Nachdem ich zuletzt mal aufgeschrieben habe, welche Podcasts ich so höre, dachte ich, ich mache das gleiche mal mit Newslettern. Newsletter haben bei mir zunehmend die Rolle eingenommen, die früher Blogs hatten, sowohl für die Meinung spezifischer Autor:innen, als auch für Linkempfehlungen.
Ich habe vor vielen Jahren aus Zeitgründen aufgehört einen Feedreader (mein bevorzugter war Netvibes) zu benutzen bzw. regelmäßig aufzurufen, und einzeln steuere ich Blogs nicht mehr an. Newsletter aber liegen in meinem Postfach, so lange bis ich sie gelesen habe, und das ist gut so. Es ergänzt sich auch gut mit meinem Artikel-Speicher Pocket, da ich alles Relevante so in zwei Apps auf meinem Telefon lesen kann.
Ich habe versucht, ein paar Überkategorien zu definieren, aber über manche Newsletter bin ich auch einfach unabhängig vom Thema gestolpert. Besonders empfehlenswerte habe ich mit einem 🚀 markiert. Über weitere gute Tipps freue ich mich in den Kommentaren. Außerdem frage ich mich natürlich, ob ich selbst einen schreiben sollte – oder ob es reicht, regelmäßig darauf hinzuweisen, das man dieses Blog per E-Mail abonnieren kann (linke Seitenleiste).
Karen schreibt ihren Newsletter nicht regelmäßig, aber wenn er mal erscheint ist er immer voll mit richtig guten Ratschlägen und Gedanken rund um narratives Podcasting.
David und ich kennen uns schon sehr lange, und auch wenn ich seinen marketing-gesättigten Stil in diesem Newsletter nicht immer gut finde (das weiß er auch), liefert er mir regelmäßig neue Ideen, was ich in der Podcast-Vermarktung mal ausprobieren könnte.
Gregor denkt über KI mit dem Kopf eines Kulturjournalisten nach. Seine Texte sind sehr konkret und trotzdem voller origineller Gedanken. Dazu gibt es gute Links.
Ein Politikwissenschaftler, der sich momentan schwerpunktmäßig mit dem Technologie-Optimismus der 90er beschäftigt. Immer sehr gut argumentiert und fundiert.
Ein kleiner Nachdenktext meist zu aktuellem Fernsehen und manchmal noch gute Linktipps. Ich lese den Newsletter, obwohl ich den Podcast seit langem nicht mehr höre.
Machen wir es kurz und schmerzlos: Mein Filmjahr war nicht sehr ergiebig (Letterboxd verzeichnet 51 Filme), aber es waren schon genug Filme dabei, die mir gefallen haben. An der folgenden Liste finde ich erfreulich, dass drei Filme in der Top 4 von Regisseurinnen stammen. Killers of the Flower Moon ist der Film, den ich direkt nach dem Ansehen am kritischsten bewertet habe, der aber durch weiteres Nachdenken und drüber reden gewachsen ist. Dungeons and Dragons ist sicher filmisch nicht wirklich viel großartiger als einige Filme, die weiter unten auf der Liste stehen, aber er hat mir einfach sehr viel Spaß gemacht, und ich freue mich darauf, ihn mit anderen Leuten erneut zu sehen.
Dass Banshees of Inisherin und Past Lives mich bewegt haben, sagt ein bisschen was darüber aus, dass Freundschaft für mich ein wichtiges Thema bleibt. Über diese Filme denke ich auch immer wieder nach, insbesondere Past Lives. Hingegen sind Asteroid City (Podcast) und The Fabelmans (Podcast) Filme, die ich mochte, aber die nicht mehr wirklich nachhallen. Dass Across the Spider-Verse es nicht schafft, seine Geschichte innerhalb eines sehr langen Films zu Ende zu erzählen, spricht nicht für den Film, aber irgendwie fand ich das Ding trotz aller Kritik doch irgendwie beachtlich (Podcast).
Eine weitere große Freude des Filmjahres: Immer mehr Kinobesuche und Heimvideonachmittage mit Kind (5). Man schaut zwar auch Quatsch wie Elemental oder sogar PAW Patrol: The Mighty Movie, aber wer weiß, wann ich sonst endlich mal den fantastischen Kikis kleiner Lieferservice nachgeholt hätte. Ich freue mich drauf, in den nächsten Jahren meinen Filmkonsum einfach mit Kind langsam wieder hochzufahren.
Alle Jahre wieder kommen die Jahresrückblicke auf das Blog nieder. Wie jedes Jahr blicke ich zuerst auf Musik. Und wie die letzten Jahre habe ich, ehrlich gesagt, weder Zeit noch Lust, viel zu schreiben. Es gibt eine Playlist. Wer Interesse an meinem Musikgeschmack hat, kann sie sich anhören. Ich habe sie extra auf Spotify geklont, damit auch Menschen, die nicht bei Apple Music sind, reinhören können.
In der Liste findet man wie immer meine typische Mischung aus Pop und Indierock nebst zweier Soundtrack-Queues – obwohl nämlich TheSuper Mario Bros. Movie sonst nicht viel hatte, was für ihn sprach, zumindest Bryan Tylers Verwebung der alten Videospiel-Musik mit einem symphonischen Score hat meinen Respekt verdient. Im April habe ich mich außerdem für LÄUFT durch die Beiträge zum Eurovision Song Contest gehört und dabei zwei Schmachteballaden gefunden, die mir gefallen. Prog ist wie schon in den letzten Jahren kaum noch Teil meines täglichen Musikmixes, wenn ich nicht gerade gezielt in bestimmten Phasen in das Werk einer meiner früheren Favoriten abtauche – dieses Jahr habe ich immerhin eine Band entdeckt, deren Sound mir gefällt: Dream the Electric Sleep, die man aber auch Problemos einfach als Heavy Rock labeln könnte.
Hervorheben muss ich, dass 2023 erstaunlicherweise mal wieder ein Jahr war, in dem ich ganze Alben liebgewonnen und gehört habe. Die Band KNOWER, ein Duo aus Louis Cole (Schlagzeug) und Genevieve Artadi (Gesang), war meine große Neuentdeckung des Jahres. Ich habe mich auch durch ihren gesamten Back-Catalogue gehört, aber keins ihrer bisherigen Alben ist so großartig wie das diesjährige KNOWER FOREVER, das deswegen auch ausnahmsweise zweimal auf der Playlist vertreten ist. Durch meinen übermäßigen Knower-Konsum hat mir Apple Music auch mal wieder regelmäßig diverse Jazz-Künstler vorgeschlagen, von denen ich auch einige ganz gerne gehört habe. Yussef Dayes’ Black Classical Music will ich in den nächsten Wochen noch mal in Ruhe von Anfang bis Ende hören.
Auch die britische Supergroup FIZZ und ihr Debütalbum The Secret of Life fand ich absolut großartig. Da ich zwei der Mitglieder, Dodie und Orla Gartland, eh schon mochte, haben die FIZZes bei mir natürlich offene Türen eingerannt, aber der ganze Sound der Band lebendig, stark und macht Bock, das Album immer wieder zu hören. Die Secret Sauce ist meiner Ansicht nach übrigens Drummer Matthew Swales, dessen ausladender Stil die Songs einfach immer noch einen Hauch interessanter macht (ähnlich wie Zac Farro bei Paramore). RAYEs Album My 21st Century Blues (und die dazugehörige Live-Fassung mit Orchester) muss man vermutlich an dieser Stelle nicht extra promoten, ähnlich wie Peter Fox’ Love Songs, dessen bester Track ja schon letztes Jahr auf meiner Bestenliste war.
Schließlich haben noch zwei Künstler beeindruckende Alterswerk-Alben hingelegt, die ich beide sicher auch noch viele Male hören werde. Einmal Paul Simon mit seinem ruhigen und reflektiven Seven Psalms, dessen Tracks es auch in Streamingdiensten nur am Stück zu hören gibt, und dass das ideale Album für dunkle Abendstunden ist.
Und dann Peter Gabriel mit I/O – der dabei auch wieder mal ausprobiert hat, wie man Musik neu denken kann. Einen Track pro Monat über ein ganzes Jahr zu releasen gibt einem als Hörer die Möglichkeit, sich dem Album langsam zu nähern, bevor man es als Ganzes wahrnimmt (was ich auch an der “Waterfall” Release-Strategie anderer Künstler sehr mag). Und zwei Mixe des gleichen Albums zu veröffentlichen (Bright Side und Dark Side) ist natürlich für jene, die Gabriels ohnehin immer interessante Produktion schätzen, reinste Katzenminze. Musikalisch ist I/O gar nicht so besonders und klingt genau wie Gabriel auch sonst seit So oder spätestens Us geklungen hat, aber da es die erste wirklich neue Musik des Musikers seit über 20 Jahren ist, ist es ein sehr willkommenes Wiedersehen, für mich vor allem in den etwas treibenderen Songs.
Hier ist die ganze Liste:
RAYE – Oscar Winning Tears
FIZZ – High in Brighton
KNOWER – I’m the President
Paramore – This is Why
Quiet Houses – Hot and Clumsy
The Beths – Watching the Credits
I spend all night cutting up edits Watching the credits to find direction in my existence
The Beths – Watching the Credits
Polinski – Distant Friend, I love you
Brian Tyler – Press Start
Marco Mengoni – Due Vite
Mia Nicolai & Dion Cooper – Burning Daylight
Gracie Adams – Amelie
The Heavy Heavy – Desert Raven
CVC – Sophie
Ratboys – Black Earth, Wi (bestes Gitarrensolo des Jahres)
Emily King – Medal
Asake – Lonely At the Top
Peter Gabriel – I/O (Dark-Side Mix)
Stuff coming out, stuff going in I’m just a part of everything
Peter Gabriel – I/O
Miss Grit – Syncing
Yes – Circles of Time
Daniel Pemberton – Spider-Woman (Gwen Stacy)
Dream the Electric Sleep – Beyond Repair
Miya Folick – So Clear
Alfredo Rodriguez – La Bilirrubina
Peter Fox – Toscana Fanboys (feat. Adriano Celentano)
Was uns Machine Learning und Big Data nicht alles ermöglicht. Es ist jetzt zum Beispiel kein Problem mehr, einfach alle Songs, die seit dem 1. Januar 2001 erschienen sind, in eine Black Box zu füttern und nach einigen Tagen Rechenzeit eine völlig objektive Liste herauszubekommen mit den absolut besten Songs, die diese Zeit hervorgebracht hat. Wissenschaftler haben genau das jetzt gemacht, und hier ist das Ergebnis. (Quelle)*
21. KNOWER – I’m the President (KNOWER Forever, 2023)
Eine erstaunliche Symbiose aus Funk, Pop und Jazz-Geist mit teilweise sehr witzigen Lyrics.
20. Eminem – Lose Yourself (8 Mile, 2002)
19. PeterLicht – Alles was du siehst gehört dir (Melancholie und Gesellschaft, 2008)
Ein wenig Kalenderspruch-Poesie, aber auf eine so liebliche Akkordfolge geträllert, dass man weich wird.
18. Dan Auerbach – Shine on Me (Waiting on a Song, 2017)
Der einfachst-mögliche Drei-Noten-Refrain und dazu ein wenig Gitarre von Mark Knopfler, fertig ist der ultimative Gute-Laune-Ohrwurm.
17. Frost* – Hyperventilate (Milliontown, 2006)
Für die einen eine Fingerübung (der Song enthält alle Taktarten von 2/4 bis 7/4), für die anderen der ultimative Abhebe-Song.
16. Leslie Odom Jr. – Wait For It (Hamilton: An American Musical (Original Broadway Cast Recording), 2015)
Wenn Musical Theatre in dieser Liste auftauchen würde, war irgendwie klar, dass es dieser Song sein müsste.
15. Porcupine Tree – Blackest Eyes (In Absentia, 2003)
Der ultimative Melancholie-Rocker für junge Erwachsene.
14. Maroon 5 – Kiwi (It Won’t Be Soon Before Long, 2008)
Nicht als Single veröffentlicht, aber unglaublich sexy und funky, allein dieses Gitarrensolo am Schluss.
13. Dave Matthews Band – Shake Me Like A Monkey (Big Whiskey and the Groo Grux King, 2009)
Die letzte dicke Power-Rakete, die die Band abgefeuert hat, bevor sie ein wenig in der Midtempo-Mittelmäßigkeit versunken ist. RIP LeRoi Moore.
12. Johnossi – Man Must Dance (Johnossi, 2006)
Ein kleiner, dummer Song über den Urtrieb des Tanzens, der aber leichtfüßiger nicht sein könnte.
11. Wir sind Helden – Aurélie (Die Reklamation, 2003)
Basierend auf einer wahren Geschichte.
