Franchise-Nomenklatur: “Soft Reboot”

“I’m not sure there’s that much value in determining what these nonsense words
mean anyway. They’re mostly for bloggers and entertainment journalists
to bandy about as they attempt to draw clicks to their website.”
– Craig Mazin, Scriptnotes #150

In der wackren neuen Welt des Film-Franchising versuchen Macher und Beobachter noch immer, der verschiedenen Strategien habhaft zu werden – auch, indem sie ihnen Namen geben. Immer mal wieder stolpere ich dabei auf neue Ideen, die mir gefallen. Zum Beispiel wenn Blogger “Echo-07” in seinem (für Star Wars-Theoretiker wie mich) durchaus interessanten Spekulationsartikel auf “Star Wars Episode 7 News” folgendes zu den neuen Star Wars-Filmen schreibt:

For the short-game we are getting six movies along with the TV show Rebels. For the long-game Episode VII is a “soft reboot” as the Original Trilogy cast acts as “connective tissue,” passes on the torch, passes on their storied legacy to a new generation of heroes and villains to carry said torch as far as they can, until they pass it on. (Meine Hervorhebung)

Den Begriff “soft reboot” im Bezug auf Franchising lese ich hier zum ersten Mal, aber er ergibt für mich sofort Sinn. Kein Wunder: Der “Hollywood Repoerter” identifizierte den Soft Reboot bereits im Februar 2012 als “Hollywood’s newest trend”, unter anderem in Reaktion auf den Backlash gegen The Amazing Spider-Man.

Dahinter steckt der Wille der Filmemacher, die Marke zu erneuern ohne dabei alle Verbindungen zur Vergangenheit zu kappen, wie es Anfang des Jahrtausends so beliebt war. Statt also wie bei James Bond oder Batman zu sagen, “Dies ist nicht der Charakter, den eure Eltern noch kannten, er ist neu und ganz anders und hat nichts mit seiner alten Version zu tun” beschwört man ganz bewusst die Bezüge zum Ur-Text herauf, lässt sich sozusagen von diesem den Segen erteilen, jetzt neue Geschichten zu erzählen, ohne die Kontinuität zu brechen.

Star Wars ist nicht das einzige Franchise, das diesen Weg geht. Jurassic World sieht danach aus. Und sowohl in J. J. Abrams’ Star Trek als auch in Bryan Singers X-Men: Days of Future Past bedienen sich die alten Charaktere Zeitreise-Plots, um die Fackel sogar an jüngere Versionen ihrer selbst weiterzugeben. Transformers 4 scheint den Begriff aktiv im Marketing zu benutzen. Es wird interessant sein, zu sehen was James Cameron mit seiner neuen Avatar-Trilogie macht. Dass das Prinzip in komplexeren Konstrukten wie Comic-Universen nach hinten losgehen kann, darauf wiesen mich zwei meiner Follower auf Twitter hin.

Die Bezeichnung existiert übrigens auch im Computerbereich, wo ja “Reboot” überhaupt herstammt. Und sie passt perfekt: “A soft reboot, by definition, is anything that uses only software to reboot the controller.” Mit anderen Worten: Der Neustart wird aus sich selbst heraus motiviert, es braucht keine externe “Hand Gottes”, die ihn herbeiführt. Daraus folgt, “that a hard reboot will erase everything stored in RAM while a soft reboot will not”. Man ersetze “RAM” durch “Continuity”. (Geläufig scheinen auch die Begriffe “Cold Reboot” und “Warm Reboot” zu sein)

J. J. Abrams und die Gefahr des Simulacrums

Irgendwie ist, seit “TMZ” Bilder vom Set von Star Wars: Episode VII geleakt hat, die Geek-Welt ein bisschen hoffnungsvoller geworden. Da steht ein Millennium Falcon rum (was eigentlich gar nicht verwunderlich ist) und überhaupt dominiert der Eindruck, dass J. J. Abrams und sein Team sich sehr bemühen, den Geist der Originaltrilogie einzufangen. Nicht zuletzt, weil sie viel auf praktische Effekte setzen, wie man auch in dem Charity-Video sehen konnte, das Abrams offiziell vom Set geschickt hat.

