Thüringen 2024, Shell Game, Judging Amanda Knox, 130 Liter: Vier Podcast-Kurzkritiken

Eigentlich wollte ich im Sommer keine Höreindrücke schreiben, aber dann kamen doch ein paar neue Produktionen des Wegs. Heute geht es um Explainer, KI und True Crime.

Thüringen 2024: Was wäre, wenn? (Hauseins/Verfassungsblog)

Ein brennendes Thema. Eine sehr gute Herangehensweise, die Gefahren in Thüringen über Bedrohungsszenarien greifbar zu machen. Mit Steffi Groth eine erfahrene und sehr sympathische Host. Klingt aber trotzdem hart nach Hausaufgaben. Ich sehe zwei Gründe: Erstens geskriptete Interviews mit den Co-Hosts vom Verfassungsblog, die dadurch, dass sie Ablesen, leicht ins Leiern kommen (Mein Vorschlag: Entweder echte Co-Moderation oder echte Interviews). Zweitens sehr lange O-Töne von Expert:innen (oft dazu noch im Konjunktiv!) ohne einordnende oder zusammenfassende Einschübe. Alles keine Dealbreaker, erhöht aber die Komplexität und Trockenheit.

Shell Game (Evan Ratliff)

Indieproduktion des Journalisten (Wired, Longform), in dem er seine eigene Stimme klont, in diversen Experimenten auf die Welt (bisher: Kundenservice, Scammer, Selbstgespräche) loslässt und laut über seine Beobachtungen nachdenkt. Dicht und unterhaltsam erzählt. Hat die persönliche Komponente, die ich für solche Formate unerlässlich finde, wie schon öfter an dieser Stelle erwähnt. Vergegenwärtigt noch mal, wie weit KI im Audio-Bereich schon gekommen ist.

Judging Amanda Knox (Undone/Der Spiegel)

Ich habe Khesrau Behroz ja letzte Woche für LÄUFT interviewt, und alles was in dem Gespräch steckt, ist im Grunde auch mein Eindruck. “Judging Amanda Knox” ist, wie immer bei Undone, erzählerisch auf höchstem Niveau. Khesrau und Alexandra Berlin ergänzen sich auch sehr gut. Die Musik ist diesmal wirklich ein deutlicher Charakter. Aber ich finde diese Meta-Reflexion (diese Woche erscheint Episode 4, in der über True Crime reflektiert wird, in den freien Feeds) nicht so tugendhaft, wie sie tut, weil mir eine klare These oder ein Richtungsvorschlag an ihrem Ende fehlt. Khesrau hat Großes für den Schluss in Episode 8 angekündigt. Ich werde auf jeden Fall noch dranbleiben.

130 Liter: Streit um unser Trinkwasser (DLF)

Ein großes Thema mit moderner Haltung aber zeitlosen Mitteln erklärjournalistisch heruntergebrochen. Mir haben vor allem die Reportage-Elemente gefallen, in denen Protagonist:innen vor Ort zu Wort kommen und Reporter:innen auch DInge berichten können, die sie sehen oder erleben. Das macht alles viel greifbarer, gibt einem dieses Radio-Gefühl und hat bei mir viele positive Erinnerungen etwa an “Planet Money” geweckt. Ein bisschen traurig finde ich das allgemeine Musik- und Sounddesign, aber so isses halt: Deutschlandfunk’s gonna deutschlandfunk.

Wild Crimes, Animal, Weird Animals, Die Anschlags – vier kurze Podcastkritiken

Für die Höreindrücke habe ich diese Woche drei Podcasts gehört, die mit Tieren zu tun haben, und einen über Spionage.

Wild Crimes (ARD)

Ich finde, dass hier ein journalistisch gut aufbereitetes und spannend genug erzähltes Thema völlig dadurch ruiniert wird, dass es unnötigerweise in den True-Crime-Frame gestellt wird. Mir hätte es völlig gereicht, zu erfahren, wie schwierig die Abwägung zwischen Tierschutz, Menschenschutz und Wirtschaftsschutz in einer Welt ist, in der die Zivilisation die Wildnis fast völlig zurückgedrängt hat. Als zentrales Mysterium zu postieren, wer einen Bären tatsächlich erschossen hat, fand ich ein zu großes Zugeständnis an ein ohnehin überstrapaziertes Genre, auch wenn ich vor der Marketing-Idee dahinter knirschenden Respekt habe.

