Worte zum Wochenende

Google trägt einen erheblichen Anteil daran, dass Medien die Klammer um ihre Inhalte verlieren. (…) In einer Zeitung kann ja auch mal ein schwacher Artikel stehen, der schadet nicht unmittelbar dem Gesamtprodukt. Im Netz müssen Medien mit jedem Stück, das dort draußen weitergereicht wird oder über Suchmaschinen zu finden ist, ihr Markenversprechen einlösen.

Björn Sievers , Carta
// Google und die Medien – ein paar Gedanken und Thesen

Ich gebe zu, es gibt nur wenig Schönes dieser Tage. Aber ich mache das einfach wie Tom Buhrow, der, egal welche Hiobsbotschaft er verbreiten muss, breit grinst wie ein bekifftes Milchbrötchen.

Silke Burmester , taz
// Wenn Kinder quengeln, verbünden sich die Papis

At its heart, in a chair, is NERO, a ruthless baddy who not only indirectly killed KIRK’s dad, but also dragged SPOCK through a time portal and made him look like Leonard Nimoy.

Paul McInnes , The Guardian
// Star Trek: boldly going where no hot young body has gone before

Wenn ich heute irgendwo einkaufen gehe, schaue ich mir zwar gerne die Dekoration des Ladens an, rechne aber jetzt nicht gleich nach, was sie gekostet haben könnte, um danach sofort zu beginnen, den armen Inhaber zu bedauern. Natürlich ist Journalismus kein Süßigkeitenladen, dennoch: der ökonomische Vorgang ist erst einmal der gleiche, spätestens dann, wenn es ums Bezahlen geht.

Christian Jakubetz , JakBlog
// Denken hilft zwar…

Zehn zu Null – Eine Dekade voller Filme: Finding Nemo (2003)

2003 schaffte es zum ersten Mal in diesem Jahrzehnt ein Animationsfilm an die Spitze meiner Jahrescharts. Und vermutlich würde ich ihn jederzeit wieder dorthin setzen, denn Finding Nemo gehört bis heute zu den Filmen, die ich am häufigsten gesehen habe – nicht ohne Grund. Der Film ist ein Powerhouse an Witz, Design und Story, wie es auch unter den besten Unterhaltungsfilmen selten ist.

Das war keinesfalls Liebe auf den ersten Blick. Ich glaube, erst beim dritten Sehdurchgang hatte ich den Film so richtig ins Herz geschlossen. Weil ich immer noch, oder sogar noch mehr, über die Gags lachen konnte und weil ich immer noch narrative Details entdeckte, die mich beim ersten Sehen einfach erschlagen hatten. Die ganzen Anspielungen auf australische Stereotypen beispielsweise; die Ansammlung von psychischen Problemfällen im Aquarium von P. Sherman (42 Wallaby Way, Sydney); die vielen kleinen brillanten Ideen in der Gestaltung von Nebencharakteren und in der Ausschöpfung der Unterwasserwelt.

Die einfache Geschichte von einem kleinen Clownfisch, der entführt wird und von seinem überängstlichen Vater gesucht wird, springt dabei über so viele Steine, dass es eine reine Freude ist. Im klassischer Questenmanier bekommt Vater Marlin einen Helfer zur Seite und roadmoviet sich von Station zu Station: Scharadige Schwarmfische, Quallenwald, Schildkröten, Wal, Pelikane. Währenddessen hat der im Aquarium gelandete Nemo ganz andere Probleme: Er muss verantwortliches Handeln lernen und einem tödlichen Schicksal entrinnen. Das ganze kulminiert im vielleicht einzigen etwas zu kitschigen Moment des ganzen Films – wenn dann eigentlich alle vereint sind, es aber noch eine letzte Hürde zu nehmen gilt und das gelernte angewendet werden muss. Zum Glück folgt dann kurz darauf der Epilog, der zur alten Leichtigkeit zurückfindet.

Finding Nemo hat als erster Pixar-Oscarpreisträger bisher seinen Fisch gestanden. Trotz seiner vielen Abschweifungen in der Story, hält alles zusammen – ist nicht so zerfasert wie die beiden Brad Bird-Werke The Incredibles und Ratatouille. Und ebenso wie das spätere Stanton-Werk Wall*E kommt Nemo eigentlich ohne Bösewicht aus. Der Antrieb der Figuren, den Plot voran zu treiben, stammt aus ihnen selbst.

