Der Kirchentag der Netzgemeinde

Blogger und Filmjournalist bin ich ja nur bei Nacht. In meiner Bruce-Wayne-Identität bereite ich in Berlin ein Großereignis für 140.000 Menschen vor und steuere dafür Pressearbeit und Marketing. Ich bin nicht der erste, dem aufgefallen ist, dass der Deutsche Evangelische Kirchentag und mein persönliches Jahreshighlight, die re:publica, Gemeinsamkeiten haben, aber ich glaube, ich war der erste der Markus Beckedahl darauf angesprochen hat. Aus unserem Gespräch und meinen Erlebnissen in drei Jahren re:publica habe ich für das Magazin des Kirchentages einen Artikel geschrieben, der jetzt online steht.

„Is this the real life? Is this just fantasy?“ Plötzlich hallt die ganze Stage 1 am Berliner Gleisdreieck wider mit den Anfangsworten aus Queens Rockklassiker „Bohemian Rhapsody”. Wenn mehrere tausend Menschen hier gleichzeitig dieses Lied singen, kann das nur eins bedeuten: die re:publica ist vorbei. Rund 8.000 Menschen haben drei Tage im Veranstaltungszentrum „Station“ über Themen der digitalen Gesellschaft miteinander diskutiert, genetzwerkt und gefeiert. Die traditionelle Abschlusszeremonie mit Gesangseinlage ist kein Schlussgottesdienst – sie könnte aber genauso gut einer sein.

„Kirchentag der Netzgemeinde“ ist die re:publica nicht nur einmal genannt worden. Die früheste Quelle, die das Internet für den Begriff findet, stammt von 2010, aber das Begriffspaar scheint so gut zu passen, dass es jedes Jahr von Medien und Besuchern gleichermaßen gerne wieder aufgegriffen wird. Mitbegründer Markus Beckedahl, Betreiber des Blogs „Netzpolitik.org“, stört das nicht. Er sieht durchaus Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Veranstaltungen, erzählt er am Telefon: „Der Kirchentag ist ein Zusammenkommen verschiedener Communities, die der Glaube eint. Die re:publica ist ein Zusammenkommen verschiedener Communities, die verbunden sind durch eine Faszination für das Digitale“, sagt er.

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Worte zum Wochenende

Wenn nicht mehr die Inhalte, sondern die Links die Grundlage der Medienökonomie bilden (wie Jeff Jarvis behauptet), dann werden die Verlage in Zukunft Geld für Links verlangen. Und am Ende schickt jeder, der mit uns kommuniziert, eine Rechnung.

Wolfgang Michal , Carta
// Die innere Logik der Link-Ökonomie

Vielleicht ist das die gravierendste Veränderung, die der Journalismus in den letzten zehn Jahren mitgemacht hat: Seine Grundhaltung ist inzwischen eine andere, oder sagen wir besser, sie sollte es sein. Wenn man sich nicht gerade verzweifelt an die Überreste und Relikte analoger Tage klammert, dann sollte es inzwischen selbstverständlich sein, Journalismus nicht einfach nur als eine künftig irgendwie mehrkanalige Veranstaltung zu begreifen, bei der es auch dazu gehört zu twittern oder ein Edelprofil bei Facebook zu pflegen. Im Journalismus von heute hat sich nicht nur die Zahl der Kanäle verändert bzw. vervielfacht, sondern auch die Art und Weise, wie wir als Journalisten und Medienmacher mit unserem Publikum kommunizieren.

Christian Jakubetz , Jakblog
// 1999 – 2009

Das klingt nicht unmöglich zu wuppen, werte Herren!

Markus Beckedahl , Netzpolitik
// Warum die Verleger zum Internet einfach schweigen sollten

Es ist wie bei Hypochondern – kaum hustet ein Blogger, ziehen sich die anderen schon Schals um den Hals und legen sich zum Sterben hin.

Malte Welding , Netzeitung
// Das deutsche Problem