Wild Crimes in der Audiothek

Animal (New York Times)

Ich wiederhole mich, aber von solchen Podcasts wünsche ich mir auch in Deutschland viel mehr – das Personal dafür gäbe es im Feature-Bereich auf jeden Fall. Einzelne Personen, die auf eine persönliche Erkenntnmission gehen und die Geschichte auch durch ihre Brille erzählen. Hier: Was verbindet uns mit Tieren, was trennt uns? Die erste Episode ist nur 15 Minuten lang und erzählt die Geschichte von zwei Haustieren des Autors, in Folge 2 geht es 45 Minuten nach Island, um Papageientauchern beim Erwachsenwerden zu helfen. Das geht zusammen und es klingt toll. Podcasts sind ein sehr gutes Medium für den Personal Essay.

Animal hören

Weird Animals (Undone/ARD)

Uff. Ich glaube, das Format kann funktionieren, wenn es sich ein bisschen eingegroovt hat. Die Hosts sind auf jeden Fall die richtigen (auch wenn ich Robinga Schnögelrögel persönlich nicht sympathisch finde) und die größeren Themen, die sich andeuten, klingen relevant. Aber mir hat das Gespräch in Folge 1 noch zu viel Mischung aus Trockenheit, gequältem Humor und “Das habe ich leider auch nicht rausfinden können”. Die Chemie und der Rhythmus passt noch nicht ganz. Das kann man als “authentisch” feiern, aber ich finde immer noch, dass ein (auch komisches) Wissensvermittlungsformat die Zeit seines Publikums wertschätzen sollte.

Weird Animals in der Audiothek

Die Anschlags (WDR)

Mir sind zwei Dinge aufgefallen: Erstens, wie gekonnt die Doku mit verschiedenen Zeit- und Erläuterungsebenen jongliert, ohne dass man den Faden verliert (auch wenn es zwischendurch wirklich recht kompliziert ist). Zweitens, dass sie ihre Geschichte fast konsequent linear erzählt und man nur deswegen dranbleibt, weil man wissen will, wie es weitergeht, auch ohne dass ständig lautstarke Ankündigungen gemacht werden, wie krass diese Recherche ist – das merkt man nämlich von selber. Habe ich abonniert und werde ich fertighören.

Die Anschlags in der Audiothek

Row Zero, Feuerzone, 15 Minuten, Fur and Loathing: Vier Podcast-Kurzkritiken

Zweimal Rammstein, ein neuer Daily-Podcast der Tagesschau und ein True-Crime-Fall im Furry-Milieu. Höreindrücke sind schnelle Meinungen von mir zu vier neuen Podcasts nach dem Anhören weniger Episoden. Alle zwei Wochen (meistens) neu, hier und auf LinkedIn.

Rammstein – Row Zero (NDR) und Feuerzone: Das System Rammstein (SZ)

Kulturelle Artefakte wie dieses sind ein Geschenk: Zwei Medien recherchieren gemeinsam, veröffentlichen gemeinsam, gehen dann aber auseinander und bereiten ihr Rohmaterial, angereichert durch zusätzlichen Kontext, noch einmal separat als Podcast auf. Als Kritiker kann man sich so zwischen zwei alternativen Universen der Rammstein-Podcasts bewegen und feststellen: Beide sind in ihrer Unterschiedlichkeit gut geworden. An Row Zero fand ich beeindruckend, wie konsequent der Podcast in der Perspektive der mutmaßlichen Opfer bleibt und ihr auch Erläuterungen (etwa des Rechtssystems oder der Historie von Rammstein) gegenübergestellt, die Synthese beider Elemente aber den Hörenden überlässt. Von Feuerzone habe ich bisher erst eine Folge gehört und ich finde den Ansatz interessant, auch einen kulturjournalistischen Rundumschlag zu wagen und die Rolle der Medien zu beleuchten. Eine ausführlichere Kritik und hoffentlich ein paar Hintergründe gibt es dann in der nächsten Ausgabe von Läuft.

