Schön Schief (1)

Aus einer Pressemitteilung von Mediareports und Prognos zur Entwicklung des Digitalradios im deutschsprachigen Raum:

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass langfristig die technische Konvergenz ein eigenes Radioübertragungssystem obsolet macht – Radio wäre dann wie auch das Fernsehen mit IPTV einfach internetbasiert. Teilen der Branche mag es deshalb verlockend erscheinen, die Phase der “Digitalen Eigenständigkeit” einfach zu überspringen und dann sozusagen erst am Endbahnhof des Zuges zuzusteigen.

(Quelle, Hervorhebung von mir)

Als ich das letzte Mal am Endbahnhof in einen Zug zusteigen wollte, wurde ich grummelig vom Zugführer angemotzt. Denn schließlich fuhr der Zug dann nicht mehr weiter (und sollte gereinigt werden) – aber irgendwie habe ich das Gefühl, das ist es nicht, was die Studienautoren meinen.

Meine Kollegin erinnerte das Bild auch hieran.

Kreative Zeichensetzung mit Radio Energy

Eben erreicht mich eine Pressemitteilung mit der Überschrift “Detlef D! Soost äußert sich erstmals zu Sidos Anschuldigungen im ENERGY Berlin Interview”. Hui, hab ich mir gedacht. Da geht’s heiß her bei den Topjurys der Republik.

Nach dem Lesen der ganzen Meldung weiß ich auch, was vorgefallen ist. Sido hat in der “Bravo” über D! gesagt: “Er ist ein Vollidiot und privat genauso abgebrüht wie in der Sendung”. Hammer!

Interessant ist, was D! laut dem Radiosender Energy dem entgegnet:

“Also das ist jetzt das einzige Mal, wo ich sarkastisch werde, wenn mir 20 Jahre nach dem Mauerfall zum Jubiläum, erst einfällt, nur weil meine Single vom Osten handelt, das ich ja eigentlich aus dem Osten bin und erst später ins Märkische Viertel gekommen bin, spätestens mal dann muss ich sagen wie hoch ist die Glaubwürdigkeit Sido”, so Detlef D! Soost gegenüber ENERGY Berlin.

Ja, sprechen Sie ruhig mit: WAS?! Lesen Sie es nochmal. Jetzt klar? Mhm, das kommt dabei raus, wenn man wörtliche Äußerungen im Radio transkribiert und alle Zeichen außer dem Komma klemmen.

An anderen Stellen hätte dann vielleicht auch ein Komma ganz gut getan. Wobei, “die Glaubwürdigkeit Sido” ist vielleicht analog gebildet zu “das Leiden Jesu” – klingt ja auch ähnlich.

FILMZ 09 – Planlos in der Wüste

Etwa dreiviertelvoll war das Kino am Mittwoch, als Kronos gezeigt wurde. Kronos ist Olav F. Wehlings Diplomfilm von der Filmakademie Baden-Württemberg, laut Etikett eine Reflektion über den griechischen Mythos des Titanen Kronos, der seine Schwester heiratete, seinen Vater kastrierte und seine Kinder fraß, in Wirklichkeit aber ein Film über Menschen, die durch die Wüste gehen und versuchen, dabei möglichst wenig zu reden und möglichst wirr zu handeln.

Kronos ist europäisch-prätentiöser Kunstblödsinn in Reinform. Das an sich ist noch kein wertendes Urteil, denn es gibt jede Menge ziemlich guten prätentiösen Kunstblödsinn aus Europa – l’Art pour l’Art ist durchaus ein erlaubtes Kriterium auch für Filmemacher. Bei Kronos sind dabei aber gerade noch Armin Franzens gut geschossenen Bilder der marokkanischen Wüste positiv erwähnenswert, leider erscheint aber der Rest des Films genauso flach wie die unwirklichen Hintergründe. Ein bisschen so, als hätte Lars von Trier sich eine Überdosis Pasolini gespritzt und wäre als Zombie wieder dem Grab entstiegen.