10. Selena Gomez – Bad Liar (Rare, 2020)
Angeblich ist die Basslinie von “Psycho Killer” geklaut, aber das Lied ist trotzdem ein ganz anderes, irgendwie quirky, sex und cool.
9. Beatenberg – Ithaca (The Hanging Gardens of Beatenberg, 2014)
It’s a whole mood.
8. The Shins – Saint Simon (Chutes too Narrow, 2003)
Wird diese Band dein Leben verändern? Nein, aber der Song ist schon sehr schön.
7. Half•Alive – Still Feel. (Now, Not Yet, 2019)
6. The Mountain Goats – No Children (Tallahassee, 2002)
Noch so ein melancholischer Song für junge Erwachsene, aber ganz anderer Stil.
5. Taylor Swift – Shake It Off (1989, 2014)
4. Ryley Walker – Primrose Green (Primrose Green, 2015)
3. Everything Everything – MY KZ, UR BF (Man Alive, 2010)
And he was looking at me, like, whoa!
2. Aoife O’Donovan – Magic Hour (In the Magic Hour, 2016)
1. 65daysofstatic – Retreat! Retreat! (The Fall of Math, 2004)
Das beste Instrumentralstück aller Zeiten und der Grund für diese Liste.
* Nein, das sind einfach 21 Songs, die ich sehr gerne mag. Aber hättest du mit der Prämisse auf den Artikel geklickt? Das ist mein Musikgeschmack. Wie ich immer wieder feststelle: sehr weiß, entweder folky oder sehr auf musikalische Verspieltheit ausgelegt, episch und dramatisch. Vielleicht magst du einen der Songs ja auch.
Im #Podcapril habe ich (wie im letzten Jahr auch) einen Monat lang in neue Podcasts reingehört, die mir an verschiedenen Orten empfohlen wurden, um meinen Horizont zu erweitern und mir konzentriert einen unsortierten Überblick zu geben. Ein paar allgemeine Gedanken habe ich schon aufgeschrieben. Dies ist die Extrapolation meines Twitter-Threads aus Höreindrücken. Ich habe von jedem Podcast nur eine Folge gehört – diese kurzen Eindrücke als echte Rezensionen zu verstehen, wäre also unfair und würde zu kurz greifen.
1plus1 – Heinz Strunk und Cathy Hummels / Das Konzept ist genial und auch wirklich neu, aber wenn es beinhaltet, dass ich zwei Personen zuhören muss, die ich nicht sympathisch finde, steige ich auch aus und habe keine Lust, weiterzuhören.
1 auf die Ohren – Sido / Gleicher Fall. Eigentlich eine clevere Idee, bei Quizshows rate ich immer gerne mit, aber ich war froh diesen Menschen irgendwann nicht mehr zuhören zu müssen.
The Prince #1 / Erwartungsgemäß sehr gut. Würde ich sofort weiterhören. Aber auch: Die Kombi aus chinesischen und australischen Akzenten mit chinesischen Worteinsprengseln und Namen verlangt einem eine hohe Konzentration ab.
Außer Tresen nichts gewesen #1 / Ich bin überrascht. Von allen “Leute labern über alles und nichts”-Podcasts, in die ich reingehört habe, spricht mich dieser hier mehr an als gewohnt. Muss am Alter liegen. So wirklich Lust, weiterzuhören habe ich trotzdem nicht.
The Town – Video Games / Eigentlich sollte mich diese Art von Filmindustrie-Insidertalk total interessieren, aber obwohl ich den Inhalt tatsächlich ganz spannend fand, geht mir der ganze Swagger dieser Analysten-Typen tierisch auf den Keks.
My Mother Made Me – I can do anything / Personal-Essay-As-Podcast, immer gern gesehen, aber der Tonfall ist nicht meiner und für daa Thema bin gerade nicht empfänglich.
Too Many Tabs – Wachs-Hitler/Toilettengeist / Ja, das würde ich öfter hören, wenn die Zeit es erlaubt. Die Low-Key-Witzigkeit gepaart mit Trivia-Geschichten. Gutes Format, sympathische Menschen. Werde ich mal abonnieren.
Ehrenwort – Graf-Affäre / Variation des Formats, in dem ein Host dem anderen etwas erzählt und dieser darauf reagiert, dadurch lehrreich und unterhaltsam, aber halt auch nicht wirklich anders als „Geschichten aus der Geschichte“ mit Themenfokus. Zeigt aber auch, wie ergiebig die Formatidee ist.
Parlamentsrevue#18 / Wertvolles Format, echter Citizen Journalism, auch Einiges gelernt, wäre mir aber auf Dauer zu kleinteilig und zu ausführlich. Und ich merke: Bei solchen Themen höre ich – allerdings eher aus Effizienz-Gründen – immer noch lieber Expert:innen zu, als selbst-benannten Nicht-Expert:innen.
Edgar Wallace Seine Nachbarn / Ein Eintrag aus dem beliebten Genre “Sehr detailliert nacherzählen und dabei semi-qualifiziert abnerden” – deswegen aber wohl auch nur für Nerds und Kumpels interessant. Ich kenne die Filme ja nur aus “Otto – Die Serie“, Ältere erinnern sich.
Imaginary Advice – The True Crime of Your Frozen Death / Ein fantastisches Experiment mit internationalem Audio-Storytelling. So abgestimmt, dass man sie auch versteht, wenn man die Sprache nicht spricht. Sollte jeder mal hören! Chapeau!
Japan Podcast – Essen gehen / Service-Journalismus als Podcast. Lehrreich und sympathisch. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen.
Suchverlaufen – Flix / Ein fröhliches Interview mit einem sehr reflektierten Menschen. Leider kam mir der Aspekt „Recherche“ aus dem Podcast-Titel doch deutlich zu kurz.
Geld ganz einfach – Vier Töpfe / Gute, freundliche Ansprache und einleuchtend erklärt. Habe mir selbst auf die Schulter geklopft, weil ich meine Finanzen im Wesentlichen schon so manage. Vielleicht vom Sparkonto mal ein neues Mikro kaufen.
Whovians Assemble #4 – Eventuell mögen Dr.-Who-Fans mit ihrer ultralangen komplexen Serie es enzyklopädisch. Mir war es zu viel Auf- und Nacherzählung, zu wenig Interpretation oder Kommentar.
Futur II – Barbarella/Ice Pirates / Die zwei total netten Hosts retten dieses Format und machen es irgendwie unterhaltsam, obwohl es ebenfalls fast ausschließlich aus Nacherzählungen besteht. Ich hatte in diesem Fall beide Filme nicht gesehen, und habe sie so kennengelernt – kann also nicht sagen, ob ich es auch gut gefunden hätte, wenn ich die Filme gekannt hätte.
Niemand wird verurteilt #5 / Ich finde das Konzept nett und einleuchtend – im Grunde eine Call-In-Show gepaart mit Paargesprächen – aber mir sind die beiden Sprechenden dennoch nicht nah genug, als dass ich über den reinen Voyeurismus hinaus übermäßig Lust hätte, ihnen länger zuzuhören.
Der PodcastPodcast #1 / Hurra, freu mich , dass es dieses Format gibt und bin gespannt, was noch alles kommt.
Klenk und Reiter #12 / Ob ich dieses morbide Rumwitzeln so wirklich gut finde, weiß ich nicht, aber an sich treffen sich hier ein guter Moderator und ein guter Geschichtenerzähler – und ich weiß nicht, wie oft ich noch “lehrreich und unterhaltsam” schreiben kann.
Bosettis Woche #40 mit Jürgen Becker / Charmanter Wochenrückblicks-Podcast aus der Kategorie “öffentlich-rechtlich aber locker”, der mich deswegen in meiner zunehmenden Boomerisierung gut abholt. Könnte ich regelmäßig hören, wenn mein Wochenende nicht mit anderen Podcasts schon so voll wäre. Auf jeden Fall lohnenswert, würde ich auch weiterempfehlen.
Der Bobcast – Aztekenschwert / Hab gedacht, dass ich mich hier als Niemals-???-Hörer durchkämpfen muss, aber tatsächlich ist das spannende Hörspiel- und Synchronsprechgeschichte in Anekdotenform. Tolles Format!
Midlife – Dicker als Wasser / Thematisch interessanter, produktionsmäßig ambitionierter Versuch, lockeres Gespräch und gebauten Beitrag miteinander zu verbinden. Klappt mal so, mal so, Sound leider auch durchwachsen, aber insgesamt Respekt.
Serienpodcast – 3. März / Ich mochte Analysetiefe und Tempo in der Besprechung, vor allem der ersten zwei Serien, im Sweet Spot zwischen Servicejournalismus und eigener Rezeptionsspiegelung. Sehr gelungen.
Science S*heroes – Amrei Bahr / Obwohl ich Gästin und Thema interessant fand, bin ich ins Interview nicht gut reingekommen. Für meinen Geschmack zu viel Insider-Gespräche ohne Erklärung für unbedarfte Zuhörnde, zu viel Koreferat (beides bemerkt und korrigiert, aber trotzdem) und teilw. hackig geschnitten. Evtl. lag die Zugänglichkeitsbarriere am speziellen Thema der Folge.
Risk! – State of Emergency / Lustigerweise der erste Personal-Storytelling-Podcast, den ich jemals gehört habe und ich stelle fest, dass es in so großen Dosen nicht mein Ding ist. Danke fürs Schließen der Lücke,
3W6 – Ten Candles / Ich hab auf jeden Fall sehr viel Lust bekommen, das Spiel zu spielen, auch wenn es vor lauter Enthusiasmus der Hosts ein wenig durcheinander erklärt wurde. Für den Enthusiasmus gibt es aber auch einen Sympathiebonus.
Spreepolitik – 3. März / Ich habe mich sehr gefreut zu erfahren, dass es diesen Podcast überhaupt gibt. Wenn ich mal wieder eine Einordnung zu den Geschehnissen in meiner Stadt brauche, schalte ich sicher wieder ein. Danke für den Hinweis,
Wüste Texte – 0+1 / Hier fand ich die Idee dahinter deutlich interessanter als die letztendliche Ausführung, aber das mag an der Nähe zu einer bestimmten Szene in der Phantastik-Rezeption liegen, von der ich mich über die Zeit entfremdet habe. Außerdem waren die Hosts leider nicht auf dem neuesten Stand und sowas wurmt mich immer ein bisschen. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war Neil Gaiman schon länger von Amanda Palmer getrennt und sogar seit einem halben Jahr offiziell geschieden.
Scambit #1 / Scambit macht vieles richtig, allem voran die Mission, Nerdiges unterhaltsam aufzubereiten, selbst wenn es am Ende keine große Enthüllung gibt. Auch in Sachen Dramaturgie und persönlich motivierte, angenehme Abgedrehtheit ganz auf der Höhe und besser als vergleichbare Studio-Bummens-Produktionen.
Bolzer, Bomber, Ballartisten #41 / Quiz-Podcasts machen immer Spaß, und dieser ist keine Ausnahme. Auch wenn ich kaum was weiß, ist die Spannung und der Jubel spürbar. Nur der Sound ist leider stark verbesserungsfähig.
Wrestling Talk Radio #1143 / Hier habe ich nach 30 von 270 Minuten ausgemacht, weil die zwei Hosts auch genausogut Tagalog hätten reden können. Ich weiß, dass es ein liebendes Publikum für diese überlangen, verlaberten Spezial-Podcasts gibt. More Power to them, ich bin es nicht. Ich wäre es auch nicht zu einem Thema, in dem ich ebenfalls Nerd bin.
Hörfehler #163 / Interviewpodcast zu Fußballthemen, die eher ums Spiel herum stattfinden. Entspannt zu hören, freundlich und zugewandt. Etwaige Zwischentöne entgehen mir natürlich völlig.
Viele Leben #1 / Zugang zu einem hochfaszinierenden Thema, das mehr Beachtung verdient hat. Vorschlag: Statt “Die Nullnummer” den ersten Podcast im Feed besser “Bitte vor dem Hören der anderen Folgen hören” nennen, denn darin wird alles erklärt, was mich in #1 irritiert hat. Grundsätzlich finde ich den Ansatz “Wir wollen nicht immer alles erklären, damit die Interviewpartner entspannt sprechen können” total verständlich, aber er ist auch ausschließend, wenn man den Hörenden nicht wenigstens ein paar Hilfsmittel an die Hand gibt – zum Beispiel einen Hinweis auf die Erklärungen und die Philosophie in den Shownotes jeder Ausgabe.
Bibi Blocksberg und das Erbe der Kassettenkinder #35 / Corporate-Sponsored, Fans-für-Fans Feelgood-Podcast, der sich in meiner Folge arg bemühen musste, 30 Minuten Interview aus einem 10 Minuten-Thema herauszupressen. Nicht meins. Ich bin aber eventuell auch vorbelastet.
