Stöckchen: Best Blog Award

Ich stecke blogtechnisch manchmal in einer gewissen Zwickmühle. Einerseits möchte ich den Aufbau einer Blogosphäre und den Austausch von Bloggern untereinander fördern, andererseits aber verfolge ich in mit meinem Blog einem irgendwie vage journalistischen Anspruch und versuche daraus, eben keine Ego-Show zu machen, die nur nach dem Prinzip “Ich finde xy gut/schlecht” funktioniert. Es sollte euch eigentlich egal sein, was mein Lieblingsfilm (2001: A Space Odyssey) oder mein Favorit unter den neuen amerikanischen Serien (Mad Men) ist, solange ihr euch an meinen Thesen und Argumenten reiben könnt und euch von mir informiert fühlt.

Die typischen Vernetzungs-Mechanismen von Blogs wie Blogparaden und Stöckchen aber stellen genau diesen Ich-Aspekt in den Vordergrund – und fühlen sich nicht zuletzt deswegen manchmal an, wie ein Relikt aus einem anderen, dem Livejournal-Zeitalter, als Blogs eben wirklich noch Online-Tagebücher waren und nicht einfach nur eine Publikationsform unter vielen. Darum habe mich ihnen bisher fast immer verweigert (genauso wie dem “Media Monday”, obwohl ich ihn bei anderen gerne lese).

Ein paar Ausnahmen gibt es: Ich habe mal an der This is How I Work-Parade teilgenommen und mir vor zwei Jahren mal den Luxus gegönnt, meine Medienkonsum-Gewohnheiten aufzuschreiben. Weil es in diesem Stöckchen auch hauptsächlich um die Beschreibung der eigenen Arbeit geht und ich hoffe, dass irgendjemand daraus tatsächlich einen Mehrwert ziehen könnte, und weil mich der Intergalactic Ape-Man so nett gefragt hat und mir schmeichelhafter Weise einen “Best Blog Award” verliehen hat, mache ich eine weitere Ausnahme.

Warum sollte man deinen Blog deiner Meinung nach lesen und welchen charakteristischen Artikel auf deinem Blog sollte unbedingt jeder kennen?

Ich habe mir die bewusste Aufgabe gestellt, mich von anderen Filmblogs zu unterscheiden, indem ich keine Kritiken schreibe. Das ist ganz praktisch, weil ich auch der Meinung bin, dass ich nicht gut darin bin, Kritiken zu schreiben. Stattdessen schreibe ich, wenn ich nicht gerade neue Formate ausprobiere, das, was im englischsprachigen Raum gerne “Thinkpieces” genannt wird, im Grunde kleine Essays, in denen ich eine These vertrete, die oft (fürchte ich) genauso viel über das Untersuchungsobjekt wie den Autoren aussagt. Das ist zum Teil auch etwas, was ich aus meiner Uni-Zeit behalten habe. Ich habe einfach sehr gerne Hausarbeiten geschrieben, mich auf einen Aspekt eines Werkes konzentriert und diesen in einen größeren Kontext gestellt. Und so gehe ich heute noch an Filme heran. Das Endergebnis kommt manchmal einer Kritik recht nahe, ist aber nie so konzipiert.

Man sollte mein Blog also lesen, wenn man bereit ist, meinen Blick auf die Filmwelt zu akzeptieren, das ist im Grunde der Blick eines Möchtegern-Medienwissenschaftlers. Der erste Artikel, in dem sich mein heute favorisiertes “Format” kristallisiert hatte, war meine Statt-Kritik zu The Perks of Being A Wallflower, “Die Annehmlichkeiten des Mauerblümchendaseins” im Oktober 2012. Ansonsten fällt mir immer wieder meine merkwürdige Rechtfertigung von Star Trek Into Darkness ein, in der sich viele meiner Obsessionen widerfinden. Der Artikel heißt “Star Trek Into Darkness ist eine faszinierende Studie des Butterfly Effects (und deswegen besser als ihr denkt)“.

Hast du deinen ersten veröffentlichten Artikel für deinen Blog geschrieben und wovon handelte er?

Mit Sicherheit nicht für mein Blog. Wahrscheinlich für eine Schülerzeitung, aber ich kann mich nicht genau dran erinnern. Mitte der 90er hatte ich bereits eine eigene Website und auch da habe ich schon Artikel und Kritiken geschrieben. Ich glaube meine erste war eine Krtik zu Lost in Space, dem gräßlichen Remake von 1998. Zum ersten Mal von einem “erwachsenen” Medium veröffentlicht wurde ich wohl 2003, als ich ein Praktikum beim “Wiesbadener Kurier” gemacht habe – in dem Artikel ging es um die Hitzewelle des Sommers.