Um tiefgründig wirken zu wollen reicht es einfach nicht, Dialoge in Wackelkamera-Closeups mit einem „Was ist?“ beginnen zu lassen und darauf zehn Minuten Schweigen folgen zu lassen, und eine gutaussehende dunkelhaarige Hauptdarstellerin zu casten. Mit Kronos lässt sich vielmehr Kunstblödsinn-Bullshit-Bingo spielen: Tötungsszene mit Industrial-Soundtrack, check. Unangenehme Vergewaltigung, check. Bedeutungsschwangeres Cello-Solostück, check. Ein metaphorisch-verheißungsvoll gegrabener Brunnen wird zum Grab, check. Kronos fehlt die ansprechende Reflektionsebene, er stellt nur dar und so läuft alles irgendwie ins Leere und es bleibt am Ende nur Langeweile und ein arg verhaltener Pflichtapplaus des Publikums übrig. Dass der Film eine Koproduktion mit dem ZDF Theaterkanal und also entsprechend theatralisch ist, ist leider auch nur eine mangelhafte Erklärung dafür, dass die Figuren losgelöst von ihrem mythologischen Kontext seltsam motivations- und aussagelos bleiben.

Alexander Pohls Vorfilm Trickster, in dem ein Clown versucht, seinem kulturindustriellen Gefängnis zu entfliehen, war insofern vom FILMZ-Team gut programmiert: Der Film bietet schöne, eindrucksvolle, unheimliche Bilder, ist aber in seinen drei Permutationen doch irgendwie planlos. Das gab der sympathische Regisseur im Nachfilm-Gespräch mit den typischen Ausführungen eines Animationsstudenten eigentlich auch offen zu, als er von seinen vagen Inspirationen zwischen Beckett und der tragischen Figur des Clowns berichtete. Trickster lässt immerhin eine der Prätention des Films durchaus gerecht werdende „Cinema will eat itself“-Interpretation zu: Wenn ambitionierte Schauspieler für das gaffende Publikum zunehmend in kargen Motion-Capture und Green Screen Bühnen ins Leere agieren müssen und hinterher von der Traumfabrik zur Unkenntlichkeit aufgehübscht werden, bleibt ihnen wohl nichts anderes übrig, als zum Gegenangriff überzugehen.

Derzeit findet in Mainz das FILMZ-Festival des deutschen Kinos statt. Dieser Beitrag erschien zuerst im FILMZ-Blog von Screenshot Online

Eine Metapher für den neuen Journalismus

Ich bin der festen Meinung, dass sich das Berufsbild von Journalisten durch den Medienstrukturwandel stark verändern wird. Ich sehe das nicht negativ, auch nicht unbedingt euphorisch, aber ich glaube, dass es passieren wird. Seit Wochen suche ich nach einem geeigneten Vergleich. Nachdem ich heute Björn Sievers’ Artikel bei Carta gelesen habe, kam mir endlich eine Idee. Ich weiß nicht, ob sie hundertprozentig funktioniert und bin für Verbesserungsvorschläge natürlich zu haben.

Ich glaube, dass die Zukunft des Journalismus so aussehen könnte wie die der Musikindustrie – zum Teil ist sie das auch bereits (und immer schon gewesen). Die Produktpalette – und die Art und Weise, wie diese Produkte an den Nutzer kommen – wird sich sehr breit auffächern, noch breiter als bisher. Obwohl es Majors geben wird, wird es auch eine unüberschaubare Anzahl unabhängiger, kleiner Anbieter geben, deren Vertriebswege aber natürlich eingeschränkt sind.

Wie in der Musik auch, gibt es im Journalismus drei Kernprodukte: Den einzelnen guten Artikel (die Single), die Sammlung mehrerer guter Artikel aus einem Haus, auch Zeitung oder Zeitschrift genannt (das Album) und die Mischung mehrerer guter, zurzeit gerade populärer Artikel aus verschiedenen Häusern durch Aggregatoren (den Sampler). Aber während das Album früher die Haupt-“Währung” war*, gibt es wieder eine Entwicklung hin zur Single, zum einzelnen Song, der ein bestimmtes Publikum interessiert und der wahrgenommen wird.