Woher kennen wir uns? – Katia Kelm / Die Idee, seine Internetbekanntschaften zu interviewen, kam mir auch schon, deswegen mag ich das Konzept. Und Lukas ist ein guter Interviewer.
Trauer und Turnschuh #4 / Hab nicht 100 Prozent kapiert, was genau der Fokus des Podcasts ist und auch die Folge war etwas schlaglichthaft und vage. Obwohl das beides eher negative Punkte sind, wurde ich reingezogen, weil viele kluge Sachen gesagt wurden und ich Naika Foroutan immer zuhören kann
Mother Country Radicals #1 – Fällt voll in mein Schema von persönlicher Geschichte + Zeitgeschichte, aber hookt mich am Ende nicht genug. Das liegt aber an mir, würde ihn anderen durchaus empfehlen.
Basti & Christian & George & Lucas #1-4 – Kein neues, aber auch hier gut aufgehobenes Konzept, in Sprachnachrichten gemeinsam laut nachzudenken (Sprachnachrichtenpodcasts sowieso gut!). Ich persönlich brauche nur gerade nicht noch ein erneutes Durchkauen der Star-Wars-Filme.
Stand Der Dinge 2.0 / Es ist spannend, dem dpa/Podimo Projekt Stand der Dinge beim Iterieren zuzuhören. Zuerst das große Gepose eines Nachrichtenmagazins, dann das Auseinanderziehen der Themen zu zwei wöchentlichen Shows mit Laber-Intro, jetzt bewährtes Doppel-Host-Wochenupdate mit Einspieler. Erscheint mir aber wie die richtige Entscheidung.
1000 erste Dates #47 / Auf jeden Fall ein Podcast-Konzept, dass ich so noch nicht gehört hatte. Dafür sowieso schon mal ein Hurra. Und dann ist diese spezifische Geschichte auch noch wirklich spannend und gut erzählt.
Jetzt mal kurz OT – Antiasiatischer Rassismus / Wichtiges Thema, ohne Frage, aber mir hier zu laberig aufbereitet. Gerade den LARP-Bezug hätte ich mich deutlicher gewünscht.
Herstory – Hildegard von Bingen / Beeindruckend finde ich, dass man so flüssig erzählen kann ohne abzulesen – oder Skripte so schreiben kann, dass sie so wenig vorgelesen klingen.
GANZSCHÖNLAUT – Was ist schön? / Sehr angenehmes Interview mit Melodie Michelberger und vielen Meta-Tönen, auch die “Spiele” fand ich ein gutes Element, das Sound-Design dazu allerdings direkt aus der Frühstücksfernsehen-Hölle
Kinoshita #12 / Ich habe ein sehr großes Herz für diese supernischigen Projekte und finde es toll, dass es sie gibt. Kompakter und lehrreicher als Thomas Laufersweiler und seine Kompagnons kann man es nicht machen.
We Didn’t Start the Fire – Joe DiMaggio / Noch so ein Konzept, das so einfach wie genial ist und dann auch noch sehr clean umgesetzt. Würde ich sofort bingen, wenn ich die Zeit hätte.
Ostkinder 80/82 #35 / So aufrichtig und so angenehm sprechen Danny und Alex miteinander, da könnte ich ewig zuhören, obwohl ich null direkten Bezug zum Thema habe. Große Empfehlung!
Kino Korea #51 / Kundiges und freundliches Filmgespräch.
Poparazzi – Bela B. / Es gibt Leute, die können interviewen, und dann gibt es andere, die bekommen trotzdem einen Podcast, weil sie vorher schon bekannt waren. Und obwohl Bela B sich echt bemüht hat, war der Erkenntnisgewinn zur Entstehung des Songs über drei Anekdoten hinaus am Ende gleich Null. Hrishikesh Hirway würde das nicht zulassen.
Was Chefinnen wirklich denken #1 / Finde Idee und Konzept interessant, auch mit eingebauter Selbstreflexion. Dem ersten Gespräch hat es noch ein wenig an Ziel und Struktur gefehlt, aber das entwickelt sich sicher noch.
Putins Krieg im Netz #1 / Die Recherche kann noch so interessant und wichtig sein (wie hier), diese Pose von journalistischer Arbeit als Spy Thriller in Tonfall und Musikuntermalung ging und geht mir auf die Nerven, weil sie den Erkenntnisprozess fast schon behindert. Es tut mir leid, dass zu schreiben, weil an der Produktion mehrere Leute beteiligt sind, die ich kenne und schätze. Boys Club, zum Beispiel, obwohl ähnlich gestrickt, bekommt die Tonalität besser hin.
Taiwancast #7 / Auch diesen Podcast gibt es.
Tee mit Warum – Wie sprichst du? / Eigentlich ein ganz schöner Ansatz, aber meiner Ansicht nach zu voll gestopft für 35 Minuten mit zig Rubriken und Einspielern. Da bleibt wenig übrig. Aber ich tue mich mit Philosophie ja sowieso immer schwer.
That’s what He Said #117 / Ich glaube für jede:n Podcasthörer:in gibt es irgendwo eine persönliche Hölle. Das ist meine.
The Sad Millennials #1 / Mir gefällt die Kombi aus Kultur- und Gesellschaftsbetrachtung, die nicht völlig im luftleeren hermeneutischen Raum hängt – und Isabella Caldart mochte ich vorher schon. Schön kompakt auch.
Radio Loophole #84 / Redaktionelles Radio als Podcast bevor es die explizite Funktion dazu gab. Auf jeden Fall eine wilde Zusammenstellung, aber ich habe sogar ein bisschen was gelernt und einen Song mitgenommen. In Sachen Moderation war diese aber wohl nicht die typischste Folge, also insofern schwer zu sagen, wie repräsentativ sie ist.
(Bild: Midjourney & Me / ultrarealist macro photograph of ideas like ghosts emerging from a cellphone lying on a hardwood table –ar 3:2 –v 5.1)
Am 25. Februar bin ich 40 Jahre alt geworden. Um ehrlich zu sein beschäftigt mich diese Tatsache seit mindestens einem Jahr. Natürlich sind Alterszahlen relativ willkürliche Grenzen im Leben, aber irgendwas verändert sich ja doch, wenn nicht in einem selbst, dann zumindest in der Wahrnehmung durch andere. Mit 40 ist man auf jeden Fall nicht mehr „jung“. Auch nicht unbedingt alt (außer vielleicht in den Augen meines bald fünfjährigen Kindes), aber doch an einem Punkt angelangt, wo ein entscheidender Teil des Lebens meistens bereits abgeschlossen ist: Adoleszenz, Ausbildung, Berufswahl, Familiengründung.
Es ist logischerweise nicht zu spät, um sich neu zu orientieren. Darüber habe ich mit vielen, die mir ein paar Jahre voraus sind und von denen einige genau das getan haben, in den letzten zwölf Monaten gesprochen. Ich selbst habe das vor einem Jahr beruflich in Angriff genommen, mich nach vielen Jahren in der PR wieder stärker in Richtung Journalismus orientiert und ein wenig Freiberuflichkeit ausprobiert. Da meine größte Angst mehr oder weniger ist, in meinen 40ern irgendwie außerhalb meiner Familie irrelevant zu werden (eine sehr eitle Angst, ich weiß), fühlte sich das schon mal wie ein guter Schritt an. Ich hoffe, dass es gleichzeitig auch ergänzt wird von einer gewissen, auf Erfahrung beruhenden Gelassenheit, von der mir einige Ü40-Menschen erzählt haben. Wir werden sehen.
Ich bin nicht Kevin Kelly
Ich habe lange überlegt, wie ich diesen Augenblick im Blog festhalten kann. Lange Zeit hatte ich die Idee, Ratschläge aus genau der eben erwähnten Erfahrung weiterzugeben, weil ich beispielsweise Kevin Kellys derartige Liste total toll fand. Aber ich fühle mich noch nicht bereit dafür. Also habe ich mich entschieden, zurück und nach innen zu schauen und zu überlegen, welche kulturellen Dinge (ich bin Schließlich im weitesten Sinn Kulturjournalist) mich als Person in den letzten 40 Jahren besonders geprägt haben.
Mein Maßstab dafür war weniger, was noch heute meine „Lieblings“-Bücher, Filme, Musik usw. sind und somit die Zeit überdauert haben, sondern woran ich immer noch öfter als formende Erfahrungen zurückdenke. Momente, in denen ich plötzlich einen neuen Blick auf die Welt wahrnahm, der mein Denken oder Fühlen verändert hat. Außerdem Erfahrungen von Kultur, die etwas in mir geweckt haben: ein Interesse, eine Leidenschaft, eine Gewohnheit, manchmal sogar einen Charakterzug, den ich heute noch in mir erkenne.
Zwischen 8 und 12
Beim Erstellen der Liste, die übrigens natürlich trotz aller Überlegung sehr willkürlich ist und in mindestens der Hälfte der Einträge auch anders aussehen könnte, ist mir aufgefallen, dass die entscheidendste kulturelle Phase meines Lebens etwa die Zeit zwischen 8 und 12 Jahren war. Keine große Erkenntnis aus entwicklungspsychologischer Sicht, ich weiß, aber es hat mich doch erstaunt, wie viele Grundsteine in dieser Zeit gelegt wurden, die ich heute als einen essenziellen Teil von mir betrachte, während vieles, was später kam, sich weniger entscheidend anfühlte – selbst viele Dinge, denen ich im Studium begegnet bin.
Je kürzer zurück die Erinnerungen reichen, desto spärlicher werden sie. Auch das ist logisch. Erstens kann man ihre Wirkkraft noch nicht so gut sehen wie bei älteren Erfahrungen. Zweitens waren für mich etwa die letzten zehn Jahre vermutlich mehr vom Erlernen von sozialen und beruflichen Fähigkeiten geprägt als von kulturellen Ideen. Ich glaube aber auch, dass es eine Rolle spielt, dass ich mein inneres Alter immer ungefähr auf 27 oder 28 beziffern würde. Zu dieser Zeit hatte ich mein Studium, meine ersten zwei Jobs und die ersten ernsthaften Beziehungen gemeistert, fühlte mich also etwas erfahren, aber gleichzeitig kaum festgelegt. Ich konnte überall auftauchen und als Mensch mit Potenzial wahrgenommen werden, und ich verhielt mich auch so. Jetzt, zwölf Jahre später fühle ich mich deutlich mehr „gesetzt“, sowohl innerlich als auch von außen betrachtet. Es wird in den nächsten Jahren wichtig sein, diese Gesetztheit aufzubrechen ohne im Prozess Fundamente zu verlieren, die mir wichtig sind.
Und jetzt endlich: die Liste. Ein größeres Mammutwerk, als ich gedacht hätte. Die Reihenfolge orientiert sich an der ungefähren Zeit, in der ich den Dingen begegnet bin.
1. Chris de Burgh: Spark to a Flame. Meine erste popkulturelle Erinnerung ist Mitsingen zu „Don’t Pay the Ferryman“. Der relativ softe Musikgeschmack meiner Eltern hat mich in jedem Fall geprägt. Noch heute sehe ich immer wieder, dass Popmusik, die eher im Folk als im Blues verwurzelt ist, mich stärker anspricht.
2. Cats und Starlight Express. Ich habe beide Musicals als Kind gesehen und natürlich anschließend die Alben in Dauerrotation gehört. „Musical Theatre“ und besonders der Stil von Andrew Lloyd Webber hat sich in meine DNA eingeschrieben. Trotz allem anderen, was ich im Leben so gemacht habe, würde ich mich, müsste ich mich einem US-Highschool-Clan zuordnen, am ehesten als „Theatre Kid“ bezeichnen.
3. Knister. Späteren Leser*innen dürfte der Kinderbuchautor Knister vor allem als Erfinder der Hexe Lilli bekannt sein. In den 90ern hat er aber eine Reihe Bücher geschrieben, die ich sehr mochte („Teppichpiloten“ zum Beispiel), darunter eins namens „Mikromaus mit Mikrofon“, in dem es darum ging, wie man mit Mikro und Recorder Hörspiele und andere Klangexperimente machen kann. Von dort zum Podcasten war es quasi ein logischer Schritt.
4. Otto Waalkes. Meine Eltern hatten fast alle Otto-Platten aus den 1970er Jahren, und ich habe sie als Kind rauf- und runtergehört – sicherlich ohne sie in all ihren Nuancen zu verstehen. Rückblickend kann ich sagen, dass mein Humor davon stark geprägt wurde. Das gilt für Nonsens und Sprachwitz gleichermaßen wie für die große Musikalität, die Ottos Bühnenprogrammen innewohnt. Dass er ein fantastischer Musiker ist, habe ich erst mit erwachsenen Ohren zu schätzen gelernt.