Findige Spezialisten haben festgestellt, dass einige der Setbauten auf den geleakten Fotos verdächtig nach alten Design-Entwürfen des 2012 gestorbenen Production Artists Ralph McQuarrie aussehen. Okay, könnte man meinen, Abrams gibt sich also wirklich Mühe, den Geist von 1977 (oder 1980) herbeizurufen. Das passt zu vorausgehenden Entscheidungen: Das Ersetzen von Drehbuchautor Michael Arndt durch Lawrence Kasdan (der Empire und Jedi mitgeschrieben hat) und das gerüchteweise herumgerissene Drehbuch, in dem Luke, Leia und Han nunmehr nicht nur einen Gastauftritt haben sollen, sondern eine tragende Rolle. Mit anderen Worten: Star Wars VII wird so “Original”, das glaubt ihr gar nicht.

Zwei Vergleichsfilme

Das ist insofern interessant, als das man zwei vorhergehende Filme Abrams’ als Vergleich heranziehen kann. In Star Trek sah sich der Bad-Robot-Chef einer ähnlichen Situation wie jetzt gegenüber: Er sollte eine schlummernde Filmmarke wieder zum Leben erwecken. Abrams entschied sich für einen genialen Taschenspielertrick: Er rebootete die bekannte Erzählung, ohne die Kontinuität der alten dadurch aufzuheben. Dazu brauchte er Wurmlöcher, Leonard Nimoy und eine Menge zugedrückter Augen, aber es klappte. Am Ende hatte er mit Star Trek einen Film erschaffen, der sich frisch und neu anfühlte, ohne die Original-Filme und -Serien zu verwässern. (Als Negativ-Gegenbeispiel vergleiche man die Wucht der Star Wars Prequels).

Der zweite Vergleichsfilm ist Super 8 – Abrams’ Hommage an die Filme von Steven Spielbergs Firma Amblin in den 80ern, wie E.T. und The Goonies. Wie Abrams in Interviews immer wieder betonte war Super 8 als eine Art direkte Emulation des Amblin-Geistes zu verstehen und deswegen hatte er auch alle Zutaten: Er spielte in den 80ern, mit Schulkindern, die BMX-Fahrräder fahren und auf ein Monster treffen, dass sich als gar nicht so monströs entpuppt. Dazu natürlich Lens Flares und jede Menge “Spielberg Faces”.

Viele Kritiker waren sich nach Super 8 einig: Der Film ist nicht schlecht, aber er probiert ein bisschen zu sehr, ein Amblin-Film zu sein – und wirkt dadurch irgendwie hohl, wie ein perfekter Golem ohne Innenleben. Es reicht eben nicht, alles genauso zu machen, wie das große Vorbild. Wirklich großen Filmen liegt ein Funke inne, der sie einzigartig macht – die besondere Seele des Regisseurs und die daraus erwachsene Vision. Star Trek – man kann von ihm halten, was man will – hatte das.

Running the Asylum

J. J. Abrams befindet sich in der Situation vieler heutiger Filmemacher, die das Wiki “TV Tropes” “Running the Asylum” nennt. Die Fans übernehmen bei ihrem ehemaligen Fandom plötzlich selbst die Leitung, als würden die Irren anfangen, das Irrenhaus zu leiten. “Any sufficiently advanced franchise is indistinguishable from fan fiction”, lautet der zusammenfassende Satz. Daraus folgt aber, dass hier plötzlich eine Fan Fiction entsteht, die auf keinen zu verehrenden Text mehr verweist, sondern selbst Text ist. Jean Baudrillard nannte ein solches “Zeichen ohne Bezeichnetes” ein Simulacrum. Und diese Gefahr sehe ich auch bei Star Wars.

Abrams hat oft darüber gesprochen, wo seine Allianzen liegen. Dass er Star Wars liebt und Star Trek nur respektiert. Dass er vor allem deswegen Interesse an Star Trek hatte, weil es halt das “next best thing” nach dem tot geglaubten Star Wars war. Dass er Star Trek “ein bisschen mehr wie Star Wars” wirken lassen wollte. Jetzt hat er seinen Wunsch bekommen – er darf endlich Star Wars machen. Als die Entscheidung damals fiel, kommentierte Trek-Fan Jordan Hoffman pointiert: “I feel like J.J. Abrams took me out to the prom but left with the hotter girl.

Ganz sicher

Und jetzt scheint es so, als wolle J. J. Abrams dem heißen Mädel auch ganz doll beweisen, dass er seiner würdig ist, damit es mit ihm schläft. Dass er genau wie George Lucas sein kann, nur ohne die infantilen und sonstigen problematischen Neigungen, die seit Jedi die Serie geplagt haben. Er will ganz sicher gehen, dass er alles richtig macht – ein bisschen wie Bill Murray in Groundhog Day, als er versucht den perfekten Tag zu konstruieren. Wir wissen: darin liegt nicht die Lösung – am nächsten Morgen singt Cher immer noch “I got you, Babe.”

