that mostly explain the modus operandi of sound designer Ben Burtt, who, together with Walter Murch, is one of those people who made the stitch perfect tailoring of sounds to moving images an art form in itself. The introductions are followed by descriptions of the secrets behind every sound in the module, bears for Chewbacca’s voice acting and a scuba mask for Darth Vader’s breathing. A more thorough spotlight is given to the saga’s most iconic scenes.

The book is clearly and fortunately directed at interested laymen. Processes of recording and mixing are not skipped over for fear of being too difficult to understand, but the descriptions also don’t drift off into technical gibberish.

This last sentence cannot be confirmed for the second large format book about the acoustics of big film sagas from the last few months, but that’s not necessarily a drawback. Doug Adams’s “The Music of the Lord of the Rings Films” excels through its detailed insight into the notes and thought process of composer Howard Shore. Those who want to comprehend them should be able to read music and ideally have a piano next to their reading armchair. A rudimentary knowledge of musical theory is an advantage as well, despite the fact that Adams has packed his most theoretical analyses into special sections.

Once you accept the fact that you are dealing with a musicology book, “The Music” is a real treasure trove for fans of Peter Jackson’s trilogy. Adams first discusses every one of the over 90 musical motifs of Shore’s monumental composition on its own, before devoting three Chapters to what he calls an “annotated score”, basically a running commentary for each musical cue in the extended trilogy. It’s worth watching the films again with the book in your lap to discover them all over again.

Previously unreleased photographs, a chronicle of the recording process, the full lyrics of all vocal pieces (with translations into English) and a CD full of musical rarities – containing unused alternative versions as well as MIDI demoes of several cues – round off the package.

There is only one weakness to the book. I really missed a key explaining how the score’s cues correspond to the tracks on the three soundtrack albums, which differ significantly from each other. Adams probably suspected that a true fan would of course own the “Complete Recordings” box sets anyway.

J. W. Rinzler: The Sounds of Star Wars. Foreword by Ben Burtt. Chronicle Books, 304 S. $60,00.

Doug Adams: The Music of The Lord of the Rings Films. A Comprehensive Account of Howard Shore’s Scores. Carpentier, 401 S. $59,95.

A German version of this review appeared in the magazine epd film 5/11

Snyderwatch: Sucker Punch

    Snyders Filme folgen einer so persönlichen ästhetischen Logik, (…) dass er zu den wenigen wirklichen Autoren des gegenwärtigen amerikanischen Mainstream-Kinos zählen dürfte.
    – Jet Strajker, Die fünf Filmfreunde

Ich verfolge das Schaffen von Zack Snyder seit einer Weile mit einer Mischung aus Abscheu und Faszination. Seine ureigene Ästhetik, die er seit 300 konsequent verfolgt, ist revolutionär und gehört für mich zu einer der bestimmendsten Leitlinien des neuen digitalen Kinos. Sie hybridisiert Live-Action und digitale Animation auf allen Ebenen in einer Weise, die die konsequente Fortführung dessen ist, was 1999 mit The Matrix begann. Auf der anderen Seite hat mich sein Hang zu Bildern und Geschichten, die sich ebenso konsequent wie selbstverständlich an den Vorlagen des Faschismus abarbeiten und die Snyder sogar in einem Kinderfilm über Eulen unterbringt, immer abgestoßen.

Sucker Punch, Snyders erster Film nach eigenem Drehbuch, bringt diese Entwicklung nun an einen vorläufigen Endpunkt. Beinahe universell von der Kritik verachtet, schwurbelt sich Snyder darin eine Geschichte zurecht, in der es angeblich um Empowerment geht. Darum, dass man lernt, seine eigene Geschichte zu erzählen (die Feministen sehen das anders), in Wirklichkeit aber darum, leicht bekleidete Frauen in diversen Fantasy-Szenarios beim Kämpfen zuzusehen.

Die Zuhälterfigur des Films spricht in einem seiner Monologe davon, dass er das Gefühl hätte, jemand anders spiele im Sandkasten mit seinem Spielzeug, den Mädchen – und man meint, es wäre Zack Snyder, den er meint. Und trotzdem: Auf irgendeine perfide Weise habe ich den Eindruck, Snyder glaubt sogar, was er erzählt. Er sieht die an einen Endpunkt getriebene sexualisierte Gewalt in Sucker Punch in seiner eigenen merkwürdigen Logik tatsächlich als einen weiblichen Befreiungsschlag, genau wie er die auf die Spitze getriebene männliche Gewalt in 300 als eine Dekonstruktion von Männlichkeit sieht. “Hey”, scheint er sich zu denken. “Warum kann man nicht etwas dekonstruieren und dabei trotzdem verdammt cool aussehen.”