Mein Vergleich schließt auch mit ein, dass viele Journalisten – ebenso wie viele Musiker – nicht mehr unbedingt von ihrer Arbeit leben werden können und andere Dinge machen müssen, um sich über Wasser zu halten. Das entspricht ja auch der Tatsache, dass die meisten Blogger nicht vom Bloggen leben, sondern es als Hobby in ihrer Freizeit betreiben.

Wichtig ist die Rolle der Aggregatoren, der Sampler. Sehr viele Menschen gehen durch die Welt ohne jemals das Album eines Künstlers zu kaufen, sie kennen nur die Songs aus dem Radio (einzelne Artikel, die ihnen jemand über Social Media empfiehlt) und die aktuelle Bravo Hits oder Kuschelrock (Aggregatoren, die das “Beste” sammeln und mundgerecht präsentieren). Es reicht ihnen. Mit dem Medienkonsum ist es doch ähnlich. Bei einer Tageszeitung würde ich sofort auch auf den Sportteil verzichten, den lese ich eh nie.

Und genauso wie in der Musik, könnte es in Zukunft auch in den Medien wesentlich mehr One-Hit-Wonder geben. Medien, die einmal einen Coup landen, dann viele Klicks bekommen und danach wieder an Bedeutung verlieren. De facto ist das ja jetzt bereits der Fall. Und nur die, die über einen langen Zeitraum hinweg mit Songs UND mit Alben die Massen begeistern können, werden wirklich erfolgreich. Allerdings wird die Eintrittsschwelle niedriger. Theoretisch könnte ich morgen ein neues Medium gründen und damit in einem Jahr erfolgreich sein, wenn ich entdeckt werde und gut bin.

Hm. Vielleicht hinkt der Vergleich doch ein bisschen zu sehr, er sei als Work in Progress betrachtet. Vielleicht ist Ökosystem doch die bessere Metapher.

Wichtig sind mir folgende Punkte:
1. Der Trend geht hin zum einzelnen wichtigen Artikel statt zur Artikelsammlung.

2. Die Bedeutung von Aggregatoren ist nicht zu unterschätzen. Sie sammeln und sortieren für die zurecht faulen Endverbraucher.

3. Eigentlich ist das immer schon so gewesen – Journalisten haben in Redaktionen Nachrichtenagenturen und die Berichterstattung der Konkurrenz ausgewertet, um daraus ein Aggregat zu schaffen. Aber diese Aufgabe verschiebt sich um eine Ebene.

4. Das könnte mehr freie Journalisten und mehr Hobby-Journalisten bedeuten.

Wer aufmerksam liest, dem ist sicherlich aufgefallen, dass ich bisher Geld noch nicht erwähnt habe. Der Grund dafür ist einfach: Ich weiß nicht, wo Geld in dem Ganzen auftauchen soll. Ich wäre bereit für gute Einzelartikel (Einzelpreis) und gute Aggregate (Abopreis) zu zahlen. Allerdings nicht die enormen Summen, die immer genannt werden. Maximal 5 Cent pro Artikel, maximal zehn Euro für ein Abo – ungefähr die Hälfte des Preises eine Zeitungsabos, denn ich muss ja kein Papier und keine Logistik mehr mitbezahlen.

* mir ist durchaus bewusst, dass Singles die Ursprungs-Währung der Musikindustrie waren, bevor Alben Ende der Sechziger an Bedeutung gewannen.

Real Virtuality löst das Nachwuchsproblem von Grundy

Was fällt an diesem Zitat in der Berichterstattung über Ute Biernat auf?