Was motiviert dich, einen Blogpost zu schreiben und was hält dich davon ab?

Mich motiviert die Tatsache, dass ein einmal aufgeschriebener Artikel nicht mehr in meinem Kopf rumspukt und mich abends nicht einschlafen lässt. Und die Tatsache, dass ihn vielleicht jemand liest und sich dann damit auseinandersetzt. Abgehalten werde ich höchstens durch Alltagszwänge – ich habe ja schließlich auch ein Berufs- und ein Privatleben sowie ein paar andere Hobbies.

Was waren die letzten drei Themen, über die du einen Artikel schreiben wolltest, es aber nicht getan hast?

Noch nicht getan hast. Nach meiner Enttäuschung über Rush wollte ich etwas über Peter Morgan schreiben und warum ich seine Art, Realität zu dramatisieren (auch in The Queen und Frost/Nixon) unzureichend finde, aber die These hat sich in mir nicht genug verhärtet und dann war der Moment vorbei, wo der Artikel jemanden interessiert hätte. Ich hebe sie aber für seinen nächsten Film auf. Dann hatte ich irgendwann etwas über virtuelle Produktplatzierung gelesen und wollte der Absurdität dieses Begriffs nachgehen, habe es aber zeitlich nicht geschafft. Und ich hätte sehr gerne etwas über die Schrift im Bild von The Great Gatsby gemacht, die in der deutschen Fassung auch deutsch war. Mich hätte interessiert, wie die Firma, die das gemacht hat, gearbeitet hat – hat sie Fitzgeralds Sätze neu übersetzt oder eine existierende Übersetzung genommen? Wie sahen die unfertigen “Plates” aus, die sie von der VFX-Firma geliefert bekommen haben? Hat die deutsche Sprache ein anderes Arbeiten verlangt, oder ging es relativ einfach? Leider sind meine Recherchen, wer die Lokalisierung eigentlich vorgenommen hat, nach mehreren Kontakt-Versuchen immer irgendwo versandet.

Zu welcher Tageszeit und in welcher Stimmung schreibst du Blogposts und veröffentlichst du die dann auch gleich?

Ich schreibe dann, wenn ich nicht arbeiten muss. Das heißt unter der Woche abends und am Wochenende. Stimmungen können dafür unterschiedlich sein, aber wenn ich richtig schlecht drauf bin, lasse ich es eher. Meistens veröffentliche ich die Artikel sofort, außer es gibt irgendwelche dringenden Gründe (Presse-Embargos, zum Beispiel), die mich daran hindern. Ich bin schon recht eitel und möchte sofort sehen, welche Reaktionen kommen.

Was ist das Teuerste, worüber du gern schreiben würdest oder geschrieben hast?

Ich bin nicht so ganz sicher, wie das Wort “teuer” hier zu verstehen ist. “Teuer” im Sinne von “mir am Herzen liegend” wird es immer, wenn ich über Musik schreibe. Film liebe ich, aber mein Verhältnis dazu ist recht analytisch. Musik hingegen geht bei mir häufig direkt ins Herz, deswegen freue ich mich immer, wenn ich mal beides verbinden kann, wie bei meinem jüngsten Artikel über Moulin Rouge! oder über den “echten” Gesang im Film.

Wenn es um Geldwert geht, sind die Blockbuster, über die ich mit Vorliebe schreibe, sicher ganz vorne dabei. Etwas besonders teures, über das ich gerne mal schreiben würde, fällt mir spontan nicht ein.

Wenn du dir einen Interviewpartner aussuchen könntest, wer wäre es?

Lange Zeit wäre das Danny Boyle gewesen, über den ich mal promovieren wollte, aber Amy Raphael hat mir das mit ihrem tollen Interviewband dankenswerter Weise abgenommen. Heute würde ich mich natürlich am allerliebsten einmal ausführlich mit Kevin Feige, dem Präsidenten von Marvel Studios, unterhalten. Mich interessiert wirklich, wie er tickt und was ihn antreibt. Ich hoffe sehr, das sich die Gelegenheit zumindest für ein Kurzinterview eines Tages mal ergibt. Ganz abwegig ist das ja zum Glück nicht, wenn Marvel weiter Deutschlandpremieren veranstaltet.

Wie denkst du über Promoagenturen, Rezensionsexemplare und Sponsored Posts?

