13 Jahre Real Virtuality

Dieses Bild hat mir Olivier Samter mal zu meinem “verflixten 7.” Bloggeburtstag gemalt.

Am 19. Februar 2009 habe ich in diesem Blog meinen ersten Post abgesetzt. Das war kurz vor meinem 26. Geburtstag (am 25. Februar), deswegen kann ich mir immer gut merken, wann der Bloggeburtstag ansteht. Ich habe damals als Pauschalist im Newsroom des Evangelischen Pressedienstes (epd) und für die Fachzeitschrift epd medien gearbeitet.

Nach dem Ende meines Studiums im Sommer 2007 hatte ich zwei Praktika gemacht, bei der Frankfurter Rundschau und in der Filmredaktion von 3sat. Währenddessen und danach hatte ich ein Jahr lang versucht, eine Promotion über Danny Boyle auf die Beine zu stellen, aber ich fand weder eine gute Betreuungskonstellation für die Arbeit, noch ein Stipendium, das mir das Vollzeit-Promovieren erlaubt hätte. Als wäre es ein Zeichen des Universums, dass ich nicht für eine akademische Laufbahn gedacht war, bekam ich erst im Sommer 2008 das Angebot, für zwei Monate als Vertretung in die Filmredaktion 3sat zurückzukehren und dann im Herbst einen Anruf, ob ich nicht Interesse hätte, Vollzeit bei epd medien zu arbeiten. (Ich hatte zwei Jahre zuvor ein Praktikum bei epd film gemacht und anscheinend einen guten Eindruck hinterlassen.) “Okay”, sagte ich mir. “Ich habe es verstanden.” Ab Januar 2009 pendelte ich jeden Morgen und Abend knapp 90 Minuten von meiner Wohnung in Mainz zum Gebäude des Gemeinschaftsdienstes der Evangelischen Publizistik (GEP) am Rand von Frankfurt.

Real Virtuality war nicht mein erstes Blog. Meine erste Website habe ich als Teenager gebaut, und sie enthielt bereits verschiedene Texte von mir, darunter auch Filmkritiken. Irgendwann während des Studiums embeddete ich darin auch mal eine Blogsoftware – und bekam unter anderem einmal mächtig Ärger mit meinem Arbeitgeber, einem Mainzer Kino, weil ich mich etwas zu erkennbar über meine Arbeit dort beschwert hatte. Daraufhin zog ich zu Livejournal um und bloggte dort für meine Freunde unter anderem über mein Erasmusjahr in Edinburgh sowie über Musik und Filme. (In einem zweiten Livejournal hielt ich meine privateren Gedanken fest, lange bevor ich das Wort “Finsta” kannte.)

Bei epd medien hatte ich manchmal schon nach kurzer Zeit das Problem, dass Recherchen sich verloren oder dann doch nicht in Gänze relevant genug für den Mediendienst waren. So war es auch mit der Giga-Meldung, mit der dieses Blog eröffnet. Ich hatte ein längeres Interview und konnte daraus nur wenig zitieren, also entschied ich mich, das Blog zu eröffnen, um das ganze Interview zu veröffentlichen. Und wo ich dann schon mal ein Blog hatte, nutze ich es in den kommenden Monaten und Jahren dann auch für alles andere, was irgendwie raus musste und nicht zu privat war.

Ich erzähle das alles, weil ich heute, 13 Jahre später, plötzlich wieder bei epd medien als Pauschalist arbeite. Nicht mehr jeden Tag, sondern nur noch ein paar Tage im Monat, und kombiniert mit anderen Jobs, aber irgendwie scheinen meine Tätigkeit als freier Journalist und das Aufleben dieses Blogs zusammenzuhängen. Ich habe einfach mehr zu schreiben, wenn ich mehr übers Schreiben nachdenke, glaube ich. Dazu hatte ich dann noch Kathrin Passigs Text über “Leichtes Schreiben” gelesen, und mich so im November entschieden, doch einfach wieder öfter zu bloggen.

Dieses Blog hatte echte Hochkonjunkturzeiten und Zeiten in denen es brach lag. Es wurde zwischendurch sogar mal durch einen Podcast ersetzt. Aber diese archaische Art des Ins-Internet-Schreibens gefällt mir doch am besten. Es liegt mir einfach, meine Gedanken runterzutippen, in der Regel unfertig und selten besonders originell, und einen Ort für Dinge zu haben, die anderswo übrig geblieben sind oder nicht genug Leute zu interessieren. Deswegen werde ich weiterbloggen. Wenn ich kann, hoffentlich noch weitere 13 Jahre.

“Arschbombe” außer Kontext: Wenn Blogs zu Büchern werden

Ich habe “Sehr gerne Mama, du Arschbombe” von Patricia “Das Nuf” Cammarata gelesen. Ich mochte es und habe ihm auf Goodreads vier Sterne gegeben. Ich hab beim Lesen gelacht, gekichert, geschmunzelt und manchmal sogar nachgedacht. Ich würde “Arschbombe” weiterempfehlen und werde es vermutlich in Zukunft noch öfter verschenken, wenn in meinem Freundeskreis Nachwuchs ansteht.

Ich fand es trotzdem nicht perfekt und ich glaube, dieses Empfinden kommt vor allem daher, dass ich auch seit ein paar Jahren schon Patricias Blog und ihren Twitter-Account verfolge. (Ich habe Patricia auch schon dreimal persönlich getroffen, aber das ist hier gar nicht so wichtig.) “Arschbombe” ist eine Zusammenstellung der besten Geschichten aus Patricias Blog, in dem es vor allem um das Leben mit Kindern geht. Diese zerfallen grob in zwei Kategorien. Manche sind wirklich beinahe direkte Wiedergaben von Erlebtem, pointiert aufgeschrieben, zum Beispiel “U8” über einen Besuch beim Kinderarzt. Andere, zum Beispiel die Geschichte vom vom Furby (die nicht im Buch ist), nehmen ein Erlebnis nur als Ausgangssituation, um es dann zu übertreiben und eine Art Kishonsche Satire draus zu machen.

Keine Chronologie, keine Übergänge

Im Blog, klar, tauchen diese Geschichten in chronologischer Reihenfolge auf, zwischen anderen Posts zu Themen, die Patricia interessieren, zum Beispiel geschlechtergetrennte Produkte, Ausflugsziele für Kinder und Bloggen. Im Buch sind sie grob nach Kategorien sortiert wie “Familienalltag”, “Peinlichkeiten” oder “Andere Eltern”. Es gibt keine Chronologie, keine Übergänge, eine Geschichte folgt einfach nach der anderen. Im ersten Moment gibt es das dritte Kind noch gar nicht, im nächsten ist es im Kindergarten. Aber noch viel merkwürdiger: Auch Patricia, die Ich-Erzählerin und sozusagen die halbfiktionale Hauptfigur des Buchs, ändert sich von Geschichte zu Geschichte. Manchmal ist sie mit Situationen überfordert, mit denen sie beim nächsten Mal schon klarkommt.

Mich hat das verwirrt und ich halte es für einen der größten Fehler bei “Büchern mit Texten aus dem Internet”, die anscheinend recht erfolgreich sind, die Texte ohne Bearbeitung aus ihrem Kontext zu entfernen. Dirk von Gehlen interessiert sich gerade auch sehr für das Thema und natürlich ist es wegen Blendle gerade in aller Medienmenschen-Munde. Die “Arschbombe” hat mir gezeigt warum. Im Buch fehlen die Hyperlinks, es fehlen die anderen Aspekte von Patricias Persönlichkeit, die man im Blog in der Regel mitkonsumiert. Es fehlt das Gesamtbild, das die einzelnen Texte besser wirken lässt.

Geschichten aus 1001 Arschbombe

Damit will ich nicht sagen, dass man aus Blogtexten keine sehr guten Bücher machen kann. Aber ich glaube, gerade in diesem Fall hätte ein bisschen zusätzliche Arbeit sich gelohnt. Die lustigen Episoden hätten nach meinem Dafürhalten eingebettet werden sollen in eine Rahmen-Erzählung, einfach aus der Ich-Perspektive eines Sachbuchs, in der man die Autorin bzw. ihre Erzähler-Persona Stück für Stück besser kennenlernt, während sie immer wieder ins Geschichtenerzählen abschweift. So hätte man dem Buch eine Spannungslinie verpassen können, eine Dramaturgie, die auch dem Durchlesen von vorne nach hinten einen Mehrwert verpasst, unabhängig von den einzelnen Geschichten. Beispiele für diese Art Bücher gibt es genug, von “1001 Nacht” über “Gullivers Reisen” bis “What would Google do”. Klar, ist natürlich auch Arbeit, aber es lohnt sich.