“Die Nachwuchsarbeit wird total vernachlässigt, sowohl vor als auch hinter der Kamera. Da findet nichts statt”, beklagt die Produzentin, die unter anderem Sendungen wie “Deutschland sucht den Superstar”, “Das Supertalent” oder die jüngst bei Sat.1 gefloppte Tanz-Sendung “Yes, we can dance” verantwortet.
(Interview in der “SZ”, Zitat von dwdl.de)

Hier beklagt die Macherin von Nachwuchs-Suchformaten, dass es keinen Nachwuchs gibt. Dabei ist die Antwort doch denkbar einfach: “Deutschland sucht den Superredakteur” bzw. “Der Super-Sendungsmacher”. Sobald man etwas als Castingshow inszeniert löst man doch direkt alle Nachwuchsprobleme in einem Sektor – über einen Mangel an Sängern, Freakshow-Künstlern, Eltern und Models kann sich die Branche inzwischen vermutlich nicht mehr beklagen.

Hm. Oder müsste Frau Biernat in so einem Fall vielleicht zugeben, dass diese Art von Shows gar nicht wirklich qualifizierten Nachwuchs heranzüchten, sondern nur ein paar mediale Witzfiguren, die von den Medienpartnern und vom konsumwilligen Publikum einige Wochen gehypt werden um dann wieder vergessen zu werden und in der F-Prominenz zu vergammeln?

Clash of the Titans – Der grobe Unfug geht weiter

Huiuiui, es gibt einen Trailer für Clash of the Titans.

[via Fünf Filmfreunde]

Ich oute mich an dieser Stelle: Obwohl ich als SFX-Afficionado auch großer Ray-Harryhausen-Fan bin (habe ihn schon zweimal live erleben dürfen, jedes Mal ein Vergnügen), habe ich das Original leider nicht gesehen, denke aber ich gehe in die gleiche Richtung wie die Filmfreunde, der Film ist vermutlich “mehr als nett, aber dennoch kein unantastbares Meisterwerk”. Das nur vorweg.

Was sagt uns dieser Trailer? Es kommt eine ganze Menge grober Unfug auf uns zu. Unfug, wie wir ihn schon mit The Day the Earth Stood Still erlebt haben. Unfug, der entsteht, wenn man Filme, die schon einen leichten Trash-Hintergrund haben, auf “High Concept” neu macht. Dann entstehen – man halte sich fest – Taglines für Clash of the Titans wie “TITANS / WILL / CLASH” – ernsthaft.

Ein paar Tagline-Vorschläge für andere Filme dieses Jahres: “This Summer / Will Have / (500) Days” – “This Carol / Will Be / About Christmas” – “It / Will Be / This” – “Goats / Will / Be / Stared At” – “The Wild Things / Will / Be There” – “Bones / Will Be / Lovely” – usw. usf.

Was sagt uns der Trailer außerdem noch: Es kommen Monster drin vor, Pete Postlethwaite (das ist eine gute Nachricht) und Sam Worthington (das ist eine geht so Nachricht). Der Pressetext erzählt mir, dass sich auch die Großen Alten Liam Neeson und Raph Fiennes für das Spektakel hergegeben haben. Und der Trailer sagt: “Irgendwannn ist genug”. Jawoll. Es muss wieder draufgehauen werden im amerikanischen Kino. Wir haben zu viele Weicheier in letzter Zeit erlebt. Sogar James Bond heult ja inzwischen fast.

Klingt nach einem furchtbar doofen Film und einer ganzen Menge Spaß.

Bettina Schausten und die ewig alte Leier

Auf der Abschlussrunde des Mainzer Mediendisputs unterhielten sich gestern mal wieder Leute mit vergleichsweise wenig Ahnung aber dafür umso mehr Meinung über das Internet. Erstaunlicherweise kam dabei am sympathischsten (außer dem über allen thronenden Nils Minkmar von der FAS) der einzige Politiker der Runde, SPD-Landesvorsitzender aus Schleswig-Holstein Ralf Stegner, an, der wenigstens ehrlich war mit dem, was er sagte: Twitter mach ich selbst, Facebook mach ich selbst, den restlichen Internet-Kram mache ich ja nicht so regelmäßig aber dafür finde ich auch schon immer die Zeit. Sehr schön auch die Formulierung: “Ich verbringe mit Twittern am Tag etwa so viel Zeit wie mit Händewaschen.”

