In den kommenden sechs Tagen befinde ich mich im Urlaub in Frankreich, um mich von der Bundestagswahl zu erholen. Da zu meinen Zielen auch das Disneyland Paris zählt, ist ein gewisser Recherche-Anteil mitinbegriffen.
Month: September 2009
Worte zum Wochenende
Wir werden schon ‘ne rechtliche Backpfeife kriegen. Aber mittlerweile ist mir das egal. Mir war es einfach wichtig, endlich mal zu erzählen, dass das alles Fake ist.
Martin Kesici im Interview mit jetzt.de
// „Ich hatte 20.000 Mittelfinger vor mir“
Man wünschte sich, die Fernsehmacher würden morgens nicht vor den Spiegel treten, um sich zu pudern oder glattzurasieren, sondern um sich selbst zu erkennen. Denn sie sind die Langweiler, nicht die Politiker. Die Langweiler, die sich selbst inszenieren, die aufgehört haben, Fragen zu stellen, die nichts wissen wollen, selbst von der Kanzlerin und ihrem Stellvertreter beim „Duell“ nicht, sondern sich anschließend selbst kommentieren wie Maybrit Illner im ZDF.
Michael Hanfeld , FAZ
// Ihr seid die Langweiler!
The Wonderful Wizard of Oz is a traditional fairy tale to which Baum added a peculiarly American twist: the humbug.
Meghan O’Rourke , Slate
// The Man Who Made Oz
Members of the Featured Artists Coalition show their support for … well, no one is quite sure
Helienne Lindvall , guardian.co.uk
// Behind the music: Is the music industry at war?
Netzartikel IX
evangelisch.de ist ab heute online und damit auch mein Artikel, der die zentralen Themen des Antikriegsfilms zusammenfasst.
Reitzende Schnittchen
Ich war gestern abend auf der Eröffnungsgala der Edgar-Reitz-Filmwoche in Mainz. Das Ergebnis war eine sympathische Atmosphäre, ein saunamäßig warmes Kino und ein ziemlich guter (und verdammt gut restaurierter) Film – Die Reise nach Wien von 1973, der mich vor allem dadurch beeindruckt hat, dass er in seiner Farbdramaturgie mal einen etwas anderen Blick auf die Nazizeit erlaubte, als die Standardfarbpalette von entsättigten Braun- und Grün-Orgien deutscher NS-Filme der letzten 15 Jahre.
Am liebsten will ich aber hervorkommentieren, dass es beim Sekt-und-Schnittchen-Teil des Abends tatsächlich mal wieder echte Schnittchen gab. Da ich wirklich Hunger hatte habe ich mich sehr über einfache Baguette-Scheiben mit Wurst, Schinken und Käse – allesamt sehr lecker hergerichtet – gefreut. Nirgendwo Rote-Bete-Sorbets oder Currywurst im Glas – oder was man heute sonst so alles von Catering-Firmen als Zwischenmahlzeit kredenzt bekommt – in Sicht. Gäste glücklich machen kann so einfach sein.
Thomas Gottschalk muss bei “Wetten, dass..?” nichts mehr machen
Die BILD-Zeitung hat es gemeldet, die Agenturen haben es bestätigt bekommen. Michelle Hunziker moderiert künftig gemeinsam mit Thomas Gottschalk die letzte erfolgreiche ZDF-Sendung “Wetten, dass..?”
Die offizielle Begründung: Die Sendung soll “spontaner” werden. Gottschalk darf vor der Sendung nichts über die Wetten wissen und bekommt dann immer erst kurz vorher von Hunziker die Buchstaben umgedreht. Hui.
Auf die Nachfrage bei der ZDF-Pressestelle, ob das nicht eigentlich einfach nur eine fröhliche Formulierung dafür sei, dass Gottschalk, der gerade erst seinen Vertrag per Handschlag bis 2012 verlängert hat, sich dann in Zukunft einfach nicht mehr auf die Sendungen vorbereiten muss sondern ankommt und losmoderieren kann, war erstmal ein paar Sekunden Pause am anderen Ende. Dann antwortete die Kollegin freundlich: Nein, im Gegenteil, es würde ja sogar alles anstrengender für Gottschalk. Er müsse sich ja jetzt viel mehr konzentrieren, weil er ja vorher nichts weiß.
