Ming-Na Wen spielt in dieser Folge von Agents of SHIELD gleich drei Rollen. Da ist ihre reguläre Figur Melinda May, eine verschlossene SHIELD-Agentin mit unbestimmter Vergangenheit, die in Phil Coulsons Team für Arschtreterei zuständig ist. Dann gibt es “Heidi Martin”, eine Tarnidentität, die Agent May annimmt, um sich mit Coulson auf ein Charity-Event zu schleichen, wo sie ein mysteriöses Gemälde stehlen wollen. Und schließlich ist da “Melinda May”, die aber eigentlich Agent Q (Maya Stojan) mit Gesichtsmaske ist und sich Coulsons Vertrauen erschleichen will. (Den Konventionen des Spionagegenres im Film zufolge verändern Gesichtsmasken ja sofort auch den kompletten Körperbau des Trägers und werden somit auch von dem Schauspieler gespielt, den sie imitieren sollen.)
Wen gelingt es gut, die Unterschiede der drei Rollen herauszuarbeiten. Wenn sie als Heidi (Heidi!) Martin plötzlich zur Charme sprühenden Lächelmaschine wird, sind nicht nur die daheim gebliebenen restlichen Teammitglieder aus dem Häuschen über die Metamorphose der ansonsten finster blickenden, schmallippigen May. Und keiner kann mir erzählen, dass Coulson auf der gemeinsamen Reise mit Q-May nicht schon von Anfang an misstrauisch war – denn die falsche Melinda hat eine ganz andere Sprachmelodie und -farbe.
Grob behauene Felsbrocken
An Ming-Na Wen kann es also nicht liegen, dass die vierte Folge der zweiten Staffel, deren Titel ein Kalauer auf die eben erwähnte Gesichtsmaske ist, wieder mal arg holprig daher kommt. Auf jedes ernsthaft locker und natürlich wirkende Gespräch kommt mindestens ein weiteres, in dem die Expositions-Sätze wie massige, grob behauene Felsbrocken in die Szene poltern, um dann noch eine Weile unangenehm im Hintergrund liegen zu bleiben. Die Tanzszene zwischen May und Coulson etwa, in der die beiden zwischen Nostalgie und Raum-Auskundschaften hin- und herwechseln, ist zwar als Idee nicht neu, hätte aber in den richtigen Händen trotzdem amüsant werden können. Drehbuch (Drew Greenberg) und Inszenierung (Kevin Tancharoen) jedoch arbeiten geschickt zusammen, um die Situation so steril und plump wie möglich zu gestalten. Es ist zum Mäusemelken.
Ansonsten zeigt “Face Your Enemy” endgültig, dass Agents of SHIELD wohl wirklich danach trachtet, weniger eine Superhelden-Saga als so etwas wie “Joss Whedon’s X-Files” zu sein. Auf der einen Seite vertieft die Folge die Bedeutsamkeit der merkwürdigen Zeichen, die aus Coulson herausbrechen und die sich auch auf der Rückseite des schon erwähnten Gemäldes finden. Diese werden auch erstmals definitiv als “Alien Writing” benannt und könnten sowohl vom Look als auch vom Mystery-Faktor auch direkt aus Chris Carters Erfolgsserie herübergerettet worden sein. Andererseits ist der Whedon’sche “Team als Familie”-Gedanke schon lange nicht mehr so ausgestellt worden wie diese Woche. Papa und Mama sind auf geheimer Mission und die Kids stehen zu Hause und beobachten, ob alles gut geht. Übrigens eine der besseren Szenen der Folge, bis die imaginäre Simmons wieder explizit erklärt, worum es gerade gehen soll: “Fitz, go join them, they’re bonding.”
Satin-Unterkleider in Action
Höhepunkt des ganzen Tohuwabohus ist – wie so oft – ein Mano-a-mano Kampf von Melinda May, diesmal allerdings mit sich selbst, einmal im Abendkleid und einmal in einem hübschen Satin-Unterkleid mit interessantem Schnittmuster. Zumindest der finale “Sprung über den Tisch”-Move erhebt diese Prügelszene dann auch über vorhergehende. Parallel dazu im Bus: Fitz muss Lance Hunters völlig technik-unfähigen Hände “benutzen”, um eine Sabotageaktion aufzuhalten. Eine schöne Idee, die in der Charakterdynamik auch gut ausgespielt wird. Allerdings hätte ich von den Hydranten schon etwas bessere Technik erwartet, die sich nicht durch zwei Kabel-Umsteckungen aus dem Verkehr ziehen lässt.
Punkten können in dieser Folge schließlich auch die Gegenspieler. Adrian Pasdar spielt Glenn Talbot ebenfalls in doppelter Ausführung. Am Ende mit seiner üblichen angenervten Steifheit, zu der auch die indignierte Aussage passt, dass Coulson ja wohl schon bei dem Gedanken, dass ihn, Talbot, ein Gemälde interessieren könnte, hätte misstrauisch werden müssen. Und im Stinger ist schließlich Reed Diamond wieder als “Big Bad” Daniel Whitehall dabei, der echte Bedrohung ausstrahlt und in einem Nebensatz bestätigt, dass er anscheinend seit dem 2. Weltkrieg am Leben ist. Noch ein Mysterium, das es zu lösen gilt.
Beste Szene: Fitz und Hunter beim Kabelstecken.
Bester Dialogsatz: “Yo!” (Phil Coulson)
Note: 2