Von den zwei Polterköppen der Runde, Hugo Müller-Vogg (“Die Politiker twittern doch eh alle nicht selbst” – wenn das Kurt Beck wüsste) und Sascha Langenbach (Berliner Kurier, Twitternde Politiker sind “totaler Kokolores”) hatte ich ehrlich gesagt eh nicht viel erwartet, aber dann war da ja noch Bettina Schausten, die ein wenig öffentlich-rechtliche Kompetenz und Ruhe ausstrahlen sollte (offensichtlich).

Und was sagte Frau Schausten: Erstens, es sei nicht primär Aufgabe eines Fernsehjournalisten, sich im Internet “freizuschreiben” mit den Dingen die er im Fernsehen nicht machen könne (in seiner Freizeit, okay, aber sonst bitte keine multimedialen TV-Journalisten). Zweitens: Im Internet steht ja eine ganze Menge Mist.

Ich kann es nicht mehr hören. Ich kann es wirklich nicht mehr hören. Wenn das noch einmal jemand als Argument gegen das Internet und gegen das Publizieren im Internet vorbringt, ziehe ich in eine einsame Hütte in den Karpaten. Echt jetzt.

Ich erinnere kurz an das Internet-Manifest, so einiges Kluges steht ja doch drin: Das Internet ist die Gesellschaft ist das Internet. Oder wie Peter Kruse letzte Woche auf dem Zukunftsforum der LPR sagte: Ist doch klar, dass im Netz auch die Gauss’sche Normalverteilung gilt. Das Web spiegelt das “echte Leben” wieder. Und im “echten Leben” sagen Leute eine ganze Menge Mist. So viel Mist sogar, dass die Zeitungen und das Fernsehen gar nicht alles berichten, was Leute sagen, man stelle sich das vor. Also “sagen” (d.h. schreiben, denn so funktioniert das Medium nun mal) die Leute auch im Internet eine ganze Menge Mist. Ja, auch in Blogs. Denn nicht jedes Blog sieht sich selbst als journalistische Plattform.

Aber: Erstaunlicherweise ist die Menschheit in der Lage, im echten Leben wie im Netz, aus dem ganzen Blödsinn, der rund um sie geredet wird, die interesssanten Dinge herauszufiltern. Die Dinge, die alle betreffen. Die Dinge, die vielleicht wirklich Bedeutung haben. Wenn zum Beispiel immer mehr Leute in der DDR ihren Unmut über das System äußern, in dem sie leben, fällt irgendwann die Mauer. Wenn immer mehr Leute sich darüber ärgern, dass die Politik sich nicht um Umweltschutz kümmert, entstehen die Grünen und schaffen es irgendwann sogar in Parlamente.

Umgekehrt bleiben die Minderheitenmeinungen eher unter sich: An Stammtischen, in Freundeskreisen und Vereinen – und eben auch in den modernen Äquivalenten davon: In Internet-Foren, Blogs und anderen Social-Web-Formen. Ja, da steht viel Mist, aber das interessiert auch so gut wie keinen.

Also noch mal zum Mitschreiben in Fettdruck für Frau Schausten: Im Internet steht in der Tat viel Blödsinn, aber an eine relevante Oberfläche schafft es in der Regel nur das, was auch interessant ist, genau wie in der Gesellschaft. Gute Blogs (oder: Polarisierende Blogs) lesen viele Leute, weniger gute oder weniger profilierte Blogs lesen wenige Leute.

Ach so, die Schlussfolgerung von Frau Schausten war übrigens, dass es deswegen Journalisten braucht, die das Internet sortieren und bewerten. Zu einem gewissen Grad mag das sogar stimmen, denn Sortierer sind immer gut, sie müssen aber nicht unbedingt klassisch ausgebildete Journalisten sein, die die Meinungshoheit darüber haben, was wichtig ist und was nicht. Im Grunde ist diese ebenfalls schon häufig geäußerte Meinung aber doch nur eine relativ traurige Selbstrechtfertigung der Journalisten, die sich selbst auf einem sinkenden Schiff sehen.