Row Zero

Feuerzone

15 Minuten (Tagesschau)

What if Nachrichten but angekumpelt. Dass hier “Tagesschau” draufsteht ist eigentlich irreführend, denn 15 Minuten ist mit seiner Mischung aus eher weichen News, Servicejournalismus und Anekdotenanreicherung durch die Hosts eigentlich viel eher ein “Morgenmagazin” in Podcastform als eine “harte” Nachrichtensendung. Für alle, die sowas gerne als täglichen Begleiter haben möchten, ist es solide gemacht, vor allem in seiner Auswertung der restlichen ARD-Berichterstattung. Aber ich finde nicht, dass es einen Mehrwert zu ähnlichen Formaten oder einfach gegenüber morgendlichem Radiohören bietet.

15 Minuten

Fur and Loathing (Brazen)

2014 gab es einen mutmaßlichen Giftgasanschlag auf eine Convention der Furry-Subkultur in den USA, der nie ordentlich aufgeklärt wurde. Klingt nach einer guten Mischung für einen Podcast. Ist es auch. Ich sehe allerdings Probleme mit der journalistischen Haltung des Reporters, der von Anfang an klarmacht, dass er hier vor allem den Marginalisierten zur Seite springen will. Das führt gelegentlich zu Verzerrungen in der Perspektive und Formulierungen, wie sie öfter im “aktivistischen” Journalismus zu erleben sind, etwa das wiederholte Betonen der Wichtigkeit des eigenen Falls im Vergleich zu anderen Themen. Die Geschichte hat mich aber genug gehookt, dass ich wissen will, wie es weitergeht. Noch eine interessante Formatbeobachtung: Ein Interview mit dem Verantwortlichen vor dem Start des Podcasts in den Feed zu packen, das die Mission erklärt und den Inhalt teast, finde ich eine super Idee.

Fur and Loathing

Wer? Wie? Buzz?, I Will Survive, Systemeinstellungen, Milli Vanilli – Vier Podcast-Kurzkritiken

Ein neuer Kinderpodcasts. Drei neue Dokus aus ganz unterschiedlichen Häusern.

Wer? Wie? Buzz! (Spiegel)

Total super finde ich die Idee, die Zielgruppe (Kinder im Mittelschulalter) selbst an den Drücker zu lassen und ihnen die Möglichkeit zu geben, Themen abzuwählen oder Nachfragen zu stellen. Merkwürdiger finde ich den Wettstreit zwischen den Moderator:innen um Redezeit (mit reinrufendem Schiedsrichter und sehr dehnbaren, unsichtbaren Regeln) – aber eventuell ist genau sowas ein Feature, was langfristig die parasoziale Beziehung zum Podcast sicherstellt. Wer gewinnt wohl diese Woche? Was ist der Wetteinsatz? Zu lernen gibt es, wie immer, auch viel für Erwachsene. In meinem Fall hat es außerdem zwei Tage gedauert, bis ich das Wortspiel im Titel kapiert habe.

Hören

I Will Survive – Der Kampf gegen die AIDS-Krise (BR)

Was gibt es hier noch zu erzählen, möchte man meinen. Doch das Team hat mehrere sehr gute Protagonisten gefunden, einen starken, sogar regionalen Hook (Freundschaft mit Freddie Mercury in seiner Münchner Zeit) für den Anfang und eine klar formulierte Haltung des Hosts Phillip Syvarth, der selbst zu wenig weiß und erfahren will, auf wessen Schultern er als schwuler Mann heute steht. Durch die persönlichen Geschichten wird das ganze Grauen und die Angst der Zeit gut erlebbar ohne in übermäßige Betroffenheit abzudriften. 