Mhm. Eins jedenfalls ist klar: Hunziker passt perfekt zum Altherrenwitze-Humor von Gottschalk. Das Fremdschämen darf weitergehen.
Worte zum Wochenende
Twitter ist ja eh nicht gerade als das Medium bekannt, das den Siegeszug der Aufklärung endlich abschließen könnte: 140 Zeichen kann man auch eben schnell tippen, ohne dass man das Gehirn zwischen Galle und Finger schalten müsste. Twittern ist oft genug der Sieg des Affekts über die Reflektion, Hauptsache man ist der Schnellste — besonders bei der Eskalation. Heute stehen die Web-2.0er fassungslos vor den rauchenden Trümmern ihres eigenen “Pogroms” (natürlich auch nicht alle) und wirken dabei ein bisschen wie die Schüler am Ende von “Die Welle”, als ihnen gesagt wird, dass sie alle gute Nazis abgegeben hätten.
Lukas Heinser , Coffee and TV
// Ottos Mob kotzt
Leute, kommt schon, macht’s dem Präsidenten nicht so schwer. Ich habe genug am Hals.
Barack Obama , zu off-the-record Aussagen mit CNBC-Reportern
// “Er ist ein Blödmann”
Ich sehe den Tag kommen, an dem mehr Menschen ihre Zeitung auf tragbaren Lesegeräten kaufen als auf zermahlenen Bäumen. (…) Dann gibt es kein Papier mehr, keine Druckereien, keine Gewerkschaften. Das ist großartig!
Rupert Murdoch
// Trendsetter der Digitalisierung
There’s no greater symbol of giving up privacy and embracing publicness, I think, than writing about one’s penis, especially when it malfunctions. But in the hospital, I lost every last vestige of modesty.
Jeff Jarvis , Buzzmachine
// The small c and the big robot
Die Zukunft von 3D ist die Gegenwart des Farbfilms
Angeregt wurde diese vage Grundsatzbetrachtung über 3D durch einen schon etwas älteren Artikel von Kristin Thompson, über dessen Thesen sich anschließend mit Freunden bei Facebook eine interessante Diskussion entspann.
Thompsons Artikel hat zwei Schwerpunkte. Der eine ist, ob sich 3D langfristig wirtschaftlich lohnen wird. Die Beantwortung dieser Frage würde ich gerne dem Markt überlassen. Da der Output an 3D-Filmen inzwischen dank Computeranimation ein relativ stetiges Maß erreicht hat, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass 3D “here to stay” ist. Bleibt es trotzdem ein Event-Randmarkt? Das wird sich zeigen und es hängt eng mit dem zusammen, was ich weiter unten diskutiere:
Interessanter ist dieser zweite Aspekt von Thompson:
More interesting, though, is that fact that although I saw Coraline and Up in 3-D, I remember them in 2-D. Those films didn’t throw spears at the spectator or otherwise seek to pierce that fourth wall with their props. Of course as I was watching, I noticed that the mise-en-scene had layers of depth and the figures a rounded look, but apparently my life-long movie habits filtered those aspects out as the films entered my memory.
An diesem Beispiel entspinnt sich eine interessante Spannung bei 3D-Filmen: Viele Kritiker beschweren sich darüber, wenn die 3D-Filme zu sehr auf ihre 3D-Effekte setzen und dem Zuschauer ständig Speere ins Gesicht stoßen, wie bei Beowulf. Andererseits scheint es aber so zu sein, dass wenn die Filme 3D zu subtil einsetzen, der Mehrwert der neuen Technik in der Erinnerung verpufft.
Für mich ist bisher bei keinem der Filme, die ich gesehen habe, 3D mehr als ein Gimmick geblieben. Bei Bolt hatte ich schon beim Sehen das Gefühl, das 3D dem Film nichts hinzufügt. Monsters vs. Aliens versuchte, die Technik durch das Gegenüberstellen von Größenunterschieden auszuschlachten, was nach kurzer Zeit langweilig wurde. Ice Age 3 und Coraline waren in ihrer 3D-Anwendung beide sehr gut, aber gerade Coraline überzeugte schon wesentlich stärker durch sein Gesamtdesign und Drehbuch als durch die 3D-Effekte, obwohl mir diese noch am stärksten in Erinnerung blieben. Der Film ist bisher mit Sicherheit die Krönung der Technik.