Ich habe Patricia jedenfalls gebeten, im nächsten Buch mehr und unterschiedlichere Seiten von sich selbst zu verarbeiten, unabhängig von lustigen Mini-Episoden. Ich will diesen Teil ihres Blogs einfach nicht missen, wenn ich ihr Buch lese. Mal gucken, ob das klappt.

In eigener Sache: Berlin

Ich wohne jetzt in Berlin. Kann das selbst noch gar nicht so richtig glauben, aber der Unglaube ist auf jeden Fall eher ein freudiger als ein ängstlicher. Ich freue mich darauf, der blühenden Film-Community hier beizutreten und mich unauffällig unter die vielen bereits anwesenden HauptstadtbloggerInnen zu mischen (sie sind hier wirklich überall, es ist eine Plage). Liebe Agenturen, ihr dürft mir ab sofort gerne öfter Einladungen zu Berliner Veranstaltungen schicken – die Möglichkeit, dass ich kommen kann, ist gerade exponentiell gestiegen.

Was der Umzug auch bedeutet, ist, dass dieses Blog jetzt eine Weile still war und vermutlich auch noch ein bisschen sein wird, während Frau Matzkeit und ich dafür sorgen, dass wir endlich wieder Internet in der Wohnung haben und die Fernbedienung für den Fernseher suchen.

Was die Weiterentwicklung des Blogs angeht, wird es wohl auf eine Mischung aus mehreren Faktoren rauslaufen. Den Aggregator spare ich mir, mit Ausnahme meiner Nachhaltigkeit, die mal eine neue Ausgabe vertragen könnte. Aber ich werde versuchen, einen Podcast zu machen (und vielleicht in der Zeit etwas weniger bloggen) und ich werde versuchen, Strukturen zu schaffen, um in diesem Blog noch öfter andere Stimmen vorkommen zu lassen (quasi als Ausgleich).

All das dann bald an dieser Stelle, aber erstmal muss ich mich in der neuen Stadt ein bisschen eingewöhnen. Wer jetzt schon Ideen für Gastbeiträge hat, möge mir schreiben.

In eigener Sache: So kann es mit “Real Virtuality” nicht weitergehen

Es gibt drei Gründe, warum ich blogge.

1. Weil ich muss

Wenn ich viele Dinge lese oder anderweitig aufnehme, die mich interessieren, bekomme ich irgendwann den Drang, sie zu verarbeiten. Seit ich mit dem Studium fertig bin, habe ich nicht mehr so viele Bekannte, mit denen ich auf einem hohen Nerdlevel über Filme reden kann, also ist dieses Blog für mich das beste Ventil. Wenn ich einen Gedanken aufgeschrieben habe, auch wenn es manchmal nur ein kleiner Gedanke ist oder eine leichte Variante von einem Gedanken, den ich schon mal aufgeschrieben habe, geht es mir in der Regel danach direkt besser.

2. Weil ich kann

Dieses Blog gibt mir die Möglichkeit, Dinge auszuprobieren, die mich in einem professionellen Kontext niemand einfach mal so ausprobieren lassen würde. In diesem Blog hat alles Platz. Kurze Gedanken und ellenlange Stücke, Ausflüge in andere Medien und Themen, die eigentlich nur am Rande etwas mit “Film, Medien und Zukunft” zu tun haben. Ich habe auf “Real Virtuality” Podcasts gemacht, Videos veröffentlicht, mich an TV-Recaps versucht, eine sehr krude Infografik gebastelt und und und. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig. Was klappt und Spaß macht, mache ich öfter. Was nicht so gut klappt, lasse ich lieber.

3. Weil es mir etwas bringt

Ich habe dieses Blog begonnen, als ich noch einen festen Job als Journalist hatte. Ich konnte sowieso jeden Tag schreiben und ins Blog wanderten nur die Sachen, die mir außerdem noch einfielen. Inzwischen schreibe ich deutlich weniger für Geld, aber das Blog trainiert meine Schreibmuskeln nebenher weiter. Das ein oder andere Mal habe ich auch im Blog schon Themen erforscht, für die ich später anderswo bezahlt wurde – manchmal mit einem Artikel und manchmal mit einem Vortrag. Und natürlich gibt es inzwischen einige Leute, die mich wegen meines Blogs kennen. Dieses Blog ist Aushängeschild meiner Persönlichkeit im Netz, meine Visitenkarte, viel mehr als es vielleicht ein Arbeitszeugnis wäre.

Warum schreibe ich diese drei Punkte noch einmal auf? Weil ich eigentlich rekapitulieren will, wieviel mir mittlerweile sechseinhalb Jahre “Real Virtuality” gebracht haben. Denn zurzeit habe ich das Gefühl, ich habe damit eigentlich alles erreicht, was ich erreichen wollte. An einem durchschnittlichen Tag hat “Real Virtuality” zwar nur etwa 80 bis 100 Page Impressions, aber ich weiß, dass das hauptsächlich daran liegt, dass ich nur etwa einmal die Woche blogge.

Das, was ich schreibe hat aber unter anderem dazu geführt, dass ich auf der re:publica auftreten durfte, auf dem Radar von einigen Leuten landete, die ich bewundere, von Seiten verlinkt wurde, nach deren Empfehlungen ich mich sonst selbst richte, und sogar einen echten viralen Hit landen konnte. In diesem undurchsichtigen Blogranking, auf das man nicht zu viel geben sollte, das mir aber trotzdem irgendwo aus Egogründen nicht egal ist, war ich zwischendurch mal auf Platz 5 aller Film- und Fernsehblogs. Völlig absurd. (#humblebrag)

Und ich habe auch das Gefühl, dass sich etwas geändert hat. Als ich angefangen habe, meine kleinen Thinkpieces über aktuelle Mainstreamfilme zu schreiben (die Form, in der ich mich immer noch am wohlsten fühle) gab es im deutschen Netz außer Rajko quasi niemanden, der das gemacht hat. Inzwischen sehe ich, was Lucas Barwenczik drüben bei “kino-zeit” fabriziert oder was Sophie aus ihrer feministischen Perspektive bei “Filmlöwin” macht und ich sehe: ich bin überholt worden.

So kann das nicht weitergehen.

Ich habe den dringenden Wunsch, mich weiterzuentwickeln. Genau wie David Chen bin ich ein bisschen vom New, Different or Best-Gedanken getrieben. Und da ich in zwei Wochen sowieso nach Berlin ziehe, ist jetzt die beste Zeit für einen Neuanfang. Mein Problem ist nur: Ich kann mich nicht entscheiden. Also habe ich mal drei Varianten aufgeschrieben und würde euch, liebe Leser, um eure ehrliche Meinung bitten.

1. Das Medium wechseln

Ich flirte seit Jahren mit Audio. Ich habe einzelne Podcasts gemacht, die ich auch ganz okay fand. Ich war zu Gast in anderen Podcasts. Ich habe über Podcasts geschrieben. Ich höre sehr viele Podcasts. Und ich wollte immer schon Radio machen, auch wenn es dafür professionell nie gereicht hat. Vielleicht sollte ich endlich den Sprung wagen, und vom schreibende ins quatschende Fach wechseln.

Die naheliegendste Idee wäre natürlich, endlich jenen Film-Podcast zu machen, den ich selber gerne hören würde. Der journalistische Herangehensweise, Veröffentlichungsdisziplin und ordentliche Produktion miteinander verbindet. Aber ich weiß nicht, ob außer mir diesen Podcast wirklich jemand hören will.

Ich habe aber auch noch ein paar andere Ideen, die eher in Richtung Interview- und Reportagepodcast gehen. Wie klingt das?