Da ich hauptberuflich PR-Arbeit mache, sehe ich das Ganze als ein Ökosystem, in dem sich einfach unterschiedliche Interessen professionalisiert haben. Im Idealfall funktioniert dieses Ökosystem zum Vorteil für alle. Obwohl es einen als Journalist oft stört, wenn man statt mit seinem eigentlichen Untersuchungsobjekt mit einer Agentur zu tun hat, kann man sich genauso häufig genau darüber glücklich schätzen, denn so wird man wenigstens professionell betreut und viele Dinge werden erst möglich gemacht.

Ich habe mich für mein Blog bisher noch entschieden, auf Promo-Aktionen und Sponsored Posts zu verzichten, weil ich mich nicht davon abhängig machen möchte. Ich denke immer wieder darüber nach, aber es ist mir im Moment noch wichtiger, für mein Schreiben wahrgenommen zu werden, als mit dem Blog Geld zu verdienen. Rezensionsexemplare nehme ich, aber nur wenn ich auch wirklich drüber schreiben will. Wie gesagt: ich will nicht, dass Abhängigkeiten entstehen, solange das hier nur Hobby, Spaß und Selbstverwirklichung und nicht Teil meines Jobs ist. Bei anderen stören mich all diese Dinge nicht, solange sie sich im Rahmen halten. Ich weiß ja in der Regel, was dahinter steckt.

Viele Blogs überleben die ersten zwei Jahre nicht, ein Großteil schläft nach ein paar Jahren ein. Wo siehst du deinen Blog bzw. deine Schreibtätigkeit in fünf, in zehn und in zwanzig Jahren?

Mein Blog ist in den fünf Jahren, die es jetzt existiert, stetig gewachsen und hat eigentlich vor anderthalb Jahren erst so richtig Fahrt aufgenommen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das noch eine Weile so weitergeht – allerdings gibt es auch Dinge die dazwischen kommen könnten, etwa das Kind, das ich vielleicht irgendwann haben werde. Ich werde mit Sicherheit immer schreiben, vielleicht auch mal über andere Dinge als Film und Medien, und ich denke immer wieder darüber nach, auch mal wieder zu versuchen, es zu meinem Hauptberuf zu machen, aber derzeit ist mir das Risiko dafür zu hoch. Im Moment geht es mir mit “Real Virtuality” wirklich gut, aber es könnte auch nur eine Phase in meiner generellen Entwicklung als Autor sein. In zwanzig Jahren bin ich 51. Ob es dann noch Blogs gibt, wir uns längst alle Gedanken gegenseitig direkt in die Köpfe beamen oder in einer post-apokalyptischen Wüste Jagd auf mutierte Kaninchen machen, wer kann das schon sagen?

Wieviel Zeit verbringst du im Internet und würdest du dich als abhängig bezeichnen?

Ich bin, seit ich ein Smartphone besitze, eigentlich immer online. Mein Beruf hat mit Internet zu tun, also verbringe ich sicher gute acht bis zehn Stunden täglich aktiv im Netz. Abhängig fühle mich nicht. Mir fehlt nichts, wenn ich kein Internet habe, solange ich Ersatz habe für die Informationen und die Kommunikation, die dort stattfindet – also zum Beispiel Freunde und Bücher oder Filme. Aber ich bin sicherlich insofern abhängig als dass ich für viele Alltagsaufgaben aufs Netz angewiesen bin und sie neu konstruieren müsste, wenn es wegfiele.

Was bewegt dich derzeit am meisten und warum?

Es gibt viele verschiedene Wege auf diese Frage zu antworten, aber ich will nicht zu privat werden. Also bleibe ich mal dabei, dass mich interessenstechnisch nach wie vor die verschiedenen Aspekte meines geplanten Buchprojekts “Continuity” umtreiben. So sehr, dass mich bestimmte Filme inzwischen fast mehr aufgrund des Drumherums interessieren, als wegen ihres Inhalts (so geschehen bei The Amazing Spider-Man 2). Ich finde das besorgniserregend und hoffe, dass ich den Dämon bald bannen kann, indem ich tatsächlich mal mit dem Schreiben anfange. Außerdem: Die Gefühle von Zugehörigkeit und Gemeinschaft, über die ich gerade mit Blick auf die re:publica geschrieben habe beschäftigen mich weiterhin, vielleicht weil ich mich selbst zurzeit auch ein bisschen neu verorte und sich in einem guten Jahr sowieso wieder viele Achsen in meinem Leben neu ausrichten werden.