Wahrscheinlich unterschätze ich Abrams. Er wird um die Gefahren der Total-Emulation bis zum Simulacrum wissen. Ein Freund wies mich auf Facebook darauf hin, dass etwa McQuarries Entwürfe in der Vergangenheit auch in anderen Ecken des Star Wars-Universums wertvolle Stützen für tolle Geschichten waren. Vielleicht wird Episode VII ein Lieblingssessel, nicht originell, aber angenehm durch seine Vertrautheit. Aber Vorsicht ist geboten. Bryan Singer kann nach Superman Returns ein Lied davon singen, was die Folge ist, wenn man sich zu sehr bemüht, an Vergangenes anzuknüpfen. In X-Men: Days of Future Past hat er bewiesen, dass er aus der Erfahrung gelernt hat und dass es wichtiger ist, sich “gefühlt” mit dem Vorhergegangenen in einer Linie zu bewegen. Vielleicht hat Abrams auch aus Super 8 gelernt. Wollen wir es hoffen.

Bild: Joi, CC-BY 2.5

Star Trek Into Darkness ist eine faszinierende Studie des Butterfly Effect (und deswegen besser als ihr denkt)

© Paramount Pictures

“Nyota, ist das ein … Schmetterling?”

Ayayay – der Backlash. Nachdem J. J. Abrams, Damon Lindelof und ihre Schergen sich im Vornherein soviel Mühe gemacht haben, ein Mysterium aufzubauen, und im Film selbst jede Menge Fanservice untergebracht haben, ist das Votum der Fans nun eingetroffen, und es ist nicht sonderlich positiv. Der geheime Bösewicht ergibt keinen Sinn, der Film steckt voller Retro-Sexismus, die Todesszene trägt kein dramatisches Gewicht.

Mit entwaffnender Direktheit hat Jenny Jecke das ganze im ersten “Wollmilchcast” formuliert (ich fasse zusammen): Star Trek Into Darkness schwingt sich von Maguffin zu Maguffin, um rasante Actionszenen zu präsentieren, denkt dabei aber nichts zuende, nimmt sich keine Zeit und nimmt allgemein das, was das “Star Trek”-Universum ausgemacht hat, zu keinem Zeitpunkt ernst. J. J. Abrams ist halt bei Star Wars irgendwie doch besser aufgehoben wahrscheinlich.

Zwei atemlose Stunden

Ich habe keinerlei emotionale Vor-Bindung zu “Star Trek”, obwohl ich alle Filme gesehen habe. Deswegen haben mich all die Dinge, die einem “Star Trek”-Seher der alten Schule so sauer aufstoßen, überhaupt nicht gestört. Ich hatte einfach zwei atemlose Stunden im Kino, in denen der Film alle zehn Minuten eine neue Kurve nahm und ich eine überdurchschnittliche Menge Adrenalin und Serotonin ausschüttete. Und weil der Film so heiter-respektlos ist, dachte ich keine Sekunde lang an Plotholes oder an die fehlende ernsthafte SF-Meditationen. (Das im Gegensatz zu Filmen, die einem an jeder Straßenecke ihre eigene Bedeutsamkeit unter die Nase reiben und dann keinen Sinn ergeben. *hust* The Dark Knight Rises *hust*)

Warum aber könnten sogar selbsterklärte Semi-Trekker Star Trek Into Darkness faszinierend finden? Die Antwort verbirgt sich hinter einer Bemerkung von Damon Lindelof in Germain Lussiers interessantem Artikel über die absurden Schritte, die das Team unternommen hat, um Cumberbatchens Identität geheim zu halten:

“The story most people are engaged in and know is Wrath of Khan, but a lot of people don’t know about ‘Space Seed’, which was the origin story for that character and that happens to be the time and space in which our movie was taking place,” Lindelof said.

Denn man darf ja nicht vergessen, dass J. J. Abrams’ “Star Trek” ja mehr ist als nur ein Reboot, das heißt eine von außen aufgedrückte Neu-Interpretation einer Intellectual Property. Es ist, dank der brillant cleveren Idee des ersten Films, ein Fortschreiben des Original-Roddenberry-Treks in einem anderen Universum. Star Trek und Star Trek Into Darkness spielen eben nicht im exakt gleichen Koordinatensystem wie die “Original Series”, “The Next Generation” und die zehn ersten Kinofilme – obwohl sie mit ihnen in einem Kontinuum stehen.