5. Bart Simpson. Die Simpsons sind inzwischen zum kulturellen Teppich einer ganzen Generation geworden, aber am Anfang war für mich vor allem die Figur von Bart interessant, noch bevor ich die Serie überhaupt geschaut habe. Der Schlingel auf dem Skateboard war lange Zeit mein Idol (ich wollte sogar „Bart“ heißen), obwohl ich weder Skateboard fuhr noch besonders schlecht in der Schule war.
6. Die Sendung mit der Maus. Meine Eltern hatten lange eine sehr restriktive Fernseh-Police und „Die Sendung mit der Maus“ war in den ersten 8 Jahren meines Lebens oft das einzige, das ich überhaupt schauen durfte.
7. Queen: Bohemian Rhapsody. Wie für wahrscheinlich viel Menschen war dieser Song, der sich über seine Laufzeit so stark verändert aber sein Pathos-Level unverändert hochhält, für mich ein musikalisches Erweckungserlebnis. Ich halte ihn für unerreicht.
8. Eurodance. Zwischen 1992 und 1995 bestanden große Teile meiner musikalischen Welt aus, wie ich es damals nannte, „Techno“. „No Limit“ von 2 Unlimited war meine erste Single. Obwohl ich kein großer Hörer elektronischer Musik geworden bin, fasziniert mich Eurodance, dieser Clash aus dem Elektro-Underground und Maximalpop, noch immer. So sehr, dass ich am liebsten mal eine große journalistische Recherche zur damaligen Zeit und ihrer Dynamik, die außerhalb Europas kaum eine Rolle spielte, umsetzen würde.
9. Roxette: Tourism. Meine erste CD war „Joyride“, aber „Tourism“ ist das besonderere Album, weil es ein so ungewöhnliches Konzept hat – eine Mischung aus Aufnahmen, die während einer Welttournee entstanden – manche im Studio, manche live, manche improvisiert. Die Musik von Per Gessle würde ich als eine weitere wichtige Säule meines Musikgeschmacks positionieren. Außerdem war ich damals schwer in Marie Fredriksson verknallt, die ich ebenfalls bis heute toll finde und deren früher Tod bis heute schmerzt.
10. M. C. Escher. Die mathematischen Muster und visuellen Verrenkungen im Werk von M. C. Escher haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Ich hatte lange das Bild „Tekenen“ als Druck an der Wand hängen. 2022 habe ich mir ein Penrose Dreieck, das Escher zu einigen seiner Werke inspiriert hat, als Tattoo stechen lassen.
11. 4D Sports Driving („Stunts“). Videospiele wurden ab ca. 1993 ein fester Teil meines Lebens und ich habe viele Klassiker ausführlich gespielt. Am meisten im Kopf geblieben ist mir aber „Stunts“, ein Rennspiel, in dem man mit seinem Fahrzeug durch Loopings fahren und über Brücken springen und – das wichtigste – selbst Strecken bauen konnte. Bis heute sind Sportspiele, von direkten Nachfolgern wie Trackmania bis zu Tony Hawk’s Pro Skater und Fifa eigentlich meine Lieblingsspiele.
12. X-Base.X-Base war eine leider kurzlebige Show im Nachmittagsprogramm des ZDF, die versuchte, das neu aufkommende Computerzeitalter für ein junges Publikum aufzubereiten. Es gab Videospiel-Wettkämpfe, Reportagen, einen digitalen Moderator namens Eddie Highscore und Auftritte von Elektro-Popgruppen. Ich fand X-Base von vorne bis hinten großartig, sie enthielt alles, was ich zu diesem Zeitpunkt toll fand. Leider wurde die Show nach einem halben Jahr eingestellt, aber sie hat in mir definitiv ein größeres Interesse für digitale Kultur geweckt.
13. Terminator II: Judgment Day. Dieser Film, den ich verbotenerweise viel früher schaute, als seine FSK-Einschätzung vorgab, hat sehr wahrscheinlich meine lebenslange Faszination mit Visual Effects und Computeranimation auf dem Gewissen.
14. J. R. R. Tolkien: The Lord of the Rings. Mit Tolkiens Buch, das ich las während ich eine Woche krank zu Hause war, hat sich für mich alles verändert. In seiner Folge gab es für mich über viele Jahre kaum etwas anderes als Fantasy und Science-Fiction zu lesen und bis heute sind Tolkiens Werke für mich literarische Texte, die ich – durch die zahllosen Veröffentlichungen zum Thema – weiter studiere.
15. Shadowrun. Das in Deutschland von Fantasy Productions veröffentlichte Spiel, das uns ein Klassenkamerad auf dem Rückweg einer Klassenfahrt im Bus erklärte, war mein erster Kontakt mit Tabletop-Rollenspielen. Nicht nur spiele ich diese bis heute (wenn auch selten), aber ich bin auch nach wie vor absolut fasziniert von der Cyberpunk-Vision, die Shadowrun dazu noch mit Fantasy-Tropes kombiniert.
16. Magic: The Gathering. Magic besiegelte meine Fantasy-Gaming-Obsession 1995 endgültig. Diesem Spiel gehörte fast jede freie Minute. Ich konnte alle Karten auswendig, bis die Faszination rund um mein Abitur 2001 irgendwann nachließ aber nie ganz einschlief. 2017 fing ich schließlich wieder an zu spielen und mich aufs Neue zu faszinieren. 2021 habe ich mir die fünf Mana-Symbole als Tattoo stechen lassen.
17. InQuest. Diese amerikanische Zeitschrift begriff sich als Begleitmagazin zu Magic und den anderen damals aufkommenden Collectible Card Games. Später erweiterte sie ihr Spektrum auf Rollenspiele und andere Phantastik-Hobbies. InQuest hat nicht nur meinen Blick auf die Welt der Phantastik nachhaltig geprägt (die darin von Zeit zu Zeit aufgestellten Kanons bester Filme oder Romane lassen sich bis heute schwer abschütteln), sondern auch den damals verbreiteten, sehr männlichen Nerd-Humor in mich eingeschrieben. Es hat einige Jahre gedauert, mich von dieser Prägung zu emanzipieren, die in einigen Ecken des Internets immer noch sehr stark ist.
18. Dream Theater: A Change of Seasons. Der Song, der meinen gesamten Musikgeschmack veränderte. Tendenzen waren eventuell durch Queen schon da, aber in den kommenden zehn Jahren würde sich für mich alles mehr und mehr um Progressive Rock drehen. Dream Theater war auch die Band, bei der ich zum ersten Mal Fandom im Internet erlebte, mit Mailinglisten und Online-Foren.
19. Blind Guardian: Nightfall in Middle Earth. Was mit Dream Theater begann, setzte sich mit Blind Guardian und anderen Bands, die hymnischen Metal zu Fantasy-Themen präsentierten, fort. Aus heutiger Sicht kann ich es klar der Pubertät anlasten, dass ich ausgerechnet diesem Wahre-Männer-Kämpfen-Metal damals so verfallen war. Schlich sich zum Glück zum Studium hin dann aus.
20. Robert Jordan: The Wheel of Time. In gewisser Weise beendete The Wheel of Time, die endlose und endlos derivative Fantasy-Saga rund um eine Gruppe Jugendliche und eine alte Prophezeiung, was Der Herr der Ringe begonnen hatte. Im Rückblick steht die Buchreihe, die ich nie beendet habe, für mich für die Abkehr von der großen Erzählung der Fantasy, der ich mich eine gute Dekade hingegeben hatte, und ein neues Erwachsenheitsgefühl.
21. DVD Extras. Schon bevor die DVD das dominante audiovisuelle Medium wurde, hatte ich mich dafür interessiert, wie Filme gemacht werden. Aber DVDs, mit ihren Featurettes und Audiokommentaren – und manchmal auch mit ernstzunehmenden Einblicken ins Filmemachen – haben meinen Blick auf die Filmwelt enorm geprägt. Ich habe sie alle geschaut und gehört, selbst dort, wo ich die Filme nicht besonders gut fand. Die Kombination aus Streaming und Zeitmangel durch Elternschaft hat dem leider weitgehend ein Ende gesetzt.
22. The Fellowship of the Ring. Was war das für ein Glück, dass ich in einer Zeit lebte, in der das 50 Jahre alte Buch, in das ich mich gerade verliebt hatte, dann auch noch grandios verfilmt wurde. An Fellowship brachen sich alle Dinge Bahn, die mich interessierten: Computer-Effekte, Internet-Hype-Kampagnen, Fantasy, eine fantastische Nutzung des DVD-Formats. Der Film meines 18-jährigen Lebens.
23. Futurama. Wo die Simpsons den Boden bestellt hatten, konnte Futurama ernten. Die nerdigere Variante von Matt Groenings und David Cohen Humor war eine große Faszination für mich. So sehr, dass ich alle fünf Staffeln vor der ersten Absetzung als DVD-Boxen besaß.
24. 65daysofstatic: Retreat! Retreat!. Mit dem Beginn meines Studiums begann für mich auch eine neue Ära der Musikentdeckung, besonders durch meinen Freund Carsten. Ich weiß nicht, wie sich mein musikalisches Leben ohne 65daysofstatic entwickelt hätte. Die Band hat so viele interessante Sachen in den letzten 20 Jahren gemacht, ihre Livekonzerte gehören zu meinen liebsten Dingen überhaupt. Und dieser erste Song, den ich von ihnen gehört habe, gehört immer noch zu den besten Songs aller Zeiten.
25. Neal Morse: One. Andererseits: Noch war meine Prog-Begeisterung lange nicht gebrochen. Als Spock’s Beard-Frontmann Neal Morse Anfang der 2000er sein Coming Out als Born-Again-Christ hatte und künftig nur noch christliche Prog-Alben machte, hat das, gemeinsam mit einigen anderen Faktoren, etwas in mir bewegt. Ohne Neal wäre ich wahrscheinlich nicht in der evangelischen Kirche und beim Kirchentag gelandet.
26. Pink Floyd: The Wall. Konzeptalben waren ein großes Ding für mich in der ersten Hälfte der 2000er und The Wall, zu dem es ja auch einen werden aber coolen Film gibt, war mein liebstes. Ich habe mich sehr ausführlich damit beschäftigt und meine Vorstellungen von gelungen transmedialen Erfahrungen, wie ich sie zehn Jahre später erforschen würde, wurden sehr davon geprägt. Aber nur damit das klar ist: Roger Waters kann hingehen, wo der Pfeffer wächst!
27. Zadie Smith: White Teeth. „Black British Fiction by Women“ hieß das Seminar, das ich im Anglistik-Studium eher aus Verlegenheit besuchte, und das mich in vielerlei Hinsicht erstmals dazu zwang, mich erstmals mit Marginalisierung, Feminismus und Postkolonialismus zu beschäftigen. Zadie Smiths Debütroman, der den Fächer der damit verbundenen Erfahrungen und Erzählungen weit aufmacht, war für mich der Schlüssel dazu. Zadie Smith hat mein Denken geprägt und bis heute gehört sie zu den wenigen Autor*innen, von denen ich kein Buch verpasse.
28. Cinematical. Ich habe auch eine Weile Ain’t It Cool News gelesen, aber Cinematical (RIP) war mein Einstieg in die US-Filmblog-Kultur, über die ich mein Film-Nerdtun lange Zeit gepflegt habe.
29. The Guardian Film Weekly. Mein allererster Podcast. Dass er mich geprägt hat, sieht man daran, dass ich heute selbst ein Format mit zwei Interviews pro Folge moderiere.
30. Rudolf Arnheim: Film als Kunst. Etwas hat „Klick“ bei mir gemacht, als ich von diesem 90 Jahre alten Buch das erste Mal hörte. Arnheim ist ein sehr konservativer Denker, aber er sein Verständnis davon, wie die Materialität des Mediums sein Output beeinflusst, entspricht einfach sehr gut meinem eigenen Kunst-Empfinden. Arnheims Text bildete dann einen Teil des Rückgrats meiner Magister-Arbeit, die leider aus anderen Gründen nicht das ruhmreichste Ende nahm.
31. Stefan Niggemeiers Blog. Übermedien-Gründer Stefan Niggemeier war der erste deutsche Blogger, den ich bewusst wahrgenommen habe, erst über das Bildblog, dann über sein eigenes medienjournalistisches Blog. Ich muss einfach sagen, dass er auch ein großes Vorbild für mich war (und wahrscheinlich noch immer ist). Vielleicht nicht das beste, da ich immer wieder feststelle, dass ich von meiner Arbeitsweise ganz anders ticke, aber zumindest stilistisch glaube ich, dass er mich sehr beeinflusst hat. Fun fact: Zum ersten Mal persönlich miteinander gesprochen haben wir 2022.
