Worte zum Wochenende

In ernster Anerkennung dieser charmanten aber deutlichen Kritik des inzwischen abgetretenen ARD-Programmdirektors und Nachwuchs-Talkshow-Gastgebers verleiht das Medienmagazin DWDL.de jetzt jährlich den Goldenen Günter an Personen, Formate und Unternehmen, die ziemlich “ui-jui-jui” waren.

Thomas Lückerath , DWDL.de
// Der goldene Günther 2009 – Das sind die Gewinner

In press screenings, wisecracks are always acceptable. One film, I remember, was produced by a US company with a classy, British-sounding name: Hyde Park Entertainment. When their logo flashed up – bafflingly featuring London’s Tower Bridge, which is miles from Hyde Park – the Daily Mail’s Chris Tookey remarked acidly: “Yes, well, that doesn’t inspire confidence!” Much giggling ensued.

Peter Bradshaw , guardian.co.uk
// When it’s perfectly OK to talk during a film

Leser zu beschimpfen aber ist ebensowenig zielführend wie Mediaagenturen und Anzeigenkunden dafür zu kritisieren, dass die für Werbung im Netz so wenig zahlen. Märkte reagieren in der Regel weder auf Appelle noch auf Drohungen.

Christian Stöcker , Spiegel Online
// Springer-Chef schimpft auf “Web-Kommunisten”

A good reveal will not just happen, but will be the culmination of a series of gestures that draw you in to a state of curiosity, suspense and anticipation. In short, if they’ve spent a lot of money on their biggest selling point, they’re going to make you wait to see it.

Dan North , Spectacular Attractions
// How Special Effects Work #4, The Reveal

Zehn zu Null – Eine Dekade voller Filme: Sunshine (2007)

Dass ich 2007 einen etwas ungewöhnlichen Film als Nummer 1 meines Jahresfilmkonsums festlege, ist kein Zufall. für den ich mich selbst damals schon ein bisschen vor mir selbst rechtfertigen musste. 2007 beendete ich mein Studium der Filmwissenschaft und entschied mich dafür, mein Glück an einer Promotion zu versuchen – über Danny Boyle, den Regisseur von Sunshine, der mir so gut gefallen hatte, dass ich dachte, ich könnte es wagen (warum es nicht geklappt hat, ist eine andere Geschichte).

Tatsächlich aber halte ich Sunshine auch heute noch für einen der besten Science-Fiction-Filme des letzten Jahrzehnts. Er verbindet den “sense of wonder” von Klassikern wie 2001 mit dem psychologischen Schrecken des ersten Alien-Films und er macht das ziemlich gut. Im Kino hat es mich beim Ansehen enorm in den Sitz gedrückt. Seine Schwäche liegt leider im dritten Akt seines Drehbuchs (von Alex Garland). Sobald die Crew der Icarus auf ihren zum Gottesanbeter gewordenen Vorgänger trifft, driftet die Geschichte manchmal etwas auseinander, der finale Kampf erschließt sich dem Zuschauer nur noch sehr spärlich.

Das ändert nichts an den tollen Bildern, sowohl außerhalb als auch innerhalb des Schiffs, der guten Musik und einem Cast, den ich in seiner Zusammensetzung der Original-Alien-Crew durchaus ebenbürtig finde: Cillian Murphy, Michelle Yeoh, Chris Evans, Rose Byrne, Hiroyuki Sanada.

Aber ich würde Sunshine heute nicht mehr als den besten Film des Jahres 2007 bezeichnen. Diese Ehre geht mit Abstand an There Will Be Blood, Paul Thomas Andersons furiose Schlacht um Öl und Wahnsinn, die mich – als ich den Film dann endlich gesehen hatte – doch stark beeindruckt hat und sicherlich länger halten wird als jener andere sehr gute Film, der den Academy Award mit heim nehmen konnte: No Country for Old Men. Sehr clever und sehr gut war auch Zodiac von David Fincher, der von der Award Season ein bisschen vernachlässigt wurde.

2007 war ein Jahr, in dem die unterschiedlichsten Sachen gut waren. Marjane Sartrapis hervorragender Zeichentrickfilm Persepolis zum Beispiel, Robert Thalheims Am Ende kommen Touristen (allein wegen des Titels), aber auch Hairspray und Enchanted, die quietschigsten Bonbon-Filme der letzten Zeit, und Hot Fuzz, der nur ein bisschen zu verquast ist, manchmal.