2. Aggregator sein

Es gibt Marcos “Das Bloggen der Anderen” und es gibt den täglichen Pressespiegel bei “Film-Zeit“. Es gibt die Facebookseiten von “Revolver” und “crew united“, um einen guten Überblick über lesenswerte, auch deutschsprachige Filminhalte im Netz zu bekommen. Aber ich träume nach wie vor davon, ein “6 vor 9” für Film zu bauen. Jeden Tag, oder vielleicht auch jeden zweiten Tag, eine gut sortierte Auswahl von wirklich interessanten oder anderen Webinhalten über Film.

Ich weiß, dass das wahnsinnig viel Aufwand ist. Man muss ja erstmal alles lesen, bevor man es empfehlen kann. Jeden Tag! Ich glaube, ich könnte es nur umsetzen, wenn ich mich für meine Zeit irgendwie bezahlen lassen würde, zum Beispiel über Crowdfunding oder einen Sponsor, damit ich im Zweifelsfall auch jemanden als Vertretung oder Unterstützung engagieren könnte. Denn für einen Aggregator gilt das gleiche wie für Facebook: “If those servers are down for even a day, our entire reputation is irreversibly destroyed!”

3. “Real Virtuality” öffnen

Eins der Dinge, die ich an der Arbeit in meinem Feld schätze, ist die Zusammenarbeit mit anderen. Das ist der Grund, warum ich diese ganze Filmblogosphären-Kiste angezettelt habe und es ist auch der Grund, warum ich öfter sage, dass ich mich persönlich eigentlich eher als Redakteur denn als Autor sehe. Eine “Edelfeder” war ich noch nie, aber ich kommuniziere und organisiere gerne, identifiziere Themen und weise dann andere darauf hin, die viel besser damit umgehen können als ich.

Auf “Real Virtuality” habe ich schon ab und zu mit diesem Gedanken gespielt. Ich hatte Gastbeiträge und habe mich mit Leuten schriftlich zum Gespräch getroffen. Ich fände es cool, wenn “Real Virtuality” noch mehr zu einer Adresse werden würde, wo nicht nur ich sondern auch andere Leute sich ausprobieren können. Kein eigenes Blog? Veröffentliche hier. Unsicher ob bloggen was für dich ist? Ich bin dein Redakteur und helfe dir da durch, gemeinsam schaffen wir Großartiges. Oder willst du mal von mir ein Thema verpasst bekommen, als Inspirationshilfe? Auch kein Problem. Stärker in die Redakteursrolle zu gehen, Menschen zu fordern und zu fördern, fände ich irgendwie ziemlich cool. Wenn es klappt und irgendjemand das will. Geld habe ich natürlich keins, die Redaktion wäre die Bezahlung.


Wie soll es weitergehen? Helft mir beim Nachdenken, bitte. Ich bin für jede Rückmeldung dankbar. Wenn ihr euch nicht in den Kommentaren verewigen wollt, schreibt mir einfach eine Mail. Aber ich mache das eben nicht nur für mich, sondern inzwischen auch für euch. Und deswegen schätze ich eure Meinung sehr.

Stöckchen: Best Blog Award

Ich stecke blogtechnisch manchmal in einer gewissen Zwickmühle. Einerseits möchte ich den Aufbau einer Blogosphäre und den Austausch von Bloggern untereinander fördern, andererseits aber verfolge ich in mit meinem Blog einem irgendwie vage journalistischen Anspruch und versuche daraus, eben keine Ego-Show zu machen, die nur nach dem Prinzip “Ich finde xy gut/schlecht” funktioniert. Es sollte euch eigentlich egal sein, was mein Lieblingsfilm (2001: A Space Odyssey) oder mein Favorit unter den neuen amerikanischen Serien (Mad Men) ist, solange ihr euch an meinen Thesen und Argumenten reiben könnt und euch von mir informiert fühlt.

Die typischen Vernetzungs-Mechanismen von Blogs wie Blogparaden und Stöckchen aber stellen genau diesen Ich-Aspekt in den Vordergrund – und fühlen sich nicht zuletzt deswegen manchmal an, wie ein Relikt aus einem anderen, dem Livejournal-Zeitalter, als Blogs eben wirklich noch Online-Tagebücher waren und nicht einfach nur eine Publikationsform unter vielen. Darum habe mich ihnen bisher fast immer verweigert (genauso wie dem “Media Monday”, obwohl ich ihn bei anderen gerne lese).

Ein paar Ausnahmen gibt es: Ich habe mal an der This is How I Work-Parade teilgenommen und mir vor zwei Jahren mal den Luxus gegönnt, meine Medienkonsum-Gewohnheiten aufzuschreiben. Weil es in diesem Stöckchen auch hauptsächlich um die Beschreibung der eigenen Arbeit geht und ich hoffe, dass irgendjemand daraus tatsächlich einen Mehrwert ziehen könnte, und weil mich der Intergalactic Ape-Man so nett gefragt hat und mir schmeichelhafter Weise einen “Best Blog Award” verliehen hat, mache ich eine weitere Ausnahme.

Warum sollte man deinen Blog deiner Meinung nach lesen und welchen charakteristischen Artikel auf deinem Blog sollte unbedingt jeder kennen?

Ich habe mir die bewusste Aufgabe gestellt, mich von anderen Filmblogs zu unterscheiden, indem ich keine Kritiken schreibe. Das ist ganz praktisch, weil ich auch der Meinung bin, dass ich nicht gut darin bin, Kritiken zu schreiben. Stattdessen schreibe ich, wenn ich nicht gerade neue Formate ausprobiere, das, was im englischsprachigen Raum gerne “Thinkpieces” genannt wird, im Grunde kleine Essays, in denen ich eine These vertrete, die oft (fürchte ich) genauso viel über das Untersuchungsobjekt wie den Autoren aussagt. Das ist zum Teil auch etwas, was ich aus meiner Uni-Zeit behalten habe. Ich habe einfach sehr gerne Hausarbeiten geschrieben, mich auf einen Aspekt eines Werkes konzentriert und diesen in einen größeren Kontext gestellt. Und so gehe ich heute noch an Filme heran. Das Endergebnis kommt manchmal einer Kritik recht nahe, ist aber nie so konzipiert.

Man sollte mein Blog also lesen, wenn man bereit ist, meinen Blick auf die Filmwelt zu akzeptieren, das ist im Grunde der Blick eines Möchtegern-Medienwissenschaftlers. Der erste Artikel, in dem sich mein heute favorisiertes “Format” kristallisiert hatte, war meine Statt-Kritik zu The Perks of Being A Wallflower, “Die Annehmlichkeiten des Mauerblümchendaseins” im Oktober 2012. Ansonsten fällt mir immer wieder meine merkwürdige Rechtfertigung von Star Trek Into Darkness ein, in der sich viele meiner Obsessionen widerfinden. Der Artikel heißt “Star Trek Into Darkness ist eine faszinierende Studie des Butterfly Effects (und deswegen besser als ihr denkt)“.

Hast du deinen ersten veröffentlichten Artikel für deinen Blog geschrieben und wovon handelte er?

Mit Sicherheit nicht für mein Blog. Wahrscheinlich für eine Schülerzeitung, aber ich kann mich nicht genau dran erinnern. Mitte der 90er hatte ich bereits eine eigene Website und auch da habe ich schon Artikel und Kritiken geschrieben. Ich glaube meine erste war eine Krtik zu Lost in Space, dem gräßlichen Remake von 1998. Zum ersten Mal von einem “erwachsenen” Medium veröffentlicht wurde ich wohl 2003, als ich ein Praktikum beim “Wiesbadener Kurier” gemacht habe – in dem Artikel ging es um die Hitzewelle des Sommers.

Was motiviert dich, einen Blogpost zu schreiben und was hält dich davon ab?

Mich motiviert die Tatsache, dass ein einmal aufgeschriebener Artikel nicht mehr in meinem Kopf rumspukt und mich abends nicht einschlafen lässt. Und die Tatsache, dass ihn vielleicht jemand liest und sich dann damit auseinandersetzt. Abgehalten werde ich höchstens durch Alltagszwänge – ich habe ja schließlich auch ein Berufs- und ein Privatleben sowie ein paar andere Hobbies.

Was waren die letzten drei Themen, über die du einen Artikel schreiben wolltest, es aber nicht getan hast?

