Moses – Größer als das Leben

Dieses Blog heißt übrigens nicht nur “Real Virtuality”, weil ich das ein witziges Wortspiel finde und es irgendwie zum Internet passt, sondern weil das auch der Titel einer Hausarbeit während meines Filmwissenschafts-Studiums war, die irgendwann mal in meine Magisterarbeit “Die neue digitale Ästhetik” gemündet hat.

Darin habe ich mich mit Filmen auseinander gesetzt, die computergenerierte Bilder für die Erschaffung unwirklicher Welten einsetzen und damit der Bildontologie des Computers Folge leisten. Das reichte über die Farbverfremdung der Herr der Ringe-Filme über die “Filme wie gemalt”, wie Marcus Stiglegger sie mal genannt hat, wie 300 und Sky Captain and the World of Tomorrow bis hin zur völligen Verschmelzung von Animation und Realfilm in Linklaters Waking Life und A Scanner Darkly.

In letzter Zeit ist es um diese Art von Film ein bisschen stiller geworden. CGI ist inzwischen so unglaublich normal geworden, dass sie meistens nur noch zum Erstellen von diegetisch realistisch wirkenden Figuren benutzt wird. Colour Grading wird langsam etwas übertrieben (siehe mein letztes Posting zum Thema (letzter Absatz)), aber coole Malerei/Filmemach-Experimente sieht man nicht mehr so häufig (wobei ich mir da bei Avatar nicht so sicher bin).

Anscheinend soll es jetzt wieder einen neuen geben, eine Moses-Geschichte, die, so formuliert es “Variety”, im 300-Stil (interessant, dass der Film so eine Marke geworden ist) gedreht werden soll.

Kommentatoren erwarten jetzt Zack-Snyder-Metzelorgien, aber das ist natürlich Quatsch. Viel interessanter ist es, darüber nachzudenken, dass sich biblische Geschichten für so eine Adaption ziemlich gut eignen, weil sie zwar in unserer Realität verankert sind, aber etwas Übernatürliches erzählen. Ein “Larger-Than-Life”-Ästhetik könnte perfekt sein, um der epischen Tragweite der biblischen Geschichten gerecht zu werden.

Worte zum Wochenende

October is rubbish. It’s not summer. It’s not Christmas. It’s dark all the time. Nothing happens for 30 days, and then some brat wearing a Scream mask threatens to pelt you with eggs unless you give him a fun-sized Milky Way. October can shut up.

Stuart Heritage , guardian.co.uk
// German techno rap? It’s time for a summer-holiday music amnesty

Die Gesamtbilanz seit 1995 ist damit reichlich bizarr: Durch Gratiszeitungen und -internet hat die Verlagsbranche die Leser ihrer traditionellen Tageszeitungen verloren. Mit Gratiszeitungen und Gratisinternet hat die Verlagsbranche jedoch kein Geld verdient. Dafür verliert sie nun bei ihren traditionellen Tageszeitungen viel Geld. Selbstkastration nennt sich dieser Prozess.

Kurt W. Zimmermann , NZZ Folio
// War’s das?

Al-Qaida is harder to reach than most groups of its ilk. Its last official spokesman, Sulaiman Abu Ghaith, sought sanctuary in Iran in 2003, and the organization hasn’t had a communications officer since.

Christopher Beam , Slate
// How Do I Get in Touch With a Terrorist?

Man hat nämlich schon das Original nicht gebraucht. Dieses hat sich jedoch durch Alkohol und Verklärung zum Kult entwickelt, was dem Remake nicht passieren wird.

Michael Reufsteck , Fernsehlexikon
// Bloß kein Knight!

Spektakuläre Bilder

Am 17. Dezember erst kommt er in die deutschen Kinos: der erste Spielfilm von James Cameron seit Titanic. Avatar heißt das 237 Millionen Dollar schwere Werk, das als erster Film ausschließlich in 3D veröffentlicht werden und in Sachen visuelle Effekte und Performance Capturing alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen soll.

Ganzer Artikel erschienen in epd Film 10/09 – pünktlich zur Buchmesse mit einem Schwerpunkt Krimiverfilmungen sowie einem Blick in die amerikanische Indie-Regisseursszene.

eDIT 2009 – Berichte von zwei Panels

Wie ja schon aus dem letzten Eintrag ersichtlich, war gerade wieder eDIT in Frankfurt – ein Filmfestival/Kongress, zu dem ich seit vielen Jahren immer wieder gerne gehe, um mir etwas über die neuesten Entwicklungen vor allem im Bereich vbisuelle Effekte erzählen zu lassen. Dieses Jahr hatte ich leider keine Zeit, um vollständig hinzugehen, aber ich habe immerhin zwei Präsentationen mitnehmen können – zufällig beide von Mitarbeitern von Industrial Light and Magic (ILM).