Zu Blog-Stöckchen gehört es eigentlich, das man sie weiterwirft und neue Mitmacher nominiert. Hier sollen es elf sein, die man für unterrepräsentiert hält, und elf neue Fragen. Mir fällt aber niemand ein, den ich nominieren könnte, der/die nicht a) schon nominiert wurde und von dem ich b) glaube, dass er/sie mitmachen würde. Daher belasse ich es mal dabei, es haben ja auch schon fast alle teilgenommen.

Foto: Flickr Commons

In eigener Sache: Bitte um Feedback zur ITFS-Berichterstattung

Falls es irgendjemand nicht mitbekommen hat, weil er oder sie jetzt erst dazugestoßen ist: Ich habe in der vergangenen Woche vom Internationalen Trickfilmfestival Stuttgart einen täglichen Podcast hier im Blog und einen täglichen Bericht auf kino-zeit.de veröffentlicht.

Das Ganze war für mich auch eine Herausforderung an mich selbst. Ich habe noch nie richtige Festivalberichterstattung gemacht und wollte es mal ausprobieren. Ich hatte streckenweise Spaß dabei, habe aber auch manchmal ziemlich mit Termindruck, Schlafmangel und sonstigen Widrigkeiten, die wahrscheinlich dazu gehören, zu kämpfen.

Die große Frage, die sich für mich nun stellt, ist: Soll ich das jemals wieder machen? Größere Projekte dieser Natur lohnen sich für mich persönlich im Endeffekt (und im Unterschied zu einfachen Blogposts) nach dem ersten Mal nur, wenn sie ein Publikum finden. Daher würde ich mich sehr über ein kurzes Feedback freuen – in den Kommentaren, per Mail oder über das soziale Netzwerk eurer Wahl.

Ich erhoffe mir vor allem Antworten auf folgende Fragen: War das Angebot zu viel, zu wenig oder genau richtig? Habt ihr die Podcasts überhaupt gehört? Fandet ihr sie interessant und würdet ihr sie wieder hören? Wenn nein, warum nicht? Ergibt diese Art von nicht-regelmäßigem Podcast überhaupt einen Sinn? Was würdet ihr eventuell lieber sehen?

Wenn ihr euch die Zeit nehmt, bin ich euch sehr dankbar.

Gesucht: Gesprächspartner für das ITFS

Ich habe mich für das Internationale Trickfilm-Festival Stuttgart akkreditiert und plane, von Dienstag an täglich hier im Blog von dort zu berichten. Unter anderem möchte ich einen täglichen etwa halbstündigen Podcast produzieren, der zur Hälfte aus Interviews mit Filmemachern und zur Hälfte aus Besprechungen des Programms besteht.

Für diese Besprechungen suche ich andere beim ITFS akkreditierte Blogger_innen und Journalist_innen, die Lust haben, sich jeweils an einem Tag des Festivals eine halbe Stunde Zeit zu nehmen, um mit mir den Tag zu rekapitulieren. Denn im Gespräch lässt sich besser reflektieren als allein.

Dass ich auf eure Blogs, Profile oder sonstige Arbeit verlinke und hinweise versteht sich von selbst.

Wenn ihr Interesse habt, schickt mir eine Mail an

kontakt@alexandermatzkeit.de

und wir klären alles weitere.

In eigener Sache: Ein neues Zuhause

Seit Jahren rede ich darüber, dass ich “Real Virtuality” dringend auf meinen eigenen Webspace umziehen und volle Kontrolle über Layout, Plugins und Inhalte haben will. Heute habe ich meinen Worten endlich, endlich Taten folgen lassen. Jetzt gehört dieses Blog wahrhaftig mir!

Das Layout lehnt sich bewusst an das alte an, denn das Rad wollte ich nicht neu erfinden. “Real Virtuality” bleibt ein einfaches Blog mit regelmäßigen Texten zu Film und Medien. Über eine Rückmeldung, wie ihr das neue Layout findet, freue ich mich in den Kommentaren. Es ist davon auszugehen, dass sich hier und da in den nächsten Wochen noch Kleinigkeiten ändern während ich die endlosen Weiten von WordPress erkunde.

WordPress macht es einem übrigens wirklich leicht, ein .com-Blog auf den eigenen Webspace umzuziehen. Deswegen funktionieren alle Links und Abonnements für’s erste auch weiterhin. Falls ihr irgendwo auf meine Startseite verlinkt habt, würde ich euch trotzdem bitten, den Link auf die neue Domain realvirtuality.info umzuleiten.

Ich wünsche frohes Lesen.