Look, Mom, Magic!

Das heißt erstmal: Im Abrams/Lindelof/Kurtzman/Orci-Trekversum dürfen Sachen anders funktionieren als im Roddenberry-Trekversum (Stichwort Transwarp). Wenn sie wollten, könnten die Filmemacher jede Anomalie mit einem Handwave erklären. “Look, Mom, Magic!” Wenn sie klug sind, reizen sie das natürlich nicht allzuweit aus.

Viel interessanter ist aber die Tatsache, dass Star Trek Into Darkness und alle Folgefilme, basierend auf Lindelofs Zitat, zu einer spannenden Studie des Schmetterlingseffekts werden. Die Ereignisse der Filme bewegen sich zeitlich parallel zu den Folgen der Original Series, aber die Voraussetzungen sind andere. Aufgrund der Einmischung von Spock und Nero via Wurmloch in die Geschichte der Enterprise-Crew in Star Trek, ist der Abrams-Worldtrack ein ganz anderer als der Roddenberry-Worldtrack. Die Veränderung einiger weniger Paramater (z. B. die Zerstörung von Vulcan) führt dazu, dass in diesem Universum eben viele Dinge gleich passieren, andere aber ganz anders.

It’s not an Error, it’s a Feature

Insofern ist das, was mehrere Kommentatoren kritisiert haben, nämlich dass die Filme in ihrer Erzählung zu sehr auf Wissen außerhalb des Universums setzen, das die Charaktere bewohnen, hinfällig. Stattdessen wird Star Trek Into Darkness zu einer brillanten Meditation über die Schicksalhaftigkeit unserer Existenz. Wir blicken auf die Abenteuer der Enterprise-Crew mit den Augen von Spock Prime: Was würde passieren, wenn wir alles noch einmal durchleben könnten, nur unter leicht anderen Voraussetzungen? Wie verschieben sich die Auswirkungen von bestimmten Ereignissen, wenn wir uns zum Zeitpunkt des Ereignisses diesmal an einem anderen Ort befinden? Und wie sehr findet das Universum dennoch einen Weg, bestimmte Ereignisse trotzdem passieren zu lassen – eventuell nur eben mit anderen Vorzeichen (zum Beispiel die berühmte Hände-auf-Glas-Szene)? It’s not an Error, it’s a Feature. Kein Fanservice-Gimmick der Filmemacher, sondern die tiefgreifendste Langzeitstudie des Raum-Zeit-Kontinuums, die “Star Trek” jemals gewagt hat.* Wir haben also noch eine Menge, worauf wir uns in den nächsten Filmen freuen können!

Das heißt natürlich nicht, dass der Film jedem automatisch gefallen muss. Einige Entscheidungen fand selbst ich im Rückblick überflüssig oder unlogisch. Und natürlich ist “Star Trek” nicht real und daher ist das Ganze natürlich in Wirklichkeit doch ein marketingwirksamer Serien-Reboot, der eine neue, hyperaktive Generation von Kinozuschauern ansprechen soll, die mit klassischer, nachdenklicher Science Fiction nichts mehr anfangen können und es vorziehen, wenn regelmäßig etwas grundlos explodiert, während gleichzeitig eine weltweit bekannte Marke ausgeschlachtet wird. Es ist auch die Umsetzung der Vorstellungen von J. J. Abrams, der bei jeder Gelegenheit öffentlich erzählt, dass er Star Wars interessanter findet als Star Trek. Aber gleichzeitig ist es eben auch das oben beschriebene.


* Nur “Community” kann mit etwas Ähnlichem aufwarten (und natürlich meine Lieblingsband, Spock’s Beard).

Star Wars – Ein Flächenbrand

© Lucasfilm

Schon in gut zwei Jahren wird J. J. Abrams’ neue Star Wars-Episode über uns hereinbrechen. Worum es gehen wird, was passiert, darüber schweigt sich Abrams, der gerade Star Trek Into Darkness promotet, derzeit noch aus. Der Ball sei ihm gerade erst zugespielt worden, da könne man noch nicht viel über die Aufstellung erzählen.

