Aufs Auge gedrückt – 3D überall

Kaum vorstellbar, dass die Kinoleinwand einmal der einzige Bildschirm war, mit dem wir es zu tun hatten. Heute sind wir von Bildschirmen aller Formate umzingelt: Man trägt sie uns nach wie die Werbetafeln in den Städten, und wir tragen sie mit, in Form von Handys und I-Pods. Dennoch scheint es, als wäre das Kino, jenes Urmedium des Bildes, immer noch ein tauglicher Pionier und Innovationsmotor, der Trends etabliert, dem andere Bildmedien nachfolgen können.

Weiterlesen in epd film 12/210

Stuff I learned this week – #45/10

Tagline: This time, it’s bilingual!

Nichts zu sehen – 3-D-Fernsehen zwischen Erwartung und Realität

Wie wenig das Marktschreiertum der Elektronikhersteller, das sich auch deutlich im Programm der bevorstehenden IFA widerspiegelt, insbesondere mit der deutschen Realität zu tun hat, merkt man schnell, wenn man mit hiesigen Fernsehmachern telefoniert. 3-D-Fernsehen „ist für uns auf absehbare Zeit kein Thema“, heißt es beim ZDF. Man beobachte die Entwicklung „mit Interesse“, aber ohne „konkrete Planungen“, lautet die Auskunft der Mediengruppe RTL.

Weiterlesen in epd medien 67/2010

Ein bisschen Frieden beim Grand Prix

Gestern bin ich zum ersten Mal seit einem gefühlten Jahrhundert wieder Zeuge eines kollektiven Fernseh-Ereignisses geworden. Die Rede ist natürlich vom Finale des Eurovision Song Contest, bei dem die deutsche Teilnehmerin Lena gewann und so zum ersten mal seit 28 Jahren wieder einen ESC-Titel nach Deutschland holte. Die Euphorie, die über diesen Sieg gestern Nacht durch die Gegend und in die Wohnzimmer schwappte, fand ich erstaunlich.

Casting- und Reality-Shows versuchen genau diesen Effekt seit Jahren immer wieder zu erreichen, aber zumindest nach meinem Gefühl haben sie in ihrem x-ten Aufguss in den verschiedenen Formaten enorm an Gewicht verloren. Nicht zuletzt gibt es zu jedem Castingshow-Finale inzwischen eine Aktion, die versucht, einen anderen Titel (meistens einen alten Rock-Klassiker) durch kollektive iTunes-Käufe so zu pushen, dass er dem Castingshow-Titel den Rang abläuft. Die ganze Vorhersehbarkeit des Kommerzes eines Dieter-Bohlen-Kandidaten, dessen Stern so schnell wieder untergeht, wie er an den Himmel gedrückt wird, war bei Lena Meyer-Landrut irgendwie nicht zu spüren.

Vielleicht lag es daran, dass zur Erschaffung des diesjährigen Grand-Prix-Songs für Deutschland die ARD und die Privatsendergruppe ProSiebenSat.1 erstmals zusammengearbeitet haben. In einem Beitrag für epd medien habe ich diesen Schritt im Juli 2009 bejubelt. Raab und ProSieben, so meinte ich damals, haben die Jugendkompetenz, die der ARD fehlt, während die ARD die Infrastruktur hat, um eine möglichst große Reichweite zu garantieren.

Insofern ist es nur logisch folgerichtig, dass mit der Raab-Kooperation der längst geschehenen Aufsplittung der Märkte endlich Rechnung getragen wird, frei nach Jeff Jarvis, der in seinem Buch „What would Google do?“ für die partikularisierte Medienlandschaft im Zeitalter des Internets die Maxime aufgestellt hat: „Cover what you do best, link the rest.“

Es erfüllt mich mit einer gewissen Genugtuung, jetzt “I told you so” sagen zu können. Mit “Ein bisschen Frieden” hat Deutschland das letzte Mal gewonnen, mit ein bisschen Frieden zwischen den Senderfronten hat Deutschland auch dieses Mal gewonnen, selbst wenn “Satellite” nicht den ersten Platz geholt hätte, denn Raab, die ARD und nicht zuletzt Lena haben Deutschlands Fernsehzuschauer auf erfreuliche Weise geeint. Insofern halte ich es auch für einen guten Schritt, dass in diesem Jahr erstmal die Fußballweltmeisterschaft sowohl auf öffentlich-rechtlichen als auch auf privaten Sendern gezeigt wird.