How to Train Your Dragon

Dream Works’ neuester Streich How to Train Your Dragon war bis heute noch gar nicht auf meinem Radar aufgetaucht, jetzt gibt es einen ersten Trailer.

Die Besetzung scheint sich fast vollständig aus Komödien der jüngeren Zeit mit leichtem Judd-Apatow-Schwerpunkt zusammenzusetzen. Schön ist, dass Jay Baruchel – der in Tropic Thunder als Sidekick ein echtes Sahnehäubchen war – hier mal eine Hauptrolle bekommt, die er dem Trailer nach zu urteilen auch ganz gut verkörpert.

Dem Design stehe ich etwas gespalten gegenüber. Die Grundstruktur der Personen sieht extrem oval aus, ähnlich wie bei Cloudy with a chance of Meatballs, darüber liegt allerdings eine Schicht Shrek-Realismus. Interessant zu sehen, dass auch DreamWorks (ähnlich wie Pixar) inzwischen eine Art Grundstil in der Bildgestaltung, vor allem was die Kontrastwerte und Farbtöne angeht, gefunden hat, den sie für jeden Film nur leicht variieren – Dragon, wenn man ihn nur aus dem Augenwinkel betrachtet, erinnert sehr an Kung Fu Panda und Shrek III – legt man Beispiele von Up und Wall-E daneben, fällt der Unterschied auf.





Wenn man einmal davon absieht, dass das Dragon-Bild kein Still ist sondern ein Trailer-Screenshot merkt man, dass Pixar mit härteren Kontrasten und helleren Lichtquellen arbeitet. Der Look ist viel stärker “hochglanz” als bei DreamWorks, die eher ein wenig mittiger daher kommen.

Interessant ist darüber hinaus das Design des Drachens. Dieses schwarze Etwas sieht ja eigentlich gar nicht aus wie ein Drache mit seiner runden Schnute. Meine erste Assoziation waren vielmehr die Designs von Hayao Miyazake aus Chihiro, Mononoke und Das wandelnde Schloss. (leider habe ich gerade die DVDs für Screenshots nicht greifbar, der folgende Vergleich benutzt das beste Bild, was ich finden konnte)

Eher (extrem) enttäuschend finde ich allerdings die Story des Films, soweit man sie aus dem Trailer ablesen kann (und das kann man nunmal extrem gut). Sie ist so abgegriffen, dass man mich nachts wecken könnte und sie wäre das erste, was mir einfiel: Außenseiter A in Gesellschaft G, die auf Merkmal X wert legt, findet alternative Möglichkeit um Problem Y zu lösen. Dabei aber stellt er fest, dass zu Problem Y mehr gehört als er dachte. Am Ende muss G einsehen, dass sie mit ihren Traditionen unrecht hatte oder sie zumindest teilweise ändern sollte um A zu integrieren (nur um ein paar Animationsbeispiele zu nennen: Antz, Kung-Fu Panda, Shark Tale). Wo sind bloß die cleveren DreamWorks-Drehbücher hin?

Nachtrag 13:11: Max hat mir als Antwort auf meine Abschlussfrage einen Link zu diesem Bild geschickt. Wie wahr…

Blutroter Oktober

„Insgesamt robust“ nennt Bernd Buchholz die Vertriebsumsätze von Gruner + Jahr bei der Jahrespressekonferenz 2009, aber er meint damit den ganzen Verlag. Das lässt sich daran erkennen, dass er den gleichen Begriff öfter benutzt, beispielsweise im Vorwort zum Jahresbericht 2008. „Unsere erfolgreichen
Medienmarken, die journalistische Kreativität unserer Mitarbeiter und verlegerisch vernünftiges Handeln im
Sinne der Mitarbeiter und Gesellschafter haben G+J zu einem selbstbewussten und wirtschaftlich robusten
Unternehmen gemacht“, heißt es dort.

