Höreindrücke: Lost im Bundestag, Hyperfixed, Question Everything, Zufälle gibt’s

Diesmal mit amerikanischen Independents, Marshall McLuhan und konfusen Zufällen.

Lost im Bundestag (ARD)

Ein Podcast, der in seiner Gesamtheit nur wenige Minuten mehr hat, als ein einstündiges Radiofeature, beweist einmal mehr, dass Marshall McLuhan mit “The Medium is the Message” recht hatte. Und die Rezeption passt sich an. Ich mochte an Bianca Schwarz’ Projekt das Gefühl der Handgemachtheit und Unmittelbarkeit, gerade innerhalb einer so großen Institution wie der ARD. Ausführlicher habe ich das in der letzten Folge von “LÄUFT” beschrieben.

Hyperfixed (Radiotopia)

Nun meldet sich also auch Alex Goldman aus den Trümmern von “Reply All” zurück. Und sein neues Format, von dem zunächst zwei Pilotepisoden veröffentlicht wurden, hat durchaus Ähnlichkeiten mit “Search Engine” von seinem ehemaligen Co-Host PJ Vogt: Vogt beantwortet Fragen, Goldman hilft beim Lösen von Aufgaben. Das ist … kompetent gemacht, aber bisher nichts, was man nicht schon mal gehört hätte. Bei “Search Engine” haben sich in jüngster Zeit Vogts essayistische Gedanken als die eigentliche Stärke erwiesen. Es wird sich zeigen, ob Goldmans Hostpersona ebenfalls ein so starkes Profil entwickeln kann.

Question Everything (Placement Theory/KCRW)

Und noch ein berühmter US-Podcaster mit einem neuen, persönlichen Projekt. Brian Reed (“S-Town”) ringt in “Question Everything” damit, was Journalismus heute leisten soll und kann. In der ersten der drei bisher veröffentlichten Episoden stellt Reed sich seiner eigenen Kritikerin, in der jüngsten (die ich stark fand) spricht er mit einem Ex-Kollegen, der nun für einen Thinktank arbeitet, weil er dort glaubt, mehr erreichen zu können. Das alles ist suchend und forschend, ohne zurechtgelegte These, funktioniert aber trotzdem. Vielleicht kann ich Brian Reed auch demnächst selbst fragen, was er bisher gelernt hat. Stay Tuned.

Zufälle gibt’s (Deutschlandfunk)

Ich habe diesen Podcast nicht verstanden. Auch nicht, nachdem Host Julius Stucke im “Über Podcast” zu Gast war. Es geht um Zufall, aber auch nicht so richtig. Die Geschichten, die erzählt werden, sollen mit Absicht nicht außergewöhnlich sein. Und der Fokus, mit dem sie erzählt werden, bleibt auch sehr unscharf. In der zweiten Folge taucht dann mal eine Expertin auf, die das Gehörte etwas einordnet, aber so richtig schlau war ich danach immer noch nicht. Ich will nicht ausschließen, dass das an mir liegt.

Bonus-Tipp: Die neue Staffel von “Slow Burn” (Slate) erzählt die Entstehungsgeschichte von Fox News, was sich für alle Medienschaffenden alleine aus politischem Interesse lohnen dürfte.

Die “Höreindrücke” sind eine alle zwei bis drei Wochen erscheinende Kolumne über neue Podcasts, von denen ich in der Regel zwei bis drei Folgen gehört habe.

Wild Crimes, Animal, Weird Animals, Die Anschlags – vier kurze Podcastkritiken

Für die Höreindrücke habe ich diese Woche drei Podcasts gehört, die mit Tieren zu tun haben, und einen über Spionage.

