Meine Fresse habe ich Lust auf Arrival. Es wird Zeit, dass die Welt mal wieder einen SF-Film in der Tradition von Close Encounters und Contact bekommt. Der Teaser Trailer, der unten eingebettet ist, weckt perfekt diese Lust in mir. Er erklärt kurz die Ausgangssituation des Films, zeigt die Hauptcharaktere und die Mission, die vor ihnen liegt, vermittelt einen Eindruck von der Grundstimmung – und bricht dann ab, während ich hier sitze und denke: MEHR! Und das alles in unter einer Minute.
Das vergleiche ich im Kopf gerade mit meinem Kinobesuch von Ghostbusters letzte Woche, wo ich vor dem Hauptfilm die Trailer für Mike and Dave need Wedding Dates, Nine Lives und Bad Moms gezeigt bekam. Drei vermutlich relativ platte Komödien, von denen ich mir aber mindestens zwei allein wegen der involvierten Schauspieler an einem verkaterten Sonntagmittag trotzdem angucken würde, wenn nicht die Trailer so unfassbar blöd gewesen wären. Bei Mike and Dave erfährt man nicht nur die Handlung des 98-Minüters bis sicherlich Minute 50, sondern auch noch mehrere Witze, an denen Handlungswendungen zu hängen scheinen. Warum sollte ich diesen Film noch sehen?
Was Trailer nicht alles sind. Ein Ergebnis der Leak Culture. Ein Showcase für unfertige Effekte. Irreführend und monoton.
Two-Hour Albatross
Der neueste Anti-Trailer-Text ist von Chris Ryan bei “The Ringer” und heißt relativ klar “Stop Watching Movie Trailers“. Unterzeile: “They are broken and they are ruining movies”. Sein Argument: Wenn man einen Film sehen will, geht man eh rein, Trailer hin oder her. Für einen Film, den man sehen will, muss man sich nicht mit Hilfe eines Trailers vorbereiten. Am Ende des Promotion-Laufs, während dem immer mehr Szenen veröffentlicht werden (bei Amazing Spider-Man 2 waren es am Schluss 25 Minuten), ist der eigentliche Film nur noch ein “two-hour albatross hanging around a three-minute trailer’s neck”.
Es gibt eine ganze Schule von Filmschauenden, die sämtliche Marketing-Instrumente im Vorfeld eines Films vermeiden, um ihn möglichst unbeleckt sehen zu können. Andere scheinen Trailer zu wollen, die bereits viel zeigen oder zumindest andeuten. Die es erlauben, sich eine Meinung über den Film zu bilden ohne den Film gesehen zu haben. Die meisten hängen wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Sie haben nichts gegen ein bisschen Aufmerksamkeit und Vorfreude, aber sie wollen den Film auch nicht schon auswendig kennen, bevor sie ihn gesehen haben.
Der Buchstabe tötet
Mit Theologe und Filmfan Stefan Geil habe ich vor kurzem darüber gesprochen, inwieweit Trailer-Analyse, wie sie etwa bei einem Film wie Rogue One losbricht, mit biblischer Exegese zu vergleichen ist. Sein Fazit: Die Praxis kommt einer biblischen Exegese schon sehr nah, “aber Traileranalysen werden dann obsolet, wenn man das fertige Produkt im Kino zu sehen bekommt”. Der Apostel Paulus schreibe: “Der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig” (2. Korinther 3,6) – laut Stefan “eine Absage gegenüber allen, die denken, ein Text dürfe sich in den Augen eines Lesers niemals verändern und keine neuen Bedeutungen entwickeln”. Also: Trailerexegesen sind höchstens temporäre Wahrheiten.
Es gibt Trailer, die sich der Exegese und dem Streit um die temporäre Wahrheit weitgehend entziehen. Jene nämlich, die im Fachjargon nur “Teaser” genannt werden. Kürzer, weniger umfassend als ein ganzer Trailer. Ein Filmchen, das einen nur kitzelt und Interesse weckt und nicht schon den Film als ganzes Produkt verkauft. Wenig Buchstabe, viel Geist. Martin Beck hat das mal so ausgedrückt: Der ideale Fall wäre, wenn eine “Marketing-Kampagne nur noch aus einem Versprechen besteht. Erste Tafel: ‘Lasst euch überraschen’. Zweite Tafel: ‘Im Kino’.” Dem kann ich voll zustimmen. Hasst also nicht den Trailer als solches. Aber schaut ihn besser nur, wenn “Teaser” draufsteht.