Es ist Kunst! – Die Pixar-Schau in Bonn

Nachdem sie mit Toy Story 1995 ihr Langfilmdebüt gaben, galten die Burbanker Pixar-Studios als ein merkwüdiger Sonderfall in Hollywood. Sie produzierten Filme, die, unter dem Deckmäntelchen der Animation, nicht nur für klingelnde Kassen sorgten, sondern auch noch bei Kritikern regelmäßig Bestnoten absahnten. Die letzten beiden Outputs des mittlerweile gänzlich zum Disney-Konzern gehörenden Studios, Cars 2 und Merida, konnten die Kritiker zwar nicht mehr ganz so hinreißen wie etwa Oben, der 2009 die Filmfestspiele von Cannes eröffnete. Die ausgefeilten Welten, die Pixar immer noch regelmäßig erschafft, begeistern aber nach wie vor.

Um diese Welten, und vor allem: um ihre analoge Ursprünge, dreht sich alles in der seit Juli in der Bonner Bundeskunsthalle gastierenden Ausstellung “Pixar: 25 Years of Animation”. Das Grußwort von Pixar-Boss John Lasseter erklärt gleich zu Anfang: Hier sollen die handgemachten künstlerischen Arbeiten und Prozesse sichtbar gemacht werden, die den vom Computer gerenderten Schauspielen vorausgehen, für die Pixar so berühmt ist.

Weiterlesn in epd Film 9/2012

In semi-eigener Sache: “Close up”

Screenshot: ZDF

Seit nun ziemlich genau einem Jahr bin ich, neben meiner Superhelden-Identität als Blogger, im bürgerlichen Leben Mitglied der Filmredaktion ZDFkultur/3sat. Dort gehöre ich unter anderem auch zu dem Team, dass das monatliche Kinomagazin “Close up” produziert – für das ich nun, da die Sendung ein gutes halbes Jahr existiert, an dieser Stelle einmal Werbung machen möchte.

“Close up” läuft einmal monatlich auf ZDFkultur, samstags (zum Beispiel morgen) um 22:15 Uhr, und mit gleichem Inhalt aber anderem Layout danach dienstags auf 3sat – und steht anschließend zum Abruf in der Mediathek. Die Sendung hat drei Teile – zwei aktuelle Filmkritiken und eine “Gastkritik”, in der deutsche Filmemacher von ihren Lieblingsfilmen erzählen dürfen.

Dass vielleicht der ein oder andere meinen könnte, die Filmkritiken seien eben der Standard, den man aus EPK-Schnipseln und Interviews im Fernsehen ständig zu sehen bekommt; dass vielleicht manche meinen möchten, andere hätten das sogar schon besser/zeitgemäßer gemacht – geschenkt. Wir geben unser Bestes und versuchen uns stetig weiterzuentwickeln!

Das allerbeste an “Close up” aber, sind wahrscheinlich die Gastkritiken. Hier lassen wir Regisseure, Schauspieler und andere Filmschaffende Filme vorstellen, die ihnen persönlich am Herzen liegen. Und das geht, so finde ich zumindest, oft genug ziemlich unter die Haut und ich kann jedem nur empfehlen, sich diese Fünf-Minuten-Segmente einmal genauer anzugucken, denn so viel Raum wird “alten” Filmen im Fernsehen heute nur noch sehr selten gegeben.

Da erzählt zum Beispiel der Schauspieler Lars Eidiniger, wie für ihn Lars von Triers Antichrist mit der Geburt seines Sohnes zusammenhängt. Christian Petzold referiert beeindruckend über die Verfolgungsjagd in French Connection. Der Doku-Kameramann Thomas Plenert schwärmt über die Plansequenzen in den Filmen von Sergej Urussewski. Und Anna Brüggemann gibt zu, wie neidisch sie ist, wenn sie Sandra Hüller in Über uns das All spielen sieht.

Zusätzlich zu den Segmenten in der Sendung gibt es als Bonus online immer noch ein “7 Fragen an …” Video-Interview mit den Filmemachern, das sich immer ebenfalls lohnt. Und wann immer wir können: zusätzlichen Content, wie Interviews, die wir nicht in der Sendung unterbringen konnten oder sogar eine zusätzliche Gastkritik. Ich hoffe, wir werden noch lange die Gelegenheit dazu bekommen, dieses Prinzip immer weiter zu verbessern.

In der August-Sendung sagen wir unsere Meinung zu Magic Mike (mein erster eigener Beitrag, ich hatte mich bisher auf die Online-Aufbereitung konzentriert) und This Ain’t California. Und der Regisseur Matthias Luthardt spricht über Sidney Lumets Dog Day Afternoon. Schaut doch mal rein – und gebt mir ruhig auch Feedback hier im Blog.

