In eigener Sache: Podiumsdiskussion beim FILMZ Festival Mainz

Am 30. November werde ich auf dem FILMZ Festival in Mainz an einer Podiumsdiskussion “Zur Lage der Filmkritik in Deutschland” und zum Flugblatt für aktivistische Filmkritik teilnehmen. Mit mir sitzen einige alte Bekannte auf dem Podium: Norbert Grob hat meine Magisterarbeit betreut, Rudolf Worschech ist mein Chef bei “epd film” und Dennis Vetter hat mit mir studiert. Mit Marli Feldvoß war ich immerhin schon in Pressevorführungen, glaube ich.

Hier ist der Text aus dem Programmheft:

Lesen Sie Filmkritiken noch in gedruckten Fachzeitschriften oder informieren Sie sich über aktuelle Kinostarts über Blogs im Internet? Reicht Ihnen vielleicht schon der Trailer oder das Staraufgebot für Ihre Entscheidung ins Kino zu gehen? Oder schauen Sie Filme sowieso nur noch auf dem Tablet? Um für ihre Rezipienten auch im 21. Jahrhundert attraktiv zu bleiben, müssen Filmkritiker_innen auf diese Fragen Antworten finden. Der Verband der deutschen Filmkritik hat mit ihrem „Flugblatt für aktivistische Filmkritik“ ein Zeichen gesetzt: Um gesellschaftlich relevant zu bleiben, soll sich die Filmkritik gegen eine Anpassung an die Marktlogik und einem Eigenverständnis als Dienstleister für Filmverleiher und Programmkinos stellen. Stattdessen sollen Filmkritiker_innen wagemutige Positionen einnehmen und dabei ästhetisch wie kulturpolitisch Stellung beziehen. Auf Basis des Flugblatts diskutieren einige der renommiertesten Filmkritiker_innen über die Potentiale einer „aktivistischen“ Filmkritik unter Berücksichtigung neuer Rezeptionsbedingungen des Publikums:
Dennis Vetter (Vorstand im Verband der Deutschen Filmkritik VDFK)
Marli Feldvoss (Publizistin, Filmkritikerin und Lehrbeauftragte für Filmgeschichte)
Prof. Dr. Norbert Grob (Wissenschaftler, Autor, Essayist / Professur für Mediendramaturgie und Filmwissenschaft in Mainz)
Alexander Matzkeit (Freier Journalist und Blogger)
Rudolf Worschech (Verantwortlicher Redakteur epd film)
Moderation: Andreas Heidenreich (Vorstandsmitglied im Bundesverband kommunale Filmarbeit, Programmgestalter beim Kommunalen Kino Weiterstadt und der Caligari FilmBühne, Leiter des Filmfests Weiterstadt u.v.m.)

Ich bin explizit als Blogger geladen, werde mich also bemühen, die Rolle gut zu spielen. Das heißt, ich werde einen Kapuzenpulli tragen, vom Podium twittern und generell eher pöbeln als argumentieren. Logo.

Das ganze findet statt in meinem alten Hörsaal
im Mainzer Medienhaus, Wallstraße 11, am 30. November 2014, um 11 Uhr.
Der Eintritt ist frei.
Mehr Infos zu FILMZ auf deren Homepage.

Alex zu Gast bei “SchönerDenken”

Es ist FILMZ in Mainz, das heißt wenn man dieser Tage ins Kino geht, sollte es besser ein deutscher Film sein. Leider werde ich nur sehr wenig Gelegenheit haben, ins Kino zu gehen, aber gestern abend habe ich es geschafft – in den Dokumentarfilm Das kalte Eisen über Schusswaffengebrauch in Deutschland, infolge des Amoklaufs von Winnenden.

Ich war nicht alleine im Kino. Auch dabei waren Thomas und Professor Pu von SchönerDenken, die ja auch in Mainz ihre Heimatbasis haben, die ich aber noch nie zuvor getroffen hatte. Daher haben wir aus dem ersten Treffen gleich ein Besonderes gemacht – die Schöndenker haben mich als Gast in ihren Podcast eingeladen.

Das Ergebnis gibt es hier zu hören.

FILMZ 09 – Planlos in der Wüste

Etwa dreiviertelvoll war das Kino am Mittwoch, als Kronos gezeigt wurde. Kronos ist Olav F. Wehlings Diplomfilm von der Filmakademie Baden-Württemberg, laut Etikett eine Reflektion über den griechischen Mythos des Titanen Kronos, der seine Schwester heiratete, seinen Vater kastrierte und seine Kinder fraß, in Wirklichkeit aber ein Film über Menschen, die durch die Wüste gehen und versuchen, dabei möglichst wenig zu reden und möglichst wirr zu handeln.