Die Präsentation von Roger Guyett über die Effekte des neuen Star Trek-Films war erstklassig und hat einen weiteren Teil des Puzzles dazu beigetragen, warum der Film so gut funktioniert (das sehr gut durchdachte Drehbuch ist ein weiterer Faktor). Guyett war auch Second Unit Director bei Star Trek und diese Gesamterfahrung von Dreh und Postproduktion schlug sich wohl in seiner Arbeitsweise, auf jedem Fall aber in seinem Vortrag nieder. Guyett war integraler Teil des Designprozesses und schilderte die Schwierigkeiten, die das Team beim Anpassen und Modernisieren des Looks hatte: Die Enterprise und alle ihrer Schwesterschiffe mussten ein bisschen aussehen wie damals, aber trotzdem neu und cool sein. Guyett erzählte auch von den Farbthemen, die der Film sich für verschiedene Schauplätze – auch im All – gab und von Techie-Details wie realistischen Weltraum-Explosionen im Vakuum. Am interessantesten war aber sicherlich der Teil des Panels, in dem er zeigte, wie JJ Abrams und sein Team möglichst oft reale Drehorte gewählt hatten, die dann im Anschluss von der CG-Fabrik aufgepimpt wurden – ähnlich wie die Original Star Wars-Filme. Ich denke, dass das hervorragend funktioniert hat. Gerade im Gegensatz zu den neuen Folgen jener anderen großen Weltraumsaga wirkt Star Trek angenehm echt.

Ben Snows Präsentation zu Terminator Salvation war insgesamt kaum weniger erhellend, aber wesentlich technischer und weniger auf ästhetische Aspekte bedacht als die seines Kollegen. Snow präsentierte vor allem, wie ILM bei Terminator mit einem neuen System von ressourcensparender Beleuchtung gearbeitet hat – dessen technische Einzelheiten leider ein wenig meine Kenntnisse überstiegen. Snow zeigte viel Vorher-Nachher-Clips, die sich hauptsächlich auf die Modell-Arbeit und die Integration von Drehmaterial und CG konzentrierte, wobei vor allem der Aspekt der “Post-Viz” für mich ein neues und interessantes Werkzeug darstellte. Spannend und auch amüsant wurde es dann wieder, als Snow von der Arbeit erzählte, die es bedeutete, einen virtuellen Arnie zu bauen. Dabei gab es auch einige “geheime” Aufnahmen zu sehen, die die unglaubliche Detailarbeit zeigten, die in der Szene steckt.

Ich fand es interessant, zu sehen, dass die Balance zwischen Simulationsarbeit und Animation/Handbemalung inzwischen ganz gut in der Mitte liegt. Der Computer scheint inzwischen in der Lage zu sein, viele Dinge tatsächlich automatisch zu machen, die vor ein paar Jahren noch händisch erledigt werden mussten. Der Rückschlag ist dafür dann aber, dass die Aufgaben immer komplizierter werden und dann muss eben doch wieder die Handarbeit und Animation ran.

Ein lehrreicher Kommentar war auch der von Ben Snow, der ein wenig zerknirscht darüber wirkte, dass McG mit seinem harten Colour Grading bei Terminator Salvation Teile der CG-Arbeit fast in Gefahr brachte, weil plötzlich wieder Dinge zum Vorschein kommen könnten, die die Ursprungsfarben sonst überdeckten. Mich würde interessieren, inwiefern Colour Grading sich nicht inzwischen auch etwas in eine Extrem-Sackgasse bugsiert hat und langsam mal wieder locker machen sollte. Harry Potter and the Half-Blood-Prince fand ich wegen seines harten Grades manchmal schon sehr anstrengend.

Hollywoods Mundgeruch. Die Eröffnungsgala der eDIT

Die eDIT ist einer der interessantesten Treffpunkte der Rhein-Main-Region für visuelle Medienschaffende. Inzwischen im zwölften Jahr, hat sich die dreitägige Frankfurter Konferenz von einer kleinen Insiderveranstaltung zu einem mittelgroßen Kreativevent gemausert und dabei nichts von ihrer lockeren Atmosphäre verloren. Weiterlesen

erschienen in epd medien 79/09

Alles Schwindel. Die Fiktionalen sind mitten unter uns.

Sie schreiben Drehbücher und geben Qualitätszeitungen Interviews. Sie veranstalten im Internet Pressekonferenzen und könnten den nächsten deutschen Bundeskanzler stellen, wenn sie dürften: Fiktionale Personen übernehmen unsere Welt. Weiterlesen

erschienen in epd medien 76/09

Hinweis: Im Rahmen von SEO und generellem Sinn-Ergeben werde ich meine “Netzartikel” in Zukunft nicht mehr einfach nur durchnummerieren, sondern wie hier anteasern.

Worte zum Wochenende

Wir werden schon ‘ne rechtliche Backpfeife kriegen. Aber mittlerweile ist mir das egal. Mir war es einfach wichtig, endlich mal zu erzählen, dass das alles Fake ist.

Martin Kesici im Interview mit jetzt.de
// „Ich hatte 20.000 Mittelfinger vor mir“

Man wünschte sich, die Fernsehmacher würden morgens nicht vor den Spiegel treten, um sich zu pudern oder glattzurasieren, sondern um sich selbst zu erkennen. Denn sie sind die Langweiler, nicht die Politiker. Die Langweiler, die sich selbst inszenieren, die aufgehört haben, Fragen zu stellen, die nichts wissen wollen, selbst von der Kanzlerin und ihrem Stellvertreter beim „Duell“ nicht, sondern sich anschließend selbst kommentieren wie Maybrit Illner im ZDF.

Michael Hanfeld , FAZ
// Ihr seid die Langweiler!

The Wonderful Wizard of Oz is a traditional fairy tale to which Baum added a peculiarly American twist: the humbug.

Meghan O’Rourke , Slate
// The Man Who Made Oz

Members of the Featured Artists Coalition show their support for … well, no one is quite sure

Helienne Lindvall , guardian.co.uk
// Behind the music: Is the music industry at war?