Hören

Systemeinstellungen (netzpolitik.org)

Grundsätzlich erstmal genial, dass auch ein Indiemedium wie Netzpolitik.org einen solchen Podcast produzieren kann. Die Fälle sind gut strukturiert und lebendig geschildert, dabei bordet das Scoring vielleicht manchmal ein bisschen über, aber das kann auch Geschmackssache sein. Was ich mich frage: Führt die Beschreibung der Fälle am Ende noch irgendwohin? Gibt es Lösungsvorschläge oder einen klaren Appell, etwas zu ändern? Oder bleibt es bei der reinen Benennung von (aus Sicht der Autoren) Missständen?

Hören

Milli Vanilli: Ein Popskandal/Blame It On The Fame (Wondery)

Wenn ich eine Dokumentation auf einem Privatsender sehe, erwarte ich etwas anderes, als im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, und im Podcast dividiert es sich langsam ähnlich aus. “Blame it on the Fame” ist gewissermaßen die Podcast-Version einer RTL-Doku. Viel Drive, viel Production Value (nicht zuletzt: zwei Sprachen), aber auch viel Oberfläche. Auf keinen Fall schlecht, aber auch nichts für Nerds. Und: Was es für einen Unterschied in der Wirkung macht, ob eine Reporterin mit einer Mission ihre eigene Recherche hostet, wie in der Originalfassung, oder eine dazugeholte Person, die zwar vom Profil her passt, aber halt doch mit der Geschichte nichts zu tun hat. Mutig und gut finde ich die Entscheidung, in der deutschen Fassung alle englischen O-Töne stehenzulassen und nur zusammenfassend zu übersetzen.

Hören

Juice, NDA – Die Akte Kasia Lenhardt, Phänomenal Paranormal – Drei Podcast-Kurzkritiken

Schon wieder neue Höreindrücke. Kleine Erinnerung: Ich habe von diesen Podcasts meist nur 1-3 Folgen gehört und schildere hier wirklich nur meinen ersten Eindruck.

JUICE (Kugel und Niere)

“Juice” bekommt von mir auf jeden Fall schon mal den Preis für das beste Podcastcover seit langem. Die beiden Hosts haben echte Chemie, und ich mag es, wie sie die Geschichten, die sie sich erzählen, spontan ausschmücken und ihnen eine eigene Note geben. Ändert nur nichts daran, dass ich milde peinliche Geschichten, die anonymisierten Leuten passiert sind, die ich nicht kenne, einfach gar nicht interessant finde. Entsteht die Saftigkeit von solchem Gossip nicht dadurch, dass man sein eigenes Bild der Person mit der Handlung der Geschichte abgleicht? (Wertfreies Alter-Mann-PS: Ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt, welche Menge an scheinbar beliebigen deutschen Wörtern Gen Z beim freien Reden durch ihr englisches Äquivalent replaced.)

Hören

NDA – Die Akte Kasia Lenhardt (Der Spiegel)

Die beiden Hosts thematisieren es am Ende der ersten Folge selbst: Dieser Podcast ist ein Drahtseilakt. Einerseits hat man mit Original-Sprachnachrichten eines mutmaßlichen Gewaltopfers ein wertvolles Audio-Artefakt, das man gerne präsentieren möchte. Andererseits bewegen sich große Teile der Reportage zwischen banalen Fakten (Orten, Zeiten) und unprüfbaren Verdachtssituationen, um die das Format daher ständig umständliche sprachliche Volten schlagen muss, damit es juristisch sauber bleibt. Schließlich ist da auch noch der Widerstreit jeder Investigativrecherche in prominenten Milieus, zwischen einem ernsthaften Wunsch nach Aufklärung und dem Gefühl, nah dran am True-Crime-Sensationalismus zu sein. Insbesondere wenn man auch noch eine spannende Geschichte erzählen will, die über mehrere Folgen trägt. Ich finde den Weg in der ersten Episode professionell, aber noch holprig. Mal gelingt der Spagat, mal nicht.

