Oscarnachbetrachtung

Mit dem Ergebnis der Oscars kann, so denke ich, jeder Filmjournalist zufrieden sein. Auch wenn ich Slumdog Millionaire persönlich nicht für den besten Film des Jahres 2008 halte, hat hier doch zumindest ein wirklich guter Film gewonnen – von einem Regisseur (Danny Boyle), der seit Jahren immer wieder clevere, mutige Filme aus allen Genres realisiert hat, allen voran seine beiden SF-Ausflüge 28 Days Later und Sunshine. Und auch für seine globale Vision hat der Film seine acht Oscars verdient. Mit Sean Penn wurde bei den Darstellern überraschend nicht Mickey Rourke ausgezeichnet, aber dennoch eine solide und wiederum mutige Performance geehrt, und Kate Winslet hat in The Reader vielleicht nicht ihre beste Rolle gespielt, ist aber prinzipiell eine Schauspielerin, die jeden Film veredeln durch ihre Beteiligung veredeln kann.

Unverständnis rief bei mir nur der Oscar für den besten Nebendarsteller hervor, der an Heath Ledger ging. Unabhängig davon, dass sich darüber streiten lässt, ob Ledgers Performance nun die beste der fünf Nominierten war, halte ich postume Preise in einem Konkurrenzumfeld generell für Unfug. Dass man eine gute Leistung auch nach dem Tod des Betroffenen noch anerkennt ist eine Selbstverständlichkeit. Aber selbst davon abgesehen, dass der tragische Tod einer Person ihr bei Juroren vermutlich generell ein paar Sympathiebonuspunkte einbringt, bewirkt die Verleihung eines Preises an jemanden, der nicht mehr am Leben ist schlicht, dass sich (in diesem Fall vier) lebendige Menschen, die ebenfalls gute Leistungen erbracht haben, nicht über einen Preis freuen können – obwohl sie vermutlich mehr davon gehabt hätten. Gerade die Entscheidungen der Academy gelten inzwischen kaum noch jemandem als ernsthafte Prämierung der “besten” Leistungen, sind aber nach wie vor einer der größten “Selling Points” in der Filmindustrie für die zukünftige Karriere von Schauspielern, Produzenten und anderen Filmschaffenden. Josh Brolin oder auch Michael Shannon, dessen Auftritt in Revolutionary Road zu den besten Momenten des Films gehört, hätten ihren Oscar also vielleicht etwas besser gebrauchen können, als Ledger (der auch vor The Dark Knight, spätestens seit Brokeback Mountain, schon ein “gemachter” Schauspieler war).

Glückwunsch übrigens an den einzigen deutschen Gewinner des Abends, Jochen Alexander Freydank für seinen Kurzfilm Spielzeugland. Ein Film mit Nazis und kleinen Kindern – ich denke, er wusste, dass er damit bei der Academy gute Chancen haben würde.

Medienecho

Die ganze Giga-Geschichte hat eine Wendung genommen, die mir selbst ein bisschen unangenehm ist. Nachdem ich am Mittwoch ein relativ banales aber positives Statement der ARD eingeholt hatte, wollte ich es noch nicht gleich rausgeben, da meine Publikation epd medien natürlich erst Freitags erscheint. Leider wurde dies im GIGA-Forum geheimnistuerisch zur sagenumwobenen “offiziellen” Antwort der ARD hochgebauscht, obwohl ARD-Sprecher Harald Dietze die gleiche Aussage inzwischen mehrmals auch in anderen Medien (u.a. im Radio) gemacht hatte, warum auch nicht. Ich hatte die GIGA-Geschichte nicht die ganze Zeit auf dem Schirm, und habe es erst gemerkt, als es zu spät war. Als ich die Aussage heute rausgegeben habe, waren die meisten natürlich verwirrt. Der Artikel wurde sogar nochmal geschoben und erscheint erst Dienstag. Kann passieren.

Die beste positive Zusammenfassung des ganzen Sachverhalts findet sich meiner Meinung nach bisher bei Basic Thinking.

Fans versuchen GIGA zu retten

Zurzeit arbeite ich an einer Meldung über die Bemühungen der Community von giga.de, das Fortbestehen ihres Senders zu sichern. Konkret geht es vor allem darum, doch einfach die ARD zu fragen, ob sie das Format nicht in irgendeiner Weise fortführen will. Die Meldung erscheint erst morgen, doch ich habe für die Recherche ein E-Mail-Interview mit einem besonders aktiven Mitglied im Rettungskampf geführt. Und da habe ich mir gedacht: Wofür sollte dieses Blog hier denn besser geeignet sein, wenn nicht, um solche durchaus interessanten Dokumente auszuwerten, die in der knappen Berichterstattung sonst untergehen würden.

Mein Interviewpartner war Dirk, der im Forum als “TheTool” auftritt. Er hat dort den konkreten Vorschlag gemacht, GIGA der ARD anzubieten, weil die sich schließlich keine Sorgen um Werbeeinnahmen machen muss. Sein Thread ist inzwischen über 200 Seiten lang, der Enthusiasmus der Community nimmt kein Ende.

Wie kamst du auf die Idee?

Als ich von der Einstellung Gigas gehört habe, war ich erst einmal ein bisschen deprimiert. Von Freitag bis Sonntag las ich die verzweifelten Rettungsversuche einiger Personen im Giga-Forum. Ich dachte mir aber da bereits dass solch eine Aktion, wenn sie Erfolg haben sollte, sehr durchdacht sein müsste. Ausserdem müsste eine Idee hinter ihr stehen, die langfristig für Erfolg sorgt.