2003 war natürlich auch das Jahr in dem ein Film, zumindest in der Award Season, alles überschattete. Der Abschluss der Lord of the Rings-Trilogie, The Return of the King hat zwar von den drei Filmen den meisten emotionalen Oomph, besteht aber gleichzeitig zu großen Teilen (wie schon The Two Towers) aus Kampfspektakel und FrodoSamGollum, die sich durch die Wüstenei schleppen. Das kann auf drei Stunden gesehen dann auch irgendwann ein bisschen anstrengen.

Und 2003 war auch ein gutes Jahr für kleinere Filme, die immer noch in meinem Gedächtnis sitzen. Elephant zum Beispiel, von Gus van Sant. Oder Herr Lehmann, mit Detlev Buck und Christian Ulmen wohl die perfekte Bebilderung von Sven Regeners kratzigem Roman. Lost in Translation, allerdings, der Indie-Hit des Jahres ist auch bei wiederholtem Sehen nicht wirklich an mich gegangen. Im Gegensatz zu 21 Grams – denn damals war das Inarritu-Prinzip noch nicht so ausgelutscht. Auch Dogville gehört mit seiner Zerstörung der Illusionskunst des Films zu den besten Filmen des Jahres. Kill Bill Volume 1 wiederum nicht – hier ist die Gewalt noch zu sinnlos und gewinnt erst durch die Vollendung der Saga einen Sinn.

Außerdem gab es noch die Fortzsetzungen der Matrix. Aber sich darüber zu beschweren, könnte ein eigenes Blog füllen.

Dieser Beitrag ist Teil 4 der Serie
Zehn zu Null – Eine Dekade voller Filme

Rezension: Mathias J. Ringler, Die Digitalisierung Hollywoods

Mathias J. Ringler: Die Digitalisierung Hollywoods: Zu Kohärenz von Ökonomie-, Technik- und Ästhetikgeschichte und der Rolle von Industrial Light & Magic. Konstanz: UVK, 2009. 187 Seiten, € 24,00

Ein hehres Ziel hat sich Mathias J. Ringler mit seiner Doktorarbeit gesetzt: Er will die Digitalisierung Hollywoods beschreiben, in der Kohärenz von Ökonomie-, Technik- und Ästhetikgeschichte mit besonderer Berücksichtigung der Rolle der wohl bekanntesten Visual-Effects-Schmiede Hollywoods, Industrial Light & Magic (ILM). Die “Trias”, wie er sie nennt, von Wirtschaft, Technik und Ästhetik, die er aus dem Standardwerk “Film History” von Robert C. Allen und Douglas Gomery zieht, ist ihm extrem wichtig: immer wieder weist er darauf hin und bezieht die Begriffe in seine Kapitelüberschriften mit ein. Und sie ist mit Sicherheit der richtige Ansatz, denn anders als in der Zusammenwirkung dieser drei Faktoren lässt sich nichts in der Kunst-Industrie des Films ausreichend erklären. Umso tragischer ist es, dass Ringler mit seinem Buch, einer Doktorarbeit an der Uni Erlangen-Nürnberg, keinem der drei Faktoren gerecht wird.

“Die Digitalisierung Hollywoods” scheitert maßgeblich auf zwei Ebenen. Ihr erstes Scheitern besteht darin, dass sie ihrem akademischen Anspruch kaum gerecht wird. Ringler schlägt einen weiten Bogen, will seine Ausführungen über Digitalisierung bis in die Anfänge Hollywoods zu Beginn des 20. Jahrhunderts zurückverfolgen, doch er bleibt dabei stets so nah an der Oberfläche, dass sich seine Arbeit zeitweise eher liest wie ein Sprechzettel für einen Politiker, der gebeten wurde, eine Rede zur Digitalisierung zu halten.

