Medienfundstück “Donald” – Eine Männerzeitschrift mit Comics

(Update: Die Zeit kann einen manchmal auf merkwürdige Weise einholen. Als ich dieses Magazin vor sechs Wochen in den Niederlanden entdeckte, kannte es die deutsche Öffentlichkeit zum großen Teil noch nicht. Ein Freund wies mich nach diesem Blogpost darauf hin, dass eine erste Ausgabe inzwischen in Deutschland erschienen ist. So zeigt sich, was es bedeuten kann, mit dem Bloggen zu lange zu warten. Insofern ist die Frage am Ende dieses Postings nicht hinfällig, sondern zutiefst aktuell geworden.)

Wenn ich im Ausland bin, verbringe ich gerne ein wenig Zeit damit, die örtlichen Zeitschriftenregale durchzuschauen und zu entdecken, welche ungewöhnlichen Zeitschriften andere Länder eventuell zu bieten haben. Und tatsächlich: manchmal ist ein echtes Fundstück dabei, zum Beispiel die Zeitschrift “Donald” aus den Niederlanden.

Hier ein Bild davon, wie skeptisch ich zunächst war, als ich zum ersten Mal dieses “Männermagazin für große Jungs” (Untertitel) in die Hand nahm.

skeptischer Blick

Denn “Donald” ist tatsächlich eine sehr merkwürdige Mischung – ein Spinoff von “Donald Duck”, dem holländischen Äquivalent des deutschen “Micky Maus Magazins”. Es verbindet die üblichen Disney-Comicgeschichten, die ja in Europa einen wesentlich höheren Beliebtheitsgrad haben als in ihrem “Geburtsland” USA, mit den Themen einer zahmen Männerzeitschrift: Frauen (ohne Erotik), Gadgets, Mode, Interviews, Fotostrecken.

Da Comics (“Strips”) in den Benelux-Ländern immer schon auch bei Erwachsenen beliebt waren und “Donald Duck” in den Niederlanden einen Kultstatus sondergleichen besitzt, scheint die Kombination aufzugehen. Das Hochglanzheft erscheint viermal jährlich, jedes Mal mit einem anderen Leitthema, um das sich alle Artikel drehen. Das aktuelle Heft hatte “Holland” zum Thema und untersuchte nationale Identität und niederländische Erfolgsgeschichten – und das ziemlich gründlich und unterhaltsam. Der Schreibstil ist relativ salopp und das Budget des Hefts scheint nicht gigantisch zu sein, aber das Ergebnis macht Spaß – auch wenn es etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass jede Geschichte an irgendeiner Stelle einen kleinen Donald-Dreh bekommt. So führt etwa “Donald” einige Interviews und alle Prominenten werden nach ihrer Donald-Historie gefragt.

Wer die Zielgruppe wirklich ist, ist mir nicht ganz klar geworden. Vorstellen könnte ich mir, dass sowohl “kindgebliebene” Erwachsene mit einem Hang zu Disney (ähem, wie ich) als auch Teenager, denen das reine Comicheft “Donald Duck” nicht mehr cool genug ist, das Blatt kaufen. Vermutlich ist die letztere Gruppe größer, was auch den etwas flapsigen Stil und den Untertitel des Hefts (“für große Jungs”) erklären dürfte. Die Selbstbeschreibung auf der Website, “Donald ist ein Hochglanzmagazin für Männer, randvoll mit Comics, Interviews und Reportagen” spricht hingegen deutlicher die erste Gruppe an.

Heft

In jedem Fall ist die Gesamtqualität des Heftes deutlich höher und eleganter als beispielsweise die des 1998 eingestellten deutschen “große Jungs”-Comicmagazins Limit, das ich damals eine Weile gelesen habe.

Was meinen die Leser dieses Blogposts? Würde ein Konzept wie “Donald” auch in Deutschland funktionieren?

Medienbilder. Werkschau von Jos Collignon in Amsterdam

Ein Bild sagt nicht nur, wie in vielen Sprichwörterlexika verzeichnet, mehr als tausend Worte. Es überschreitet auch Landesgrenzen. Ein Vorteil für Karikaturisten wie den Niederländer Jos Collignon. Seit 1980 spießt er das aktuelle Geschehen zeichnerisch für die holländische Tageszeitung “De Volkskrant” auf, seit 1992 als Hauszeichner. Zuvor hatte er bereits für die Schwesterzeitung “NRC Handelsblad” gearbeitet. Weiterlesen …

erschienen in epd medien 31/2011