Auf “The Wrap” fand sich diese Woche ein sehr interessanter Artikel, der erzählt, dass Abrams Star Trek gerne in ein “multi-platform experience that spanned television, digital entertainment and comic books” verwandelt hatte. Daran gehindert wurde er dadurch, dass die Merchandising-Rechte des Gesamtkonstrukts Star Trek zwischen zwei Firmen, CBS (Originalserie) und Paramount (Filme), aufgeteilt sind – und beide sich schwer tun, an einem Strang zu ziehen.

Die Konsequenz folgt natürlich auf dem Fuße:

As for Disney’s grand “Star Wars” plan, it’s sounding an awful lot like the one Abrams once envisioned for “Star Trek.” There will be television properties, theme park rides and spin-off films all centered around the new trilogy that Abrams will oversee.

Ambivalente Gefühle

Sascha hat die ambivalenten Gefühle bereits aufgeschrieben, die sich in einem reflektierten Fan ausbreiten, wenn er daran denkt, in spätestens zwei Jahren auf allen Kanälen permanent mit Star Wars bombardiert zu werden. Ein Film pro Jahr, Spin-Offs, Comics, Fernsehen und und und. Ein Flächenbrand enormen Ausmaßes und ohne absehbares Ende.

Das Marvel Cinematic Universe, ebenfalls bei Disney, funktioniert im Grunde ähnlich und wird an dieser Stelle von mir immer wieder gefeiert. Zwei Filme pro Jahr, eine Fernsehserie, Comics, Spielzeug und Merchandising sowieso. Ein Musterbeispiel an transmedialem Storytelling. Auch Lord of the Rings und jetzt der Hobbit fahren einen Film pro Jahr auf, mit jeder Menge Brimborium drumherum. Doch irgendwie fühlt sich das Ganze trotzdem anders an.

Eine andere Tradition

Vielleicht liegt es daran, das Star Wars aus einer anderen Tradition stammt. Klar, George Lucas hat das moderne Merchandising quasi erfunden. Dank des Extended Universe (in dem ich mich persönlich nicht auskenne) gab es nie einen Mangel an Star Wars-Manna, wenn man welches brauchte. Aber eigentlich bedeutet das Star Wars-Modell doch: Ein Film – und dann wieder drei Jahre warten. Das war bei den Originalfilmen so (die ich im Kino natürlich nicht erlebt habe) und bei den Prequels auch: Man hatte drei Jahre Zeit, The Phantom Menace zu verdauen. Und als Attack of the Clones kam, hatte man fast schon wieder vergessen, wie enttäuschend der Film war. Oder man hatte genug Zeit gehabt, ihn sich schönzugucken. Und ist wieder ins Kino.

Diese Tradition wird Abrams jetzt wohl durchbrechen und es wird interessant sein, zu sehen, ob Star Wars damit zu einem anderen Biest wird. Star Wars Mk. 1 waren drei kanonische Filme und ein Haufen Spielzeug. Star Wars Mk. 2 waren sechs kanonische Filme, eine Fernsehserie (“The Clone Wars”) und ein Haufen Spielzeug. Wird Star Wars Mk. 3 ein Sperrfeuer aus Medien, die alle gemeinsam eine epische Geschichte erzählen, oder werden die “Episoden” weiterhin einen so herausragenden Status genießen?

Das Event als Dauerzustand

Das vormalige Event wird jedenfalls zum Dauerzustand – was natürlich aus Marketingsicht einen ganzen Haufen Sinn ergibt. In seiner viel beachteten Rede auf dem San Francisco Film Festival hat Steven Soderbergh erst vor kurzem auf das absurde Diktat des Marketings hingewiesen, das inzwischen in Hollywood herrscht. Es kostet so viel Geld, einen einzigen Film ins Kino zu bringen, dass es mehr Sinn ergibt, auf wenige gigantische Dampfwalzen zu setzen, als auf viele kleine Menschen mit Sprengstoff, um einen Block zu sprengen, sozusagen.

$10 million movie, 60 million to promote it, that’s 70, so you’ve got to gross 140 to get out. Now you’ve got $100 million movie, you’re going spend 60 to promote it. You’ve got to get 320 to get out. How many $10 million movies make 140 million dollars? Not many. How many $100 million movies make 320? A pretty good number, and there’s this sort of domino effect that happens too. Bigger home video sales, bigger TV sales, so you can see the forces that are sort of draining in one direction in the business.