Wild Crimes (ARD)

Ich finde, dass hier ein journalistisch gut aufbereitetes und spannend genug erzähltes Thema völlig dadurch ruiniert wird, dass es unnötigerweise in den True-Crime-Frame gestellt wird. Mir hätte es völlig gereicht, zu erfahren, wie schwierig die Abwägung zwischen Tierschutz, Menschenschutz und Wirtschaftsschutz in einer Welt ist, in der die Zivilisation die Wildnis fast völlig zurückgedrängt hat. Als zentrales Mysterium zu postieren, wer einen Bären tatsächlich erschossen hat, fand ich ein zu großes Zugeständnis an ein ohnehin überstrapaziertes Genre, auch wenn ich vor der Marketing-Idee dahinter knirschenden Respekt habe.

Wild Crimes in der Audiothek

Animal (New York Times)

Ich wiederhole mich, aber von solchen Podcasts wünsche ich mir auch in Deutschland viel mehr – das Personal dafür gäbe es im Feature-Bereich auf jeden Fall. Einzelne Personen, die auf eine persönliche Erkenntnmission gehen und die Geschichte auch durch ihre Brille erzählen. Hier: Was verbindet uns mit Tieren, was trennt uns? Die erste Episode ist nur 15 Minuten lang und erzählt die Geschichte von zwei Haustieren des Autors, in Folge 2 geht es 45 Minuten nach Island, um Papageientauchern beim Erwachsenwerden zu helfen. Das geht zusammen und es klingt toll. Podcasts sind ein sehr gutes Medium für den Personal Essay.

Animal hören

Weird Animals (Undone/ARD)

Uff. Ich glaube, das Format kann funktionieren, wenn es sich ein bisschen eingegroovt hat. Die Hosts sind auf jeden Fall die richtigen (auch wenn ich Robinga Schnögelrögel persönlich nicht sympathisch finde) und die größeren Themen, die sich andeuten, klingen relevant. Aber mir hat das Gespräch in Folge 1 noch zu viel Mischung aus Trockenheit, gequältem Humor und “Das habe ich leider auch nicht rausfinden können”. Die Chemie und der Rhythmus passt noch nicht ganz. Das kann man als “authentisch” feiern, aber ich finde immer noch, dass ein (auch komisches) Wissensvermittlungsformat die Zeit seines Publikums wertschätzen sollte.

Weird Animals in der Audiothek

Die Anschlags (WDR)

Mir sind zwei Dinge aufgefallen: Erstens, wie gekonnt die Doku mit verschiedenen Zeit- und Erläuterungsebenen jongliert, ohne dass man den Faden verliert (auch wenn es zwischendurch wirklich recht kompliziert ist). Zweitens, dass sie ihre Geschichte fast konsequent linear erzählt und man nur deswegen dranbleibt, weil man wissen will, wie es weitergeht, auch ohne dass ständig lautstarke Ankündigungen gemacht werden, wie krass diese Recherche ist – das merkt man nämlich von selber. Habe ich abonniert und werde ich fertighören.

Die Anschlags in der Audiothek

Nichts zu sehen – 3-D-Fernsehen zwischen Erwartung und Realität

Wie wenig das Marktschreiertum der Elektronikhersteller, das sich auch deutlich im Programm der bevorstehenden IFA widerspiegelt, insbesondere mit der deutschen Realität zu tun hat, merkt man schnell, wenn man mit hiesigen Fernsehmachern telefoniert. 3-D-Fernsehen „ist für uns auf absehbare Zeit kein Thema“, heißt es beim ZDF. Man beobachte die Entwicklung „mit Interesse“, aber ohne „konkrete Planungen“, lautet die Auskunft der Mediengruppe RTL.

Weiterlesen in epd medien 67/2010

Ein bisschen Frieden beim Grand Prix

Gestern bin ich zum ersten Mal seit einem gefühlten Jahrhundert wieder Zeuge eines kollektiven Fernseh-Ereignisses geworden. Die Rede ist natürlich vom Finale des Eurovision Song Contest, bei dem die deutsche Teilnehmerin Lena gewann und so zum ersten mal seit 28 Jahren wieder einen ESC-Titel nach Deutschland holte. Die Euphorie, die über diesen Sieg gestern Nacht durch die Gegend und in die Wohnzimmer schwappte, fand ich erstaunlich.