Entschuldigungen dafür gibt es auf gerade mal 161 Seiten (ohne Anhänge) genug: Immer wieder weist Ringler darauf hin, dass es den Rahmen seiner Arbeit sprengen würde, wenn er tiefer in ein Thema einsteigen würde. Die Entschuldigungen können jedoch keine Erklärung dafür sein, dass er für viele Themenbereiche mit nur wenigen Quellen arbeitet und bevorzugt diejenigen zitiert, die allenfalls einen groben Überblick über das Thema bieten, beispielsweise Röwekamps “Schnellkurs Hollywood” zum Thema “New Hollywood”. Einen Abriss über die ökonomische Funktionsweise des klassischen Hollywoodkinos geben zu wollen, sogar mit Bezug auf die von Allen und Gomery beschriebene “Great-Man-Theory”, ohne Thomas Schatzens wegweisendes Werk “The Genius of the System” auch nur zu erwähnen, scheint schlicht unmöglich, Ringler macht es trotzdem. Das New Hollywood besteht in seinem Buch maßgeblich aus dessen Anfängen (Bonnie und Clyde, The Graduate) und dann aus Spielberg und Lucas. Dass es weniger die späteren Blockbuster-Erfinder Spielberg und Lucas waren, die der wichtigsten Erneuerungswelle des amerikanischen Kinos ihren Stempel aufdrückten, als vielmehr Francis Ford Coppolas Firma Zoetrope (Immerhin: Der Pate wird erwähnt) und Regisseure wie Martin Scorsese, Peter Bogdanovich und Hal Ashby, scheint Ringler keine Erwähnung wert.

Bei der Beschreibung der Auswirkungen der Digitalisierung des Films lässt der Autor bahnbrechende Techniken außen vor. Den “Digital Intermediate Process” (DI) des Color Gradings beispielsweise, den inzwischen fast jeder Film durchläuft, erwähnt er ebenso nur im Vorbeigehen, wie die Demokratisierung von Produktionsprozessen und die neue Qualität des Dokumentarfilms durch HDV und die Veränderungen in der Schnittästhetik durch nonlinearen digitalen Schnitt. Für eine Doktorarbeit, die sich einen so umfassendes Ziel setzt, kann das nicht genügen. Das von Ringler ausgiebig zitierte Buch Film und Computer von Almuth Hoberg, obwohl inzwischen zehn Jahre alt, bietet nach wie vor einen wesentlich fundierteren Überblick über das Thema in seiner Gesamtheit.

Den Werdegang und den Einfluss von ILM, den Ringler als eine Art Fallstudie in den Kern seiner Ausführungen stellt, beschreibt das Buch noch am besten, doch auch hier hat es klare Defizite. Dies wird vor allem dadurch begründet, dass als Quellen über die Arbeit des Unternehmens aufgrund dessen Kommunikationsstrategie eigentlich nur Propagandamaterial und kaum “objektive” Quellen zur Verfügung stehen. Doch auch hier können DVD-Dokumentationen, Audiokommentare und der Rest des Panoptikums, der inzwischen an Material über Visual Effects – gerade zu wichtigen ILM-Filmen wie Terminator II oder die Star Wars-Saga – zur Verfügung steht, Anhaltspunkte zumindest für die ästhetische Analyse bilden. Bei der Lektüre des Buchs entsteht der Eindruck, dass der Autor eigentlich nicht weiß, wie die Arbeit an Visual Effects wirklich vonstatten geht – stattdessen lässt er sich allzu oft von der zuvor kritisierten Propaganda blenden, schreibt bewundernd über Rechnerkapazitäten und die tolle Arbeitsatmosphäre auf der Skywalker Ranch.

Das zweite Problem des Buchs ist seine Struktur. Obwohl sich Ringler Mühe gibt, seine Kapitel jeweils unter einem der Aspekte seiner Trias zu subsummieren, gelingt das in den seltensten Fällen. Die Abschnitte handeln oft erstaunlich unstringent von dem, wovon sie handeln sollen, stattdessen werden große Teile des Textes darauf verwandt, auf vorhergehende oder noch folgende Ausführungen zu verweisen, was den Leser unnötig verwirrt. Eine klarere Struktur, die alle Aspekte eines Themas Stück für Stück abarbeitet, hätte deutlicher machen können, worauf der Autor eigentlich wirklich hinaus will.

Allein, auch das wird bei der Lektüre von Ringlers Arbeit nur äußerst unzureichend klar. Seine Schlussfolgerungen bestehen häufig aus einem unglaublich vagen “Alles verändert sich”. Was sich konkret verändert hat seit 1975 – und was sich noch verändern könnte – bleibt gerade innerhalb der Trias sehr nebulös, zu handfesten Zahlen und Statistiken, die die Veränderungen beispielhaft beziffern könnten, greift der Autor nur selten.