Ich finde, wir brauchen noch mehr von solchen solidarischen Aktionen, die das ewige Gezänk um Gebührenmilliarden und “Was ist gutes Fernsehen” ein bisschen nivellieren. Es ist nunmal eine Tatsache, dass sich die Gesellschaft immer mehr in Partikularinteressen aufsplittet. Wer dem Rechnung tragen will und trotzdem möglichst viele Menschen ansprechen will, sollte nicht versuchen, alles alleine zu schaffen, sondern dem vermeintlichen Gegner die Hand reichen und Stärken kombinieren. Vielleicht reicht es so auch bei der WM in Südafrika wieder für freudig in Luft dreschende Fäuste quer durch die Republik, wenn Deutschland wichtige Punkte holt.

Sprachpuristen. China rückt englischen Abkürzungen zu Leibe

Man stelle sich vor, die deutsche Regierung wollte ein Zeichen in Sachen Sprachpflege setzen (vielleicht um den in diesem Feld versierteren Franzosen eins auszuwischen) und verböte den Gebrauch von fremdsprachigen Ausdrücken und Sätzen in sämtlichen aus Deutschland stammenden Funkübertragungen. Abgesehen von einigen wenigen angenehmen Effekten ? Goodbye “We love to entertain you” und “It's fun” – hätte ein solcher Schritt auch einige fatale Folgen. So müsste der deutsche Staatsrundfunk, die Deutsche Welle, zwangsläufig 29 von 30 Sprachangeboten einstampfen und hätte es vermutlich fortan wesentlich schwerer, deutsche Werte und Ideale in den Rest der Welt zu tragen.

Was in diesem überzogenen Beispiel notwendigerweise wie eine Mischung aus Paranoiavision und Schildbürgerstreich klingt, wird in reduzierter Form in China gerade in die Tat umgesetzt. Weiterlesen …

erschienen in epd medien 35/2010
Und hier ist der virtuelle Shout-Out ans Language Log

Worte zur Wochenmitte

Da sind Journalisten wie jener J. (was wohl für Johannes steht) Boie von der „Süddeutschen Zeitung“. Für den Leser quälend trieft durch ihre Zeilen der Neid, dass da Leute das gleiche Handwerk betrieben wie sie: schreiben. Und das tun sie einfach so, als Hobby. Sie schreiben nicht über das, was ihnen Ressortleiter, Chefredakteure oder die Tagesaktualität diktieren – sie schreiben über das, was sie interessiert. Dabei sagen sie auch noch deutlich ihre Meinung. Und dafür ernten sie dann auch noch Leserkommentare, Resonanz und dürfen auf einem Kongress stehen und Bier trinken.

Thomas Knüwer , Indiskretion Ehrensache
// Re-Publica 10: der Neidfaktor

Was jemand da Marco Schreyl auf die Moderationskarten geschrieben hat, ist nicht nur erschütternd in seiner Zeitschinderei, es ist nicht nur bekannt, falsch, dumm oder albern (all das ist es auch). Es feiert seinen eigenen Sadismus, einen brutalen Ausleseprozess, einen menschenverachtenden Sozialdarwinismus, auf eine Art, die man kaum anders als faschistoid nennen kann.

Stefan Niggemeier , Fernsehblog
// “Der Verlierer steht für immer im Schatten”: Das Weltbild von DSDS

I remain convinced that in principle, video games cannot be art. Perhaps it is foolish of me to say “never,” because never, as Rick Wakeman informs us, is a long, long time. Let me just say that no video gamer now living will survive long enough to experience the medium as an art form.

Roger Ebert , Chicago Sun Times
// Video games can never be art

Apple-style secrecy may help drive some sales, but ultimately it’s the usefulness, durability, affordability, and availability of a product that play the greatest roles in sales. Being a rational man who appreciates the scientific method, Steve Jobs might want to consider dumping the pixie dust for one product cycle and see if that strategy increases sales.

Jack Shafer , Slate
// The Apple Secrecy Machine

Worte zur Wochenmitte

These flights that aim to give their spectators the same sense of motion through space have fast become the signature image of the 3D feature film, the sign that it has yet to transcend its theme park tendencies to assimilate the technology with the usual dramatic imperatives (or that 3D will always have limited applications).