Diese Überlegung ist natürlich nicht neu, und mich hat immer schon gestört, wie Quentin Tarantino in Filmen wie Kill Bill nach einer ähnlichen Logik vorgeht. Wenn alles ohnehin nur ein Zitat, eine Hommage ist, scheint es, ist alles erlaubt. Auch der Sieg der Form über den Inhalt. Doch Tarantino kriegt die Kurve. Im zweiten Teil von Kill Bill beispielsweise verpasst er seiner Hauptfigur retrospektiv eine Entwicklungskurve und Tiefe, die alles vorhergegangene legitimiert und alles Folgende nachvollziehbar macht.

Snyder hingegen dreht in Sucker Punch die Streckbank noch eine Raste weiter. Ähnlich wie die Kampfsequenzen nur Phantasien innerhalb der Phantasie innerhalb der Phantasie, die der Film ist, sind, besteht ihr Inhalt auch nicht länger aus Zitaten, sondern aus Zitaten von Zitaten.

Denn die Mädchen kämpfen ihre imaginären Befreiungskämpfe keinesfalls im Imaginären eines Samuraifilms, eines Weltkrieg-Films, eines Fantasy-Films und eines Cyberpunk-Films, sondern bereits in deren übersteigerten Zitaten. Nicht in Pulp-Heften der Dreißiger, sondern in ihren postmodernen Wiedergängern, den Graphic Novels der Achtziger und Neunziger und den Computerspielen der Noughties. Deswegen sind alle Gegner lediglich gesichtslose Automata, gibt es Mechas im Krieg und Maschinengewehre im Kampf um die Burg. Und deswegen ist Sucker Punch genau so hohl wie die Körper der golemhaften Gegner – seine Figuren haben keinen Inhalt, sie haben keinen Grund, in irgendeiner Version dieser Welt zu existieren.

Wenn die Postmoderne an ihre Grenzen und darüber hinaus getrieben wird, kehrt das Archaische mit stampfenden Schritten zurück, wie ein Titan auf den Olymp. Und das ist es, was Sucker Punch doch irgendwie wieder faszinierend macht. Die haltlose Naivität, mit der der Film vorgibt, etwas zu sein, was er nicht ist. Die Geschichtsvergessenheit, mit der er seinen Zitatenzyklus ohne einen Funken Anstand oder wenigstens Ironie ausschlachtet, hat etwas enorm urtümliches. Und also findet sich in ihm auch ein Widerhall von Filmen wie Birth of a Nation, die auch in Ihren Grundfesten verachtenswert sind, die aber gleichzeitig zu den Gründungsmythen des amerikanischen Kinos gehören.

Es fällt mir schwer, mir ein abschließendes Urteil über Sucker Punch bilden. Ich fand den Film zu langweilig, um mich darüber aufzuregen und in seiner unfassbaren Maßlosigkeit zu faszinierend, um mich wirklich zu langweilen. Und somit ist wahrscheinlich damit das Urteil erreicht: Sucker Punch ist einfach vollkommen belanglos. Er ist es nicht wert, dass man ihn in irgendeiner Weise näher betrachtet. Und da ich – und mit mir viele andere Kritiker – dies gerade doch getan haben, weil sie irgendwie das Gefühl hatten, sie mussten sich mit dem Film auseinandersetzen, hat Snyder sein Ziel im Endeffekt wahrscheinlich doch erreicht: Er hat seinem persönlichen Sandkasten irgendwie Relevanz verliehen.

[Ergänzung:]

Zusätzlich zur im Text verlinkten “Girls on Film”-Kolumne empfehle ich Angie Hans Artikel auf /film.

Außerdem: “Sucker Punch and the Fetishized Image” von Oscar Moralde ist sehr gut geschrieben und argumentiert, wirft aber die Frage auf: Wenn keiner merkt, dass etwas Satire ist, ist es dann noch Satire?

Des Pudels Core – Programmänderungen aus Betroffenheit?

Hinweis: Der konkrete Aufhänger dieses Postings ist hinfällig geworden, weil das ZDF sein Programm tatsächlich geändert hat, was heute nachmittag noch nicht feststand. An der Grunddiskussion hat sich jedoch nichts geändert, daher hier trotzdem der folgende Rant:

Ich habe mich heute (im Internet) mit zwei Freunden darüber gestritten, ob es okay ist, dass das ZDF heute abend vorhatte, um 22.15 Uhr den Katastrophenfilm The Core zu zeigen. Kurz zur Erinnerung: The Core ist ein albernes aber für einen B-Movie gar nicht so schlechtes Stück Hollywood-Schlock, in dem Hillary Swank und Aaron Eckart zum Mittelpunkt der Erde reisen, um den stehen gebliebenen Erdkern wieder in Schwung zu bringen. Hier der Trailer:


Ein Freund von mir war der Meinung, dass es pietätlos ist, diesen Film angesichts der Lage in Japan heute abend zu zeigen. Eine weitere Freundin, Fernsehjournalistin, stimmte dem zu und meinte schließlich, das Programm werde doch für jeden anderen Schwachsinn auch ständig geändert. Warum also nicht diesmal?