Noch nicht getan hast. Nach meiner Enttäuschung über Rush wollte ich etwas über Peter Morgan schreiben und warum ich seine Art, Realität zu dramatisieren (auch in The Queen und Frost/Nixon) unzureichend finde, aber die These hat sich in mir nicht genug verhärtet und dann war der Moment vorbei, wo der Artikel jemanden interessiert hätte. Ich hebe sie aber für seinen nächsten Film auf. Dann hatte ich irgendwann etwas über virtuelle Produktplatzierung gelesen und wollte der Absurdität dieses Begriffs nachgehen, habe es aber zeitlich nicht geschafft. Und ich hätte sehr gerne etwas über die Schrift im Bild von The Great Gatsby gemacht, die in der deutschen Fassung auch deutsch war. Mich hätte interessiert, wie die Firma, die das gemacht hat, gearbeitet hat – hat sie Fitzgeralds Sätze neu übersetzt oder eine existierende Übersetzung genommen? Wie sahen die unfertigen “Plates” aus, die sie von der VFX-Firma geliefert bekommen haben? Hat die deutsche Sprache ein anderes Arbeiten verlangt, oder ging es relativ einfach? Leider sind meine Recherchen, wer die Lokalisierung eigentlich vorgenommen hat, nach mehreren Kontakt-Versuchen immer irgendwo versandet.

Zu welcher Tageszeit und in welcher Stimmung schreibst du Blogposts und veröffentlichst du die dann auch gleich?

Ich schreibe dann, wenn ich nicht arbeiten muss. Das heißt unter der Woche abends und am Wochenende. Stimmungen können dafür unterschiedlich sein, aber wenn ich richtig schlecht drauf bin, lasse ich es eher. Meistens veröffentliche ich die Artikel sofort, außer es gibt irgendwelche dringenden Gründe (Presse-Embargos, zum Beispiel), die mich daran hindern. Ich bin schon recht eitel und möchte sofort sehen, welche Reaktionen kommen.

Was ist das Teuerste, worüber du gern schreiben würdest oder geschrieben hast?

Ich bin nicht so ganz sicher, wie das Wort “teuer” hier zu verstehen ist. “Teuer” im Sinne von “mir am Herzen liegend” wird es immer, wenn ich über Musik schreibe. Film liebe ich, aber mein Verhältnis dazu ist recht analytisch. Musik hingegen geht bei mir häufig direkt ins Herz, deswegen freue ich mich immer, wenn ich mal beides verbinden kann, wie bei meinem jüngsten Artikel über Moulin Rouge! oder über den “echten” Gesang im Film.

Wenn es um Geldwert geht, sind die Blockbuster, über die ich mit Vorliebe schreibe, sicher ganz vorne dabei. Etwas besonders teures, über das ich gerne mal schreiben würde, fällt mir spontan nicht ein.

Wenn du dir einen Interviewpartner aussuchen könntest, wer wäre es?

Lange Zeit wäre das Danny Boyle gewesen, über den ich mal promovieren wollte, aber Amy Raphael hat mir das mit ihrem tollen Interviewband dankenswerter Weise abgenommen. Heute würde ich mich natürlich am allerliebsten einmal ausführlich mit Kevin Feige, dem Präsidenten von Marvel Studios, unterhalten. Mich interessiert wirklich, wie er tickt und was ihn antreibt. Ich hoffe sehr, das sich die Gelegenheit zumindest für ein Kurzinterview eines Tages mal ergibt. Ganz abwegig ist das ja zum Glück nicht, wenn Marvel weiter Deutschlandpremieren veranstaltet.

Wie denkst du über Promoagenturen, Rezensionsexemplare und Sponsored Posts?

Da ich hauptberuflich PR-Arbeit mache, sehe ich das Ganze als ein Ökosystem, in dem sich einfach unterschiedliche Interessen professionalisiert haben. Im Idealfall funktioniert dieses Ökosystem zum Vorteil für alle. Obwohl es einen als Journalist oft stört, wenn man statt mit seinem eigentlichen Untersuchungsobjekt mit einer Agentur zu tun hat, kann man sich genauso häufig genau darüber glücklich schätzen, denn so wird man wenigstens professionell betreut und viele Dinge werden erst möglich gemacht.

Ich habe mich für mein Blog bisher noch entschieden, auf Promo-Aktionen und Sponsored Posts zu verzichten, weil ich mich nicht davon abhängig machen möchte. Ich denke immer wieder darüber nach, aber es ist mir im Moment noch wichtiger, für mein Schreiben wahrgenommen zu werden, als mit dem Blog Geld zu verdienen. Rezensionsexemplare nehme ich, aber nur wenn ich auch wirklich drüber schreiben will. Wie gesagt: ich will nicht, dass Abhängigkeiten entstehen, solange das hier nur Hobby, Spaß und Selbstverwirklichung und nicht Teil meines Jobs ist. Bei anderen stören mich all diese Dinge nicht, solange sie sich im Rahmen halten. Ich weiß ja in der Regel, was dahinter steckt.

Viele Blogs überleben die ersten zwei Jahre nicht, ein Großteil schläft nach ein paar Jahren ein. Wo siehst du deinen Blog bzw. deine Schreibtätigkeit in fünf, in zehn und in zwanzig Jahren?

Mein Blog ist in den fünf Jahren, die es jetzt existiert, stetig gewachsen und hat eigentlich vor anderthalb Jahren erst so richtig Fahrt aufgenommen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das noch eine Weile so weitergeht – allerdings gibt es auch Dinge die dazwischen kommen könnten, etwa das Kind, das ich vielleicht irgendwann haben werde. Ich werde mit Sicherheit immer schreiben, vielleicht auch mal über andere Dinge als Film und Medien, und ich denke immer wieder darüber nach, auch mal wieder zu versuchen, es zu meinem Hauptberuf zu machen, aber derzeit ist mir das Risiko dafür zu hoch. Im Moment geht es mir mit “Real Virtuality” wirklich gut, aber es könnte auch nur eine Phase in meiner generellen Entwicklung als Autor sein. In zwanzig Jahren bin ich 51. Ob es dann noch Blogs gibt, wir uns längst alle Gedanken gegenseitig direkt in die Köpfe beamen oder in einer post-apokalyptischen Wüste Jagd auf mutierte Kaninchen machen, wer kann das schon sagen?

Wieviel Zeit verbringst du im Internet und würdest du dich als abhängig bezeichnen?

Ich bin, seit ich ein Smartphone besitze, eigentlich immer online. Mein Beruf hat mit Internet zu tun, also verbringe ich sicher gute acht bis zehn Stunden täglich aktiv im Netz. Abhängig fühle mich nicht. Mir fehlt nichts, wenn ich kein Internet habe, solange ich Ersatz habe für die Informationen und die Kommunikation, die dort stattfindet – also zum Beispiel Freunde und Bücher oder Filme. Aber ich bin sicherlich insofern abhängig als dass ich für viele Alltagsaufgaben aufs Netz angewiesen bin und sie neu konstruieren müsste, wenn es wegfiele.

Was bewegt dich derzeit am meisten und warum?

Es gibt viele verschiedene Wege auf diese Frage zu antworten, aber ich will nicht zu privat werden. Also bleibe ich mal dabei, dass mich interessenstechnisch nach wie vor die verschiedenen Aspekte meines geplanten Buchprojekts “Continuity” umtreiben. So sehr, dass mich bestimmte Filme inzwischen fast mehr aufgrund des Drumherums interessieren, als wegen ihres Inhalts (so geschehen bei The Amazing Spider-Man 2). Ich finde das besorgniserregend und hoffe, dass ich den Dämon bald bannen kann, indem ich tatsächlich mal mit dem Schreiben anfange. Außerdem: Die Gefühle von Zugehörigkeit und Gemeinschaft, über die ich gerade mit Blick auf die re:publica geschrieben habe beschäftigen mich weiterhin, vielleicht weil ich mich selbst zurzeit auch ein bisschen neu verorte und sich in einem guten Jahr sowieso wieder viele Achsen in meinem Leben neu ausrichten werden.

Zu Blog-Stöckchen gehört es eigentlich, das man sie weiterwirft und neue Mitmacher nominiert. Hier sollen es elf sein, die man für unterrepräsentiert hält, und elf neue Fragen. Mir fällt aber niemand ein, den ich nominieren könnte, der/die nicht a) schon nominiert wurde und von dem ich b) glaube, dass er/sie mitmachen würde. Daher belasse ich es mal dabei, es haben ja auch schon fast alle teilgenommen.