Happy Birthday, Real Virtuality

Fünf Jahre ist es her, dass in diesem Blog der erste Eintrag verfasst wurde. Und aus einer Sammelstelle für meine Publikationen, einer Art digitaler Visitenkarte, ist etwas geworden, auf das ich inzwischen doch irgendwie stolz bin. Eine Art wöchentliche Kolumne zu Film und Medien. Ein Forum und Vernetzungsort für Filmblogger. Ein Labor für verschiedene Kritik- und Journalismusformen. Dessen Beiträge auch gelesen werden – und das ist das Wichtigste.

Eigentlich wollte ich dieses Jubiläum irgendwie begehen – mit einer Artikelserie, einer Verlosung oder irgendwelchen sonstigen Festivitäten. Aber leider fehlt mir dazu im Moment die Zeit und ich werde wohl nachfeiern müssen. Immerhin: Am vergangenen Sonntag habe ich endlich Webspace gekauft, warte jetzt darauf, dass meine Domain umzieht, und werde dann hoffentlich bald auf mein eigenes WordPress-Blogsystem umsteigen, statt weiter am Tropf von wordpress.com zu hängen. Und vielleicht gibt es dann auch ein kleines Redesign.

Und als hätte mein Lieblings-“Kunde” Marvel Studios geahnt, dass heute ein besonderer Tag ist, haben sie mir das bestmögliche Geschenk gemacht. Einen wunderbaren Trailer für Guardians of the Galaxy. Dankeschön.

In den Kommentaren hättet ihr jetzt die einmalige Gelegenheit, Kritik an “Real Virtuality” zu äußern. Was würdet ihr ändern? Woran hakt’s noch? Wovon wünscht ihr euch mehr? Ich bin doch ein willenloser Spielball und mache gerne, was ihr sagt.

Bild: Flickr Commons

Mein verrückter Plan für 2014: Ein Buch

Vor einigen Monaten hatten wir in meinem alten Job bei 3sat eine Hospitantin, die kurz vor der Bachelorarbeit stand. Wir kamen ins Plaudern und sie fragte mich, worüber ich meine Abschlussarbeit schreiben würde, wenn ich heute noch einmal die Gelegenheit dazu hätte. Meine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. Dann musste ich allerdings erstmal erklären, was ich damit meine – was ich wissenschaftlich gesehen ebenfalls als gutes Zeichen sah.

Tatsächlich habe ich mich im Verlauf dieses für mich höchst erfolgreichen Blogjahres, in dem ich so viele Menschen erreicht, Bekannte gefunden und Diskussionen geführt habe, wie in keinem Jahr zuvor, öfter bei dem Gedanken ertappt, dass ich wirklich gerne noch einmal eine Film-Abschlussarbeit schreiben würde. Die Geschichte meiner tatsächlichen Magisterarbeit, die ich vor mittlerweile fast sieben Jahren eingereicht habe, ist ein bisschen durchwachsen, und ich würde diesmal alles besser machen wollen. Dummerweise habe ich meinen Magister eben schon, und für eine Doktorarbeit habe ich keine Nerven. Erstens habe ich das schon einmal ein Jahr lang versucht und bin nicht zuletzt am System gescheitert. Zweitens habe ich den Prozess bei Freunden verfolgt und beneide sie nicht darum.

Meine Faszinationen

Wer mein Blog regelmäßig liest, weiß, dass mich bestimmte Dinge besonders stark faszinieren. Da gibt es die Ästhetik des digitalen Zeitalters, inzwischen ergänzt durch 3D, HFR, Atmos und andere neue Filmtechnologien, die auch schon in der erwähnten Magisterarbeit Thema war. Und seit einiger Zeit ist es die Konstruktion von Storywelten und Universen – allerdings weniger über die kreative Seite, über die sich ihr die meisten Menschen nähern (und die derzeit als Buzzword-Thema sehr beliebt ist) – sondern über die dahinter liegenden, fast schon logistischen Mechanismen und Struktuiren: Kanonisierung, Vernetzung, Zusammenhalt und schließlich Marketing und Wirkung. Die Faszination reicht weit zurück, denn als Teenager habe ich selbst Welten erfunden und ins Netz gestellt. Und vor fünf Jahren habe ich zu einem Artikel über Reboots in “epd film” zum ersten Mal eine Reaktion aus dem Netz auf etwas bekommen, was ich geschrieben hatte. Ich habe im vergangenen Jahr schon viel darüber gebloggt und einige wertvolle Hinweise bekommen, zum Beispiel auf den Begriff der “operationellen Ästhetik“, der in meinem Kopf einige Türen geöffnet hat.