32. Wired. Obwohl ich von Wired immer schon viel gehört hatte, hatte ich erst 2008 (nach einem USA-Urlaub) das erste Mal eine Ausgabe in der Hand und war sofort schockverliebt. Diese Art von Technikoptimismus passte exakt in diesen Moment meines Lebens zum Ende meines Studiums und zu beginn meines Berufslebens, das sich sehr bald stark in Richtung Online-Kommunikation drehen würde. Ich habe Wired kurz danach abonniert und ziemlich religiös gelesen. Erst als Chris Anderson als Chefredakteur ging, verlor ich das Interesse.
33. Slate’s Culture Gabfest. Dieser Podcast, den ich immer noch höre und zu dessen Hosts ich eine starke paarsoziale Beziehung habe, hat mich an das Podcastformat „stark moderierte Roundtable-Kulturdiskussion“ herangeführt, das ich viele Jahre später für meinen eigenen Podcast Kulturindustrie versucht habe, zu kopieren.
34. The Avengers. Als das Marvel Cinematic Universe noch keine Punchline war, sondern eine ganz neue Entwicklung – der Versuch, Erzählmechaniken aus seriellen Comics auf das Blockbuster-Kino zu übertragen – war ich völlig besessen davon. Ich fand die Idee einfach so revolutionär gut und neu. The Avengers halte ich für den Höhepunkt dieser Idee und bis heute für einen erstaunlichen Film.
35. This American Life. Die Art von Ira Glass und seinen Kolleg*innen, Radio zu machen, hat eine ganze Generation von Radioleuten und Podcastern beeinflusst. Auch mich hat sie von Anfang an gefangen genommen und sehr beeindruckt. Ich höre TAL immer noch jede Woche und lerne nach wie vor davon. Wenn es um den wahrhaft ausgelutschten Begriff „Storytelling“ im Journalismus geht, denke ich immer noch als erstes an TAL.
36. Simon Reynolds: Retromania. Auf der Suche nach dem Zeitgeist stieß ich 2011 auf dieses Buch, das in den kommenden Jahren als eine Art Prisma für meinen Blick auf große Teile der Kulturwelt diente (und das ich entsprechend oft zitiert habe). Interessanterweise denke ich, dass der Lebenszyklus des Buchs in den letzten zwei bis drei Jahren ein Ende gefunden hat, da sich der Eindruck einer „Hyper-Stasis“ (alles wird schneller, aber nichts verändert sich) vielerorts durch die am Horizont drohende Klimakatastrophe verändert hat.
37. re:publica. Lange bevor ich das erste Mal selbst auf die re:publica fahren konnte (2014) war sie ein Sehnsuchtsort. Der Raum, in dem sich alle Menschen trafen, die ich im Internet toll fand. Das beste: Bei meinem ersten Besuch (und auch meinem zweiten, wo ich zum ersten Mal selbst Speaker war) stellten sich viele Projektionen sogar als wahr heraus und ich hatte jedes Mal eine krasse Zeit. In den letzten Jahren hat, zugegeben, ein gewisser Gewöhnungseffekt eingesetzt.
38. Mark Rosewaters Kolumnen & Podcasts. Ich denke, der Head Designer von Magic: The Gathering ist einer der einflussreichsten Menschen in meinen Gedanken der letzten fünf Jahre. Erst im letzten halben Jahr habe ich den Eindruck, dass der Hype bei mir ein bisschen nachgelassen hat. Rosewater steht mit seiner Kolumne Making Magic und seinem Drive to Work Podcast für einen sehr transparenten Umgang mit Game Design und erklärt sehr regelmäßig genau, warum welche Entscheidungen für die Weiterentwicklung des komplexen Spiels getroffen wurden. Gleichzeitig ist er ein sehr sympathischer Typ, der seine Design-Lektionen auch gerne in Lebensweisheiten umwandelt.
39. Game Knights. Das YouTube-Format, in dem Menschen miteinander die Magic-Variante „Commander“ spielen, hat mir nicht nur das Format selbst nähergebracht, es hat mich (der sonst kaum YouTube-Formate schaut) auch viel darüber gelehrt, wie Spiele und Hobbys im Internet präsentiert werden können. Ich habe großen Respekt vor dem ganzen Team der „Command Zone“, die aus einem Zwei-Personen-Podcast ein kleines Nischen-Medienimperium mit einem dutzend Angestellten aufgebaut haben.
40. Terra Ignota. Ada Palmers vierbändiger Science-Fiction-Zyklus hat mich sehr beeindruckt und stark beeinflusst, wie ich derzeit über Science-Fiction, Worldbuilding und die Zukunft der Menschheit nachdenke.
Letztes Jahr habe ich die Grenzen schon aufgeweicht, dieses Jahr packe ich einfach alles in eine Liste. Ich will ja schließlich auch einen Pool haben, der groß genug ist, dass ich daraus überhaupt eine Top 10 auswählen kann. Warum ich hier ein Ranking vornehme und bei Podcasts nicht? Keine Ahnung.
Insgesamt merke ich mehr und mehr, wie sich mein Blick verschiebt und ich eigentlich weder den Anspruch noch den Willen habe, möglichst viel Wichtiges gesehen zu haben, um diese Liste mit der gebotenen Sorgfalt erstellen zu können. Sie ist ein Schnappschuss von Bewegtbild-Erlebnissen, die bei mir dieses Jahr hängengeblieben sind – mehr kann sie gar nicht sein.
Mein “Absatz of Shame” der Filme, die ich 2022 nicht gesehen habe: Drive My Car, The Batman, Cyrano, Aftersun, Athena, Memoria, The Menu, RRR, Bones and All und viele viele mehr.
Nun denn:
1. Andor (Season 1)
In der Kulturindustrie-Highlightsendung, die am 1.1. erscheint, habe ich auch bereits erzählt, was mich an Andor so begeistert hat. Abgesehen von einem relativ tighten Drehbuch, gute Regie, schickem Design und gutem Casting, fand ich bemerkenswert, dass hier die Tiefe des Worldbuildings von Star Wars genutzt wurde, um eine Geschichte zu erzählen, die gar nicht zwangsläufig im Star-Wars-Universum spielen müsste, sondern auch in unserer Welt stattfinden könnte. Das zeigt, wie vielseitig sekundäre Welten sein können, wenn man sich zur Abwechslung mal nicht auf ihre populärsten Tropes lehnt, sondern sie als Hintergrund nutzt für Geschichten nutzt, die es wert sind, erzählt zu werden. Ich liebte das an den From a Certain Point of View-Anthologien und ich liebe es hier. Ein echter Home Run.
2. Petite Maman
Unsere Eltern waren auch mal Kinder. Und auch als Erwachsene sind sie nicht nur Eltern. Indem Céline Sciamma erzählt, wie ein Mädchen seiner eigenen Mutter als Kind begegnet und sich mit ihr anfreundet, erforscht sie diese Gedanken märchenhaft und dennoch in ihrer Einfachheit erstaunlich klar. Ich war schon lange nicht mehr so berührt im Kino.
3. Irma Vep
In Olivier Assayas’ Filmen finde ich immer wieder eine leichtfüßige Verhandlung der Beziehung zwischen dem Besonderen und dem Mondänen – hier am Beispiel eines Filmdrehs. Mit seiner Meta-Miniserie über die Entstehung eines fiktiven Remakes sowohl eines Stummfilmklassikers als auch seines eigenen Films aus den 90ern erforscht Assayas alles, was an Film frustierend und bezaubernd zugleich ist – am Ende aber landet er ganz klar auf der Seite des Zaubers.
4. Nope
Ich feiere Nope dafür, dass er es schafft, innerhalb seines Genre-Korsetts etwas Neues zu erzählen. Vielleicht nicht sehr eindeutig, vielleicht nicht so politisch, wie einige es gerne hätten, aber sehr eigenständig, originell und visuell überraschend.
5. Three Thousand Years of Longing
Es ist leicht, diesem Film vorzuwerfen, dass er sein Thema exotisiert, aber davon abgesehen ist es ein fantastisches Märchen voller Wendungen und Kurven, wie immer bombastisch verpackt und mit einer großen Dosis Kinomagie.
6. Crimes of the Future
Ein Film, der in mir gewachsen ist wie ein neues Organ. An seiner Cronenbergigkeit in Design und Inszenierung werde ich mich wahrscheinlich immer reiben, aber er verhandelt so viele interessante Ideen auf ungewöhnliche Weise, dass er gewürdigt gehört.
7. Glass Onion: A Knives Out Mystery
Meine Kulturindustrie-Kolleg*innen hätten mich fast davon abgebracht, diesen Film zu mögen, weil er als Zeitgeist-Spiegel vielleicht wirklich ein bisschen zu wohlfeil ist. Aber das ändert nichts daran, dass er sehr unterhaltsam, erneut sehr gut konstruiert und von Charakteren bevölkert ist, die im Gedächtnis bleiben. Ich bleibe gespannt, was Rian Johnson sonst noch einfällt.
8. The Lord of the Rings: The Rings of Power (Season 1)
Ich komme immer wieder gerne nach Mittelerde zurück. Und wenn es nicht ganz so ein langatmig-sinnloses Geschlachte wie im dritten Hobbit-Film ist, sondern kompetent erzählt und wunderschön designt ist wie hier, macht es mir auch nichts aus, dass erstmal wenig passiert und eine gewisse generische Well-Madeness nicht von der Hand zu weisen ist. Für die erste Verfilmung, die sich stärker von Tolkiens Worten löst als je zuvor, fand ich Rings of Powerdoch sehr gelungen.
9. Avatar: The Way of Water
Spätestens jetzt merke ich, dass das Leitmotiv dieses Jahr “Handschrift im System” zu sein scheint. So schwach The Way of Water in seinem platten Plot ist, so einmalig ist er doch, wenn er sich zwischendurch 40 Minuten Zeit nimmt um einfach in seinen fantastischen Bildern zu schwelgen und am Ende eine weitere Stunde für eine auslandende Actionsequenz, wie sie nur James Cameron inszenieren könnte. Kein Meisterwerk, aber ein bemerkenswerter Film.
10. Red Rocket / Der schlimmste Mensch der Welt
Am Ende bleiben zwei Filme, die ich alle nach dem Ansehen erstmal sehr gut fand, aber deren Eindruck bei mir etwas verblasst ist. Daher kann ich mich auch nicht entscheiden, welcher am Ende doch länger in meinem Gedächtnis bleiben wird: die Geschichte eines genialen Hustlers im Nirgendwo oder das verspielt-vignettenhafte Porträt einer Person aus einer Generation, der ich mich noch entfernt verwandt fühle. Die Zeit wird es zeigen.
Lobende Erwähnung: Encanto
Lin-Manuel Mirandas Disney-Musical kam schon Ende 2021 raus, deswegen gehört er nicht offiziell auf diese Liste. Aber er hat in meinem Haushalt auf jeden Fall einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Noch hat ihn mein bald fünfjähriges Kind nicht gesehen, aber es kennt die Geschichte aus einem Buch und die Musik läuft auch heute noch bei uns (und auch bei mir) rauf und runter. Das Ende finde ich nach wie vor etwas zu einfach, aber die zentrale Metapher, die Charaktere und die verhandelten Gefühle haben mich doch sehr berührt. Als Gesamtwerk prophezeie ich Encanto ein verdient langes Leben. Der Film ist zigmal besser als der elende aber nicht totzukriegende Frozen.
Wie jedes Jahr folgt eine Liste der Songs, die mir in den vergangenen zwölf Monaten so gut gefallen haben, dass ich sie nicht nur gerne gehört habe, wenn sie zufällig im Shuffle kamen, sondern aktiv aufgesucht oder beim Durchskippen immer drauf hängen geblieben bin. Das qualifizierte sie dann irgendwann dafür, auf eine “Best of 2022” Playlist zu wandern, auf der ich in den letzten zwei Wochen noch einmal etwas ausgesiebt habe.
Diese Vorgehensweise ist ein interessanter Pattern des digitalen Zeitalters, aber es erleichtert auch ein wenig, sie inzwischen so kodifiziert zu haben. Genauso wie die Tatsache, dass ich ab 1. Dezember aufhöre, meine “Neue Musik für dich”-Listen zu hören, um mich ganz auf Rückschau und Genuss (z. B. ganze Alben durchhören) konzentrieren zu können.
1. The Beths – Silence Is Golden
NPRs “All Songs Considered” hat mich dieses Jahr auf diese coole neuseeländische Rockband gestoßen. “Silence is Golden” ist der Über-Banger des Albums “Expert in a Dying Field”, aber auch der Titelsong und der Rest der Platte lohnen sich.