Man sollte allerdings nicht vergessen, dass die meisten neuen Techniken, als sie sich im Kino jeweils etablierten, erstmal eine Art Exploitation-Kino hervorriefen: Der Tonfilm propagierte Musikfilme, Technicolor ließ sich besonders gut in Ausstattungsspektakeln und “unwirklichen” Filmen vorführen. Danach folgte immer eine Phase der Gewöhnung und erst danach waren meist Künstler in einer Art filmischen Moderne in der Lage, aus den technischen Möglichkeiten wirklich mal was cleveres rauszuholen (beipielsweise mit Filmen wie The Red Shoes für Farbe oder The Conversation für Sound).
Der Wechsel vom Stumm- zum Tonfilm ist kein guter Vergleich, aber der von Schwarzweiß- zu Farbe hält dem ganzen durchaus stand. Noch bis Mitte der Sechziger, dreißig Jahre nach seiner Marktreife, waren Schwarzweißfilme durchaus normal, a) weil sie billiger zu produzieren waren und b) wegen des exakt gleichen Arguments, das jetzt bei 3D vorgebracht wird: “Wer will schon Nicht-Effektfilme in Farbe sehen, lohnt sich doch gar nicht”. Bis das Verhältnis irgendwann umkehrte, als auch Hollywood seine Moderne erlebte.
Ich denke, dass uns etwas Ähnliches jetzt mit 3D erwartet: Uns stehen noch viele Jahre ins Haus, in denen 3D für Prestige-Knallbumm-Produktionen und Trickfilme ausgeschlachtet wird, aber sobald immer mehr Leinwände umgerüstet sind, die Produktionskosten dank cleverer digitaler Entwicklungen sinken und die Brillen vielleicht sogar noch ein bisschen bequemer werden und 3D einfach ein etablierter Teil der Kinolandschaft geworden ist, könnte sich das Verhältnis umkehren.
Was bedeutet das künstlerisch? Die wahrhaft neue Informationsspur, die 3D ermöglicht ist die Z-Achse. Der Regisseur kann nicht nur links-rechts-oben-unten inszenieren, sondern auch vorne-hinten. Mit den 2 1/2 Dimensionen die regulärer Film kraft unserer Vorstellung sowieso hat (wir denken uns den Raum dazu, auch wenn wir ihn nicht sehen) ging das zwar vorher auch schon, jetzt geht es noch besser. Poke-in-the-Eye-Effekte sind halt nur eine Möglichkeit, diese Informationen auszunutzen, Coraline hat sich vor allem an Tunneln und schiefen Perspektiven versucht.
Sind wir doch mal ehrlich: Erinnern wir uns an Farbfilme wirklich in Farbe – wenn Farbe nicht gerade eine wichtige Rolle spielt? Könnten Sie mir sagen, welche Farbe der Anzug eines x-beliebigen Darstellers in einer x-beliebigen Romantic Comedy hatte? Eher nicht, aber wahrscheinlich erinnern wir uns an die Farbwelten beim Space Gate in 2001, an den surrealistischen Hauch von Filmen wie Amélie oder Moulin Rouge, an farbliche Akzente wie Kim Novaks grünes Kleid in Vertigo.
Und das steht uns mit 3D bevor: Wir werden uns an die meisten dreidimensionalen Szenen nicht unbedingt en detail erinnern, aber wann immer ein Regisseur ans Ruder gelassen wird, der seine Kunstform beherrscht und damit zu spielen weiß, wird man an “die gute 3D-Dramaturgie” gerne zurückdenken.
Die erste Meßlatte in dieser Hinsicht wird wohl Avatar werden. Obwohl ich von der Preview nicht so recht überzeugt war, wird Cameron zeigen müssen, ob er 3D wirklich beherrscht. Mein bestes 3D-Erlebnis hatte ich zumindest bisher mit einem seiner Filme: T2 3D – Battle across time. Durch die Verschmelzung mit echten Darstellern hat das 3D hier wirklich Laune gemacht.