Casting- und Reality-Shows versuchen genau diesen Effekt seit Jahren immer wieder zu erreichen, aber zumindest nach meinem Gefühl haben sie in ihrem x-ten Aufguss in den verschiedenen Formaten enorm an Gewicht verloren. Nicht zuletzt gibt es zu jedem Castingshow-Finale inzwischen eine Aktion, die versucht, einen anderen Titel (meistens einen alten Rock-Klassiker) durch kollektive iTunes-Käufe so zu pushen, dass er dem Castingshow-Titel den Rang abläuft. Die ganze Vorhersehbarkeit des Kommerzes eines Dieter-Bohlen-Kandidaten, dessen Stern so schnell wieder untergeht, wie er an den Himmel gedrückt wird, war bei Lena Meyer-Landrut irgendwie nicht zu spüren.

Vielleicht lag es daran, dass zur Erschaffung des diesjährigen Grand-Prix-Songs für Deutschland die ARD und die Privatsendergruppe ProSiebenSat.1 erstmals zusammengearbeitet haben. In einem Beitrag für epd medien habe ich diesen Schritt im Juli 2009 bejubelt. Raab und ProSieben, so meinte ich damals, haben die Jugendkompetenz, die der ARD fehlt, während die ARD die Infrastruktur hat, um eine möglichst große Reichweite zu garantieren.

Insofern ist es nur logisch folgerichtig, dass mit der Raab-Kooperation der längst geschehenen Aufsplittung der Märkte endlich Rechnung getragen wird, frei nach Jeff Jarvis, der in seinem Buch „What would Google do?“ für die partikularisierte Medienlandschaft im Zeitalter des Internets die Maxime aufgestellt hat: „Cover what you do best, link the rest.“

Es erfüllt mich mit einer gewissen Genugtuung, jetzt “I told you so” sagen zu können. Mit “Ein bisschen Frieden” hat Deutschland das letzte Mal gewonnen, mit ein bisschen Frieden zwischen den Senderfronten hat Deutschland auch dieses Mal gewonnen, selbst wenn “Satellite” nicht den ersten Platz geholt hätte, denn Raab, die ARD und nicht zuletzt Lena haben Deutschlands Fernsehzuschauer auf erfreuliche Weise geeint. Insofern halte ich es auch für einen guten Schritt, dass in diesem Jahr erstmal die Fußballweltmeisterschaft sowohl auf öffentlich-rechtlichen als auch auf privaten Sendern gezeigt wird.

Ich finde, wir brauchen noch mehr von solchen solidarischen Aktionen, die das ewige Gezänk um Gebührenmilliarden und “Was ist gutes Fernsehen” ein bisschen nivellieren. Es ist nunmal eine Tatsache, dass sich die Gesellschaft immer mehr in Partikularinteressen aufsplittet. Wer dem Rechnung tragen will und trotzdem möglichst viele Menschen ansprechen will, sollte nicht versuchen, alles alleine zu schaffen, sondern dem vermeintlichen Gegner die Hand reichen und Stärken kombinieren. Vielleicht reicht es so auch bei der WM in Südafrika wieder für freudig in Luft dreschende Fäuste quer durch die Republik, wenn Deutschland wichtige Punkte holt.

Pop-Taubheit bei der ARD

Dank diesem Artikel bin ich gerade auf diese Abstimmung aufmerksam geworden und kann nur den Kopf schütteln. Steckt hinter dieser vollkommen willkürlichen Liste irgendeine Systematik – außer “möglichst Weichspülerhaft”? “HR4-geeignet + Tokio Hotel”?