Dan North , Spectacular Attractions
// How to Fly in 3D

As I settle down to try to unravel the eight centuries of myth and legend that have accreted around the outlaw, I am looking at a still from the new Ridley Scott movie, which will open the Cannes film festival on 12 May. Russell Crowe – looking the spit of Maximus, the hero of Gladiator, with cropped hair, bloodied cheek and an expression of furious determination – is astride a horse. The horse, naturally, is white: what else would a hero, about to save England from French invaders, ride? I fear there may be some historical disconnect here.

Stephen Moss , The Guardian
// My Search for the real Robin Hood

Ganz klein hat sich die ARD mit dieser Geburtstagsdokumentation gemacht. So klein, dass sie sich selbst riesig finden musste, schon wegen der vielen Leute! Und der ganzen Mikrofone! Und der blinkenden Lichter!

Stefan Niggemeier , Fernsehblog
// Der sechzigste Geburtstag, oder: Der ARD geht’s wohl zu gut

You’re watching “Commentary: The Movie”

“Dan Masters” , College Humor
// DVD Commentary: The Movie
[via Cinematical]

Oscars: Schöne Gewinner, unschöne Show

Die Oscars sind verliehen, das Filmjahr ist vorbei. Herzlichen Glückwunsch an Kathryn Bigelow und ihre Teammitglieder, an Jeff Bridges, Sandra Bullock, Mo’Nique, Christoph Waltz und alle weiteren Gewinner.

Von den Preisen an sich einmal abgesehen – eigentlich doch immer schöner, wenn man sehen kann, wie sich das Team eines Independent-Films freut wie ein Schnitzel, als wenn routinierte Studio-Großmeister (wie Kostüm-Designerin Sandy Powell) die Awards mit einem “habe ich auch verdient”-Blick großzügig annehmen – war die Oscar-Nacht als TV-Ereignis allerdings ein riesiger Rückschritt im Vergleich zum letzten Jahr und denen davor. Trotz oder gerade wegen der vielen Bemühungen der Academy, sie wieder attraktiver zu machen.

Das Moderatoren-Duo Steve Martin und Alec Baldwin war ein neuer Tiefpunkt in Sachen Witzniveau und mangelnder Spritzigkeit. Neil Patrick Harris hatte in seiner Drei-Minuten-Eröffnungs-Musiknummer mehr Charme und Witz als die billige Kopie von Statler und Waldorf in den sich endlos ziehenden kommenden dreieinhalb Stunden. Fast alle Witze waren verbale Faustschläge oder unter der Gürtellinie – aber trotzdem nicht witzig – und das Timing war äußerst mies. Es gab genau einen Einspieler, der ebenfalls auf schwachem Slapstick-Humor basierte. Schwer vorzustellen, dass andere Moderatoren in den vergangenen Jahren wahre Feuerwerke auf der Bühne abgebrannt haben.

Mindestens genauso daneben war die Vorstellung der nominierten Hauptdarsteller durch Kollegen mit rührenden Anekdoten – eine Weiterentwicklung des letztes Jahr ausprobierten “Magischen Zirkel”-Konzepts, in dem bisherige Oscar-Preisträger die Neuankömmlinge in ihre Hexen- und Zauberergemeinschaft aufnehmen durften. Stattdessen ließen sich dieses Jahr vor allem bei den männlichen Nominierten Kolleginnen minutenlang darüber aus, dass diese auch menschlich grundsätzlich die wärmsten und nettesten Personen sind – eine Tatsache, die eigentlich niemanden im Saal interessieren sollte, denn ausgezeichnet wird schließlich die Perfomance der Schauspieler und nicht ihre Persönlichkeit. Dieser zwanghafte Versuch eines Human Touch zog sich endlos in die Länge und war auch den Geehrten sichtbar unangenehm.

Dritter Fehlschlag war die, neben der Eröffnungsnummer, einzige Showeinlage von einer Tänzertruppe, die ihr Können zu den nominierten Scores demonstrieren durfte (Herzlichen Glückwunsch übrigens an Michael Giacchino), dabei aber augenscheinlich nicht die gleiche Musik hörten, wie der Rest der Zuschauer: Denen schallten vom Orchester sinfonische, meist gelassene Klänge entgegen, während die Tänzer schnellen Hip Hop auf den Ohren hatten – anders kann ihr furioses Gefuchtel nicht erklärt werden, das nicht einmal etwas mit den Titeln oder Inhalten der nominierten Filme zu tun hatte. Traurig.