Hören

Phänomenal Paranormal (BosePark/Podimo)

Manchmal denke ich, ich sollte aufhören Podcasts zu hören, für die ich nicht zur Zielgruppe gehöre. Allerdings kann ich die hier auch nicht eindeutig identifizieren. 15-Jährige, die sich zum ersten Mal mit dem “Paranormalen” beschäftigen? Gelangweilte Erwachsene, die Gruselgeschichten erzählt bekommen wollen? Menschen, die psychologische Erklärungen für Urban Legends suchen? Das Presenter-Duo soll anscheinend alle Quadranten abdecken, passt aber nicht so wirklich gut zusammen. Vor allem hatte ich den Eindruck, Marc Augustat hätte das Format lieber alleine gemacht. Er bekam aber aus Reichweitengründen einen jungen, lustigen Sidekick zur Seite gestellt, den er zähneknirschend akzeptiert hat, weil man das halt heute so macht – und weil es sonst vielleicht gar keinen Podcast gegeben hätte.

Hören

Soll ich in deinen neuen Podcast mal reinhören? Oder (Hybris!) willst du mich gleich für eine Neuentwicklung dazuholen? Schreib mir.

11 Leben Staffel 2, Fuck You Very, Very Much, Kakadu bei euch – Drei Podcast-Kurzkritiken

Es sind Markus-Kavka-Wochen bei den Höreindrücken. Das ist aber Zufall.

11 Leben – Die Welt von Lothar Matthäus (WakeWord/RTL+)

Es gibt nur ein’ Max-Jakob Ost, aber ich verstehe den Wunsch von RTL, einen erfolgreichen Podcastfeed nicht verwaisen zu lassen. Ich finde auch, dass Markus Kavka eine gute idee für einen Host ist, als ähnlicher Jahrgang und Co-Franke von Matthäus. Und natürlich klingt das Ergebnis anders als bei der Kulturgeschichte des deutschen Fußballs, die Max mit hoher persönlicher Motivation vor drei Jahren geboren hat. Weniger verkopft, mit einem etwas onkeligen Kavka, der wahllos seine eigene Biografie als Vergleichspunkt heranzieht und sich sehr oft vorstellt, wie es denn wohl gewesen sein könnte (mein unliebstes Podcast-Stilmittel, insbesondere wenn es wie hier mit Captain-Obvious-Sounddesign gepaart wird). “11 Leben: Das Sequel” ist nicht verkehrt, aber es ist eher Infotainment und dürfte anders als Staffel 1 wenig Menschen ansprechen, die sich nicht sowieso für Fußball-Legenden interessieren. Passt wahrscheinlich ganz gut zur Marke RTL.

Hören

Fuck You Very, Very Much! (Kugel und Niere/ARDKultur)

Kugel und Niere hat das Format des “Umgekehrten Interviews” (eine Person hat Infos mitgebracht, die andere reagiert) raus, und “Fuck You” ist keine Ausnahme. Das Host-Duo Markus Kavka und Jennifer Weist ist gut gecastet. Die eine bringt Musikindustrie-Erfahrung von innen, der andere von außen mit, und die persönlichen Anekdoten bereichern die Erzählungen von berühmten Pop-Fehden nicht immer gehaltvoll aber meist unterhaltsam. Alles in allem ist das Format vor allem fluffig und dürfte Musiknerds wenige neue Erkenntnisse bieten, aber so ist es vermutlich auch gedacht. Geiler Titel.

Hören

Kakadu bei euch (Deutschlandfunk)

Neues Format innerhalb des “Kakadu”-Podcast-Feeds, in dem Kinder sich und ihre Welt vorstellen. Die zwei ersten Folgen porträtieren einen Autoschrauber und eine Jüdin am Schabbat. Mein Kind ist noch einen Hauch zu jung dafür, aber es würde ihm sicher gefallen. Besonders schön ist, wie die Kinder und ihre Sicht auf die Dinge im Zentrum steht. Ich war erstaunt von der schieren Menge an Sound Design, die eingesetzt wird, um die Stücke auszuschmücken. Manchmal fast etwas zu viel für meinen Geschmack. In Folge eins wird zudem gleich mal ein Tipp gegeben, wie man mit minderjährigem Autofahren davonkommt (“Meine Mama wusste nichts davon!”). Der Kakadu hat also eine gewisse Anarcho-Kraft und fungiert gleichzeitig mit seinen Zwischenrufen wie eine Art griechischer Chor – ein Stilmittel, das man sich auch mal für erwachsene Podcasts abschauen könnte.