In den letzten zwei Wochen hatte ich mehr Zeit zum Nachdenken als sonst und plötzlich kam mir die Idee, die zwei Dinge miteinander zu verbinden: den Wunsch, eine längere Abhandlung über ein Thema zu verfassen und die Faszination mit modernen Erzählprinzipien. Und daraus wiederum entstand die völlig verrückte Idee, mir als Projekt für das nächste Jahr doch einfach vorzunehmen, ein Buch zu schreiben, in dem ich all diese Ideen und Faszinationen mal aus dem System bekomme. Man muss ja heute gar keinen Verlag mehr finden, dachte ich mir, ich kann das ganze ja einfach als eBook selbst veröffentlichen. Dann redet mir auch keiner rein und ich muss mich nicht streng an wissenschaftliche Vorgaben halten, sondern kann daraus ein journalistisches Projekt machen, in dem ich auch Interviews und andere Formate verquirlen kann.

Zuschauen möglich

Ich werde mir außerdem eine Scheibe von Dirk von Gehlens Kultur als Software-These abschneiden und den ganzen Prozess des Schreibens relativ offen hier auf dem Blog dokumentieren. Es geht mir schließlich, wie im Blog auch, nicht ums Geld verdienen, sondern um den Diskurs und um das öffentliche Äußern meiner Gedanken. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich das ganze Buch offen schreiben will (z. B. als Google-Doc) oder ob ich nur Ausschnitte hier im Blog veröffentlichen will, aber ich hoffe auf jeden Fall, dass sich Andere finden, die das Thema auch interessiert, und die mich mit Diskussionsbeiträgen und Vorschlägen (z. B. für Literatur) unterstützen.

2013 habe ich (einigermaßen erfolgreich) versucht, “Real Virtuality” vor allem durch Thesenstücke zu aktuellen Kinostarts zu profilieren. Wenn sich herausstellt, dass ich das mit dem Buchprojekt ernst meine, könnte es sein, dass diese Art von Beiträgen abnimmt, auch durch meinen neuen Job, durch den ich leider nicht mehr so viele aktuelle Kinofilme werde sehen können wie noch als Filmredakteur (und generell viel zu tun haben werde). “Aber”, so sagte ich mir, “man muss sich ja schließlich auch weiterentwickeln und neue Dinge wagen.”

Was bleibt

Andere Dinge werden bleiben, zum Beispiel meine Leidenschaft für die Filmblogosphäre. Im Januar, wenn meine Vier Thesen ein Jahr alt werden, will ich auf jeden Fall Bilanz ziehen, denn es hat sich einiges getan. Und auch der Film Blog Group Hug, der ja gerade mit dem Adventskalender einen zauberhaften Erfolg feiert, wie ich finde, soll weiter seine Runden drehen.

Vielleicht schaffe ich es 2014 außerdem endlich mal, dieses Blog auf einen echten Webspace, von wordpress.com auf wordpress.org umzuziehen, und ihm einen zeitgemäßeren Anstrich zu geben. (Unterstützung dabei wird gerne angenommen, ich müsste mir nur mal ein Wochenende freischaufeln).

Große Pläne also. Der Arbeitstitel lautet Continuity: Unsere Suche nach erzählerischer Einheitlichkeit. Was meinen meine werten Leser? Bin ich bekloppt oder nur größenwahnsinnig?

Change I Can Believe In

© 35. DEKT/Jens Schulze

Seit einiger Zeit habe ich mir einen persönlichen Gradmesser dafür gesetzt, wieviel Konstanz in meinem Leben herrscht.* Ich prüfe, ob ich am Ende des Jahres immer noch den gleichen Wohnort, den gleichen Job und die gleiche Partnerin habe, wie am Anfang des Jahres. Zuletzt war das vor 13 Jahren, anno 2000 (Heidenrod, Schüler, niemand) der Fall. Eine der drei Variablen in meinem Triptychon hat sich seitdem immer verändert. In diesem Jahr war ich mir ziemlich sicher, dass ich es schaffen würde, alle drei konstant zu halten – schließlich habe ich unter anderem geheiratet. Aber dann kam doch alles anders.

Ich mache es kurz: ich wechsle den Job. Ab dem 1. Januar bin ich nicht länger Redakteur in der Filmredaktion 3sat/ZDFkultur, sondern Abteilungsleiter für Presse und Öffentlichkeitsarbeit beim 35. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Neben der Abteilungsleitung werde ich dort vor allem, wie damals, als ich das letzte Mal da war, für alles zuständig sein, was mit Internet und Digitalen Medien zu tun hat. Bei allen bisherigen Kirchentagen war es so, dass der Pressereferent der Abteilungsleiter war. Der Kirchentag zeigt also auch, wie wichtig ihm der ganze digitale Kram geworden ist. Ich freue mich sehr darauf, im Januar in Stuttgart anzufangen und mich mit meinen Kollegen, von denen ich einige seit damals in Dresden kenne und sehr mag, den Aufgaben zu widmen, die vor uns liegen!