Kronos ist europäisch-prätentiöser Kunstblödsinn in Reinform. Das an sich ist noch kein wertendes Urteil, denn es gibt jede Menge ziemlich guten prätentiösen Kunstblödsinn aus Europa – l’Art pour l’Art ist durchaus ein erlaubtes Kriterium auch für Filmemacher. Bei Kronos sind dabei aber gerade noch Armin Franzens gut geschossenen Bilder der marokkanischen Wüste positiv erwähnenswert, leider erscheint aber der Rest des Films genauso flach wie die unwirklichen Hintergründe. Ein bisschen so, als hätte Lars von Trier sich eine Überdosis Pasolini gespritzt und wäre als Zombie wieder dem Grab entstiegen.

Um tiefgründig wirken zu wollen reicht es einfach nicht, Dialoge in Wackelkamera-Closeups mit einem „Was ist?“ beginnen zu lassen und darauf zehn Minuten Schweigen folgen zu lassen, und eine gutaussehende dunkelhaarige Hauptdarstellerin zu casten. Mit Kronos lässt sich vielmehr Kunstblödsinn-Bullshit-Bingo spielen: Tötungsszene mit Industrial-Soundtrack, check. Unangenehme Vergewaltigung, check. Bedeutungsschwangeres Cello-Solostück, check. Ein metaphorisch-verheißungsvoll gegrabener Brunnen wird zum Grab, check. Kronos fehlt die ansprechende Reflektionsebene, er stellt nur dar und so läuft alles irgendwie ins Leere und es bleibt am Ende nur Langeweile und ein arg verhaltener Pflichtapplaus des Publikums übrig. Dass der Film eine Koproduktion mit dem ZDF Theaterkanal und also entsprechend theatralisch ist, ist leider auch nur eine mangelhafte Erklärung dafür, dass die Figuren losgelöst von ihrem mythologischen Kontext seltsam motivations- und aussagelos bleiben.

Alexander Pohls Vorfilm Trickster, in dem ein Clown versucht, seinem kulturindustriellen Gefängnis zu entfliehen, war insofern vom FILMZ-Team gut programmiert: Der Film bietet schöne, eindrucksvolle, unheimliche Bilder, ist aber in seinen drei Permutationen doch irgendwie planlos. Das gab der sympathische Regisseur im Nachfilm-Gespräch mit den typischen Ausführungen eines Animationsstudenten eigentlich auch offen zu, als er von seinen vagen Inspirationen zwischen Beckett und der tragischen Figur des Clowns berichtete. Trickster lässt immerhin eine der Prätention des Films durchaus gerecht werdende „Cinema will eat itself“-Interpretation zu: Wenn ambitionierte Schauspieler für das gaffende Publikum zunehmend in kargen Motion-Capture und Green Screen Bühnen ins Leere agieren müssen und hinterher von der Traumfabrik zur Unkenntlichkeit aufgehübscht werden, bleibt ihnen wohl nichts anderes übrig, als zum Gegenangriff überzugehen.

Derzeit findet in Mainz das FILMZ-Festival des deutschen Kinos statt. Dieser Beitrag erschien zuerst im FILMZ-Blog von Screenshot Online

Reitzende Schnittchen

Ich war gestern abend auf der Eröffnungsgala der Edgar-Reitz-Filmwoche in Mainz. Das Ergebnis war eine sympathische Atmosphäre, ein saunamäßig warmes Kino und ein ziemlich guter (und verdammt gut restaurierter) Film – Die Reise nach Wien von 1973, der mich vor allem dadurch beeindruckt hat, dass er in seiner Farbdramaturgie mal einen etwas anderen Blick auf die Nazizeit erlaubte, als die Standardfarbpalette von entsättigten Braun- und Grün-Orgien deutscher NS-Filme der letzten 15 Jahre.

Am liebsten will ich aber hervorkommentieren, dass es beim Sekt-und-Schnittchen-Teil des Abends tatsächlich mal wieder echte Schnittchen gab. Da ich wirklich Hunger hatte habe ich mich sehr über einfache Baguette-Scheiben mit Wurst, Schinken und Käse – allesamt sehr lecker hergerichtet – gefreut. Nirgendwo Rote-Bete-Sorbets oder Currywurst im Glas – oder was man heute sonst so alles von Catering-Firmen als Zwischenmahlzeit kredenzt bekommt – in Sicht. Gäste glücklich machen kann so einfach sein.