Tolle Bilder gab es auch bei The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford (mit einem großen Brad Pitt) und bei Across the Universe, der viele geniale Beatles-Arrangements vorweist aber eben leider nur eine Art Nummernrevue ist. Wahnwitzige Bilder zeigte auch 300, der die Technik von Sin City perfektionierte, nicht ohne allerdings den Faschist-O-Meter noch ein paar Rasten weiterzudrehen.

Unter die Haut gingen mir Le Scaphalage et le Papillon (wahnsinnig gut!) und The Kite Runner, bei dessen Steinigungsszene ich im Kino richtiggehend zusammengezuckt bin. Zwei Komödien standen bei den Kritikern 2007 hoch im Kurs und während ich Knocked Up ebenfalls sehr gut fand, nervte mich Juno wegen seiner abgegriffenen Indie-Klischees leider extrem.

Zwei Award-Season-Filme fehlen zum Schluss noch: Ratatouille setzte für mich leider die Serie der schwächeren Pixar Filme fort (an den Haaren Ziehen? Was soll denn der Quatsch?) und Atonement war eine gelungene Romanadaption mit gut geführten und wohl besetzten Schauspielern.

Dieser Beitrag ist Teil 8 der Serie
Zehn zu Null – Eine Dekade voller Filme

Medien in Deutschland

Gemeinsam mit meinen Redaktionskollegen Michael Ridder und Ellen Reglitz habe ich für die aktuelle Ausgabe des Magazins Deutschland, eine Art Deutsche Welle im Printformat, ein paar Zusammenfassungen über die Deutsche Medienlandschaft geschrieben. Von mir stammen die Artikel über Zeitschriften und eigentlich auch der über Social Networks, allerdings ist der Artikel, den ich geschrieben habe, in der veröffentlichten Fassung nur noch in Bruchstücken erkennbar. Über die Änderungen hat leider zu keiner Zeit jemand mit mir gesprochen.

Worte zum Wochenende

[W]hat’s remarkable about the recent wave of industry and academic reports on journalism is the degree to which they consolidate the “new conventional wisdom” in ways that would have seemed insane even a few years ago. In other words, we now kinda-sorta know things now that we didn’t before, and maybe we’re even close to putting some old arguments to bed.

C. W. Anderson , Nieman Journalism Lab
// Next year’s news about the news: What we’ll be fighting about in 2010

A tangled love story? Too many villains? A hero struggling with his demons? Unless I’m mistaken, that sounds just like Spider-Man 3 – a superhero movie legendary in its bloated naffness. We’ve still got six months before Iron Man 2 is released – what’s the betting that we’ll soon start seeing magazines filled with exclusive on-set photos of the excruciating scene where Tony Stark dances around and cooks some eggs with Pepper Potts, or the bit where he grows a new haircut to indicate that he’s turned evil?

Stuart Heritage , guardian.co.uk
// Why I’m starting to worry about Iron Man 2

After years of hype, loads of trailers and TV spots, and an unprecedented pre-release teaser screening in more than 100 theaters, James Cameron’s Avatar opens next Friday with a single question hanging in the air: What in the hell is going on with the blue cat people?

Josh Levin , Slate
// Here Come the Cats With Human Boobs

Bei der publizistischen Begleitung dieses Prozesses, der viel Angst und Ressentiment freisetzt, herrscht ein erstaunliches Einverständnis über eine moralisch grundierte volkspädagogische Perspektive, die bei der Berichterstattung einzuhalten sei. Dass Medien als Transmissionsriemen einer nur diffus umrissenen “Integration” zu funktionieren haben, gilt vielerorts als Leitlinie redaktioneller Praxis.

Heribert Seifert , Neue Zürcher Zeitung
// Aufklärer, Schönredner und Prediger

Zehn zu Null – Eine Dekade voller Filme: Children of Men (2006)

Ich glaube, dass Children of Men einer der unterschätztesten Filme des Jahrzehnts ist, vor allem aber des Jahres 2006 – auch wenn viele Kritiker ihn mochten und lobten, war der Film sowohl an den Kinokassen als auch in der Award Season wenig erfolgreich, und das obwohl er auf so vielen Ebenen begeistert.