Schließlich und endlich ist “Die Digitalisierung Hollywoods” anscheinend nur notdürftig lektoriert worden. Einige Teile des Buchs scheinen aus dem Jahr 2004 zu stammen und wurden nur flüchtig aktualisiert, so ist an einer Stelle von den “fünf bisher produzierten ‘Star Wars’-Filmen” (es sind seit 2007 sechs) die Rede. Hinzu kommen Erbsenzähler-Fehler wie eine falsche Schreibweise von Jar Jar Binks und eine manchmal etwas kreative Zeichensetzung, die aber auch dazu beitragen, dass der Gesamteindruck des Buches sich nicht verbessert. Schade eigentlich, denn von einem gerade in der Filmwissenschaft oft herausragenden Verlag wie UVK ist man eigentlich Besseres gewohnt.

Diese Kritik erschien erstmals bei Screenshot – Texte zum Film. Als Anmerkung sei gestattet, dass Mathias J. Ringler mich in seinem Buch zitiert und meine Meinung als “treffend” bezeichnet. Dadurch fühlte ich mich geschmeichelt, aber leider nicht besänftigt.

Eine Metapher für den neuen Journalismus

Ich bin der festen Meinung, dass sich das Berufsbild von Journalisten durch den Medienstrukturwandel stark verändern wird. Ich sehe das nicht negativ, auch nicht unbedingt euphorisch, aber ich glaube, dass es passieren wird. Seit Wochen suche ich nach einem geeigneten Vergleich. Nachdem ich heute Björn Sievers’ Artikel bei Carta gelesen habe, kam mir endlich eine Idee. Ich weiß nicht, ob sie hundertprozentig funktioniert und bin für Verbesserungsvorschläge natürlich zu haben.

Ich glaube, dass die Zukunft des Journalismus so aussehen könnte wie die der Musikindustrie – zum Teil ist sie das auch bereits (und immer schon gewesen). Die Produktpalette – und die Art und Weise, wie diese Produkte an den Nutzer kommen – wird sich sehr breit auffächern, noch breiter als bisher. Obwohl es Majors geben wird, wird es auch eine unüberschaubare Anzahl unabhängiger, kleiner Anbieter geben, deren Vertriebswege aber natürlich eingeschränkt sind.

Wie in der Musik auch, gibt es im Journalismus drei Kernprodukte: Den einzelnen guten Artikel (die Single), die Sammlung mehrerer guter Artikel aus einem Haus, auch Zeitung oder Zeitschrift genannt (das Album) und die Mischung mehrerer guter, zurzeit gerade populärer Artikel aus verschiedenen Häusern durch Aggregatoren (den Sampler). Aber während das Album früher die Haupt-“Währung” war*, gibt es wieder eine Entwicklung hin zur Single, zum einzelnen Song, der ein bestimmtes Publikum interessiert und der wahrgenommen wird.

Mein Vergleich schließt auch mit ein, dass viele Journalisten – ebenso wie viele Musiker – nicht mehr unbedingt von ihrer Arbeit leben werden können und andere Dinge machen müssen, um sich über Wasser zu halten. Das entspricht ja auch der Tatsache, dass die meisten Blogger nicht vom Bloggen leben, sondern es als Hobby in ihrer Freizeit betreiben.

Wichtig ist die Rolle der Aggregatoren, der Sampler. Sehr viele Menschen gehen durch die Welt ohne jemals das Album eines Künstlers zu kaufen, sie kennen nur die Songs aus dem Radio (einzelne Artikel, die ihnen jemand über Social Media empfiehlt) und die aktuelle Bravo Hits oder Kuschelrock (Aggregatoren, die das “Beste” sammeln und mundgerecht präsentieren). Es reicht ihnen. Mit dem Medienkonsum ist es doch ähnlich. Bei einer Tageszeitung würde ich sofort auch auf den Sportteil verzichten, den lese ich eh nie.

Und genauso wie in der Musik, könnte es in Zukunft auch in den Medien wesentlich mehr One-Hit-Wonder geben. Medien, die einmal einen Coup landen, dann viele Klicks bekommen und danach wieder an Bedeutung verlieren. De facto ist das ja jetzt bereits der Fall. Und nur die, die über einen langen Zeitraum hinweg mit Songs UND mit Alben die Massen begeistern können, werden wirklich erfolgreich. Allerdings wird die Eintrittsschwelle niedriger. Theoretisch könnte ich morgen ein neues Medium gründen und damit in einem Jahr erfolgreich sein, wenn ich entdeckt werde und gut bin.

Hm. Vielleicht hinkt der Vergleich doch ein bisschen zu sehr, er sei als Work in Progress betrachtet. Vielleicht ist Ökosystem doch die bessere Metapher.