Foto: Flickr Commons

This Is How I Work

Wer gedacht hatte, so ein Blogosphären-Mem würde einfach an mir vorbeiziehen, hat sich deftig geschnitten. Ich habe nur darauf gewartet, dass mir jemand mal diese Fragen stellt.

Bloggerinnen-Typ: Aca-Fan mit Journalismus im Blut

Gerätschaften digital: Seit mittlerweile fast vier Jahren ein MacBook Pro mit 13″-Monitor, dass ich im Zweifelsfall überall mit hinnehmen kann. Seit Herbst letzten Jahrs ein iPhone 5. Ein Samson Meteor Mic zum Podcasten.

Gerätschaften analog: Mein wichtigster Speicher: mein Hirn, Kugelschreiber, ein Moleskine-Notizbuch, dass ich selten benutze, und wenn ich mal Mindmaps und Flussdiagramme zeichnen muss: alles Papier, was sonst gerade zur Hand ist.

Arbeitsweise: Ich versuche, neben meinem Vollzeitjob mindestens einmal die Woche einen interessanten Beitrag zum Film- und Mediengeschehen zu produzieren, allerdings nicht unbedingt orientiert an aktuellen Trends, sondern einfach zu Themen, die mich umtreiben. Früher hatte ich wechselnde andere Ambitionen, aber seit ich das Gefühl habe, ich werde tatsächlich gelesen (also seit meiner Blogosphären-Aktion im Januar) hat es sich im positivsten Sinne darauf zusammengedampft. Dafür sammle ich jetzt auch viel methodischer Ideen, die mir in den unmöglichsten Momenten kommen, und dafür zwinge ich ich jetzt auch mindestens einmal die Woche für zwei bis vier Stunden an den Rechner (zum Schreiben, die Vorarbeit erledige ich meistens on the go, s.u.). Bisher klappt mein Vorhaben ganz gut, ich habe allerdings Angst, dass mir entweder die Ideen ausgehen oder irgendwann niemand mehr was zum Marvel Cinematic Universe lesen möchte.

Welche Tools nutzt du zum Bloggen, Recherchieren und Bookmark-Verwaltung?

Ich wäre völlig aufgeschmissen ohne Netvibes, mein Feedreader/Monitoring-Überallschreibtisch und Pocket, das seit seiner Umbenennung noch viel genialer geworden ist, und alle Artikel verwaltet, die ich nicht sofort lesen kann oder von denen ich ahne, dass ich sie später mal wieder aufgreifen werde. Außerdem die unsortierten Bookmarks des Firefox, um kurz mal was für später zu speichern (dran denken: hinterher das Sternchen wieder wegklicken) und ordentliches Googeln (statt Durchklicken lieber mit Operatoren arbeiten). Meinen Medienmix habe ich in diesem Blog schon einmal aufgeschrieben.

Wo sammelst du deine Blogideen?

In meinem Kopf, in der Notiz-Funktion meines Handys und seit einiger Zeit auch in WordPress-Drafts.

Was ist dein bester Zeitspar-Trick/Shortcut fürs Bloggen/im Internet?

Ich habe keinen. Mein bester Zeitspartrick ist meine bevorzugte Art zu arbeiten, die darin besteht, dass ich mich in der Regel erst hinsetze und losschreibe, wenn ich den Artikel im Kopf (und manchmal auf dem Papier) schon voll durchkonzipiert habe. Dann muss ich weniger vor der Tastatur sitzen und nachdenken.

Benutzt du eine To-Do List-App? Welche?

Die Erinnerungsfunktion des iPhones, die dann ja auch mit meinem Rechner synchronisiert wird. Aber eher für private Erinnerungen. Auch eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen ich tatsächlich Siri benutze – zum Beispiel wenn mir abends im Bett noch etwas einfällt, woran ich am nächsten Morgen auf jeden Fall noch denken muss.

Gibt es neben Telefon und Computer ein Gerät, ohne das du nicht leben kannst?

Ich spare mir die Hinweise auf diverse Geräte in der (Wasch-)küche und sage: nein. Die zwei Geräte zusammen enthalten alles, was ich für den Standardworkflow brauche. Klar, wenn ich Interviews mitschneide, podcaste, Videos drehe etc. brauche ich natürlich mehr. Und ich mag meinen großen Fernseher. Aber ich habe auch lange ohne gelebt.

Gibt es etwas, das du besser kannst als andere?

Es wäre leichter, zu sagen, was ich nicht so gut kann wie andere, und das ist: genau hinsehen und Filme nur aufgrund von Beobachtungen analysieren. Das kann ich lediglich simulieren und deswegen ist aus mir auch nie ein Filmkritiker geworden. Ich bewundere alljene, die Filme mit Worten einfangen und ihre tieferen Bedeutungsschichten freilegen können. Darin bin ich ziemlich mies.

Ich glaube, ich kann einigermaßen komplizierte Dinge ganz gut erklären; ihnen eine menschliche Brücke bauen. Und ich kann ganz gut einen Schritt zurücktreten, das Ganze betrachten, und versuchen, etwas zu finden, was seinen einzelnen Elementen gemein ist. Deswegen schreibe ich solche Analyse-Stücke auch am liebsten – obwohl ich weiß, dass ich damit manchmal ziemlich daneben liege. Was ich auf jeden Fall gut kann, ist, mich für etwas zu begeistern, und diese Begeisterung für mich zu nutzen. Dinge, die ohne eine gewisse Begeisterung stattfinden, mag ich nicht.

Was begleitet dich musikalisch beim Bloggen?

Wenn ich wirklich analytisch und sprachlich denken muss, nichts. Vor allem nichts mit Gesang. Wenn ich, so wie jetzt gerade, nur eigene Gefühle aufs Blatt bringen muss, darf ein bisschen was Instrumentales laufen, gerne Postrock oder Ähnliches. Im Moment läuft The American Dollar.

Wie ist dein Schlafrhythmus – Eule oder Nachtigall?

Hauptsache regelmäßig. Und mehr als sieben Stunden pro Sitzung (Liegung?). Wenn ich genug geschlafen habe, habe ich kein Problem damit, früh aufzustehen. Und ich mag es, in den frühen Morgenstunden unterwegs zu sein. Mehr, als erst mittags durch die Gegend zu zombien.

Eher introvertiert oder extrovertiert?

Eindeutig extrovertiert. Hätte ich sonst diese Fragen mit Freude beantwortet? Aber ich habe das Gefühl, dass ich das inzwischen ganz gut im Griff habe.

Wer sollte diese Fragen auch beantworten?

Sascha, Denis, Sidney, Christian und Maria.

Der beste Rat, den du je bekommen hast?

Ich hatte viele tolle Förderer und Ratgeber auf meinem Arbeits- und Lebensweg, aber ich kann mich kaum an einzelne Ratschläge erinnern. Aus der jüngeren Vergangenheit ist mir nichts so sehr in Erinnerung geblieben wie Neil Gaimans Rede an der University of the Arts im vergangenen Jahr. Zu dem Bild von dem Berg, auf den man immer weiter zugehen sollte, auch wenn man Gelegengheit bekommt, sich abzuwenden, kehre ich immer wieder zurück, wenn ich unzufrieden bin. Außerdem zu seiner Gleichung, dass man in Kreativberufen pünktlich, nett und qualitativ hochwertig sein muss – und das zwei von drei Eigenschaften genügen (vollkommen ohne falsche Bescheidenheit: ich glaube, ich bin der Typus pünktlich und nett, siehe oben, “was andere besser können”).

Noch irgendwas wichtiges?

Ich liebe das, was ich hier tue, obwohl ich damit direkt kein Geld verdiene. Ich liebe es, dass andere Leute ihre Bloggerei lieben. Ich ärgere mich jedes Mal, wenn die teilweise großartige Arbeit, die von Leuten in ihrer Freizeit in ihren Blogs geleistet wird, als minderwertig abgekanzelt wird. Und deswegen ist es mir so wichtig, dass die Blogger zusammenhalten und sich gegenseitig Mut machen. Und deswegen ist mir auch diese Film-Blogosphären-Kiste, die schon einige erstaunliche Blüten getrieben hat (dazu in ein paar Monaten mal mehr), weiterhin ein Anliegen.