Alfonso Cuarons Film enthält einige ewig lange Kameraeinstellungen, deren perfekte Ausführung jedes Filmformalistenherz höher schlagen lassen. Hinzu kommt eine Menge angenehm subtiler Visual Effects und ein so behutsames Design, dass diese Zukunftsvision einfach sehr glaubhaft ist. Man füge außerdem eine Szene mit “In the Court of the Crimson King” hinzu, und man hat mich schon gewonnen.

Viel wichtiger ist aber, dass Children of Men einfach ein verdammt guter Science-Fiction-Film ist, weil er die eigene Gegenwart so gekonnt in die Zukunft spinnt. Aktuelle Probleme wie Terrorismus, Flüchtlinge und rückläufige Geburtenraten greift er (basierend auf dem Buch von P. D. James) auf und schöpft daraus ein Szenario, das er mit großartigen Schauspielern (Clive Owen, Julianne Moore, Michael Caine, Chiwetel Ejiofor, Peter Mullan) bevölkert und das, weil es so realistisch wirkt, sehr beklemmend ist. Sein Realismus zeichnet den Film aus: Die Kampfszenen im Flüchtlingscamp zum Ende des Films hin scheinen eher wie heutige Kriegsszenen vom Balkan oder aus Bagdad. Eingebettet in ein SF-Szenario können sie aber auf eine andere Weise wirken, die nicht so stark die “Von Krieg will ich nichts wissen”-Reflexe triggert.

Zugegeben, der Film krankt stellenweise an den üblichen Problemen: Exposition über die imaginierte Vergangenheit muss möglichst beiläufig in Dialoge eingeflochten werden, was nicht immer gelingt. Manchmal ist seine Bildsprache ein wenig zu symbolträchtig. In der hervorragenden Gesamtheit seiner künstlerischen Vision jedoch kann man darüber hinwegsehen. Ich würde ihn jederzeit wieder zum Film des Jahres ernennen.

2006 war das Jahr der Mexikaner. Neben Cuarons Children of Men begeisterte auch El Laberinto del Fauno von Guillermo del Toro die Menschen (inklusive mir) und Babel kam auch sehr gut an (ich fand ihn etwas zu betulich bemüht). Es war außerdem das Jahr von Martin Scorsese, der nach all seinen großen Historienschinken mit The Departed mal wieder einen geschliffenen, spannenden Thriller hinlegte. The Last King of Scotland gefiel mir ebenfalls vor allem in seiner Drehbuchkonstruktion sehr gut.

Christopher Nolan machte zwischen seinen beiden Batmans ein kleines Meisterwerk: The Prestige, ein gerne übersehener Geheimtipp. Und wo wir gerade bei Geheimtipps sind, Richard Linklaters A Scanner Darkly ist zwar nicht ganz einfach zugänglich – wenn man ihn aber durchdringt, kann man ihn als Freund guter SF eigentlich nur mögen. Ich mochte auch Michel Gondrys Science of Sleep, auch wenn er die Rafinesse seines Vorgängers Eternal Sunshine vermissen ließ. Und ich fand, dass Das Parfum eine solide, gute Arbeit von Tom Tykwer war, die das Buch angemessen auf den Bildschirm übertrug.

V for Vendetta mochte ich damals auch, ich bezweifle allerdings, dass der Film einer zweiten Sichtung standhält – wo wir allerdings gerade bei Explosionen sind: Mission: Impossible III von JJ Abrams wusste dank Philipp Seymour Hoffmann als guilty Pleasure auch zu begeistern ebenso wie der neue Bond Casino Royale wegen seiner vielen frischen Ideen.

2006 bot auch zwei gute Komödien: Little Miss Sunshine und Thank You For Smoking und viel zu viele – und dafür in der Summe umso enttäuschendere – Animationsfilme, allen voran der schwächste Pixar-Film Cars. Auf den Hype um Borat konnte ich dank mangelnder Witzigfindung leider nicht aufspringen und werde es wohl auch nicht mehr.

Half Nelson mit einem tollen Ryan Gosling und einem sehr atmosphärischen Soundtrack von Broken Social Scene bekam ebenso die verdiente Aufmerksamkeit der Academy wie The Queen, dessen eher zurückgenommener Inszenierungsstil ihm allerdings ein wenig das Kinoformat nahm. Und schließlich war da noch der Doppelschuss von Clint Eastwood, Flags of our Fathers und der hochgelobte Letters from Iwo Jima, den ich allerdings leider noch nicht gesehen habe. Das ist dann etwas fürs nächste Jahrzehnt.