2. Everything Everything – Bad Friday
Das Album, mit dem sich Everything Everything dieses Jahr zurückgemeldet haben, hat mich viel viel besser gefallen als die zwei davor. Die Lyrics wurden mit Hilfe einer KI geschrieben, aber was heißt das schon. Die Lead Single “Bad Friday” erinnert auf beste Art an ihren ersten Hit “MY KZ YR BF”, der in der Top 10 meiner Lieblingssongs aller Zeiten stehen dürfte.
I’m wondering: how did I get this battle over me? I got the pictures here on my phone.
Everything Everything
3. Fickle Friends – Love You To Death
Ich freue mich wirklich über diesen Strom an knalligen Pop-Formationen mit weiblichem Leadgesang. Fickle Friends war ziemlich sicher eine algorithmische Empfehlung, aber der Song (und Teile des Albums) macht auch einfach Laune.
4. Kae Tempest – More Pressure (feat. Kevin Abstract)
Rap ist nicht die Musik, die mir am natürlichsten zufällt. Es braucht schon irgendeinen Vibe, der mich über Beats und Text (den ich meistens erst spät wahrnehme) hinaus anspricht und bei “More Pressure” war das dieses Jahr der Fall. Kae war mir schon vorher ein Begriff und ich feierte bereits den Albumtitel “The Beigeness” vor acht Jahren, aber hier treten Flow und Musikalität noch einmal auf eine besonders gute Art heraus. Und natürlich könnte man sich “More pressure, more release, more relief, more belief” auch problemlos tätowieren lassen.
More pressure, more release, more relief, more belief
Kae Tempest
5. M Field – House and Leisure
Es gibt keinen Musiker, der mich in den letzten zwei Jahren mehr begeistert hat als Matthew Field. Vor allem mit seinen Soloplatten, aber auch mit seiner Band Beatenberg, die ich dieses Jahr live sehen durfte. Hier drückt einfach alles meine Knöpfe: die versteckt-komplexen Instrumentierungen und Grooves, die Stimme, die Harmonien, die Texte, die oft tongue-in-cheek von alltäglichem Kram und den daraus erwachsenen “großen” Gedanken erzählen.
And as the Amazon burns I water my little fern I bought on Amazon Prime
M Field
6. Aoife O’Donovan – Age of Apathy
Die Vorab-Single “Phoenix” war letztes Jahr schon auf meiner Playlist, aber auch der Titelsong des Albums ist einfach toll. Ich bleibe dabei: Aoife hat eine der schönsten Stimmen der Musikwelt überhaupt und ihre Songs verbreiten genau die richtige Melancholie.
Oh, to be born in the age of apathy When nothing’s got a hold on you, if you need someone to hold You can hold me
Aoife O’Donovan
7. Stromae – L’enfer
Ich habe dieses Jahr aufs Neue gemerkt, dass ich eine besondere Schwäche für Französisch als gesungene Sprache habe und bei Stromae verbindet sich diese merkwürdige Liebe mit dem vielleicht genialsten Stotter-Beat des Jahres. Das ganze Album “Multitude” ist ein großartiges Erlebnis – “Mon Amour” hätte ich am liebsten auch noch auf die Liste genommen. (Der wäre auch etwas weniger depri gewesen.)
8. Midlake – Bethel Woods
Teile von Midlakes Album haben etwas an sich, das mich auf einer subkutanen Ebene an 70er Genesis erinnert (“Feast of Carrion”). Das kommt in diesem Song nicht so deutlich raus, aber dafür hat es dieses treibende Schlagzeug, bei dem ich einfach nicht widerstehen kann.
9. Robert Glasper – Why We Speak (feat. Q-Tip & Esperanza Spalding)
Da auch R&B ein Genre ist, zu dem ich mich nicht so sehr von selbst hingezogen fühle, bin ich auch hier dankbar für “All Songs Considered”, die manchmal Titel anspielen, die auch für mich anschlussfähig sind. Ich kann zu dem Song trotzdem nicht viel sagen, außer dass ich ihn mag und die Mischung – auch in der Bilingualität und der Stimme von Esperanza Spalding – irgendwie stimmt.
10. Nilüfer Yanya – the dealer
Weckt bei mir Erinnerungen an Rocktitel aus den 90ern, aber mit einem moderneren Beat. Einfach ne gute Nummer.
11. And So I Watch You From Afar – Dive Pt 2
Meine großen Post-Rock-Zeiten liegen hinter mir, aber manchmal gelingt es Bands, mich doch noch mal hinter dem Ofen hervorzulocken. ASIWYFA haben das mit den Arrangements und der Dramaturgie des Albums “Jettison” dieses Jahr geschafft.
12. Gang of Youths – in the wake of your leave
Noch ein Album (“angel in realtime”), das sich in Gänze lohnt. Also, wenn man auf dramatischen Indierock mit großen Refrains steht.
13. half*alive – Move Me
Die Veröffentlichungspolitik von half*alive gibt mir zwar Rätsel auf (dieses Jahr erschien zunächst eine EP auf der Songs drauf waren, die zum Teil schon 2021 veröffentlich wurden, dann eine LP, auf der zum Teil noch mal die gleichen Songs waren), aber ihre Songs bleiben konstant gut und ungewöhnlich. “Move Me” ist der schönste der neuesten Charge.
14. Sergey Golovin – Factory
Sergey Golovin ist ein israelischer Gitarren-Wizard, der mich seit Jahren mit seinen Instrumentals erfreut. Seine ersten Alben klangen nach Dream Theater Anno 1992, “Factory” und die anderen Singles, die er dieses Jahr veröffentlicht hat, erinnern eher an Fitness-Motivations-Rocknummern aus den 80ern. Aber in geil.
15. Weezer – All this Love
Mein Sommer-Song 2022. Weezer im vollen Pop-Modus mit einem herzerwärmenden Post-Pandemie-Text. Hoffen wir, dass er sich nächstes Jahr endlich bewahrheiten kann.
I’ve got all this love that I’ve been saving up Let me let it out, let me let it out!
Weezer
16. MUNA – What I Want
MUNA begeistern mich bereits seit ihrem zweiten Album, aber hier ist mein dunkles Geheimnis: “Silk Chiffon” fand ich ziemlich langweilig. Gilt zum Glück nicht für den Rest des neuen Albums, und “What I Want” ist eine geniale Empowerment-Hymne, zu der ich hoffentlich irgendwann auch mal öffentlich tanzen kann. (Dieses Jahr beschränkte sich Tanzen auf die Firmenweihnachtsfeier und ich trug Maske dabei, worum ich aber im Nachhinein dankbar bin, denn die Menge an Corona-Meldungen vier Tage später machte keinen Spaß.)
17. Porcupine Tree – Rats Return
Was für ein Glück, dass sich diese drei Männer entschieden haben, doch noch ein Album zusammen zu machen. Bei “Closure / Continuation” ist der Name Programm, es bildet einen Abschluss eines erfolgreichen Albumzyklus, knüpft aber auch deutlich an alles an, was seit “In Absentia” kam. Und dazu gehören geniale Rhythmus-Riffs wie das in “Rats Return”. Instant Classic!
18. The Mars Volta – No Case Gain
Ich finde es gut, dass sich The Mars Volta mit dem unerwarteten neuen Album noch einmal auf neues, weniger proggiges Terrain gewagt haben. Nicht alle Songs sind bei mir hängengeblieben, aber dieser schon.
19. Remi Wolf – Sugar
Noch eine luftige Sommernummer. Für die gute Laune zwischendurch.
20. Regina Spektor – Becoming All Alone
Bei all dem Gerede über Interpolation, das dieses Jahr die Popmusik beherrschte, wundert es mich, dass niemand mal diesen Song und Aimee Manns “Wise Up” nebeneinandergelegt hat. Der Vibe ist schon sehr ähnlich, aber mich stört es definitiv auch nicht, zwei Lieder mit ihm zu haben.
And we wouldn’t even have to pay ‘Cause You Are God and You’re revered
Regina Spektor
21. Hans Zimmer & Andrew James Christie – Prehistoric Planet Theme
Serie nicht geguckt. Theme trotzdem immer wieder gerne gehört. So kann es gehen.
22. Von Wegen Lisbeth – Auf Eis
Sollte ich Von Wegen Lisbeth sauer sein, weil sie ein Lied gemacht haben, dessen Refrain lautet “Mach bitte, bitte, bitte keinen Podcast”? Kann ich nicht, weil sie gleichzeitig auch dieses Lied geschrieben haben, in dem sich der Protagonist mit der im Kreis fahrenden Claudia Pechstein identifiziert. Alberne Melancholie, sign me up. Bonuspunkte für den Reim von “Skaten” auf “Relaten”.
Ich interessier mich nicht für Skaten Und schon gar nicht auf dem Eis Doch ich kann gut mit ihr relaten Denn sie fährt die ganze Zeit im Kreis
Von Wegen Lisbeth
23. Peter Fox – Zukunft Pink (feat. Inéz)
Der Song, an dem man diesen Herbst nicht vorbeikam. Aber er ist auch einfach so gut. Ich hoffe es schreibt irgendwann jemand mal eine gute Analyse darüber, wie der Ragaton-Rhythmus zum dominanten Stilmittel der letzten zehn Jahre wurde.
24. Eule – Kapitänin der Band
Die “Eule findet den Beat”-Kinder-Hörspiele sind über die letzten Alben immer weniger kindermäßig geworden und enthalten einfach objektiv gute Songs (Hier mein Interview mit Schöpferin Nina Addin). Klar, der Text ist hier immer noch ein bisschen drauf gemünzt, das Instrument zu erklären (auf der ganzen Platte geht es darum, die Welt der Instrumente zu entdecken) – aber ich wünschte ich hätte als Mini-Schlagzeuger diesen Song gehabt. “Overdrive” vom gleichen Album steht “Kapitänin der Band” übrigens in nichts nach.
Jetzt spiel ich richtig laut Wenn sich der Song aufbaut
Eule
25. The Mountain Goats – Training Montage
Als jemand, der Musik selten wegen der Texte hört, dringen die Mountain Goats immer nur dann zu mir durch, wenn sie auch mal wieder einen Ohrwurm geschrieben haben. “Training Montage” vom Actionfilm-Konzeptalbum “Bleed Out” ist so ein Fall. “I’m doing this for revenge!” ist aber auch eine Textzeile, die sich sehr gut mitrufen lässt (mit Fistpump versteht sich).
26. Beatenberg & Msaki – White Shadow
Bitte noch einmal zu M Field (5.) zurückspringen und alles noch mal lesen. Diese Nummer ist dazu noch ein tolles Duett.
27. Harry Styles – Music For a Sushi Restaurant
Noch so ein Lied, dem man dieses Jahr nicht ausweichen konnte. Und immer Props für Songs, deren Refrain nur ein Bläser-Einsatz ist.
28. King Princess – Cursed
“Cursed” ist die Art Song, bei der ich erst nicht so sicher war, wie gut er mir gefällt, der mir dann aber immer wieder in den Kopf kam.
29. APRE – Submarine
Wie jedes Jahr haben sich auch 2022 die zwei Jungs von APRE mit einer ihrer Pop-Rock-Hymnen in meine Gehörgänge gewurmt und sind deswegen in dieser Liste vertreten.
30. Fergus McCreadle – The Unfurrowed Field
Mein Geheimtipp seit Jahren: Beim Mercury Prize gucken, welches Jazz-Album nominiert wurde. Dort finden sich häufig sehr mainstream-anschlussfähige Acts wie GoGo Penguin oder Moses Boyd. Dieses Jahr Fergus McCreadle, der einfache Themen am Piano über mehrere Minuten mit Trio variiert und immer weiter aufbaut. Sehr hörbar.
31. Roxette – Never Is A Long Time (EMI Demo May 26-30, 1987)
Marie Fredriksson ist vor drei Jahren gestorben, was mich immer noch jedes Mal traurig macht, wenn ich dran denke. Ihr musikalischer Partner Per Gessle veröffentlicht fröhlich weiter, sowohl neues Material (solo und als PG Roxette) als auch immer wieder ungewöhnliche Archiv-Funde, wie diese Version des Songs, der schließlich auf “Joyride” landen sollte und hier noch sehr nach 1987 und nach New Wave klingt. Faszinierend, wenn eine Band so regelmäßig Einblicke in ihren Produktionsprozess erlaubt.