Hören

In zwei Wochen gibt es keine Höreindrücke, dafür geht es dann los mit dem Podcapril, für den ich ich dieses Jahr das Konzept etwas verändere. Meinungen zu Podcasts wird es also auf jeden Fall trotzdem zu lesen geben.

Justitias Wille, Geschafft?!, Bohniger Wachmacher, Development Hell – Vier Podcast-Kurzkritiken

Back by popular demand. Wer mir neue Podcasts nahelegen möchte, die ich in diesen Höreindrücken featuren soll, kann mir gerne schreiben.

Justitias Wille (Partners in Crime/Studio Bummens)

Das Geständnis gleich zu Anfang: Ich habe große Vorurteile über “Mordlust” und ähnliche “True Crime nacherzählen”-Podcasts ohne sie bisher selbst gehört zu haben (I know!). Entsprechend war ich auch sehr skeptisch gegenüber “Justitias Wille”, aber Paulina Krasa und Laura Wohlers haben mich überzeugt. Anders als Titel und Design vermuten lassen, ist der Podcast einfach journalistisch gut erzählt und tatsächlich hochrelevant. Eine nachvollziehbare persönliche Motivation gibt es auch. Und ich ziehe meinen Hut vor der logistischen Leistung, eine vorreportierte und dramaturgisch durchgeplante Geschichte mit der aktuellen Entwicklung eines laufenden Prozesses zu koppeln. (Ich bin kein Fan des “Ich fahr jetzt mal nach Hause”-Cold Opens, aber ich verstehe, warum er existiert.)

Hören

Geschafft?! (NDR)

Für mich ein klassischer Fall von “zu viel auf einmal gewollt”. Ja, es kann interessant sein, die “Polykrise” mal auseinanderzunehmen und auf ihre Folgen zu schauen. Aber der nachvollziehbare Wunsch, nicht nur mit Experten, sondern auch mit Normalos zu reden, macht die Ergebnisse zu schnell zu beliebig. Am Ende bleiben immer nur ein paar Erkenntnisfetzen übrig. Vieles habe ich direkt wieder vergessen, weil es gefühlt keine konkrete Frage gibt, der der hemdsärmelige Host Claas Christophersen wirklich nachspürt. Ich beobachte das immer wieder, auch bei mir selbst: Das Vage ist der Feind des Interessanten. 

Hören

Development Hell (Pushkin Industries)

Mini-Reihe im Feed von Malcolm Gladwells “Revisionist History”, die leider völlig falsch betitelt ist. Denn zumindest in den ersten zwei Folgen werden mitnichten “Development Hell”-Geschichten erzählt, in denen Filme immer und immer wieder umgeschrieben und verschlimmbessert werden (darüber gibt es reichlich Stories in Hollywood), sondern einfach milde interessante Buddy-Interviews über Drehbücher die nicht verfilmt wurden. Darin stecken gelegentlich interessante Details (etwa welches Drehbuch Heath Ledger kurz vor seinem Tod las) und Fragen, aber die sind kaum die 40 Minuten pro Folge wert.

Hören

Bohniger Wachmacher (Dax Werner/Moritz Hürtgen)

Ich bin insofern ein Spießer, dass ich diese Art von “Niemand kann sagen, ob es jetzt gerade Ironie ist oder nicht”-Humor einfach nicht mag. (Ich finde ihn ein wenig feige, don’t @ me.) Und damit bin ich einfach ganz klar nicht die Zielgruppe für diesen Podcast. Aber hey, die Idee einer relativ sinnlosen Plauder-Morningshow auf Abruf könnte man einfach für jede beliebige Nische ausrollen – vielleicht finde ich dann ja auch endlich die Hangout-Show, die ich mir wünsche. – Tipps gerne in die Kommentare.

Hören