Es dürfte einige Millionen sparen, wenn man nicht alle drei Jahre wieder neue Aufmerksamkeit für ein Franchise herbeitrommeln muss, sondern sich einfach in die noch relativ frische Erinnerung der Zuschauer einklinkt – die schließlich erst vor einem halben Jahr die DVD gekauft haben, während ihre Kinder sowieso die ganze Zeit die Story zwischen den Episoden in Comics und Videospielen erleben.

Pixarifikation und Inzest

Auch mein Lieblingsregisseur Danny Boyle hat sich vor kurzem zum Zustand der Filmindustrie geäußert und (wohl zurecht) ihre “Pixarifikation” beklagt. Die angesprochenen Veränderungen in Distribution und globaler Kinolandschaft haben dazu geführt, dass große Filme ein möglichst breites Publikum ansprechen müssen, um überhaupt Geld zu machen. Falls also jemand darauf hofft, dass Abrams’ Star Wars in irgendeiner Form “erwachsener” wird als Lucas’ Prequels, sollte sie die Hoffnung lieber ziemlich zurückschrauben.

Sie ist nach wie vor absurd, diese Geschichte, und doch wahrscheinlich irgendwie das, was immer passiert: Der Film, der alle Regeln brach, ist selbst zur Blaupause für eine ganze Industrie geworden. Und wie beim Ergebnis von mehreren Generationen Inzest besteht für jedes neue Kind die Gefahr einer schrecklichen Missbildung. Als Medienbeobachter ist es faszinierend, dabei zuzusehen. Als Fan kann man wohl nur der Macht vertrauen, dass noch genug neues Genmaterial im Universum vorhanden ist, um auch einen Flächenbrand lebendig zu halten.

(hat tip: Max)

Don’t you see where this J.J. Abrams thing is going?

startrek

2009. J. J. Abrams directs Star Trek, a Reboot of the original “Star Trek”-Franchise.


super8

2011. J. J. Abrams directs Super 8, produced by Steven Spielberg’s company Amblin, which allows Abrams, as he points out in Interviews to “share DNA” of earlier Amblin movies like E. T. – The Extra Terrestial.


Star-Wars-Abrams-Logo

2013. (January) J. J. Abrams is officially confirmed as the director of Star Wars: Episode VII.


startreket

2013. (May) The Abrams-directed Star Trek Into Darkness features a post-credit sequence, in which James Kirk returns to his quarters to find E.T. sitting at his desk. He is pointing a glowing finger at the Captain and says: “Mr. Kirk, you’ve just become part of a bigger universe.”


etstarwars

2015. Star Trek: Episode VII features a longish subplot about a kid on Tattooine making friends with a gnarly outcast from the galactic senate, who has moved into Ben Kenobi’s old cabin.


spaceavangers

2017. SPACE AVENGERS


Based on an idea by Carsten / images: Paramount Pictures (3), Lucasfilm (1), Disney (1)

Worte zum Wochenende

Google trägt einen erheblichen Anteil daran, dass Medien die Klammer um ihre Inhalte verlieren. (…) In einer Zeitung kann ja auch mal ein schwacher Artikel stehen, der schadet nicht unmittelbar dem Gesamtprodukt. Im Netz müssen Medien mit jedem Stück, das dort draußen weitergereicht wird oder über Suchmaschinen zu finden ist, ihr Markenversprechen einlösen.

Björn Sievers , Carta
// Google und die Medien – ein paar Gedanken und Thesen

Ich gebe zu, es gibt nur wenig Schönes dieser Tage. Aber ich mache das einfach wie Tom Buhrow, der, egal welche Hiobsbotschaft er verbreiten muss, breit grinst wie ein bekifftes Milchbrötchen.

Silke Burmester , taz
// Wenn Kinder quengeln, verbünden sich die Papis

At its heart, in a chair, is NERO, a ruthless baddy who not only indirectly killed KIRK’s dad, but also dragged SPOCK through a time portal and made him look like Leonard Nimoy.

Paul McInnes , The Guardian
// Star Trek: boldly going where no hot young body has gone before

Wenn ich heute irgendwo einkaufen gehe, schaue ich mir zwar gerne die Dekoration des Ladens an, rechne aber jetzt nicht gleich nach, was sie gekostet haben könnte, um danach sofort zu beginnen, den armen Inhaber zu bedauern. Natürlich ist Journalismus kein Süßigkeitenladen, dennoch: der ökonomische Vorgang ist erst einmal der gleiche, spätestens dann, wenn es ums Bezahlen geht.