Internet-Manifest – die Rechtfertigung
Ich bin zeitlich nicht dazu gekommen, das Internet-Manifest zu kommentieren. Ich stimme mit vielen Punkten überein, würde aber jederzeit auch zugeben, dass sie mir teilweise dennoch Angst einjagen.
Denn wie man an diesem (nicht oft genug Neues entwickelnden) Blog sieht: Ich übe das (nicht private) Bloggen noch (Neil Gaiman sagt übers Schreiben, dass man seine Stimme finden muss. Im Print habe ich sie gefunden, im Blog noch nicht). Obwohl ich jung an Jahren bin, das Internet toll finde und mich geschätzte 80 Prozent meines wachen Lebens dort aufhalte, habe ich manchmal das Gefühl, dass mir die etablierten, “sicheren” Institutionen des Printjournalismus mehr liegen als die Hauruck-Welt des Netzes bzw. des Netzjournalismus. Vielleicht hat es auch andere Gründe, aber das ist auch egal.
Das Internet-Manifest ist tatsächlich ein bisschen großspurig und ein bisschen banal und ein bisschen “State the Obvious”. Ich würde es trotzdem unterschreiben, weil ich jemand bin der an Fortschritt und an Neues glaubt – auch im Journalismus – und weil ich jemand bin, der glaubt, dass revolutionäre Entwicklungen nicht aufgehalten werden können und nicht aufgehalten werden sollten. (Früher oder später werde ich mich auch Twitter beugen müssen, auch wenn ich zurzeit noch ein bisschen anstänkere – aber fröhlich Facebook-Updates benutze).
Noch viel schneller allerdings würde ich Stefan Niggemeiers überlange Rechtfertigung und Erklärung des Manifests unterschreiben. Darin stehen so viele kluge und gleichzeitig sympathische Gedanken, die wieder einmal beweisen, dass Niggemeier einer der klügsten Kommentatoren der deutschen Medienlandschaft ist – auch wenn er manchmal über die Stränge schlägt.
Worte zum Wochenende
For all the reassuring hype surrounding this week’s release of the remastered back catalogue – all the gruff bellows of solidarity stating that anyone who claims not to like the Beatles is either “a fool or a liar” – I’ve found that being a Beatles fan in 2009 is decidedly uncool.
Mark Beaumont , guardian.co.uk
// Help! The Beatles are my favourite band!
Der erste World Hoop Day fand übrigens am 7.7.07 statt, seitdem wandert das Datum und wird es auch weiterhin tun – bis 2013 das böse Erwachen kommt, manche Leute scheinen wirklich nichts aus dem Jahr-2000-Problem gelernt zu haben.
Michael Brake , Riesenmaschine
// WHD mit geringem MHD
This was and still is annoying to sports writers, but as a strategy it made sense. Jocks may not all be geniuses, but they realize that boasting can lead to little good and a lot of bad:
Ben Yagoda , Slate
// A Modesty Proposal
Nimmt man die Aufführung von “24h Berlin” als Stadt-Event, so war es offenbar nur ein mäßiger Erfolg. Glücklicherweise wurde der Film nicht, wie man befürchten konnte, zu einer Unterform von Stadtmarketing. Ohnehin verschluckt eine Großstadt noch ganz andere Events, ohne dass die meisten davon etwas bemerken, an diesem Tag etwa die Demonstration von 35.000 Atomkraftgegnern. Oder den weltgrößten Elektronikspielplatz, die Internationale Funkausstellung, die eigentlich in der gleichen Branche spielt, wo aber eine ganz andere Vorstellung von Realität in den Medien regiert. Wirklichkeit wird hier als etwas definiert, das man jetzt superscharf sehen und in jeder Lebenslage empfangen kann. Der Rest ist Content.
Fritz Wolf , epd medien
// Begegnungen und Bündnisse, epd medien 71/09, S. 3
Internet-Manifest
Deutsche Blogger und Journalisten haben sich (für mich überraschend) zusammen getan und ein Manifest veröffentlicht, das in 17 Thesen formuliert, wie Journalismus im Internet-Zeitalter funktioniert. Ich verlinke erstmal (Dieser Link ist etwas schneller als die offizielle Seite, die sich derzeit ziemlich abmüht) und kommentiere (vielleicht, wahrscheinlich) später.