Allen, die mich vielleicht weniger gut kennen und skeptisch werden bei allem, wo “Kirche” draufsteht, sei folgendes versichert: Erstens ist der Kirchentag – besonders bei denen, die ihn organisieren – wahrscheinlich eine der progressivsten Ecken des deutschen Christentums, in der insbesondere die zurecht kritisierten Diskriminierungen von Frauen und Minderheiten keinen Platz haben (im Gegenteil). Zweitens ist Kirchentag so viel mehr, als das, was man auf den ersten Blick vielleicht damit assoziiert. Er ist eben nicht Kirche, sondern Kongress, Treffen, Festival, Messe und Ort des Dialogs – auch für Nichtchristen. Ja, es wird auch gebetet, aber warum auch nicht.

Dass ich mit diesem Schritt dem Film zumindest zu einem gewissen Grad den Rücken kehre, schmerzt mich am meisten, und die Entscheidung ist mir wirklich nicht leicht gefallen. Mit “Close up” und mit der Gestaltung des 3sat- und ZDFkultur-Filmprogramms habe ich viel großartige Zeit verbracht. Ich habe spannende Festivals besucht, persönliche Helden interviewt und einfach sehr viele tolle (und schlechte, aber auch aus denen lernt man) Filme gesehen, die ich ohne diesen Job, der für einen studierten Filmwissenschaftler wirklich ein absoluter Traumjob ist, nie zu Gesicht bekommen hätte.

Aber ich habe auch noch nie im Leben eine Chance ausgeschlagen, mich weiterzuentwickeln und neue Herauforderungen anzunehmen. In diesem Fall ist das erstmals eine Vorgesetztenposition und die einmalige Gelegenheit, einen großen Dampfer wie den Kirchentag endgültig auf die richtigen digitalen Schienen zu setzen. Mit anderen Worten: Ich werfe mich wieder mitten ins digitale Getümmel und bereite mich jetzt schon darauf vor, sehr vielen Leuten zu erzählen, warum das Internet toll ist, selbst im Zeitalter von PRISM.

Meine Leidenschaft für Film bleibt natürlich ebenfalls bestehen. Ich werde hier weiter jede Woche über Filmthemen bloggen so gut ich kann. Ich werde hoffentlich zur Berlinale fahren und mit Sicherheit aufs Trickfilmfestival in Stuttgart. Ich werde weiter gelegentlich für epd Film schreiben und die Kontakte in die Branche, die ich besitze, pflegen. Schließlich dauert so eine Kirchentagsvorbereitung ja auch nur anderthalb Jahre – und wer kann schon sagen, was dann passiert.

Ich hoffe, ihr bleibt mir gewogen. Wir sehen uns.


* Ich meine nicht die Stadt. Das war ein anderes Mal, als ich an einem Tag zu einem Freund sagte, ich wünschte mir mehr Konstanz in meinem Leben und am nächsten Abend ein Mädchen aus Konstanz kennenlernte. Ist leider nichts draus geworden, wäre aber eine super Geschichte gewesen.

In eigener Sache: Gestatten, Matzkeit.

Der Vater meines Vaters kam kurz vor oder während des Zweiten Weltkriegs – so genau weiß ich das gar nicht – als junger Mann von Serbien nach Deutschland. Er hat seinen Namen an seinen Sohn weitergegeben, und der hat ihn an mich weitergegeben. Seit 30 Jahren heiße ich Gajic, ein Name, der von den meisten Leuten weder richtig ausgesprochen (“Gadschick” ist die häufigste Form – ich habe dazu eine komplizierte Theorie, die ich auf Parties gerne erkläre) noch richtig geschrieben wird, obwohl ich ihn immer freundlich buchstabiere (“Gayic” ist sehr häufig, aber am besten war der Brief, der an Herrn Geahjottizeh addressiert war).

Ich will gar nicht jammern. Es gibt wahrlich schlimmere Namen und schlimmere Schicksale, aber ich habe meinen Namen nie geliebt. Ich habe keinen Bezug zu Sprache, Land und Leuten dahinter (er bedeutet übrigens “Wäldchen”), selbst zu meinem Großvater hatte ich nie eine enge Beziehung. Die Buchstabiererei geht mir auf den Wecker, ich mag das Schriftbild nicht (J und I direkt nebeneinander, bäh) und auf Englisch ist der Name noch anstrengender als auf Deutsch – die Assoziationen reichen von Gay bis Garlic.