Vier Thesen zur deutschen Film-Blogosphäre

Es gibt keine deutsche Film-Blogosphäre. Ich habe wochenlang überlegt, wie ich diesen Artikel beginnen soll, unter Lese- und SEO-, unter Ego- und Zielpublikums-Gesichtspunkten, aber letztendlich bringt es ja doch nichts, lange um den heißen Brei herumzureden. Ich bin der Meinung, dass die deutschen Medien zum Thema Film im Netz kaum etwas miteinander verbindet, was unter eine “Sphäre” Platz hätte. Mein Bauchgefühl war das schon länger, aber meine Beobachtungen des letzten halben Jahres und die Interviews, die ich geführt habe, haben es zum großen Teil bestätigt.

Das hier ist eine Streitschrift. Aber ich will nicht stänkern. Ich will zum Diskutieren anregen, indem ich zwei meiner Leidenschaften verbinde und Medienjournalismus über Filmjournalismus mache, was viel zu selten passiert. Weil ich zur Diskussion anregen will, habe ich meine Meinung auf vier Thesen zugespitzt und lehne mich für’s erste nur auf die Zitate, die sie bestätigen. Ich hoffe natürlich, dass die kommende(n) Woche(n), wenn ich nach und nach auch die vollen Texte der Interviews hier veröffentliche, tatsächlich über die Thesen diskutiert wird und die Bandbreite der Meinungen damit klarer wird.

Ich weiß, dass – wenn überhaupt – auch auf Facebook und Co. diskutiert werden wird, aber denkt auch daran, dass die zweite Absicht dieser Artikel ist, die deutsche Film-Blogosphäre vielleicht doch noch zu einer zur machen. Hört auf Papa Haeusler.

These 1: Es gibt keine deutsche Film-Blogosphäre

Vielleicht ist meine Wahrnehmung schief, und ich verstehe unter einer Blogosphäre das falsche. Für mich ist das Bild des Netzes wichtig, das einzelne Knoten miteinander verbindet, darüber aber eben das der Sphäre, die wie eine Glocke, wie ein Himmelszelt, über allem schwebt. Wenn man von der “deutschen Blogosphäre” spricht, denken doch hoffentlich alle ungefähr an dasselbe. Die deutsche Blogosphäre, das sind die, die sich jedes Jahr auf der re:publica treffen, ihre Gallionsfiguren sind Leute wie Lobo, Beckedahl, Gröner, Häusler, Borchert – unsere digitale Bohème. Die gehören irgendwie zusammen, denkt man sich so. Die reden miteinander und hecken bestimmt gemeinsam einen Plan aus, stecken unter einer Decke vor allem auch gegen die etablierten Printmedien, die uns immer noch erzählen wollen, Bloggen wäre minderwertiges Schreiben.

Kleinere Blogosphären gibt es wohl auch für bestimmte Themen. Essen. Technik. Gadgets. Medien. Mode. Aber nicht für Film. Zumindest nicht in Deutschland. Im englischsprachigen Raum hat man das Gefühl, dass sich die Blogger untereinander kennen und gleichzeitig jeder für sich und alle zusammen arbeiten. “Ich denke da schwärmend an Comic-Con-Videologs, in denen Autoren von /Film, Collider, First Showing, Joblo und Cinema Blend wie Kumpels zusammenhängen”, schreibt mir Sidney Schering alias Sir Donnerbold. Und fügt dann hinzu: “Das scheint es hier nicht zu geben.”

In Deutschland gibt es höchstens Cluster. Sozusagen: Mini-Blogosphären. Einen dieser Cluster nennt Ciprian “Chip” David von “Negativ”, die “Berliner Elite”. Christoph Hochhäusler, der selbst ein Teil davon ist (und einer der wenigen deutschen bloggenden Filmemacher), nennt sie natürlich nicht so, antwortet aber mit den gleichen Namen wie Chip auf die Frage, ob es eine deutsche Blogosphäre gibt: “Ja die gibt es. Zwischen new filmkritik (als einer der ältesten Seiten dieser Art in Deutschland) und Cargo und critic.de und Lukas Förster und Thomas Groh und The Wayward Cloud und Eskalierende Träume und auch Revolver natürlich gibt es viele Verbindungen.” Und dann schreibt er, es gebe auch “andere Cluster dieser Art” (daher habe ich mir dann auch den Begriff geborgt).

Ein weiterer Cluster gruppiert sich zum Beispiel um moviepilot.de. Zu diesem würde ich die “Fünf Filmfreunde” zählen, das größte deutsche Filmblog, und das einzige, das auf meine Kontaktanfrage leider nicht reagiert hat – denn “Batzman” Oliver Lysiak arbeitet bei Moviepilot, ähnlich wie etwa Jenny “The Gaffer” Jecke. Und ich würde auch noch Sascha Brittner von pewpewpew.de dazuzählen, einfach weil er mit seinem Blog ähnlich erfolgreich ist und auf Twitter von den gleichen Luten verlinkt wird (er hat das selber nie gesagt). Und zu Sascha gehört dann wiederum Stefan Rybkowski und ein paar mehr.

Das “Medienjournal” vereint noch ein paar Leute, die relativ weit weg sind vom “professionellen” Bloggen, aber gerne über Filme im Netz schreiben, die sie mögen, mit seinem “Media Monday”. Kein Wunder also auch, dass Wulf Bengsch von “Medienjournal”, der Meinung ist, dass “die deutsche Filmblogosphäre mehr als quicklebendig ist” und “einen regen Austausch untereinander pflegt”.

Ich glaube aber, dass das nicht stimmt. Es findet insgesamt kein Austausch statt, sondern eben nur in solchen Clustern, die nur sehr wenig Berührungspunkte haben. Einer der Gründe dafür ist meine These zwei.

These 2: Den deutschen Netzfilmschreibern fehlen die deutschsprachigen Leitmedien

Die Frage war eine der kontrovers beantworteten in meinem Mail-Fragebogen. Brauchen wir überhaupt Leitmedien? Ist das Leitmedium einfach “Facebook, Traurig aber wahr” wie Martin Beck meint? Weil dorthin die Diskussion abgewandert ist? Oder sind es einfach die großen amerikanischen Filmseiten wie /film, Twitchfilm oder Collider, von denen alle deutschen Blogs ihre Informationen bekommen (und deren Autoren übrigens – das muss man an dieser Stelle einmal mindestens sagen – bezahlt werden)? Eine definitive Antwort konnte mir jedenfalls niemand geben. Niemand konnte mir eine Seite nennen, die jeder, der in Deutschland über Film bloggt, lesen sollte, einfach aus Prinzip, egal ob er sie gut findet oder nicht (wie etwa turi2 im Medienjournalismus).

Klar, es geht “nichts an den Fünf Filmfreunden vorbei” (Sascha Brittner), aber die “Fünf Filmfreunde” posten Trailer und Infos weiter über einen sehr begrenzten Radius von Filmen, und die Infos kommen fast immer von den US-Seiten. “Es gibt natürlich beliebte Filmblogs und Aushängeschilder wie die fuenf-filmfreunde.de, über die man garnicht nicht stolpern kann, wenn man den deutschen Film-Blog-Wald durchforstet, wie auch die grossen Filmportale wie Moviepilot.de. Letztere sind jedoch viel zu breit aufgestellt, inhaltlich verwässert und selten mit Charakterköpfen besetzt”, sagt Severin Auer von ANIch. Die Antwort? “Wir brauchen mehr und selbstbewusstere Aggregatoren, die eine Art Portalfunktion übernehmen und vielleicht auch bestimmte Fragen ‘plakatieren’, den Streit organisieren, die Arena dafür bieten”, sagt Christoph Hochhäusler.