Wo ist die Hälfte der NDW? Wo sind Ärzte, Hosen, Neubauten? Wo ist die DDR? Wo sind selbst Dancefloor-Deppen wie Blümchen? Dafür ist ausgerechnet Stefan Raab gleich zweimal dabei – unter anderem auch (oh Wunder!) mit seinem ARD-Titel “Hier kommt die Maus” (in die gleiche Kategorie fällt wohl auch “Schnappi”, der ganz bestimmt nicht zu den wichtigsten deutschen Hits der letzten 10 Jahre zählt). Dafür fehlt dann wiederum Guildo Horn. Und zwei Drittel der deutschen Musikgeschichte scheinen sich in den Siebzigern abgespielt zu haben.

Und am Ende wird das ganze dann als ernsthaftes Ranking “Die schönsten Hits der Deutschen” verkauft. Und mich fragt wirklich noch jemand, warum ich nur noch Filme auf DVD und “Daily Show”-Folgen im Netz gucke?

Grimmes Märchen

Hans Hoff hat in der heutigen Süddeutschen Zeitung unter der Überschrift Grau wie Grimme über die Preisvergabe beim diesjährigen Grimme-Preis – man muss fast sagen – abgelästert (wie er es übrigens die vergangenen Jahre auch immer getan hat).

Ich schaue seit zu vielen Jahren zu wenig Fernsehen um sachlich beurteilen zu können, ob es berechtigt ist, die Preisentscheidungen zu kritisieren. Vielleicht gab es tatsächlich bessere Filme, Serien und Sendungen im letzten Jahr, die einen Preis verdient hätten. Wenn dem so ist, dann hätte Hoff vielleicht mal ein paar nennen können. Stattdessen befleißigt er sich auf einer halben Seite, vage Kritik aufeinander zu türmen.

Selten war so ein Murren wie nach der Bekanntgabe der Preisträge in der vergangenen Woche. Von Skandal war da die Rede, von Fehlentscheidungen, von Lethargie im System. Insbesondere die Arbeit der für die Fiktion zuständigen Jury wurde kritisiert, weil wichtige Filme wie etwa Mogadischu auf der Strecke geblieben sind. […] Doch es wurde erstmals öffentlich gefragt, wie es passieren konnte, dass ein Fernsehjahr so mangelhaft abgebildet wurde.

So ein Murren? Meint Hoff seinen eigenen Artikel vom 26. März? Oh, und natürlich den von FAZ-Medienredakteur Michael Hanfeld (“Mogadischu fehlt!”). Außer zwei Medienjournalisten bei zwei großen deutschen Tageszeitungen scheint sich niemand aufgeregt zu haben. Die übergangenen Nominierten nicht, die übergangenen Juroren nicht, die übergangenen Sender nicht.

Es geht Hoff anscheinend hauptsächlich darum, zu betrauern, dass sein persönlicher Lieblingsfilm, Mogadischu dieses Jahr nicht ausgezeichnet wurde. Und das, obwohl in ihm “viele” (aber vielleicht nicht genug…) die “beste Leistung des Fernsehjahres erkennen”.

Um zu beweisen, wie unfair die Jury mit Mogadischu umgesprungen ist, zitiert Hoff aus dem Jury-Bericht meines “epd medien”-Kollegen Michael Ridder (den er sich bemüht, als “Agentur-Journalist” zu deklassieren). In dem steht, dass in der Jury Fiktion Konsens darüber herrschte, dass Mogadischu politisch schwach und dafür Hollywood-mäßig heroisierend war. Heinrich Breloer hätte mit Todesspiel 1997 einen besseren Film zum gleichen Thema gedreht und dafür auch keinen Preis bekommen.