Wichtig sind mir folgende Punkte:
1. Der Trend geht hin zum einzelnen wichtigen Artikel statt zur Artikelsammlung.

2. Die Bedeutung von Aggregatoren ist nicht zu unterschätzen. Sie sammeln und sortieren für die zurecht faulen Endverbraucher.

3. Eigentlich ist das immer schon so gewesen – Journalisten haben in Redaktionen Nachrichtenagenturen und die Berichterstattung der Konkurrenz ausgewertet, um daraus ein Aggregat zu schaffen. Aber diese Aufgabe verschiebt sich um eine Ebene.

4. Das könnte mehr freie Journalisten und mehr Hobby-Journalisten bedeuten.

Wer aufmerksam liest, dem ist sicherlich aufgefallen, dass ich bisher Geld noch nicht erwähnt habe. Der Grund dafür ist einfach: Ich weiß nicht, wo Geld in dem Ganzen auftauchen soll. Ich wäre bereit für gute Einzelartikel (Einzelpreis) und gute Aggregate (Abopreis) zu zahlen. Allerdings nicht die enormen Summen, die immer genannt werden. Maximal 5 Cent pro Artikel, maximal zehn Euro für ein Abo – ungefähr die Hälfte des Preises eine Zeitungsabos, denn ich muss ja kein Papier und keine Logistik mehr mitbezahlen.

* mir ist durchaus bewusst, dass Singles die Ursprungs-Währung der Musikindustrie waren, bevor Alben Ende der Sechziger an Bedeutung gewannen.

Kritik an Bauprojekt der MABB in Babelsberg

Der Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) Lutz Hachmeister und der Berliner Grünen-Politiker Volker Ratzmann haben den Bau eines Medienkompetenz- und Ausbildungszentrums durch die MABB in Potsdam-Babelsberg kritisiert. Ratzmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Berliner Senat, sagte dem epd am 12. November, bei dem Bauprojekt handle es sich um das “Verprassen von 6 Millionen Euro durch die MABB”.

Er wünsche sich für die Hauptstadtregion eine sinnvollere Ausgabe von Geldern, sagte Ratzmann, beispielsweise indem man Internetkompetenz fördere. Hachmeister sagte, seiner Meinung nach sollten Behörden der Medienregulierung nicht Bauträger sein. Für das Zentrum wurde am 13. November der Grundstein gelegt. Weiterlesen…

erschienen in epd medien 90/09

Real Virtuality löst das Nachwuchsproblem von Grundy

Was fällt an diesem Zitat in der Berichterstattung über Ute Biernat auf?

“Die Nachwuchsarbeit wird total vernachlässigt, sowohl vor als auch hinter der Kamera. Da findet nichts statt”, beklagt die Produzentin, die unter anderem Sendungen wie “Deutschland sucht den Superstar”, “Das Supertalent” oder die jüngst bei Sat.1 gefloppte Tanz-Sendung “Yes, we can dance” verantwortet.
(Interview in der “SZ”, Zitat von dwdl.de)

Hier beklagt die Macherin von Nachwuchs-Suchformaten, dass es keinen Nachwuchs gibt. Dabei ist die Antwort doch denkbar einfach: “Deutschland sucht den Superredakteur” bzw. “Der Super-Sendungsmacher”. Sobald man etwas als Castingshow inszeniert löst man doch direkt alle Nachwuchsprobleme in einem Sektor – über einen Mangel an Sängern, Freakshow-Künstlern, Eltern und Models kann sich die Branche inzwischen vermutlich nicht mehr beklagen.

Hm. Oder müsste Frau Biernat in so einem Fall vielleicht zugeben, dass diese Art von Shows gar nicht wirklich qualifizierten Nachwuchs heranzüchten, sondern nur ein paar mediale Witzfiguren, die von den Medienpartnern und vom konsumwilligen Publikum einige Wochen gehypt werden um dann wieder vergessen zu werden und in der F-Prominenz zu vergammeln?

Worte zum Wochenende

ein zeitungsportal in dem man alle wichtigen publikationen des landes fände, mit einer überragenden suchfunktion und bedienoberfläche, für sowas könnte durchaus ein markt bestehen. nur was machen die deutschen verlage (wahrscheinlich)? sie zimmern sich eigene portale mit komplizierten bezahlvorgängen, grausamer benutzerführung zusammen und verlangen mondpreise dafür.