Das einzig Dumme dabei? Die paar Seiten, die es wirklich versucht haben; die wirklich versucht haben, auf einem hohen Niveau umfangreich zu informieren und zu deutschen Leitmedien neben den großen Printmarken zu werden, sind eingeknickt. Martin Beck, der “so eine Art deutsches Twitch” mit reihesieben.de bauen wollte, stellte fest, dass sich das “einfach nicht stemmen ließ”. Und den prominentesten Untergang (inklusive Wiedergeburt) hatte sicherlich “Negativ”:

“Nach zwei Jahren wurde uns klar, dass ohne angemessene Gehälter die Wenigsten auf Dauer motiviert bleiben, eine immer größer werdende Seite zu betreiben und dass diese Seite sich immer mehr thematisch und qualitativ einem wirtschaftlichen Diktat unterordnet, und sich somit von unserem ursprünglichen Ideal, gut und immer besser über Film zu schreiben, entfernte. Als es klar wurde, dass die wirtschaftliche Ausrichtung in eine Sackgasse führte und das Verfolgen dieses Ziels für einige von uns Selbstdestruktion oder zumindest geistige Stagnation bedeutete, zogen wir die Notbremse.”
– Ciprian David

Wir brauchen also einen guten, deutschsprachigen Aggregator. Ein Must-Read-Blog, das die deutsche Film-Blogosphäre irgendwie über ihre Cluster hinweg eint und Diskussionen befeuert. Denn:

These 3: Die guten Inhalte, die es gibt, werden nicht gefunden

Als ich damit anfing, die deutschen Netz-Filmschreiber zu vermessen, habe ich mir Blogrankings angeschaut und mich von da an weiter vorgearbeitet. Ich fand einiges, was mir gefiel, einiges, was ich langweilig fand. Aber viel interessanter fand ich, dass ich manchmal Monate später noch auf Blogs stieß, von denen ich noch nie zuvor etwas gehört hatte (und nein, sie waren nicht erst in der Zwischenzeit entstanden).

Es ist nämlich mitnichten so, dass alle nur entweder private Filmtagebücher führen oder Trailernews von großen US-Seiten abschreiben (wie ich am Anfang dachte). Nein, es gibt Leute, die fantastische Ideen haben, die mit Stills arbeiten wie die Könige, die interessante Meta-Analysen über ganze Genres oder Epochen fabrizieren. Aber eben auch sehr gute Blogs, die auf bestimmte Themen spezialisiert sind. Es gibt sogar etwas, was mir im deutschen Filmjournalismus generell oft fehlt, den “typischen US-Mix aus Wissen und Passion” (Sidney Schering) – den Willen, Service für unerfahrene zu bieten, diesen aber leidenschaftlich rüberzubringen (zu meinen persönlichen Favoriten gehören, auch der Themen wegen, “Digitale Leinwand” und das Blog eben von Sidney Schering, “Sir Donnerbolds Bagatellen”).

Aber:

Es gibt regen Austausch auf Plattformen wie Facebook zwischen miteinander bekannten (Online) publizierenden Filmnerds, zu denen ich mich auch gerne zähle. Und natürlich gibt es Blogrolls. Aber es fehlen doch ein wenig die Netzwerkeffekte, was möglicherweise mit der grundlegenden Tendenz in Deutschland zusammenhängt, im eigenen Blog oder Magazin nur wenig die Artikel anderer zu zitieren.
– Frédéric Jaeger, critic.de.

Also (und ich kann mich da selber nur mit einschließen): Vertraut nicht auf die Blogrolls, auf die Twitterfeeds und Facebook-Updates. Radikal gesagt: Wer sich nicht zu schade dafür ist, einem neuen Trailer zu Film X einen Blogpost zu widmen (vielleicht auch in der Hoffnung auf Klicks), der kann auch die Arbeit eines Kollegen mit einem Blogpost würdigen. “Natürlich ist es sehr schön, wenn man als relevante Quelle erkannt wird, einige Seiten sind aber auch sehr erfolgreich darin, meine Inhalte umfassend zu kopieren und zu veröffentlichen, natürlich weder zitiert noch verlinkt”, sagt Gerold Marks von “Digitale Leinwand”. “Es ist auch für mich frustrierend, wenn ein lange erarbeiteter Artikel mit viel Rechercheleistung nur ein paar hundert Leser interessiert, das Publikum auf das neue Bild vom nächsten Star Trek-Film aber abfliegt wie Wespen auf Butterkuchen.”

Es ist ein ewig frommer und ewig unerfüllter Wunsch, dass der harte Journalismus mehr (oder genauso viel) Aufmerksamkeit erfährt, wie der grellste Boulevard. Die deutsche Film-Blogosphäre wird ihn nicht erfüllen können, aber sie kann zumindest ihr bestes geben, Juwelen auszugraben. “Da sind schon einige Perlen dabei, die leider nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen”, sagt Sascha Brittner. Allerdings:

These 4: Die nervige Trennung zwischen E- und U-Kultur lebt im Netz fort

Und damit wären wir wieder am Anfang. Einer der Gründe, warum die “Cluster” nicht zueinander finden ist, dass ausgerechnet Film, das Medium, das Pop- und Hochkultur so gut vereint, wie kein anderes, noch immer von verschiedenen Seiten betrachtet wird. Und wer auch immer auf einer dieser beiden Seiten steht, scheint die andere Seite für vernachlässigbar zu halten.

Das Interessante, aber auch Tragische dabei ist, dass es anders als bei der traditionellen Hoch-/Pop-Demarkationslinie beim Schreiben über Film nicht mehr um das Objekt (also den Film) geht, sondern um das Subjekt, also den Autoren. Es geht also um das E und U innerhalb der Kritik. “Das Publikum ist heute sehr ausdifferenziert, entmischt sozusagen, und das schlägt auf das Kino zurück”, schreibt mir Christoph Hochhäusler. Man kann also die gleichen Genres lieben und trotzdem nicht miteinander reden wollen. Ist das nicht zum Kotzen?

Mir ist in meinen Interviews zum ersten Mal der Begriff “Stuntschreiber” untergekommen. Martin Beck von “Reihe Sieben” hat ihn benutzt. “Das sind verzwirbelte Typen, die vor allem dadurch auf die Pauke hauen, dass sie a) möglichst viele Fremdwörter in möglichst lange Sätze packen und/oder b) ihre ‘Meinung’ immmer konträr zur kollektiven Empfindung postieren.” Das klingt übel. Es hat mir zwar keiner so gesagt, aber ich habe das Gefühl, dass die andere Seite über die “Fan-Kultur”, die auf der anderen Seite der Linie herrscht, genauso denkt.

Eine meiner Ursprungs-Thesen, die sich nicht bestätigt hat, ist, dass die Linie zwischen “Profis” und “Amateuren” verläuft, also zwischen denjenigen, die Film oder Medien “gelernt” haben, und denen, die einfach gerne Filme sehen. Ich glaube aber, es ist vielmehr einfach eine Einstellungssache. Ein Mangel an Bereitschaft, andere Sichtweisen zuzulassen. “Reine Filmblogs, noch dazu professionelle oder semiprofessionelle, scheinen mir im deutschsprachigen Raum doch giftiger zueinander zu stehen als US-Seiten”, sagt Sidney Schering.

Zusammenfassend: Bloggen ist in Deutschland immer noch als Niederes Schreiben verpönt. Im Filmbereich liegt das aber auch daran, dass die Film-Blogger keine Lobby haben und sich auch keine Mühe geben, eine zu bilden. Sie mosern lieber herum, statt sich gegenseitig zu unterstützen. Einfacher wäre das natürlich, wenn jemand voranschreiten würde, den es noch nicht gibt, mit dem sich aber FilmwissenschaftlerInnen und Fanboys und -girls gleichermaßen arrangieren könnten. Vielleicht kommt ein derart messianisches Blog eines Tages des Wegs, vielleicht nicht. Aber es könnte auf jeden Fall besser sein, als jetzt. Oder?

“Die unhaltbaren Missstände in der Filmpolitik und der Filmkultur fördern hoffentlich die vereinende Kraft zutage, gegen sie aufzubegehren. Das ist eine Utopie, mit der ich mich identifizieren kann: ein Kampf freilich, aber ein gemeinsamer.” – Frédéric Jaeger, critic.de

Disclaimer: Ich entdecke täglich neue Filmseiten. Es ist also hoffentlich klar, dass es nicht beabsichtigt ist, dass ich manche Ecken der deutschen Filmblogosphäre wahrscheinlich völlig unbeleuchtet gelassen habe. Ciprian David kenne ich persönlich, wir haben ein oder zweimal lose gemeinsam über das Thema diskutiert.