Quotes of Quotes (II)

I guess you have to be Roger Ebert to be able to write the following:

“‘La Dolce Vita’ has become a touchstone in my life: A film about a kind of life I dreamed of living, then a film about the life I was living, then about my escape from that life. Now, half a century after its release, it is about the arc of my life, and its closing scene is an eerie reflection of my wordlessness and difficulty in communicating.”
Roger Ebert about his selection for the newest “Sight and Sound” Greatest Films poll

Boylewatch: Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele

Screenshot: ZDF

Ich glaube, es schien mir noch nie so ironisch wie heute, dass ich 2008 meine Dissertation zum Thema “British Cultural Identity in the Films of Danny Boyle” aufgegeben habe, um Journalismus zu machen. Damals, zwei Jahre vor dem Oscargewinn von Slumdog Millionaire, war die Idee, dass ein Regisseur wie Danny Boyle der perfekte Stellvertreter für eine neue Art von grenzüberschreitendem britischen Kino ist, anscheinend noch relativ kurios. Gestern hat genau dieser Danny Boyle für 27 Millionen Pfund die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in London inszeniert und darin versucht, Britische Identität auf zwei Stunden Megashow herunterzudestillieren, während weltweit Millionen von Menschen zusehen. So kann’s gehen.

In seiner Eröffnungsfeier (die ich leider nicht live sehen konnte, aber mir inzwsichen mit Hilfe von Mediatheken und Liveblogs erschlossen habe) scheint Boyle das gleiche gelungen zu sein, was auch in vielen seiner Filme immer wieder durchdringt. Er beginnt mit mit Ideen, die eindeutig der britischen Psyche entstammen. Im Laufe des Werks transzendiert er diese Ideen aber und verwandelt sie in etwas Neues mit universellem Anspruch. Das kann ein Zugehörigkeitsgefühl zu einer Klasse oder sozialen Gruppe sein wie in Trainspotting, aus dem ein ikonischer Film für das “Rebranding” des Vereinigten Königreichs als “cool” wurde. Aber auch eine Art postkoloniale Mayflower-Fantasie wie Sunshine, aus der trotz einiger Schwächen im dritten Akt einer der beeindruckendsten Science-Fiction-Filme der letzten 20 Jahre entsteht.

Die olympische Zeremonie schien die stoffliche Manifestation dieses Prinzips zu sein. Boyle, mit dem Auftrag ein “Best of Britain” aufzuführen, beginnt mit klassischen – größtenteils englischen – Bildern von green and pleasant Lands, zitiert Shakespeare und “Jerusalem” und errichtet die olympischen Ringe aus den Schornsteinen der nordenglischen und schottischen Industriefabriken. Dann jedoch lässt er dieses Bild explodieren und widmet den Rest der Zeit einer ausführlichen Betrachtung des 20. Jahrhunderts, das fast aussschließlich aus Popkultur zu bestehen scheint.

Kein Symbol für George Smiley. Screenshot: ZDF

Und dabei wird nichts ausgelassen. James Bond bringt die Queen ins Stadion und in der Abschlussrevue fehlt weder Punk noch Glamrock und schon gar nicht die Drogenkultur der Raver mit einem Selbszitat von Underworld und Trainspotting und einem großen, aus Menschen gebauten Smileyzeichen auf dem Stadionboden. Seine Protagonisten – wie in 28 Days Later, Sunshine und Slumdog Millionaire – sind keine WASPs, sondern Repräsentanten eines multikulturellen Großbritanniens, die im Finale der Popmusik-Retro zu den Rhymes von Dizzee Rascal tanzen.

Und womit findet das ganze ein Ende – ausgerechnet mit Tim Berners-Lee, dem Erfinder des World Wide Web – dessen Einfluss schon zuvor durch die ganze Show zu spüren war, weil die Jugendlichen, die sich durch die Zeitalter tanzen, konstant per Social Media miteinander in Verbindung standen. (Der deutsche Kommentator Bela Rethy Wolf-Dieter Poschmann beweist in diesem Moment seine Netzignoranz und spricht davon, Berners-Lee wäre dafür verantwortlich, dass wir so viele Mails checken müssen.) Nachdem Boyle zuletzt einen Film über einen Menschen gemacht hat, der ohne Kommunikationsmöglichkeiten unter einem Felsblock festsitzt, hebt er hier Kommunikation als essenziell hervor. Ich bin sehr gespannt, ob wir von ihm vielleicht noch einen Film erwarten können, in dem das Internet eine Rolle spielt.