Das Wort scheint zu passen. Das Hamburger Verlagshaus
Gruner + Jahr (G+J) gilt als schwerer Tanker, der selbst in hoher See nicht umkippt, gerade diese
Schiffsmetapher wird immer wieder gerne verwendet. Wer hier arbeitet, das war jahrzehntelang der gefühlte
Tenor in der Branche, braucht sich wenig Sorgen um Arbeitslosigkeit zu machen.

Weiterlesen in epd medien 87/09

Brave New World

In diesem Posting geht es ausnahmsweise weder um das Innere, noch um das Äußere von Medien. Es geht um Mediennutzung, oder auch um jenes wichtige Gut: Medienkompetenz. Und das geht so:

Ich habe an diesem Wochenende einen Schritt in die Tat umgesetzt, der schon eine Weile anstand, spätestens seit mein vier Jahre alter Laptop vor lauter Windows-Updates immer langsamer wurde: Ich habe mir ein MacBook gekauft. Weil jeder in meinem Bekanntenkreis, der irgendwann umgestiegen ist, nie wieder zurück wollte. Weil ich Windows irgendwie leid war. Und natürlich auch, weil ich zum coolen Club der MacBook-Besitzer gehören wollte – man ist nicht frei von solchen Eitelkeiten.

Ich bin ehrlich gesagt erstaunt, wie flott der Umzug ging. Innerhalb von insgesamt etwa drei bis vier Stunden hatte ich alle meine Dateien vom PC auf den Mac migriert, sogar die Postfächer meines E-Mail-Programms ließen sich problemlos auf den Mac einspielen. Ein bisschen nervig ist, dass ich meine externe Festplatte derzeit nicht bespielen kann, weil sie in NTFS formatiert ist, aber das werde ich dann irgendwann an einem freien Wochenendstag mal angehen.

Was mich nervt… okay, nicht wirklich nervt, aber doch extrem irritiert, ist, dass Apple Dateien ganz anders verwaltet als Windows. Es gibt zwar eine Ordnerstruktur, aber der Rechner “denkt” nicht in Ordnern. Für ihn liegen alle Dateien irgendwo, und um sie zu finden, sucht man am besten einfach nach ihnen. So funktioniert Google auch (und Googlemail z.B.), aber ich funktioniere nicht so. Ich habe die letzten 16 Jahre meines Lebens damit gebracht, in Windows-Verzeichnissen zu denken. Ich strukturiere alles so wie ich das will, nicht wie der Computer denkt, dass es am besten ist.

Beispiel iTunes, das mir noch nie sympathisch war. Meine Musik ist nach Alben sortiert, weil die “Währung” in der ich Musik begreife “Album (Jahr)” mit der Unterwährung “Track” ist. Ein Album kann auch eine Compilation sein, z.B. iTunes denkt in der Währung “Künstler”, Unterwährung “Album”, Unter-Unterwährung “Track”. Das macht mich wahnsinnig. So will ich meine Musik nicht sortiert haben – ich will nicht, dass iTunes meine Musik verwaltet, das ist MEINE Aufgabe . Derzeit suche ich noch nach einer Alternative für iTunes, aber ich vermute mal, früher oder später werde ich nachgeben.

Der Finder funktioniert ähnlich. Er erwartet von mir, dass ich alle meine Dateien in einen Ordner schmeiße und dort keine große Hierarchie mehr einhalte. Wenn ich einem Ordner bin, komme ich ohne weiteres keine Hierarchieebene zurück, falls ich dort noch nicht vorher war (oder ich habe das Entsprechende noch nicht gefunden). Schräcklich!

Gebt mir ein paar Tage. Vermutlich werde ich dann auch das Apple-Evangelium predigen wie all die anderen Gehirnwäsche-Menschen da draußen.

Nachtrag 21.36: Habe gerade entdeckt, dass man iTunes die Verwaltungshoheit entziehen kann. Ha!