Ich habe mich schwer damit getan, den beiden zuzustimmen. Nicht nur deswegen, weil mir ein bisschen die Leute in der Spielfilmredaktion leid taten, die den Film vor neun Monaten ins Programm geschoben haben ohne zu wissen, dass zu diesem Zeitpunkt gerade ein verheerendes Erdbeben die Welt in Atem halten würde, sondern weil ich grundsätzlich anderer Meinung bin.

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass Radiosender vor fünf Jahren aufhörten den Juli-Song “Die perfekte Welle” zu spielen, weil er im Angesicht des gerade über Asien hineingebrochenen Tsunamis zynisch erscheinen könnte. Nach dem 11. September war auf vielen Dudelkanälen wie MTV einen Tag lang kein Programm zu sehen, aus Respekt vor den Opfern. Kurz gesagt: Ich halte solche Programmänderungen aus Political Correctness bzw. aus Betroffenheit für Mist.

Ich kann mich an keinerlei Programmänderungen nach der verheerenden Flut in Pakistan erinnern, zum Beispiel. Vielleicht, weil diese Katastrophe, die zwar insgesamt weniger Todesopfer forderte aber im Grunde ein ganzes Land zum Teufel jagte, nicht so präsent war, wie die wesentlich besser auf den Punkt gebrachten Desaster in New York, Südostasien, Haiti und jetzt Japan: Ein Tag, an dem ganz viele schreckliche Dinge passieren, eine kurze Schockperiode, in der man betroffen sein kann, und dann wieder die Rückkehr zur Normalität. Nicht so etwas dauerhaftes wie eine sich über mehrere Monate hinziehende Überschwemmungskatastrophe, ein Bürgerkrieg, eine Hungersnot – an der man einfach irgendwann das Interesse verliert, weil ja nichts Neues passiert.

Und wann ist dann der Punkt, an dem man die Lieder wieder spielen kann, die Filme wieder zeigen kann? Kann The Core – der abgesehen davon, dass er ein Katastrophen-Blockbuster ist, selbst von seiner Ikonografie wirklich nichts mit den Bildern aus Japan gemein hat – wieder laufen, wenn die 10.000 Todesopfer in Japan begraben sind und wir uns wieder unserem Alltag zuwenden können? Sagen wir uns dann selbst: Na, irgendwann ist auch mal gut, ich will wieder guten Gewissens Katastrophenfilme gucken können?

Nein, ich halte es für falsch, aus solchen fadenscheinigen Gründen das Programm zu ändern (außer, man ersetzt es tatsächlich durch Informationssendungen wie heute im ZDF geschehen). Denn an das Beben in Japan dachte niemand, als der Film gemacht wurde. Es dachte niemand daran, als der Film eingekauft wurde. Und es dachte auch niemand daran als der Film für das Programm eingeplant wurde.

Den Menschen, die in Japan im Moment um Besitz und Leben kämpfen, dürfte es zudem herzlich egal sein, ob ein deutscher Fernsehsender aus Pietät darauf verzichtet, einen zweitklassigen Hollywood-Actionkracher zu zeigen, in dem es weder um ein Erdbeben, noch um eine Tsunami, noch um einen Atomunfall geht.

Eine Diskussion, die man natürlich führen kann, ist, ob es grundsätzlich vertretbar ist, Filme zu drehen, deren Bilder auf übersteigerten Versionen von realen Unglücken mit tausenden Toten basieren. Aber die Filme jederzeit zu “erlauben”, außer, wenn gerade eben so ein reales Unglück geschehen ist, halte ich für fragwürdig (bei völlig unschuldigen Liedern wie der “Perfekten Welle” wird es geradezu absurd).

Wen die Geschehnisse in Japan betroffen machen, für den dürfte es auch keinen Unterschied machen, ob das ZDF heute abend The Core zeigt, er oder sie guckt ihn wahrscheinlich eh nicht, weil er oder sie sich lieber informiert oder anderweitig ablenkt. Und was sollte das ZDF als Ersatz zeigen – vielleicht einen fröhlichen Durchhaltefilm aus den Vierzigern?