Dieser Beitrag ist Teil 7 der Serie
Zehn zu Null – Eine Dekade voller Filme

Aus den Schatten – Ninja Assassin

USA 2009 Regie: James McTeigue. Buch: Matthew Sand und J. Michael Straczyski. Kamera: Karl Walter Lindenlaub. Produktion: Joel Silver, Andy Wachowski, Larry Wachowski, Grant Hill.
Mit: Rain, Naomie Harris, Ben Miles, Shô Kosugi, Randall Duk Kim.
Länge: 99 Minuten.
Verleih: Warner Bros.
Kinostart: 10.12.2009

Bei manchen Filmen ist sie schwer zu erkennen, die Grenze zwischen „schlecht“ und „so schlecht, dass es wieder gut ist“. Der neueste Streich aus der Talentschmiede der Wachowskis, NINJA ASSASSIN, scheint jeweils einen Fuß fest auf jeder Seite dieser Grenze zu haben. Da gibt es angenehm selbstironische Szenen, in denen eindeutig klar wird, dass Regisseur James McTeigue (V FOR VENDETTA) gar nicht versucht hat, einen ernsthaften Film abzuliefern, die dann allerdings im allgemeinen Chaos der leider nicht immer guten Kampfszenen wieder in Vergessenheit geraten.

Der im Internet gerne ausgetragene Kampf, wer jetzt eigentlich mehr „Awesomeness“ auf dem Kasten hat, Piraten oder Ninjas, wird in NINJA ASSASSIN jedenfalls klar zugunsten der Ninjas entschieden: Ninjas sind im Schatten grundsätzlich unsichtbar und so schnell, dass ihre Opfer gar nicht wissen wie ihnen geschieht, bevor sie in Scheiben zerschnetzelt werden. Das ist natürlich ziemlich „awesome“, vor allem wenn dazu noch eine gehörige Dosis computeranimiertes Blut in hübschen Rorschach-Tests auf den Fußböden der Kampfplätze verteilt wird. Überhaupt versucht McTeigue die Effekte seiner trashigen Vorbilder quasi nahtlos ins Computerzeitalter zu übertragen, was ihm über weite Strecken auch recht gut gelingt. Das Videospiel zum Film ist darüberhinaus, wie so häufig im modernen Actionfilm, schon 1:1 in den Kampfszenen-Levels angelegt, so dass eine Übertragung auf Konsolen und PCs nicht schwerfallen dürfte.

Das Spektakel bestreiten diverse Mitglieder aus der Wachowski-Film-Familie, darunter der japanische Popstar Rain in seiner ersten englischsprachigen Hauptrolle (vorher schon in SPEED RACER zu verorten) und Ben Miles als zwielichtiger Europol-Agent, der McTeigue-Fans auch schon aus V FOR VENDETTA bekannt vorkommen dürfte. Als taffe Frau darf zusätzlich Naomie Harris (28 DAYS LATER, PIRATES OF THE CARIBBEAN) antreten. Das Trio jagt vom Fördergelder-Standort Berlin aus einem martialischen Auftragskiller-Ninja-Clan nach, der seine Zöglinge klaut und mit brutalen Methoden zu den perfekten Todesmaschinen ausbildet, was in Rückblenden ausführlich gezeigt wird. Die Geschwindigkeit der Ninjas diktiert dabei einen schnellen Schnittrhythmus, der dadurch dem Martial-Arts-Gefuchtel natürlich manchmal auch ein wenig seine Wirkungskraft nimmt.

NINJA ASSASSIN lässt während seiner Handlung wenige Klischees aus, auch für unheilsschwangere Sätze wie „Diese Untersuchung ist reine Routine“ und „Du kannst ihm vertrauen, er ist einer von den Guten“ ist er sich nicht zu schade. Weil das aber eigentlich nur gewollt sein kann, fällt es schwer, sich darüber wirklich zu ärgern. Enttäuschend ist eigentlich lediglich das Finale, dem es nicht gelingt, der vorher aufgebauten Erwartungshaltung für den klassischen Kampf zwischen Meister und Schüler gerecht zu werden. Vor allem dann, wenn der Meister von 80er-Ninjalegende Shô Kosugi gespielt wird. So gelingt der Generationenwechsel im Genre leider nicht ganz.

erschien zuerst bei Screenshot Online

Worte zum Wochenende

Der Streit um Brender bestätigt, wie froh wir sein können, große private Medienunternehmen als Korrektiv zu den öffentlich-rechtlichen Medien zu haben.