Das stößt Hoff bitter auf: Die “handwerklichen Kategorien”, in denen Breloer und Mogadischu-Regisseur Roland Suso Richter arbeiten, ließen sich nicht vergleichen:

Breloer überwand die Grenzen der Dokumentation, indem er gespielte Szenen einfügte. Suso Richter näherte sich im fiktionalen Genre der Dokumentation, in dem er sich für eine entsprechend ästhetische Optik entschied. […] Wenn man dem Spielfilm Mogadischu eines nicht vorwerfen kann, dann ist es, mit den Mitteln des Spielfilms – der Personalisierung, des Spannungsaufbaus durch Dramaturgie – zu emotionalisieren. […] Auf die politischen Recherchen zum Film haben die Produzenten sich viel gut gehalten, was ihnen von Politikern und Wissenschaftlern bestätigt wurde. Aber das ließ sich sicher anders sehen.

“Wir haben aber viel recherchiert” ist ein gerne gegebenes Argument von Filmemachern, um ihre Filme zu verteidigen. Leider bewertet man als Kritiker aber nicht die Recherche oder die Arbeit, die in einem Film steckt (auch wenn ich manchmal gerne würde), sondern den Film der am Ende dabei rauskommt. Und wenn der schwach auf der politischen Brust ist, bei einem politischen Thema, dann darf man das durchaus kritisieren. Und wenn Breloer in einer anderen Form einen ebenso spannenden und politisch besser austarierten Film geschaffen hat, darf man die Filme anhand dieses Merkmals auch ruhig vergleichen.

Doch Hoff hat noch einen Kritikpunkt. Die Jury “Unterhaltung” ist ihm zu jung.

Warum eigentlich ist die Jury Unterhaltung so verdächtig mit überwiegend jungen Juroren besetzt? Überlässt man denen das ungeliebte Feld Entertainment, das man erst seit kurzem beackert und hofft, dass kein Flurschaden entsteht, weil Unterhaltung per se nicht Grimme-Außergewöhnlich ist? Aus der Politik weiß man, dass man über die gekonnte Besetzung von Ausschüssen oft mehr bewirken kann als durch die in ihnen geführten Debatten.

Wie passt dieses Argument eigentlich damit zusammen, dass Grimme (wie Hoff seit Jahren kritisiert) das Fernsehen nur “verwaltet” und weniger “fordert”, nur “Zeugnisse vergibt”? Sollen daran ausgerechnet die jungen Leute schuld sein? “Man könnte schon viel mehr, wenn man nur wollte”, meint Hoff. Man könnte “die Stärke der Marke nutzen”.

Könnte man. Muss man aber nicht. Das treffende Zitat von Grimme-Chef Uwe Kammann, “Ich kann das Fernsehen nicht über den Preis reformieren”, lässt Hoff unkommentiert im Raum stehen. Was genau Grimme anders machen sollte, welche Sendungen (außer Mogadischu) das Institut zum Beispiel hätte auszeichnen können, sagt Hoff nicht. Stattdessen schimpft er lieber noch ein wenig auf die Juroren, die ihre eigenen Entscheidungen kommentieren.

In der Regel zeichnet ein Preis aus, was existiert. Er schafft nicht eigene Preiskandidaten, um sie hinterher auszeichnen zu können – das wäre totalitär. Nach Ansicht der Jurys und der schweigenden Mehrheit der Kritiker geht der Adolf-Grimme-Preis dieses Jahr wieder an einige herausragende Produktionen – wie immer vor allem der ARD. Mehr besseres Fernsehen wollen wir alle. Die Preise können es nicht aus dem Hut zaubern.

Ich freue mich übrigens besonders, dass die Reihe Mädchengeschichten meiner ehemaligen Kollegen von der 3sat-Filmredaktion ausgezeichnet wurde. Herzlichen Glückwunsch an Katya Mader und Inge Classen.