Im #Podcapril habe ich als Selbstversuch einen Monat lang nur Podcasts gehört, die ich noch nicht kannte. Hier im Blog steht auch warum und was ich dabei gelernt habe. Zu jedem Podcast habe ich auf Twitter einen kurzen Höreindruck geteilt, den ich hier an manchen Stellen etwas ergänzt habe. Da ich von jedem Podcast nur eine Folge gehört habe, möchte ich die Höreindrücke nicht als echte Kritiken verstanden wissen, das wäre den Podcasts gegenüber unfair.
Rice and Shine #54 – Mai Thi Nguyen-Kim / Sympathische Moderatorinnen, gut geführtes Interview, der persönliche Blick aus einem anderen Hintergrund bereichert immer. “Rice and Shine” wäre die Art Produktion, die ich mir bei unendlich viel Zeit sicher auch öfter anhören würde – und eine, für die eine Programmzeitschrift für herausragende Folgen sich für mich lohnen würde.
Fix und Vierzig #7 – Onlinedating / Auch hier: immer gut, mal eine andere Seite zu hören. Männer sind anscheinend wirklich ziemlich armselig. Ich bin nicht die Zielgruppe, und kann mich daher wohl nicht so oft nickend bestätigen lassen, wie es das Konzept vorsieht – Podcast als Selbstbestätigung, als ein dankbares “Ich bin also nicht allein”, scheint mir ohnehin ein beliebtes Motiv zu sein.
Feel the News #5 – Toxic Wokeness / Fand ich gerade zu einem Thema, in dem es um Perspektivwechsel geht, erschreckend selbstbestätigend und noch schwach in der Balance zwischen Script und Spontaneität. Als Bonus kann man zählen, wie oft Sascha Jule das Wort abschneidet.
Vollkommen unperfekt 30.3. / Dispatch aus der Achtsamkeits-Influencer-Bubble. Obwohl ich dafür inhaltlich nur bedingt zu haben bin, mag ich diese Solo-Erzählform immer noch und bewundere das Selbstbewusstsein der Menschen, ihr eigenes Leben so selbstverständlich zu präsentieren. Ich finde es auch für Influencer und ähnliche Menschen mit Jünger*innen eine einfache und sehr intime Art, mit Leuten in Kontakt zu bleiben, die mir etwas nachhaltiger erscheint als Instagram-Stories.
Drinnies #64 / Ich kann völlig verstehen, warum Menschen das gerne hören. Es ist sympathisch, low-key witzig und verlangt den Hörenden nichts ab – reine Entspannung. Irgendwie sind diese “Lustige Geschichten aus dem Leben”-Comedy-Podcasts einfach nichts für mich. Das zeigt auch, mit welchen unterschiedlichen Motiven Menschen Podcasts hören.
Sport Inside – Das perfekte Verbrechen / Sehr gut, dass es diesen Podcast gibt, aber die konkrete Folge (Teil 3 der verteilten Miniserie) hat mich leider aufgrund der Präsentation und des Tonfalls des Interviewpartners immer wieder geistig aussteigen lassen.
Zeitansage – 15:26 / Ziemlich sicher von allen Folgen dieses Tagesereignisses die beste.
Women in War – Folge 1 / Ich finde die Idee so gut, aber ich wünschte, man könnte solche Geschichten ohne diese Mischung aus Sensationalismus (vor allem im Sound Design) und ausgestellter Betroffenheit erzählen. Eine Abneigung gegen diese Art von Präsentation, die den Hörenden immer wieder erzählt, was sie gerade fühlen sollten und wie krass das ist, was sie hören, ist aber ein Pet Peeve von mir. Viele andere scheinen sie ja zu mögen, sonst würde sie nicht immer wieder bedient.
Audio:viel 29 / Bisher war ich immer von der Länge abgeschreckt, aber ich fand’s ganz wunderbar (nachdem ich Teile des Anfangsgeplänkels übersprungen hatte). Christiane Attig mag ich sowieso, aber hab mich hier insgesamt sofort zu Hause gefühlt. Menschen, mit denen ich rumhängen will. (Spoiler: Das werde ich auch. In der nächsten Ausgabe von Audio:viel darf ich zu Gast sein.)
9/12 #1 / Wie wurde aus dem Ereignis 9/11 die Erzählung 9/11, die als Rechtfertigung für alles Mögliche herhalten musste. Von Dan Taberski (Running from Cops) gewohnt souverän erzählt und eine interessante Idee. Hat Preise gewonnen und werde ich vermutlich bei Gelegenheit bingen.
Narcoland #1 / Sympathisch und mit der richtigen Mischung aus Naivität und Professionalität. Das Thema interessiert mich wahrscheinlich nicht genug zum Weiterhören.
Tadschu #1 – Hat mich als selbst Enkelkind eines staatenlosen Ausländers sehr interessiert. Super produziert und recherchiert. Persönlich. Manchmal etwas sprunghaft. Dennoch Empfehlung. Erstaunlich, dass Menschen solche Projekte auf eigene Faust realisieren. (Der Podcast-Podcast Ohrensessel hat gerade noch einmal ausführlicher hingehört.)
Kein Mucks – Besuch nach Büroschluss / Bastian Pastewka präsentiert alte Krimihörspiele, liebevoll und mit genau der richtigen Mischung aus ironischer Distanz und echtem Interesse. Viel besser als erwartet! (Empfehlung dazu: das Interview mit Redakteurin Lina Kokaly im Newsletter “Mixdown”)
Plastisphere #7 – Bioplastics / Lots of Germans speaking to each other in English, just like Twitter. Superviel gelernt, top produziert (gerade auch Musik- und Atmoauswahl, es ist erstaunlich wie der Anbieter “Blue Dot Sessions” einen Sound geschaffen hat, in dem ich mich, von NPR Podcasts kommend, sofort zu Hause fühle) und kompakt. Klasse!
Geschichten aus der Geschichte #243 – Irischer Whisky / Dieses “Einer erzählt dem Anderen etwas zuvor Recherchiertes”-Format finde ich schon länger total gut. Interessemäßig werden mich diese Historien-Anekdoten nie ganz abholen, aber sympathischer kann man es kaum machen.
All Good Podcast #71 – grim104 / Lockeres Interviewformat im Kumpelgespräch-Modus. Der Interviewer Jan Wehn stellt keine unangenehmen, aber doch tief bohrende Fragen. Am Ende weiß man ein bisschen mehr über den Künstler.
Fashion the Gaze – Damengambit / Eine echte Entdeckung für mich! Ein leicht verschobener, auch anders professionell geprägter Blick auf Realität, Fiktion und das Verhältnis dazwischen. Zum Glück wurde die Aufnahmetechnik inzwischen noch verbessert. Abo!
Der Hörbuchwelten Podcast – Female Audiobooks / Das war nicht mein Fall. Wirkte trotz halbwegs professioneller Produktion unbeholfen und oberflächlich. Trotz des Service-Charakters des Formats hatte ich nicht das Gefühl, etwas zu lernen oder einen Überblick zu erhalten. Sorry
Die Skorpion und Batterie Show – Ausgabe vom 19.12.21 / Wie bereits erwähnt, bin ich Solo-Podcasts gar nicht abgeneigt – mit einer Late Night Show hat das Ganze für meine Ohren aber wenig zu tun, insofern war ich verwirrt.
Die akustische Enttäuschung #75 / Gutes, professionelles (nie ins insiderige abdriftende) und dennoch persönliches Gespräch. Gerne gehört und was gelernt. Die Ironie im Podcasttitel finde ich allerdings … enttäuschend.
99% Invisible #450 – Stuff the British Stole / Eigentlich gar keine 99pi-Folge, sondern Folge 1 eines eigenen Podcasts mit einem sehr charismatischen Host, Marc Fennell. Tolles Konzept super umgesetzt und ich mag diese Art der Kuration mit anschließendem Interview sehr!
Quoted #1 / Interessante Hosts, die sich aber erst noch finden müssen; Thema war mir trotz guter Gedanken und gutem Gast etwas unfokussiert und mäandernd betrachtet. Und warum heißt der Podcast “Quoted” wenn niemand zitiert wird?
Sternenbuch #100 / Wenn die Gästin den Moderator am Anfang erst animieren muss, läuft irgendwas falsch. Dann sagt er am Ende sogar, es sei ein Lieblingsfilm von ihm. Ich war verwundert, denn er klang die ganze Zeit eher gelangweilt. Pluspunkt für’s kompakte Gespräch.
Der ganz formale Wahnsinn #41 / Nicht ganz so begeistert wie der Kollege von Übermedien, aber diese Art kompaktes Laien-Fachgespräch dürfte es gerne öfter geben und gerne auch immer so locker wie hier.
Kino 90 Podcast 17 / Konzept und Hosts durchaus nicht verkehrt. Viel Wissen vorhanden, das Bedürfnis, der eigenen Nostalgie nachspüren zu wollen, kann ich total nachempfinden. Das Format ist mir nur persönlich zu laberig. It’s not you, it’s me.
FRÜF Podcast #004 / Sehr differenzierte Diskussion und journalistische Aufarbeitung eines Themas, das an mir völlig vorbeigezogen war, nämlich der Vergewaltigungsworwürfe gegen Cristiano Ronaldo. Jetzt weiß ich Bescheid, danke.
Our Opinions are Correct – Monstrous Women / Sachverstand und gute Vorbereitung trifft auf angenehme Gesprächskultur. Habe ich abonniert und auch schon weiterempfohlen – die weiteren Folgen fand ich aber bisher nicht so gut, wie diese erste, die ich gehört habe. Steht also wieder auf dem Prüfstand.
Queek #86 / Gute Gedanken, aber diesmal hätte ich es wahrscheinlich wirklich lieber gelesen als gehört (da ich auch die Filme alle nicht gesehen hatte).
Schamlos #40 – Böse / Wie genial ist bitte diese Idee, Diskussion mit Impro-Comedy zu kombinieren? Warum gibt es das nicht öfter? Thematisch ebenfalls gut. Diesmal muss ich sagen, dass ich zum Glück nicht mehr viel dazuzulernen hatte.
Team Schere – Candyman / Selbst wenn man wie hier durch den Film geführt wird, machen mich Analysen von Filmen, die ich nicht gesehen habe, insbesondere akustisch, nach wie vor nicht an. Ansonsten aber solide.
Skip Intro – Eldorado Kadewe / Professionelles Format. Gut gestaltetes Gespräch. Ich mag es ja, wenn Interviews mal nicht in Gänze gespielt werden, sondern wie hier in Einspieler aufgeteilt und persönlich eingeordnet werden.
Man nerdet nie aus – Spider-Man / Was ich schön fand, war die persönliche Ebene. Wenn viel wissende Menschen auch mal erzählen, was Geschichten für sie persönlich bedeuten, welche Ereignisse und Gefühle für sie damit verbunden sind, erlaubt das viel Empathie und ist angenehm.
Mittermeiers Synapsen-Mikado 21 / Klar, “Familiodologie” ist die logische Folge von “Paardiologie”. Ich finde das (anders als bei Roche) über den reinen Voyeurismus einer berühmten Familie hinaus nicht wirklich interessant, aber der und eine gewisse Grundsympathie tragen schon eine Weile.
Conspirituality #21 / Dichter Essay-Podcast mit O-Tönen. Inhaltlich sehr gut und gruselig. Dass für einige (wie schon Bannon, aber vielleicht auch Putin) ihre Politik nicht nur ideologisch, sondern richtiggehend religiös aufgeladen ist, macht Angst.
Des Pudels Kern #5 / Das war die Art Empfehlungsperle, auf die ich gehofft hatte. Just außerhalb meines Radars aber genau mein Ding – Gedanken anregend und durchdacht. Und es geht sogar um Horizonterweiterung.
Dissens #122 / Dass sich Menschen in Gesprächen zuhören, miteinander nachdenken, voneinander lernen und nicht nur performen, ist auch in der Podcastlandschaft selten geworden – daher auf jeden Fall sehr gerne gehört. Super Tipp!
Verrückt #3 / Nee, das war nicht mein Fall. Obwohl das Thema interessant war, hat mir die Art der Gesprächsführung und Produktion (z.B. das Intro) gar nicht gefallen. Muss es ja auch geben.
Tech Won’t Save Us – Annalee Newitz / Schon das 2. Mal, dass mir Newitz empfohlen wird, aber obwohl Newitz gute Sachen sagt, fand ich das Interview nur mittelgut. Viel Stichwortgeben und gegenseitiges Bekräftigen, nicht mal vorsichtig ein paar Gegenargumente ins Feld führen.
In trockenen Büchern – Monster / Alexandra Tobor kenne ich von “Anekdotisch Evident”. Die Idee, Sachbuchkritik als persönlichen Essay aufzuziehen, finde ich super. Ich höre trotzdem nicht so gerne zu, wie anderswo. Muss persönlicher Geschmack sein.