Da die öffentlich-rechtlichen Sender nunmal durch unsere GEZ-Gebühren finanziert sind und Premiere Giga aufgrund wegbrechender Werbeeinnahmen eingestellt hat, kam mir in den Sinn, dass man die ARD davon überzeugen müsste ein eigenes tägliches Programm im Stil von Giga zu entwerfen, oder wenn möglich Giga als TV-Programm für einen ihrer vielen Spartenkanäle zu übernehmen.
Im Endeffekt dachte ich dass dieses Sendekonzept zu der ARD, die ja bekanntlich seit längerer Zeit schon versucht ein jüngeres Publikum zu erreichen, passen würde und habe es einfach auf einen Versuch ankommen lassen.

Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?

Mittlerweile sind wir mit dieser Aktion so weit, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Mehrere tausend Community Mitglieder haben bereits ihre Mail an die ARD abgesendet, um die Verantwortlichen dadurch dazu zu bringen sich näher mit dem Thema auseinander zu setzen.
Seit Anfang der Woche erhalten wir massive Unterstützung seitens verschiedener Medien. Sowohl kommende Radiointerviews z.B. mit Radio Fritz als auch die die Berichterstattung auf Webseiten wie z.B. Spiegel Online und Chip.de trägt dazu bei, dass unsere Aktion nicht ungehört verhallt.

Gab es bisher irgendeine ernstzunehmende Reaktion von den angeschriebenen Sendern – also nicht aus den Zuschauerredaktionen, sondern von irgendwo anders? Oder von Seite von GIGA?

Seitens des GIGA Teams gab es in Form eines Foreneintrags eine erste Reaktion. Darin zeigt sich die GIGA-Crew mehr als nur begeistert über unsere Aktion.
Ansonsten halten sich bisher alle offiziellen Stellen recht bedeckt, aber ich bin zuversichtlich dass sich das bald ändern wird.

Was glaubt ihr tatsächlich bewegen zu können? Ist das alles ein frommer Wunsch, der ein bisschen Wirbel machen soll, ein letztes Aufbäumen, oder glaubt ihr tatsächlich, dass irgendwas passieren wird?

Zu allererst steht natürlich der Wunsch die Community und den Sender zu erhalten.
Da wir bei allen Wünschen aber alle auch realistisch bleiben müssen, hoffen wir mit unserer Aktion die Verantwortlichen der ARD dazu zu bringen, sich zumindest mit einem Digital Entertainment Konzept wie Giga auseinander zu setzen und dies zu diskutieren. Sollte allein nur das geschehen, wäre es in der deutschen TV-Geschichte sicherlich ein einzigartiger Erfolg der zeigen würde welch enorme Kraft in einer großen Community wie dieser steckt und welche Dinge gerade auch junge Menschen mit einer friedlichen Aktion bewegen können, wenn sie ein gemeinsames Ziel haben für das es sich zu kämpfen lohnt.

Der Sender GIGA wird ja sowieso nicht weiterbestehen, höchstens als Sendung könnte das Konzept überleben – oder auch nur die Webcommunity, würde dir das reichen?

Nein, definitiv nicht. Ich bin mit meiner Idee nicht angetreten um einzig und allein die Webseite zu erhalten. Natürlich freue ich mich wenn die Community weiter bestehen würde und werte auch das als Erfolg, da in der momentanen Situation ja sowohl der Sender als auch die Community aufgelöst werden sollen. Trotzdem ist es unser erklärtes Ziel auch ein begleitendes TV-Programm zu erhalten. Online-Communities gibt es viele, aber gerade diese Mischung aus Web und TV und die absolute Interaktivität zwischen beiden Medien war genau das, was den Reiz von Giga ausgemacht hat und dieses Zusammenspiel war einmalig in der deutschen Medienlandschaft.

Was ist als nächstes geplant? Wie stehen eure Hoffnungen? Habt ihr vor das ganze vom anarchischen Community-Aufschrei aus irgendwie zu “professionalisieren”? Investoren zu suchen etc. um zumindest die Community am Leben zu erhalten?

Wie Stephan Borg, der Geschäftsführer von Giga, bereits in seiner Mitteilung vom letzten Freitag klar gemacht hat, sucht Giga momentan selbst nach Möglichkeiten zumindest die Community zu erhalten. Daher sind von unserer Seite derzeit keine Aktionen in dieser Richtung geplant. Wir konzentrieren uns ganz darauf mit unserer Aktion so viel Aufmerksamkeit in den Medien und der Bevölkerung zu erlangen dass die ARD, die sich bis zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht dazu geäussert hat, sich dem Thema Digital Entertainment nicht länger verschließen kann und auf unsere Anfragen zumindest mit einer Stellungnahme reagieren muss.

Eine weitere Professionalisierung der bestehenden Aktion, sofern sie denn nötig ist, schließe ich zu diesem Zeitpunkt nicht vollkommen aus und habe mir auch bereits Gedanken gemacht wie es weitergehen könnte. Allerdings möchte ich dazu an dieser Stelle noch nichts verraten und erst einmal die Reaktion der ARD abwarten.

Abschließend möchte ich mich noch bei der gesamten Giga Community für das wirklich großartige und wahnsinnige Engagement bedanken. Ohne euch würde diese Aktion nicht dort stehen wo sie jetzt ist. Ihr habt gezeigt dass ihr etwas bewegen könnt wenn ihr alle mit vereinten Kräften agiert und das ist etwas worauf jeder von euch stolz sein kann. The Future is you!