Bernd Buchholz , im Interview mit der Rheinischen Post
// “Für Online-Medien zahlen”

The DVD box set is the newest and most terrifying form of ritualistic abuse we inflict on one another. In the past, a sick person received unwanted hardback books, but these days when someone is laid up with an illness, they are buried beneath an avalanche of DVD box sets containing hundreds of hours of television series.

Grady Hendrix , Slate
// Boxed InGiving someone a TV series on DVD is like giving them a life sentence

Unter den taz-Leserinnenbriefen ragte dieser Tage das Schreiben von Monika Krause aus Neuss hervor. Sie regte an, “journalisten zu motivieren, den vakanten chefredakteursposten von herrn brender beim zdf nicht zu besetzen”. Na, das nenn ich doch mal eine Idee! Und eine Haltung! Und weil es in diesen Tagen so wenig davon gibt, gehe ich jetzt mal mit gutem Beispiel voran und solidarisiere mich: Ich verzichte auf den Posten.

Silke Burmester , taz
// Wie ein wildes “Stierchen” oder: Die Hessen sind schuld

Ist das nicht lustig? Wieviele “Plattformen” die ARD noch braucht, um dort dann doch keine Nachwuchsförderung zu betreiben?

Peer Schader , Fernsehblog
// Einsfestival? Das liegt hier noch so rum

Zehn zu Null – Eine Dekade voller Filme: King Kong (2005)

King Kong war der lang erwartete Nachfolger von Peter Jacksons Herr der Ringe-Trilogie, auf den die Fans zwei Jahre warten mussten (das Jahr dazwischen wurde zum Glück durch die Extended Edition von Return of the King überbrückt. Und wie schon seine Vorgänger-Epen kam auch dieses 165-Minuten-Werk kurz vor Weihnachten in die Kinos. Angesteckt vom positiven Hype durch die Production Diaries im Web und nicht zuletzt wegen der Empfehlung eines Freundes kürte ich diesen gerade gesehenen Film dann am 30. Dezember zum Film des Jahres.

Vier Jahre später ist die Vorstellung schwer, dass King Kong dieses Schicksal noch einmal ereilen könnte. Im Gegensatz zur vorausgehenden Fantasy-Trilogie ist der Film über den großen Affen eher untergegangen, die Kritik warf ihm hauptsächlich vor, für sein Thema zu lang zu sein und sie hat recht. Schaut man sich King Kong heute noch einmal an (wie ich es vor kurzem getan habe), fällt überdeutlich auf, wie sehr sich Peter Jackson in seinem Epos über eine eigentlich sehr simple Story in Nebenhandlungssträngen und Action-Setpieces versteigt. Die 1933er-Version der Geschichte, auf die der Film basiert, glänzt wahrscheinlich gerade dadurch, dass sie die ganzen Monsterszenen auf Skull Island eher im Hintergrund andeutet, statt sie auf gefühlt halbstündige Sequenzen auszudehnen. Und auch, dass man nicht jedes Kindheitstrauma der Crew des Schiffes erfährt, muss nicht unbedingt ein Nachteil sein.

King Kong ist zu sehr ein “Schau mal was wir können”-Film, und so gerät seine wahre Größe etwas in den Hintergrund. Die ist nämlich nach wie vor vorhanden: Jackson gelingt es, wie schon mit Gollum, einen emotionalen Bezug zu einer computergenerierten, hier sogar sprachunfähigen, Kreatur aufzubauen, der die Zuschauer wirklich packt. Besonders die Abschlusssequenz auf dem Empire-State-Building hat trotz ihres artifiziellen Charakters eine enorme emotionale Wucht, die auch am Ende der Dekade noch sehr rührend ist. Hätte sich der Film mehr darauf konzentriert, statt sich endlos mit Dinosauriern und ekligem Wurmvieh herumzuschlagen, wäre er vielleicht auch insgesamt besser weggekommen.