Medienecho

Die ganze Giga-Geschichte hat eine Wendung genommen, die mir selbst ein bisschen unangenehm ist. Nachdem ich am Mittwoch ein relativ banales aber positives Statement der ARD eingeholt hatte, wollte ich es noch nicht gleich rausgeben, da meine Publikation epd medien natürlich erst Freitags erscheint. Leider wurde dies im GIGA-Forum geheimnistuerisch zur sagenumwobenen “offiziellen” Antwort der ARD hochgebauscht, obwohl ARD-Sprecher Harald Dietze die gleiche Aussage inzwischen mehrmals auch in anderen Medien (u.a. im Radio) gemacht hatte, warum auch nicht. Ich hatte die GIGA-Geschichte nicht die ganze Zeit auf dem Schirm, und habe es erst gemerkt, als es zu spät war. Als ich die Aussage heute rausgegeben habe, waren die meisten natürlich verwirrt. Der Artikel wurde sogar nochmal geschoben und erscheint erst Dienstag. Kann passieren.

Die beste positive Zusammenfassung des ganzen Sachverhalts findet sich meiner Meinung nach bisher bei Basic Thinking.

Fans versuchen GIGA zu retten

Zurzeit arbeite ich an einer Meldung über die Bemühungen der Community von giga.de, das Fortbestehen ihres Senders zu sichern. Konkret geht es vor allem darum, doch einfach die ARD zu fragen, ob sie das Format nicht in irgendeiner Weise fortführen will. Die Meldung erscheint erst morgen, doch ich habe für die Recherche ein E-Mail-Interview mit einem besonders aktiven Mitglied im Rettungskampf geführt. Und da habe ich mir gedacht: Wofür sollte dieses Blog hier denn besser geeignet sein, wenn nicht, um solche durchaus interessanten Dokumente auszuwerten, die in der knappen Berichterstattung sonst untergehen würden.

Mein Interviewpartner war Dirk, der im Forum als “TheTool” auftritt. Er hat dort den konkreten Vorschlag gemacht, GIGA der ARD anzubieten, weil die sich schließlich keine Sorgen um Werbeeinnahmen machen muss. Sein Thread ist inzwischen über 200 Seiten lang, der Enthusiasmus der Community nimmt kein Ende.

Wie kamst du auf die Idee?

Als ich von der Einstellung Gigas gehört habe, war ich erst einmal ein bisschen deprimiert. Von Freitag bis Sonntag las ich die verzweifelten Rettungsversuche einiger Personen im Giga-Forum. Ich dachte mir aber da bereits dass solch eine Aktion, wenn sie Erfolg haben sollte, sehr durchdacht sein müsste. Ausserdem müsste eine Idee hinter ihr stehen, die langfristig für Erfolg sorgt.

Da die öffentlich-rechtlichen Sender nunmal durch unsere GEZ-Gebühren finanziert sind und Premiere Giga aufgrund wegbrechender Werbeeinnahmen eingestellt hat, kam mir in den Sinn, dass man die ARD davon überzeugen müsste ein eigenes tägliches Programm im Stil von Giga zu entwerfen, oder wenn möglich Giga als TV-Programm für einen ihrer vielen Spartenkanäle zu übernehmen.
Im Endeffekt dachte ich dass dieses Sendekonzept zu der ARD, die ja bekanntlich seit längerer Zeit schon versucht ein jüngeres Publikum zu erreichen, passen würde und habe es einfach auf einen Versuch ankommen lassen.

Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?

Mittlerweile sind wir mit dieser Aktion so weit, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Mehrere tausend Community Mitglieder haben bereits ihre Mail an die ARD abgesendet, um die Verantwortlichen dadurch dazu zu bringen sich näher mit dem Thema auseinander zu setzen.
Seit Anfang der Woche erhalten wir massive Unterstützung seitens verschiedener Medien. Sowohl kommende Radiointerviews z.B. mit Radio Fritz als auch die die Berichterstattung auf Webseiten wie z.B. Spiegel Online und Chip.de trägt dazu bei, dass unsere Aktion nicht ungehört verhallt.

Gab es bisher irgendeine ernstzunehmende Reaktion von den angeschriebenen Sendern – also nicht aus den Zuschauerredaktionen, sondern von irgendwo anders? Oder von Seite von GIGA?