Felix Schwenzel , wirres.net
// kostenloskultur?

In one moment, a very successful mogully man was slack-jawed in amazement at how little money – “$50,000!” – one of three entrepreneurs had used to start another fast-growing enterprise. The big man thinks big – that’s what made him big. The small guys think small and get big by using existing platforms and depending on their users to like and market them. To the new guys, it’s so obvious.

Jeff Jarvis , Buzzmachine
// The Future of Business is in Ecosystems

Ich bin an sich keine hämische Person, aber immer sehr an der Zukunft interessiert. Daher würde ich gern wissen, was die GQ-Moderedakteure machen, wenn ihr gedrucktes Heft im nächsten Jahr eingestellt wird. Mein Versöhnungsvorschlag: ein “Worst dressed”-Blog. Ich helfe ihnen gern, es aufzusetzen.

Sascha Lobo , im Interview mit „The Closet“
// Wie ein Kätzchenfoto im Internet
[via saschalobo.com]

Den acht Millionen Lesern der Zeitung entsprechen acht Millionen Page Impressions im Netz. Da der TKP für solche ‚mittelgroßen’ Onlineangebote (das sind Seiten, die zwischen einer und 100 Millionen PIs pro Monat erzielen) bei 2,50 Euro liegt, kostet eine vergleichbare Internetanzeige 8.000 TKP x 2,5 Euro = 20.000 Euro. Das ist ein Sechstel des Printpreises (wobei anzumerken ist, dass der TKP bei Webseiten, die weniger als eine Million PIs erzielen, sogar auf 50 Cent und darunter sinken kann. Solche Seiten kommen dann auf Werbeumsätze von 150 oder 200 Euro im Monat!).

Wolfgang Michal , Carta
// Warum sind Leser von Zeitungen 6 mal so wertvoll wie Leser im Netz

Clash of the Titans – Der grobe Unfug geht weiter

Huiuiui, es gibt einen Trailer für Clash of the Titans.

[via Fünf Filmfreunde]

Ich oute mich an dieser Stelle: Obwohl ich als SFX-Afficionado auch großer Ray-Harryhausen-Fan bin (habe ihn schon zweimal live erleben dürfen, jedes Mal ein Vergnügen), habe ich das Original leider nicht gesehen, denke aber ich gehe in die gleiche Richtung wie die Filmfreunde, der Film ist vermutlich “mehr als nett, aber dennoch kein unantastbares Meisterwerk”. Das nur vorweg.

Was sagt uns dieser Trailer? Es kommt eine ganze Menge grober Unfug auf uns zu. Unfug, wie wir ihn schon mit The Day the Earth Stood Still erlebt haben. Unfug, der entsteht, wenn man Filme, die schon einen leichten Trash-Hintergrund haben, auf “High Concept” neu macht. Dann entstehen – man halte sich fest – Taglines für Clash of the Titans wie “TITANS / WILL / CLASH” – ernsthaft.

Ein paar Tagline-Vorschläge für andere Filme dieses Jahres: “This Summer / Will Have / (500) Days” – “This Carol / Will Be / About Christmas” – “It / Will Be / This” – “Goats / Will / Be / Stared At” – “The Wild Things / Will / Be There” – “Bones / Will Be / Lovely” – usw. usf.

Was sagt uns der Trailer außerdem noch: Es kommen Monster drin vor, Pete Postlethwaite (das ist eine gute Nachricht) und Sam Worthington (das ist eine geht so Nachricht). Der Pressetext erzählt mir, dass sich auch die Großen Alten Liam Neeson und Raph Fiennes für das Spektakel hergegeben haben. Und der Trailer sagt: “Irgendwannn ist genug”. Jawoll. Es muss wieder draufgehauen werden im amerikanischen Kino. Wir haben zu viele Weicheier in letzter Zeit erlebt. Sogar James Bond heult ja inzwischen fast.

Klingt nach einem furchtbar doofen Film und einer ganzen Menge Spaß.

Zehn Zu Null – Eine Dekade voller Filme: Bowling for Columbine (2002)

Man kann die Wirkung dieses Films einfach nicht unterschätzen. Vor Bowling for Columbine gab es kaum einen so regelmäßigen Massenmarkt für Dokumentarfilme, wie er jetzt gang und gäbe ist. Außerdem, sagen wir es doch mal ganz deutlich, brachte Michael Moores erstes, auch im Mainstream sehr erfolgreiches Werk, den latenten Anti-Amerikanismus der in Deutschland nicht erst (aber verstärkt) seit Bush und dem 11. September 2001 schwelte, auf den Punkt zu bringen. Moore wurde zum Superstar in Deutschland. Sein Gesicht prangte noch und nöcher auf Büchern und in Zeitschriften. “Endlich ein Amerikaner, der auch was gegen die bekloppten Amis hat”. Na, Gott sei Dank.