Insgesamt gesehen war 2005 kein ganz so starkes Jahr für die “großen” Filme, wie das Jahr zuvor. Bei den Oscars dominierten gute, aber auf lange Sicht vermutlich auch vernachlässigbare Biopics wie Walk the Line und Capote und Filme mit Indie-Anmutung, die in den Wogen der Zeit vermutlich eher Geheimtippstatus behalten werden. Zwei meiner Favoriten, die King Kong dann in einer späteren Phase auch noch vom Thron stießen waren George Clooneys Good Night and Good Luck, der durch seine sachliche Erzählweise und seine bestechende Ästhetik zugleich fesselt und bezaubert und der kaum bekannte The Squid and the Whale von Noah Baumbach, der mich im Kino tief bewegte – und nicht nur, weil ein Pink Floyd Song darin vorkommt.

Was die Sommerblockbuster angeht, so begeisterte Spielbergs War of the Worlds zwar mit tollen Bildern, erschien aber in seiner Inkonsequenz am Schluss doch etwas zu weichgespült. The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy war lustig und schräg, kam aber wie schon so oft zuvor nicht an das Buch heran, Harry Potter and the Goblet of Fire kam einfach an seinen Vorgänger nicht heran, und Batman Begins war zwar gut, aber noch meilenweit vom letztendlichen Einschlag seiner Fortsetzung entfernt.

Neben Tim Burtons guter aber nicht großartiger Adaption von Roald Dahls Charlie and the Chocolate Factory war es vor allem noch ein Film, der 2005 einen nachdrücklichen Eindruck bei mir hinterließ und bei dem ich mich nach wie vor nicht mit mir einigen kann, ob er faszinierend oder abstoßend ist. Robert Rodriguez’ Sin City gelang es, einen neuen ästhetischen Stil zu schaffen, die Live-Action-Graphic-Novel in vollkommen synthetischen Sets, der später von 300 perfektioniert wurde. Die beeindruckende Ästhetik des Films wird allerdings konterkariert durch eine Orgie an sinnloser Gewalt, faschistoider Grundhaltung, Misogy- und Zynismus, der ich bis heute nicht viel abgewinnen kann. Interessanterweise wurde Sin City auch in der breiten Masse weniger wahrgenommen als zwei Jahre später 300, der allerdings (da er auch auf einer Frank-Miller-Vorlage basiert) natürlich die gleichen Probleme hat.

Dieser Beitrag ist Teil 6 der Serie
Zehn zu Null – Eine Dekade voller Filme

Schön Schief (1)

Aus einer Pressemitteilung von Mediareports und Prognos zur Entwicklung des Digitalradios im deutschsprachigen Raum:

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass langfristig die technische Konvergenz ein eigenes Radioübertragungssystem obsolet macht – Radio wäre dann wie auch das Fernsehen mit IPTV einfach internetbasiert. Teilen der Branche mag es deshalb verlockend erscheinen, die Phase der “Digitalen Eigenständigkeit” einfach zu überspringen und dann sozusagen erst am Endbahnhof des Zuges zuzusteigen.

(Quelle, Hervorhebung von mir)

Als ich das letzte Mal am Endbahnhof in einen Zug zusteigen wollte, wurde ich grummelig vom Zugführer angemotzt. Denn schließlich fuhr der Zug dann nicht mehr weiter (und sollte gereinigt werden) – aber irgendwie habe ich das Gefühl, das ist es nicht, was die Studienautoren meinen.

Meine Kollegin erinnerte das Bild auch hieran.

Hyperantrieb

Andy Newman, der Autor des “About”-Artikels bei “The Local”, nennt sein Projekt liebevoll “unser großes kleines Experiment”. Er schreibt: “The Local wird ein ruhmreicher, wenn auch kakophoner Chor eurer Stimmen sein, die das Lied des Lebens in diesen erstaunlich abwechslungsreichen und lebhaften Vierteln singen.”

Eine großspurig anmutende Prophezeiung, die man aber nicht vollständig als Spinnerei abtun sollte. Mit den “Local”-Blogs, eins für die kulturell vielfältigen Bezirke Fort Greene und Clinton Hill im New Yorker Stadtteil Brooklyn und eins für die drei Bezirke Maplewood, Millburn und South Orange auf der anderen Seite des Hudson River in New Jersey, hat die altehrwürdige “New York Times” zwei mutige Schritte gleichzeitig in die vernetzte Zukunft gemacht. Weiterlesen…

erschienen in epd medien 92/09