Update 29.7.: Es war Poschmann, nicht Rethy

Quotes of Quotes (I)

“[O]ne of the points I made clear to my designers, every head of department, is we should not reference other movies. We should not re-watch Gamera, or re-watch Gojira, or re-watch War of the Gargantuans. We said, ‘Let’s create the world that we’re doing. It falls in here and falls in there, but we should not be doing a referential film.’ If things happen, they happen because they’re being made by people who love those genres. But I didn’t want to be postmodern, or referential, or just belong to a genre. I really wanted to create something new, something madly in love with those things.”
Guillermo del Toro about his philosophy on Pacific Rim.

Pandora’s Digital Box – David Bordwell on the Development of Digital Cinema

A great cultural upheaval like the digitisation of cinema may tempt academics to bury it under a heap of ontological theory. This makes it all the more refreshing that it is an academic of all people, who has now published one of the most grounded accounts of the topic.

The American film studies guru David Bordwell, wo renewed the popularity of formalist film analysis in the 80s, first approached the digital changeover in a series of blog entries, which he has now assembled and reworked in a compact eBook for Sale on his site. With a real reporter’s spirit, Bordwell set out to learn about the changes on the very scenes they happened – in arthouses and multiplexes, with organizers of film festivals and overseers of film archives.

Especially these last two chapters allow for surprising insights into the work of institutions that even cinephiles rarely get to see the other side of. Bordwell describes the almost insurmountable chaos of formats in the booth of a festival projectionist, as well as the enormous effort, the costs and problems with data compatibility that figure in the digital storage of movies. All this, the Wisconscin professor enriches with journalistic background knowledge; he describes the institutional and economic history of the changeover without any frills and sketches the moves and motivations in the big business of film, or in this case – as the subtitle of the book makes clear – files.

Bordwell avoids choosing a clear side in the ongoing debate – even if his affection clearly rests with celluloid, or rather: acetate. As he points out in the introduction, he feels mostly excited about the fact that as a film historian, he finally gets a chance to witness a historic paradigm shift first hand. Istead of just reconstructing the details and the feel of such a change after the fact through a series of educated academic guesses, he enjoys being right in the middle of it – as a sort of embedded student of cinema. And he succeeds outstandingly.

“Pandora’s Digital Box: Films, Files and the Future oF Movies” is available for $3.99 from davidbordwell.net.

A different, German version of this review appeared in epd film 7/2012.

Grimmification – Märchenboom in Hollywood

“Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.” Schon so mancher Filmproduzent mag beim Lesen dieses Satzes am Ende eines Märchens über sein Schicksal in einem Business nachgedacht haben, in dem es vom traumhaften Erfolg zum Megaflop nur ein kleiner Schritt ust, das von Orakelsprüchen und Einflüsterungen – Du bist der Schönste! – lebt und in dem nichts so richtig kalkulierbar ist. Außer dem hier: Wenn am Ende des Monats Snow White and the Huntsman durch den Zauberspiegel sprechen, ist das der Kamm einer ganzen Welle von Neuinterpretationen klassischer Märchen und märchenhafter Geschichten made in Hollywood.

Erst im April hat Regisseur Tarsem Singh eine alternative Version des Grimm’schen Märchens inms Rennen geschickt: Spieglein Spieglein – Die wirklich wahre Geschichte von Schneewittchen mit Julia Roberts in der Rolle der bösen Stiefmutter. Bereits 2011 durfte Amanda Seyfried als Red Riding Hood ihre Großmutter fragen, warum sie so große Zähne hat. Und im im amerikanischen Fernsehen laufen derzeit zusätzlich erfolgreich die märchenhaften Serien “Grimm” und “Once Upon a Time”, die im Herbst auch in Deutschland bei Vox und RTL ausgestrahlt werden sollen. Weitere Filme warten am Horizont. Um die Ursachen des Booms zu ergründen, benötigt man keinen Zauberspiegel – sie sind so eindeutig wie messbar. Die großen Studios setzen in Zeiten der noch immer nicht überwundenen ökonomischen Krise eben gerne auf bewährte und vermeintlich zeitlose Stoffe, zu denen die klassischen Märchensammlungen von Charles Perrault, den Brüdern Grimm und von Joseph Jacobs zweifelsohne gehören, Auch hat die Umsiedelung der klassischen Moralgeschichten in düstere oder humorvolle Kontexte durchaus Tradition – nicht nur im US-Mainstreamkino. Neil Jordans psychoanalytische “Rotkäppchen”-Fabel Zeit der Wölfe von 1984 könnte man zum Beweis ebenso anführen wie die jüngsten “Auf einen Streich”-Neuauflagen im Weihnachtsprogramm der ARD.

Weiterlesen auf chrismon.de
oder epd Film 6/2012 (unter dem Titel “Grimmtomatisch”)

Sie haben immerhin die Datenautobahn gebaut

Ein Stimmungsbild der deutschen Filmlandschaft angesichts der Digitalisierung

Ich arbeite derzeit an einem Text-Beitrag für ein noch nicht näher definiertes Projekt zur Digitalisierung des deutschen Kinos, dessen Entwicklung ich hier dokumentiere und auf Feedback hoffe. Dies ist der erste Schritt: ein Kurzpitch.