Und warum man die zehn Nominierten für den Besten Film von Leuten ankündigen ließ, die man durch Einstellungsgröße und Beleuchtung kaum erkennen konnte, bleibt ebenfalls für immer ein Mysterium.

Insgesamt war die Show an Einfalls- und Lieblosigkeit schwer zu unterbieten. Bei zehn nominierten Filmen, darunter mehrere, die besonders fürs Auge einiges boten, hätte man aus einer Gala, die diese Filme ehrt, vor allem visuell mehr rausholen können. Stattdessen: Eine staubtrockene Präsentation und Witze darüber, dass James Cameron seiner Ex-Frau im Vorfeld einen Toyota geschenkt hat. Armes Hollywood.

Zum Vergleich: Meine Oscar-Bilanz 2009

Nachtrag: Meine Meinung scheint sich allgemein mit der der Mehrheit zu decken. Alle fanden die Show einigermaßen gräßlich, schlecht koordiniert, erfolglos anbiedernd und unlustig: spiegel.de, Cinematical, Newsweek etc..

Danke an M, die die Nacht mit mir durchgemacht hat.

Kanzler aller Kelten

Es ist schon merkwürdig, wie sehr man Schauspieler manchmal mit einer bestimmten Rolle identifiziert. Obwohl Bruno Ganz beispielsweise schon mehr als genug gelobte und preisgekrönte Darbietungen vor der Kamera und auf der Bühne zu bieten hatte, als er 2004 in “Der Untergang” Adolf Hitler spielte, war er im Anschluss doch für manche untrennbar mit dem Eindruck des großen Diktators verknüpft. Vier Jahre später spielte Ganz wieder eine historische Figur im Eichinger-Aust-Edel-Jointventure “Der Baader Meinhof Komplex”, und der Autor war sicherlich nicht der einzige, der im Kino (oder vor dem Fernseher) innerlich aufschreckte und dachte: Wer hat denn da dem Hitler die Leitung des Bundeskriminalamts überlassen? Sind die wahnsinnig?

Da selbst bekannte deutsche Schauspieler nur selten Millionengagen erhalten, trifft man sie manchmal an den merkwürdigsten Orten. Michael Mendl, laut seiner eigenen Website “einer von Deutschlands profiliertesten männlichen Charakterdarstellern und seit Jahrzehnten in Kino, Fernsehen und Theater erfolgreich”, fand sich beispielsweise jüngst gemeinsam mit einigen ganz leicht verschlissenen, aber – um mit dem Titel eines Films zu sprechen – “Still Crazy” Musikern auf den Bühnen Deutschlands, unter anderem in der Frankfurter Festhalle, wieder. In der sogenannten Celtic Rock Opera “Excalibur” des Franzosen Alan Simon gab Mendl die Erzählerfigur Merlin.

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Unheimliches Potenzial

Wenn man immer über die 3,4 Milliarden Euro redet, tut man so, als sei der ideale Schuldenstand null”, hat ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling in einem Interview mit der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” im September gesagt. Es braucht schon eine gehörige Manager-Denke, um solch einen Satz aussprechen zu können. Nur wer es gewohnt ist, seine Geschäfte auf Pump (womöglich im Milliardenbereich) zu betreiben, kann davon ausgehen, dass es normal ist, im Minus zu leben. Sehr große Konzerne also. Oder Staaten.

Dass der ideale Schuldenstand nicht null ist, hat sich diese Woche auch bei Sat.1-Geschäftstführer Guido Bolten gezeigt. Dessen Schuldenstand, wenn man das so nennen kann, ist nämlich null: Der Marktanteil von Sat.1 bei der werberelevanten Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren lag 2009 im Schnitt bei 10,8 Prozent – genauso hoch wie vor einem Jahr, als Bolten das Ruder übernahm. Die offizielle Sprachregelung nach Pressemitteilung dafür lautet “stabil”. Das kann nicht genügen, dachte sich Bolten wohl, und nahm seinen Hut.

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