Auch ich fand Bowling for Columbine damals ziemlich toll und schwer beeindruckend, habe gelacht und geweint – und ich denke, der Film hat seine Kraft durchaus behalten, anders als beispielsweise der Nachfolger Fahrenheit 9/11, dessen Message einfach zu platt war, und anders auch als Sicko, der sich für mich (und vermutlich für viele Miteuropäer) allein dadurch diskreditierte, dass er europäische Gesundheitssysteme als den Himmel auf Erden darstellte.

Bowling For Columbine aber bewegt sich in einem wesentlich kleineren Kosmos und das macht ihn so stark. Er verbindet die sehr bewegend rekonstruierte Tragödie des High School Massakers von Littleton mit dem generellen Sicherheits- und Waffenwahn des amerikanischen Volkes und ich denke er hat recht damit. Klar bedient sich Moore seiner üblichen Überzeichnungen, manchmal auch Einseitigkeiten – beispielsweise wenn er sich nach Kanada begibt, aber dass das Right to Bear Arms (immerhin der zweite Zusatz zur US-Verfassung nach der freien Meinungsäußerung) ein tief in die US-amerikanische Psyche eingegrabenes Problem ist, stellt er treffend dar. Für eins der besten Segmente des Films, eine Zusammenfassung der US-Gewaltgeschichte in einer knappen Minute, zeichnen die South Park-Schöpfer Matt Stone und Trey Parker verantwortlich.

Ein weiterer beeindruckender Film des Jahres, in dem ich mein Filmwissenschafts-Studium aufnahm war The Pianist von Roman Polanski. Im Grunde zeigt er die Geschichte eines Menschen, der während der ganzen Schrecken der Nazizeit unglaublich viel Glück hatte und oft gerade noch so vor dem Schlimmsten entkommen konnte. Während er allerdings diesen vom Glück beschienenen Pfad beschreitet, geschehen um ihn herum, quasi in seinem Augenwinkel die schlimmsten Dinge, die sich ein Mensch vorstellen kann: Furchtbare Tode, brennende Leichen, Vergewaltigungen, Familientragödien. Und gerade weil Polanski die Schreckensherrschaft der Nazis nicht ausstellt, den Zuschauer nicht direkt damit konfrontiert (wie beispielsweise Spielberg einige Jahre zuvor in Saving Private Ryan), wirken sie noch viel schlimmer, viel traumatischer – echter als wenn sie in der ünwirklichen Vision der Leinwand im Mittelpunkt stehen würden.

Disney gelangen meines Erachtens 2002 noch einmal zwei richtig gute Filme, bevor das Animationsdepartment den Bach runterging.Lilo & Stitch war anarcho-witzig, wie es The Emperor’s New Groove gewesen war und Treasure Planet bot, wenn schon keine neuartige Story, doch zumindest ein wunderschönes Design und ein paar tolle Action-Sequenzen. Das steampunkige Piraten-im-Weltall-Konzept würde ich gerne mal irgendwo wiedersehen. Den Animations-Oscar gewann allerdings Hayao Miyazaki mit Chihiros Reise – zu recht: Der Film hat die Zeiten mühelos überdauert und verzaubert heute so wie damals.

Die cleverste Cleverness im Jahr 2002 leistete sich eindeutig das Duo Charlie Kaufmann/Spike Jonze mit Adaptation. Ein Film, der noch immer darauf wartet, ein zweites Mal von mir gesehen zu werden.

Dieser Beitrag ist Teil 3 der Serie
Zehn zu Null – Eine Dekade voller Filme

Bettina Schausten und die ewig alte Leier

Auf der Abschlussrunde des Mainzer Mediendisputs unterhielten sich gestern mal wieder Leute mit vergleichsweise wenig Ahnung aber dafür umso mehr Meinung über das Internet. Erstaunlicherweise kam dabei am sympathischsten (außer dem über allen thronenden Nils Minkmar von der FAS) der einzige Politiker der Runde, SPD-Landesvorsitzender aus Schleswig-Holstein Ralf Stegner, an, der wenigstens ehrlich war mit dem, was er sagte: Twitter mach ich selbst, Facebook mach ich selbst, den restlichen Internet-Kram mache ich ja nicht so regelmäßig aber dafür finde ich auch schon immer die Zeit. Sehr schön auch die Formulierung: “Ich verbringe mit Twittern am Tag etwa so viel Zeit wie mit Händewaschen.”