Am Freitag heirate ich Katharina Matzkeit und ich habe mich entschieden, ihren Namen anzunehmen. “Matzkeit” muss man zwar auch buchstabieren, wenn ihn jemand anders aufschreiben soll, aber wenn ein Deutsch sprechender ihn liest, spricht er ihn in der Regel richtig aus. Ich werde mich in Zukunft nicht mehr rechtfertigen müssen, warum ich nie Kontakt mit meinen serbischen Wurzeln gesucht habe und auf Google nie wieder mit dem amerikanischen Lacrosse-Spieler verwechselt werden (Alexander Matzkeit gibt es nämlich noch nicht). Das Ganze lohnt sich allein schon für jedes Gespräch, das ich geführt habe, in dem ich erklären konnte, warum es keineswegs ein Gott gegebener Standard ist, dass Frauen sich dem Mann angleichen und nicht umgekehrt.

Allerdings veröffentliche ich als Alexander Gajic auch seit guten 14 Jahren Texte. In meinem kleinen, bescheidenen Rahmen ist mir die Markenbildung, von der im Internet immer alle reden, geglückt. Inzwischen kann ich mich Leuten in meiner Branche vorstellen, und der ein oder andere hat schon einmal was von mir gehört (“Sind Sie der Alex Gajic?”). Es kommt für mich trotzdem nicht infrage, meinen Namen einfach zu behalten, denn ich möchte, dass die Eltern meiner zukünftigen Kinder den gleichen Namen haben (das ist noch einmal eine ganz andere Diskussion).

Ich frage mich nur, ob ich ihn vielleicht als Autorennamen behalten sollte. Hier im Blog und auf Twitter, in Artikeln, die mit Film und Medien zu tun haben und in Vorträgen. Alles, was ich beruflich neben meinem Hauptberuf mache, um meine Konsumlust zu stillen. Das würde eine klare Trennung der Sphären bedeuten und eine Kontinuität wahren.

Oder ist es sinnvoller, jetzt einmal den Wandel zu vollziehen und dann nie wieder zurückzublicken? Beziehungsweise, höchstens, um die Geschichte “Wie ich meinen Namen änderte, und warum es bescheuert ist, dass das bei Frauen normal und bei Männern immer noch etwas Besonderes ist” noch ein paar Mal zu erzählen?

Ich habe noch keine gute Antwort auf diese Frage gefunden, aber vielleicht haben das ja andere. Deswegen habe ich mich zu diesem Blogpost entschieden und ich hoffe auf Erfahrungsberichte, Reaktionen, Ratschläge und Gedanken in den Kommentaren. Danke schon mal.

In eigener Sache: Multimediaredaktion des Kirchentages

Wie schon vor zwei Jahren, als ich noch hauptamtlich für den Deutschen Evangelischen Kirchentag gearbeitet habe, habe ich auch dieses Jahr wieder eine der Leitungspositionen in der Multimediaredaktion des Kirchentages. Mit über 50 Studierenden von vier verschiedenen Journalistenschulen bieten wir ab sofort bis Sonntagmittag auf kirchentag.de umfangreiche und natürlich multimediale Berichterstattung über das Hamburger Großereignis. Vorbeischauen lohnt sich.

In eigener “Ansichtssache”

Zwischen zwei Berlinale-Filmen soll nur kurz angemerkt sein: Das Buch Ansichtssache – Zum aktuellen deutschen Film ist in den letzten Tagen erschienen und kann im wohlsortierten (Internet-)Buchhandel erworben werden.

Herausgegeben von Bernd Zywietz und Harald Mühlbeyer, versammelt der Reader eine Vielzahl von Texten, die sich an einer aktuellen Vermessung der deutschen Film- und Kinolandschaft versuchen. Von mir ist ein Beitrag zur Digitalisierung dabei, den ich ja auch im Blog schon einmal angeteasert hatte. Ein Blog zum Buch gibt es auch!

Leider ist der Redaktionsschluss inzwischen schon wieder ein halbes Jahr her und gerade in Sachen Kino-Digitalisierung hat sich inzwischen einiges getan. Vielleicht veröffentliche ich den Beitrag also irgendwann auch hier noch einmal, aktualisiert und überarbeitet. Aber für’s erste existiert er nur in diesem formidablen Buch, das auf keinem Buchregal fehlen sollte!