Seitens des GIGA Teams gab es in Form eines Foreneintrags eine erste Reaktion. Darin zeigt sich die GIGA-Crew mehr als nur begeistert über unsere Aktion.
Ansonsten halten sich bisher alle offiziellen Stellen recht bedeckt, aber ich bin zuversichtlich dass sich das bald ändern wird.

Was glaubt ihr tatsächlich bewegen zu können? Ist das alles ein frommer Wunsch, der ein bisschen Wirbel machen soll, ein letztes Aufbäumen, oder glaubt ihr tatsächlich, dass irgendwas passieren wird?

Zu allererst steht natürlich der Wunsch die Community und den Sender zu erhalten.
Da wir bei allen Wünschen aber alle auch realistisch bleiben müssen, hoffen wir mit unserer Aktion die Verantwortlichen der ARD dazu zu bringen, sich zumindest mit einem Digital Entertainment Konzept wie Giga auseinander zu setzen und dies zu diskutieren. Sollte allein nur das geschehen, wäre es in der deutschen TV-Geschichte sicherlich ein einzigartiger Erfolg der zeigen würde welch enorme Kraft in einer großen Community wie dieser steckt und welche Dinge gerade auch junge Menschen mit einer friedlichen Aktion bewegen können, wenn sie ein gemeinsames Ziel haben für das es sich zu kämpfen lohnt.

Der Sender GIGA wird ja sowieso nicht weiterbestehen, höchstens als Sendung könnte das Konzept überleben – oder auch nur die Webcommunity, würde dir das reichen?

Nein, definitiv nicht. Ich bin mit meiner Idee nicht angetreten um einzig und allein die Webseite zu erhalten. Natürlich freue ich mich wenn die Community weiter bestehen würde und werte auch das als Erfolg, da in der momentanen Situation ja sowohl der Sender als auch die Community aufgelöst werden sollen. Trotzdem ist es unser erklärtes Ziel auch ein begleitendes TV-Programm zu erhalten. Online-Communities gibt es viele, aber gerade diese Mischung aus Web und TV und die absolute Interaktivität zwischen beiden Medien war genau das, was den Reiz von Giga ausgemacht hat und dieses Zusammenspiel war einmalig in der deutschen Medienlandschaft.

Was ist als nächstes geplant? Wie stehen eure Hoffnungen? Habt ihr vor das ganze vom anarchischen Community-Aufschrei aus irgendwie zu “professionalisieren”? Investoren zu suchen etc. um zumindest die Community am Leben zu erhalten?

Wie Stephan Borg, der Geschäftsführer von Giga, bereits in seiner Mitteilung vom letzten Freitag klar gemacht hat, sucht Giga momentan selbst nach Möglichkeiten zumindest die Community zu erhalten. Daher sind von unserer Seite derzeit keine Aktionen in dieser Richtung geplant. Wir konzentrieren uns ganz darauf mit unserer Aktion so viel Aufmerksamkeit in den Medien und der Bevölkerung zu erlangen dass die ARD, die sich bis zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht dazu geäussert hat, sich dem Thema Digital Entertainment nicht länger verschließen kann und auf unsere Anfragen zumindest mit einer Stellungnahme reagieren muss.

Eine weitere Professionalisierung der bestehenden Aktion, sofern sie denn nötig ist, schließe ich zu diesem Zeitpunkt nicht vollkommen aus und habe mir auch bereits Gedanken gemacht wie es weitergehen könnte. Allerdings möchte ich dazu an dieser Stelle noch nichts verraten und erst einmal die Reaktion der ARD abwarten.

Abschließend möchte ich mich noch bei der gesamten Giga Community für das wirklich großartige und wahnsinnige Engagement bedanken. Ohne euch würde diese Aktion nicht dort stehen wo sie jetzt ist. Ihr habt gezeigt dass ihr etwas bewegen könnt wenn ihr alle mit vereinten Kräften agiert und das ist etwas worauf jeder von euch stolz sein kann. The Future is you!