Meine erste persönliche Bilanz gibt es hier.

Goodbye 2012. Hello 2013!

Ich wünsche allen Lesern dieses Blogs ein gutes und erfolgreiches neues Jahr!

Ich folge Johnny Häuslers Aufruf und werde auch 2013 dieses Blog weiter regelmäßig nutzen, um meine Gedanken zu Filmen und Filmtrends zu formulieren, in meiner “Quotes of Quotes”-Serie Zitate zu kommentieren, die ich interessant finde, und meine sonstigen Aktivitäten an einem Ort zu sammeln.

Ich habe mir für 2013 schon jetzt Einiges vorgenommen. Noch im Januar möchte ich mich endlich einem Thema annehmen, das ich schon seit mindestens einem Jahr im Auge habe: eine Betrachtung der deutschsprachigen Film-Blog-Landschaft in einer Serie von Interviews und Artikeln, die sich – wenn alles gut läuft – über mehrere Monate ziehen könnte. Im Mai wird außerdem meine Excel-Tabelle, mit der ich alle Filme registriere, die ich gucke, 10 Jahre alt, was ich für eine gute Gelegenheit halte, mich endlich mal in Datenjournalismus und Infografiken einzufuchsen.

2013 wird also gut, aber wer jetzt erst zuschaltet, dem möchte ich ganz unbescheiden noch einmal meine persönlichen Blog-Highlights des vergangenen Jahres ans Herz legen. Jeder Klick, der nicht durch die Suche nach “jennifer connelly naked” entsteht, freut mich doppelt.

Navel Gazing: A Media Consumption Case Study (of Myself)
In vier Teilen habe ich mein persönliches Mediennutzungsverhalten aufgeschrieben.

John Carter and Company: Hype, Expectation and Forgiveness
Ein Ratgeber zum Umgang mit übererwarteten Blockbustern.

The Avengers: The Astounding Culmination of an Extraordinary Venture
Mein definitiver Text zu meinem Film des Jahres.

Why Bilingual Blogging Sucks
Der Text, der dazu führte, dass ich jetzt wieder hauptsächlich auf Deutsch blogge.

David Bordwell comes to Mainz and supports my Meta-Fandom
Vielleicht mein geekigster Moment 2012.

“Wired” ist in Deutschland immer noch tired (und klaut)
Mein erfolgreichster Blogartikel aller Zeiten, dank einer Verlinkung im BildBlog. Hier die Statistik, was das bedeutet.

I like Evangelisch: Angebote der Kirche im Bereich Social Media
Mein Vortrag vom 2. Evangelischen Medienkongress in voller Länge.

Die Sehnsucht des Kinos nach dem Untergang
Gedanken zu einem der dominantesten Zeitgeist-Trends 2012.

Die Annehmlichkeiten des Mauerblümchendaseins
Über den Archetypen des High-School-Outsiders anhand von The Perks of Being a Wallflower.

Die deterministischen Schräglagen von Ralph Reicht’s
Warum der neueste Disney an seinem Übermaß an internen Regeln erstickt.

Alex und Bernd besprechen das Filmjahr 2012
Der dritte Real Virtuality Podcast.

Genießt euer barockes Kino, so lange ihr noch könnt!
Ein Plädoyer für den überbordenden Film der Gegenwart.

Was vom “BildBlog” übrig bleibt

Mein Artikel “‘Wired’ ist in Deutschland immer noch tired (und klaut)”, den ich in der Nacht des vergangenen Samstag in einem Anfall von Kragenplatzen in die Tastatur gehackt hatte, wurde am Dienstag in der Rubrik “6 vor 9” eines der ersten und – ich schätze nach wie vor größten – Blogs Deutschlands verlinkt, dem “BildBlog”. Es hat mich sehr gefreut, dass mein Thema anscheinend von Kurator Ronnie Grob als relevant genug eingestuft wurde. Auf Facebook habe ich gewitzelt, dass ich den Punkt “vom BildBlog verlinkt werden” jetzt auch von meiner Bucket List streichen kann, und natürlich ist ein bisschen Aufmerksamkeit auch immer gut für’s Ego.

Da mir eine solche Verlinkung zum ersten Mal passiert ist, dachte ich mir, ich schreibe mal kurz eine Zusammenfassung dessen auf, was das ganze auf meiner Seite des Links ausgelöst hat. Vorweg: An normalen Tagen hat mein Blog 20 bis 30 Pageviews pro Tag – eine gewisse Anzahl fast immer über Google Image Search, die nach Jennifer Connelly Naked oder Ähnlichem suchen.

Am Tag der Bildblog-Verlinkung kletterte diese Zahl auf

2.271 Pageviews.

Mein “busiest day” ever, laut WordPress. Insgesamt wurde der Artikel seit Veröffentlichung

2.646 Mal

angeklickt. Ich hoffe/vermute, dass er meistens auch gelesen wurde. Als ich die Verlinkung sah, stellte ich mich drauf ein, mich für meine Meinung gegen eine Flut von Trollen rechtfertigen zu müssen, aber das war nicht der Fall, denn insgesamt rief der Artikel dann doch nur

4 Kommentare

hervor (einen davon von einem Kollegen, den ich direkt nach seiner Meinung gefragt hatte). Ich weiß nicht, ob das daran lag, dass er nicht so furchtbar polemisch war (ich bin kein guter Polemiker, eher ein Analytiker, und wenn ich mal polemisch werde ende ich meistens damit, mich dafür auch ein bisschen zu entschuldigen), oder einfach an der üblichen 90/9/1-Kultur des Netzes.

Ein bisschen schade fand ich das schon, ich hatte mich auf den vielbeschworenen Austausch und Rückkanal des Netzes gefreut. Dass der bei 20 Hits pro Tag verhalten bleibt, hat mich nie gewundert. Aber bei 2.200 Hits dachte ich: Da passiert mal was.

Inwieweit mir die Verlinkung erweiterte Publicity gebracht hat, kann ich nicht genau sagen. Ich habe einen neuen Follower bei WordPress (aber nicht jeder benutzt WordPress), aber leider

keine neuen Follower

bei Twitter gewonnen (was ich eher erwartet hätte). Ob ich in den Feedreadern weiterer Leute gelandet bin wird sich wohl erst zeigen, wenn ich wieder neue Artikel poste. Grundsätzlich kann ich aber auch verstehen, dass diejenigen, die wegen eines Medienartikels hierher gekommen sind und dann sehen, dass ich hauptsächlich über Film blogge und twittere, sich gegen eine Verfolgung entscheiden.

Last but not least fand ich die Durchklick-Rate interessant. Von den über 2.000 Menschen, die am Dienstag den Artikel angeklickt haben, in dem ich jemandem im Grunde Plagiarismus vorgeworfen habe, haben sich gerade mal

24 den Originalartikel angesehen.

Vielleicht kannten ihn manche auch schon, immerhin lief er Ende Februar durchs Netz, aber die Zahl fand ich dann doch erschreckend klein. Etwas interessanter (36 Klicks) schien einigen Christian Jakubetz’ Blogeintrag, den ich hinter “ordentlichen Arbeitsbedingungen” verlinkt hatte. Und jeweils unter 20 Menschen klickten sich zu den Podcasts durch, die ich als Belege für die “Wired”-Strategie verlinkt hatte.

Von wem ich mir natürlich eine Reaktion erhofft hatte ohne wirklich damit zu rechnen – der Redaktion der dritten deutschen “Wired” – kam erwartungsgemäß nichts. Immerhin: Chefredakteur Alexander von Streit folgt mir jetzt auf Twitter. Der Autor des von mir angegriffenen Artikels, Michael Moorstedt, ist im öffentlichen Social Web nicht sehr stark unterwegs (gut, muss man jetzt auch nicht, so als “Wired”-Redakteur), deswegen konnte ich ihn schlecht direkt ansprechen. Wäre ich er weiß ich aber auch nicht, ob ich auf einen Anpinkler wie mich reagiert hätte.

Ich will mich nicht beschweren, aber der insgesamte Mangel an Feedback trotz so vieler Klicks hat mich dann doch gewundert. Andererseits: Ich weiß, wie viel ich im Netz lese ohne zu kommentieren. Also bin ich wahrscheinlich selbst daran (mit) Schuld.

Stuff I learned this week – #11/11