– waxmuth auf Twitter
Neue Dinge ausprobieren ist toll, und sobald Dinge sich dafür anbieten, sie einfach und erschwinglich auszuprobieren, sollte man das tun! Podcasts gehören auch dazu. Der eierlegende Wollmilchmedienmensch der Zukunft sollte in der Lage sein, auch mit Audio zu arbeiten, und ein Podcast ist eine geniale Möglichkeit, seine Audiofähigkeiten auszuprobieren. Hinzu kommt, dass es irgendwie viel weniger arbeitsaufwändig ist, eine Weile frei von der Leber weg zu reden als die gleichen Zeit mit Schreiben oder Videoproduktion zu verbringen. Podcasting ist also die ultimative Geheimwaffe für Leute mit nicht genug Zeit für ein Blog. Nicht wahr?
Fast. Obwohl ich mich, wie gesagt, für jedes Experiment begeistern kann und mich über jeden Podcast freue, der entsteht, gibt es doch ein paar Dinge, die mir als leidenschaftlicher Podcasthörer und gelegentlicher Podcast-Macher aufgefallen sind. Dinge, die mich stören und Dinge, die ich super finde. Und weil ich anscheinend nicht der einzige bin, habe ich diese Dinge mal zu fünf freundlichen Ratschlägen zusammengefasst, die Podcaster meiner Ansicht nach zu besserem Podcasting führen könnten.
1. Denkt dran, dass “Podcast” von “Broadcast” kommt
Der “Pod” in “Podcast” ist nichts, was die Gattung definiert. Er ist nur das Gerät, auf dem der Klang wiedergegeben wird. Der wichtige Wortteil ist “-cast”, also “senden”. Ein Podcast ist eine Sendung, und eine Sendung sollte für ein Publikum gemacht werden. Wenn es euch egal ist, ob eure Sendung ein Publikum findet oder nicht, oder wenn euer komplettes Publikum auf endlose Insiderwitz-Kaskaden, ziellose Abschweifungen, Essgeräusche und andere Merkmale einer privaten Unterhaltung steht, dann viel Spaß damit. Aber denkt grundsätzlich daran, dass ihr etwas Öffentliches tut und verhaltet euch entsprechend. Ein bisschen privates Gequatsche macht menschlich, ist sympathisch und ein wichtiger Faktor für langjährige Hörer, die längst eine emotionale Verbindung zu euch aufgebaut haben. Aber je mehr ihr euch auf das konzentriert, was ihr vermitteln wollt, umso besser sendet ihr für alle potenziellen Hörer.
2. Schaut auf die Uhr
Der große Vorteil des Internets ist, dass die nervigen Formatgrenzen nicht-digitaler Medien aufgehoben sind. Das heißt: Euer Podcast kann so lange dauern, wie er will, weil er niemandes Sendezeit blockiert. Es heißt aber nicht, dass ganz natürliche Richtwerte wie die menschliche Aufmerksamkeitsspanne oder die Zeit, die man pro Woche hat, um nebenher etwas zu hören, nicht mehr existieren. Achtet deswegen darauf, dass euer Podcast nicht zu lang wird. Ich persönlich finde alles bis 90 Minuten erträglich, bevorzuge aber Formate zwischen 45 und 60 Minuten. Das ist eine Zeitspanne, in der ich prima zur Arbeit pendeln, die Wohnung putzen oder eine Weile joggen/spazieren gehen kann. Wenn das ganze ab und zu länger dauert: kein Problem – ihr habt den Platz ja und manchmal braucht ihr ihn vielleicht auch. Aber wenn ihr regelmäßig mehr als zwei Stunden braucht, werdet ihr mich wahrscheinlich als Hörer verlieren.
3. Investiert in ein bisschen Klangqualität
Denkt daran, dass ihr in den unterschiedlichsten Situationen gehört werdet. Selbst mit Kopfhörern auf dem iPod kann ein zu leise ausgesteuerter Podcast, in dem alle Sprecher in hallenden Räumen sitzen und am besten noch Störgeräusche mit aufgenommen wurden, sehr sehr anstrengend werden. Von einer Wiedergabe über Lautsprechern ganz zu schweigen. Darüber hinaus wissen die im Radio schon, was sie so tun. Eine gut zu verstehende Stimme, die nah am Mikrofon ist, schafft auch emotionale Nähe. Ihr müsst ja nicht wie Vollprofis klingen, aber einigermaßen okay klingende Podcastmikrofone sind gar nicht so teuer und die Investition lohnt sich. Das eingebaute Mikro in eurem Laptop ist auf jeden Fall die falsche Wahl, zumindest nach den ersten paar Testsendungen – und ein Blick auf den Pegel des mp3 vor dem Hochladen wirkt auch manchmal Wunder.
4. Habt keine Angst, zu schneiden
Wer Texte publiziert, sieht diese in der Regel nach dem Schreiben und vor dem Veröffentlichen noch einmal durch. Nicht selten findet man dabei Formulierungen, die man lieber noch mal umstellt oder ändert. Warum sollte für Podcasts nicht das gleiche gelten? Das Aufgenommene noch einmal durchzuhören und geringfügig zu schneiden macht zwar zusätzliche Arbeit, es erhöht die Qualität aber um ein Vielfaches. Abschweifungen, von denen man hinterher feststellt, dass sie nirgendwohin führten; sich endlos ziehende Momente der Sprachlosigkeit oder Äh-äh-äh-Stammelei bei Denkaussetzern, sie alle können glücklich im Nirvana verschwinden. Es lockert zudem die Atmosphäre während der Aufnahme, wenn alle Beteiligten wissen, dass Verhaspler, Hustenanfälle und geistesabwesende Falschbehauptungen hinterher entfernt werden können. Die ganze Pointe eines Podcasts ist ja, dass er zeitunabhängig gehört werden kann, also nicht live sein muss. Nutzt es. (Hilft auch, die Längenrichtlinie einzuhalten)
5. Überrascht mich
Das schöne an regelmäßigen Podcasts ist die Vertrautheit, die man schon nach kurzer Zeit mit seinen Machern entwickelt. Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich die Moderatoren meiner Lieblingspodcasts mindestens so gut kenne wie gute Bekannte. Diese ewige Wiederkehr des Vertrauten alleine reicht aber nicht aus. Wenn es nach mir geht, solltet ihr eure eingeschliffenen Routinen so oft es geht durchbrechen – idealerweise durch Gäste, die zu den von euch diskutierten Themen etwas Neues beizutragen haben. Aber auch ein Ortswechsel (“Heute mal vom Filmfestival XY”), ein ergänzendes Interview oder das Ausprobieren neuer Rubriken kann den Podcast beleben. Was nicht funktioniert, lässt man halt irgendwann wieder weg. Aber die Möglichkeiten sind endlos.
Meine “Referenzen”: Ich höre jede neue Folge von Radiolab, MusicWeekly, The Guardian Film Show, Scriptnotes, This American Life, PewCast und /Filmcast, ergänzt durch ausgewählte Folgen von Second Unit, The Q&A und dem Zündfunk Generator. Ich habe von jedem mir bekannten deutschen Filmpodcast mindestens eine, eher zwei bis drei Folgen gehört. Meine eigenen Podcastversuche starteten auf Festivals, haben eine Harry-Potter-Retro überlebt und einen Jahresrückblick.
Und jetzt dürft ihr mich in den Kommentaren beschimpfen.