Von den zwei Polterköppen der Runde, Hugo Müller-Vogg (“Die Politiker twittern doch eh alle nicht selbst” – wenn das Kurt Beck wüsste) und Sascha Langenbach (Berliner Kurier, Twitternde Politiker sind “totaler Kokolores”) hatte ich ehrlich gesagt eh nicht viel erwartet, aber dann war da ja noch Bettina Schausten, die ein wenig öffentlich-rechtliche Kompetenz und Ruhe ausstrahlen sollte (offensichtlich).

Und was sagte Frau Schausten: Erstens, es sei nicht primär Aufgabe eines Fernsehjournalisten, sich im Internet “freizuschreiben” mit den Dingen die er im Fernsehen nicht machen könne (in seiner Freizeit, okay, aber sonst bitte keine multimedialen TV-Journalisten). Zweitens: Im Internet steht ja eine ganze Menge Mist.

Ich kann es nicht mehr hören. Ich kann es wirklich nicht mehr hören. Wenn das noch einmal jemand als Argument gegen das Internet und gegen das Publizieren im Internet vorbringt, ziehe ich in eine einsame Hütte in den Karpaten. Echt jetzt.

Ich erinnere kurz an das Internet-Manifest, so einiges Kluges steht ja doch drin: Das Internet ist die Gesellschaft ist das Internet. Oder wie Peter Kruse letzte Woche auf dem Zukunftsforum der LPR sagte: Ist doch klar, dass im Netz auch die Gauss’sche Normalverteilung gilt. Das Web spiegelt das “echte Leben” wieder. Und im “echten Leben” sagen Leute eine ganze Menge Mist. So viel Mist sogar, dass die Zeitungen und das Fernsehen gar nicht alles berichten, was Leute sagen, man stelle sich das vor. Also “sagen” (d.h. schreiben, denn so funktioniert das Medium nun mal) die Leute auch im Internet eine ganze Menge Mist. Ja, auch in Blogs. Denn nicht jedes Blog sieht sich selbst als journalistische Plattform.

Aber: Erstaunlicherweise ist die Menschheit in der Lage, im echten Leben wie im Netz, aus dem ganzen Blödsinn, der rund um sie geredet wird, die interesssanten Dinge herauszufiltern. Die Dinge, die alle betreffen. Die Dinge, die vielleicht wirklich Bedeutung haben. Wenn zum Beispiel immer mehr Leute in der DDR ihren Unmut über das System äußern, in dem sie leben, fällt irgendwann die Mauer. Wenn immer mehr Leute sich darüber ärgern, dass die Politik sich nicht um Umweltschutz kümmert, entstehen die Grünen und schaffen es irgendwann sogar in Parlamente.

Umgekehrt bleiben die Minderheitenmeinungen eher unter sich: An Stammtischen, in Freundeskreisen und Vereinen – und eben auch in den modernen Äquivalenten davon: In Internet-Foren, Blogs und anderen Social-Web-Formen. Ja, da steht viel Mist, aber das interessiert auch so gut wie keinen.

Also noch mal zum Mitschreiben in Fettdruck für Frau Schausten: Im Internet steht in der Tat viel Blödsinn, aber an eine relevante Oberfläche schafft es in der Regel nur das, was auch interessant ist, genau wie in der Gesellschaft. Gute Blogs (oder: Polarisierende Blogs) lesen viele Leute, weniger gute oder weniger profilierte Blogs lesen wenige Leute.

Ach so, die Schlussfolgerung von Frau Schausten war übrigens, dass es deswegen Journalisten braucht, die das Internet sortieren und bewerten. Zu einem gewissen Grad mag das sogar stimmen, denn Sortierer sind immer gut, sie müssen aber nicht unbedingt klassisch ausgebildete Journalisten sein, die die Meinungshoheit darüber haben, was wichtig ist und was nicht. Im Grunde ist diese ebenfalls schon häufig geäußerte Meinung aber doch nur eine relativ traurige Selbstrechtfertigung der Journalisten, die sich selbst auf einem sinkenden Schiff sehen.