Freiheit Deluxe mit Golineh Atai / Sehr aufschlussreiches und sympathisches Gespräch. Tolle Gesprächspartnerin. Wäre die Art Podcast, die ich sicher öfter hören würde, wenn sie sich nicht wie Hausaufgaben anfühlen würden. Hier wäre wieder die Programmzeitschrift praktisch.
Hamburg hOERt ein HOOU – Christian Stöcker/ Schönes Gespräch mit dem Journalisten über sein neuestes Buch, darüber, warum exponentielles Wachstum für die Welt wichtig ist und Medienbildung. War aber keine typische Folge für den Podcast, dessen Mission mir nur vage klar geworden ist.
Schläfst du schon? – Des Kaisers neue Kleiderkammer / Was für ein lustiges Konzept, bekiffte Unterhaltung ohne Kiffen aufzunehmen und sich absurde Theorien auszudenken. Nix für auf Dauer für mich, aber ich ziehe meinen Hut vor der Kreativität.
Safe for Work #3 / So schön ich die Idee finde, vom eigenen Heimwerkerfortschritt zu berichten, so anstrengend und langweilig fand ich leider das Gespräch. Zu mäandernd für mich, nach 30 Minuten abgebrochen.
Plötzlich Pirat:in #1 / Unglaublich, was hier an Einfallsreichtum und von vorne bis hinten an brillanter Umsetzung drinsteckt, Sound Design, Schauspiel usw. Ich persönlich finde es nur leider trotzdem einfach nicht interessant, anderen Leuten beim Rollenspielen zuzuhören, das habe ich auch schon an diversen anderen Stellen festgestellt. Mit Johannes Wolf würde ich trotzdem total gerne mal über seine Methode sprechen.
Malikfm – Linus Neumann / Obwohl ich Logbuch Netzpolitik nicht höre, fand ich dieses lange Interview über die private Seite von Linus Neumann sehr interessant und hab es gerne gehört. Malik ist ein guter, entspannter Interviewer, der viel von seiner eigenen Neugier einbringt
Clean Electric #138 / Super-Idee, sich für eine Einstiegsfolge einen echten Use Case als Gast zu laden, und sehr spannend, dann zu beobachten, wie schwer es Nerds manchmal fällt, ihre eigenen Fachgebiete auch zu erklären (denke ich ja auch nicht zum ersten Mal drüber nach). Ich hab auf jeden Fall viel gelernt!
Tell me a History #46 / Mit Wissenschaftler*innen über ihre Spezialthemen (hier Geschichte aus dem Nahen Osten) zu sprechen, ist grundsätzlich klasse. Hier wurde mir aber zu viel Wissen und Vorinteresse vorausgesetzt. Nicht uninteressant, aber auch nicht fesselnd genug. (Hierauf habe ich mich auf Twitter in eine Diskussion mit meinem Freund Martin Fischer verwickeln lassen, der vielleicht auch ein Stückweit zurecht angemahnt hat, dass Vorinteresse ja wohl immer eine Voraussetzung ist und das Grundlagenwissen in früheren Folgen vermittelt wird. Ich finde dennoch – das habe ich in meinem “Gelerntes”-Post in Punkt 16 angerissen – dass man sich sehr wohl Gedanken machen darf, wo man seine Zuhörenden abholt. Ebenso wieviel Vorinteresse man voraussetzt und wieviel man durch seine Gestaltung wecken will. Als Hörer finde ich es dann auch legitim zu sagen, dass sich das Format wohl nicht an mich richtet und mich nicht genug fesselt.)
Chaosköppe #5 / Mischung aus Selbsthilfegruppe und Aufklärung (nicht negativ gemeint). Ich kannte jetzt das in dieser Folge erklärte “Löffel”-Modell schon, aber der Refresher war hilfreich.
Agnes trifft … Hoffnung / Ein schönes Sinn suchendes und Sinn stiftendes Gespräch. Auch wenn es nicht sehr in die Tiefe geht, höre ich solchen Gesprächen gerne zu.
1LIVE Der Raum – Tim Bendzko / Ein so einfaches wie gutes Konzept (Promis, ein Raum mit Mikrofon, eine halbe Stunde Zeit), dass man auch Tim Bendzko gerne mal eine halbe Stunde beim Nachdenk-Reden zuhört.
Radio Freies Ertrus #29 / Es stellt sich heraus, ich kann auch anderthalb Stunden (in doppelter Geschwindigkeit) zwei Nerds beim Nerden über ein Thema (Perry Rhodan) zuhören, von dem ich keinerlei Ahnung habe. Es liegt einfach eine gewisse anthropologische Faszination darin.
Weltendieb #3 / Die Art von Gespräch, der ich vor 15 Jahren vermutlich noch gerne zugehört hätte, die mir heute aber zu beliebig ist, wenn ich die Leute nicht kenne. Wenn ich nicht schnell erkennen kann, warum ich genau euch zuhören sollte, bin ich raus.
Eskapodcast #197 / Tendenziell verkopfte Art, übers Rollenspielen zu reden, die mir als langjährigem aber nicht mehr wirklich aktivem Spieler aber sehr liegt. Moderationstonfall gewöhnungsbedürftig, aber nicht unsympathisch. Macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Den Eskapodcast habe ich nach dieser Probe abonniert und er erfreut mich weiterhin. Ich bin für Meta-Herangehensweisen zu Kulturthemen irgendwie immer zu haben.
Warpcast #171 / Nee, sorry, noch mal 45 Minuten Perry-Rhodan-Besprechungen, und dann auch noch solo, schaffe ich nicht.
Feminist Shelf Control #1 / War mir zu langatmig und zu chaotisch, insbesondere der Einstieg. Ich habe bei Podcasts nur selten Interesse daran, Teil einer Insider-Runde zu sein und passiv mitzulachen, das ist einfach persönlicher Hörgeschmack (vielleicht drösele ich dieses Thema irgendwann noch mal breiter auf, aber es ist wohl wirklich meine eigene Psychologie). In diesem Fall haben die beiden Sprecherinnen ja viel Ahnung von ihren Themen, setzen sie aber nur spärlich ein. Ich hätte gerne mehr über die Vergleiche und Ähnlichkeiten zur christlichen Rechten gehört, die zum Beispiel von Annika Brockschmidt anklangen.
Serienoase – A Taxi Driver / Gut strukturiertes und mit sehr viel Hintergrundwissen angereichertes Filmgespräch – weil ich den Film nicht gesehen habe, hab ich die eigentliche Inhaltsdiskussion übersprungen und mich mit den Fakten zur Revolution in Gwangju begnügt.
Stichwort Drehbuch – Der Überfall / Große Teile des Gesprächs und Intros fand ich aufgrund der Haltung einzelner Männer sehr unangenehm, aber Katja Wenzel hat tapfer dagegengehalten – dem Klang nach in einem Badezimmer in Stereo wie 1965.
Hohe Tiere – Magawa / Informatives und unterhaltsames Format mit guten Tiergeschichten, das ich ganz sicher weiterempfehlen werde.
Fux und Bär – Scout / Finde dieses knappe Rezensionsformat sehr sympathisch. Es bleibt aber schwierig, Spiele verständlich nur zum Hören zu erklären. Das verwirrt manchmal minimal.
Diverse Kinderbücher – Gewalt / Mag das magazinige Format, das insgesamt einen guten Überblick gibt. Abgelesene Interviews leider eher nicht so, aber ich ahne warum. Sehr umfangreiche Shownotes.
Memoranda #13 / Interview mit dem SF-Historiker Hans Frey, nicht unbedingt sehr lebendig, aber doch interessant, wenn man sich gerne historisch mit SF beschäftigt.
Request for Comments #15 / Stell dir vor, der Kumpel mit Ahnung erklärt dir abends beim Bier, wie Verschlüsselung funktioniert, bis du es kapiert hast. Guter Service. Dass mir das ausgerechnet @dentaku empfahl, der das mal für mich mit Programmiersprachen machen musste. 👌
Studio Komplex #1 / Ganz ehrlich, ich bin kein Fan dieser obercleveren Mixtur aus Flapsigkeit, Selbstgeilfinden, Provokation durch Thesen und x-facher Metaebene. Da hat man nichts mehr woran man sich festhalten kann und behält im Zweifelsfall nichts. Kann ja noch wachsen.
Weibers #77 / Kannte die beiden Sprechenden nicht (einfach nicht meine Bubble), aber fand es eine angenehme Mischung aus Gossip und Verstand. Allerdings unangenehm lange Werbeunterbrechungen.
Schicke Frise – Die Thaartortreinigerin / Super Idee, gutes Interview, gute Gästin, die viel Überraschendes zu erzählen hat, und übers Haareschneiden lernt man auch noch was. Finde es einfach echt klasse, Interviews so mal neu zu denken.
Betreutes Fühlen #133 / Eigentlich ganz sympathische Darbringungsform des üblichen, immer wieder gern gekauften Psychotipp-Formats, aber Atze Schröder mag ich deswegen trotzdem nicht mehr.
Freitagnacht Jews – Jew Noir! / Das war für mich die richtige Mischung aus Nachdenklichkeit und Quatsch – vor allem im direkten Vergleich zu “Studio Komplex”. Der entscheidende Punkt war die persönliche Perspektive von Daniel Donskoy und die Kunstfigur, die er für seine Provokation erschafft, während “Studio Komplex” für mich so daherkommt, als würde mich irgendein Journalist ankumpeln, was ich unangenehm fand.
Apokalypse und Filterkaffee – Malcolm Ohanwe / Meh. Merkwürdige Mischung aus Nachrichten, semi-qualifizierten Kommentaren und Comedy. Hat mich nicht angesprochen, obwohl ich Malcolm super finde.
Not another F**king Elf – Boromir / Joah. Die Idee, sich dem Text mal über die verschiedenen Interpretationen der Rolle zu nähern, finde ich gut, hält mich aber nicht auf Dauer interessiert. Der Ton ist dazu leider sehr unangenehm.
Letztes Jahr hat es nicht für eine Liste gereicht. Dieses Jahr komme ich mit großzügigem Einbeziehen von zwei Streaming-Miniserien auf eine Top 9. Viel dazu schreiben will ich aber dennoch nicht – zu fast allen Einträgen gibt es eine Folge von Kulturindustrie, die ich verlinke.
Zwei “Runner-ups” gibt es auch, und beide haben etwas gemeinsam, aus dem ich fast einen eigenen Blogpost gemacht hätte. Matrix: Resurrections ist immerhin ein Film, der sich getraut hat, einen ungewöhnlichen Weg einzuschlagen und seine Vorgänger auf einer Metaebene zu spiegeln. Dune versucht sich daran, ernsthafte und brüterische Literaturverfilmung zu sein. Beide Filme aber schlagen sich ihren Kopf an den Zellenwänden des Blockbusters wund, der verlangt, das spätestens im dritten Akt alles affirmiert werden muss, was vorher infrage gestellt wurde: ohne massive Actionszenen und gro´ßgestiges Ende geht es nicht. Deswegen konnte ich mich auch nicht dazu durchringen, einen der beiden Filme in die Liste aufzunehmen.
1. The Beatles: Get Back
Nach dem Ende der acht Stunden hätte ich noch endlos weiterschauen können, wie den Gesichtern dieser jungen Musiker alles wiederspiegelt, was ich selbst beim Musikmachen empfunden habe. Die endlosen Verhandlungen im Probenraum, das Herumalbern zwischendurch, die Wiederholungen der immer gleichen Songs und die absolute Erhabenheit eines Liveauftritts. Und dann sind es aber auch noch die Beatles – es ist völlig verrückt.
Wes Anderson versucht sich an Short Fiction oder an einem von diesen neuen Romanen, die aus Kurzgeschichten bestehen und von einer Rahmenhandlung zusammengehalten. Dabei huldigt er dem amerikanischen Magazinjournalismus und ist witzig, nachdenklich und sehr sehr genau, wie immer.
5. The Green Knight
Ich liebe es, wenn ein Kinofilm mich auf einen Trip mitnimmt. Dieser hier ist schwer, düster und wahnsinnig Emo, aber das macht ihn auch sehr verführerisch, wie ein betörendes Parfüm oder eine weihrauchgeschwängerte, mittelalterliche Kirche.
Mehr dazu in Kulturindustrie 31 – Dominik Grafs Film finde ich Kästners Geschichte nach wie vor stark überlegen.
9. In the Heights
Das not so guilty pleasure für dieses Jahr – mehr dazu in Kulturindustrie 30.
Wie immer habe ich einige Filme (noch) nicht sehen können, von denen ich glaube, das sie mir hätten gefallen können, darunter Drive My Car, Last Night in Soho, House of Gucci, The Power of the Dog, The Last Duel, Promising Young Woman und Minari. Aber so ist das halt.