Christian Jakubetz , JakBlog
// Denken hilft zwar…

eDIT 2009 – Berichte von zwei Panels

Wie ja schon aus dem letzten Eintrag ersichtlich, war gerade wieder eDIT in Frankfurt – ein Filmfestival/Kongress, zu dem ich seit vielen Jahren immer wieder gerne gehe, um mir etwas über die neuesten Entwicklungen vor allem im Bereich vbisuelle Effekte erzählen zu lassen. Dieses Jahr hatte ich leider keine Zeit, um vollständig hinzugehen, aber ich habe immerhin zwei Präsentationen mitnehmen können – zufällig beide von Mitarbeitern von Industrial Light and Magic (ILM).

Die Präsentation von Roger Guyett über die Effekte des neuen Star Trek-Films war erstklassig und hat einen weiteren Teil des Puzzles dazu beigetragen, warum der Film so gut funktioniert (das sehr gut durchdachte Drehbuch ist ein weiterer Faktor). Guyett war auch Second Unit Director bei Star Trek und diese Gesamterfahrung von Dreh und Postproduktion schlug sich wohl in seiner Arbeitsweise, auf jedem Fall aber in seinem Vortrag nieder. Guyett war integraler Teil des Designprozesses und schilderte die Schwierigkeiten, die das Team beim Anpassen und Modernisieren des Looks hatte: Die Enterprise und alle ihrer Schwesterschiffe mussten ein bisschen aussehen wie damals, aber trotzdem neu und cool sein. Guyett erzählte auch von den Farbthemen, die der Film sich für verschiedene Schauplätze – auch im All – gab und von Techie-Details wie realistischen Weltraum-Explosionen im Vakuum. Am interessantesten war aber sicherlich der Teil des Panels, in dem er zeigte, wie JJ Abrams und sein Team möglichst oft reale Drehorte gewählt hatten, die dann im Anschluss von der CG-Fabrik aufgepimpt wurden – ähnlich wie die Original Star Wars-Filme. Ich denke, dass das hervorragend funktioniert hat. Gerade im Gegensatz zu den neuen Folgen jener anderen großen Weltraumsaga wirkt Star Trek angenehm echt.

Ben Snows Präsentation zu Terminator Salvation war insgesamt kaum weniger erhellend, aber wesentlich technischer und weniger auf ästhetische Aspekte bedacht als die seines Kollegen. Snow präsentierte vor allem, wie ILM bei Terminator mit einem neuen System von ressourcensparender Beleuchtung gearbeitet hat – dessen technische Einzelheiten leider ein wenig meine Kenntnisse überstiegen. Snow zeigte viel Vorher-Nachher-Clips, die sich hauptsächlich auf die Modell-Arbeit und die Integration von Drehmaterial und CG konzentrierte, wobei vor allem der Aspekt der “Post-Viz” für mich ein neues und interessantes Werkzeug darstellte. Spannend und auch amüsant wurde es dann wieder, als Snow von der Arbeit erzählte, die es bedeutete, einen virtuellen Arnie zu bauen. Dabei gab es auch einige “geheime” Aufnahmen zu sehen, die die unglaubliche Detailarbeit zeigten, die in der Szene steckt.

Ich fand es interessant, zu sehen, dass die Balance zwischen Simulationsarbeit und Animation/Handbemalung inzwischen ganz gut in der Mitte liegt. Der Computer scheint inzwischen in der Lage zu sein, viele Dinge tatsächlich automatisch zu machen, die vor ein paar Jahren noch händisch erledigt werden mussten. Der Rückschlag ist dafür dann aber, dass die Aufgaben immer komplizierter werden und dann muss eben doch wieder die Handarbeit und Animation ran.

Ein lehrreicher Kommentar war auch der von Ben Snow, der ein wenig zerknirscht darüber wirkte, dass McG mit seinem harten Colour Grading bei Terminator Salvation Teile der CG-Arbeit fast in Gefahr brachte, weil plötzlich wieder Dinge zum Vorschein kommen könnten, die die Ursprungsfarben sonst überdeckten. Mich würde interessieren, inwiefern Colour Grading sich nicht inzwischen auch etwas in eine Extrem-Sackgasse bugsiert hat und langsam mal wieder locker machen sollte. Harry Potter and the Half-Blood-Prince fand ich wegen seines harten Grades manchmal schon sehr anstrengend.