Es braucht inzwischen weder Wissenschaftler noch Journalisten, um festzustellen, dass die über die Welt hereinbrechende Digitalisierung alles verändert – auch die Filmbranche. Wenn Animationsfilme heutzutage fast nur noch im Computer entstehen, man im Kino immer öfter 3D-Brillen aufsetzen muss, jeder Trailer mit drei Klicks auf YouTube zu sehen ist und das analoge Satellitensignal für den heimischen Flachbildfernseher abgeschaltet wird, dürfte die digitale Film-Revolution auch für den Konsumenten unübersehbar sein. Doch was passiert hinter den Kulissen, bei denen, die in Deutschland tagtäglich mit dem Medium Film zu tun haben? Ist die Digitalisierung auch bei ihnen angekommen? In Filmschulen und Redaktionen, in Produktionsfirmen, Kinos und Filmfestival, bei Filmkünstlern und Filmtechnikern? Wie bemisst sich der Hype gegen die Realität und was verändert die Digitalisierung wirklich? Ich versuche, den strukturellen Veränderungen nachzugehen und Stimmungen einzufangen, nicht zuletzt durch selbst geführte Interviews, die als Fallstudien fungieren und dabei letztendlich diese Frage beantworten: Ist die Digitalisierung im deutschen Film angekommen und wird sie mit offenen Armen empfangen? Oder ist sie ein notwendiges Übel, eine Naturgewalt, der man sich nur anpasst, weil man nicht untergehen will?

5 Dinge, die Rock of Ages nicht hat

Tom Cruise als Stacee Jaxx in Rock of Ages

Bild: Warner Bros.

Rock. Man möchte meinen, mit einem Soundtrack von Bon Jovi bis Foreigner und dem Wort “Rock” im Titel, habe Adam Shankmans 80er-Jahre-Revival genug Fels um die Pyramiden von Gizeh in Lebensgröße neu aufzuschütten. Doch neu arrangiert im bombastischen “Night of the Proms”-Stil, überschüttet mit Synthesizern und Kompression, dargeboten von Stimmen der Castingshow-Generation, scheint jede noch so kleine Scharte der Originalsongs abgewetzt. “Wanted: Dead or Alive” ist damit eindeutig nur noch eins: dead.

Musical-Feeling. Gar nicht so dumm wäre es, zu hoffen, dass dieser zuckrige Überzug wenigstens für eine ordentliche Portion Broadway-Glamour sorgt. Aber irgendwann muss jemand mal festgestellt haben, dass man selbst auf ein Mashup von “I love Rock and Roll” und “Hit me with your best shot” nur schwer tanzen kann. Die Folge: Lahme bis nicht vorhandene Choreografien, die im Schnittchaos verdient untergehen. Wenn Busby Berkeley das noch erleben könnte …

Sex. Regelmäßig fällt dieses Wort in “Rock of Ages”. Als Anklagepunkt der von Catherine Zeta-Jones angeführten Protesttruppe, als Essenz seines Erfolgs aus dem Mund von Tom Cruises Tyler-Rose-Jovi-Amalgam Stacee Jaxx.* Doch selbst in der explizitesten Beischlafszene des Films muss die von Malin Akerman gespielte Rockjournalistin ihren BH anlassen. Das Spießertum, das Shankman noch im John-Waters-Musical Hairspray so treffend wie komisch anprangerte, hat in Rock of Ages obsiegt. Mothers, no need to hide your daughters, es ist nur eine weitere, mit Retropaste überzogene Franchisefolge von High School Musical. Typisch dafür, wie wenig ernst der Film Sex überhaupt nimmt, auch dieser Dialog: “Ich arbeite als Stripperin in einer Bar.” – “Ich bin Mitglied einer Boyband.” – “Okay, du hast gewonnen.”

Nostalgie. Die Haare, die Klamotten, die backsteingroßen Telefone, die Songs: Wie Archäologen, die versuchen, eine untergegangene Zivilisation aus deren Artefakten zu rekonstruieren, haben die Filmemacher alles zusammengetragen, was vermeintlich die Ära ausmachte, in deren überhöhter Version ihre Geschichte spielt. Die Aura dieser Ära jedoch – dreckiger, düsterer und dennnoch irgendwie schöner – haben sie irgendwo am Wegesrand vergessen. Übrig bleibt nur das übliche Zeichen ohne Bezeichnetes und ein ebenso leeres Gefühl in den limbischen Systemen der Zuschauer.

Eine Seele. Journeys “Don’t stop believing” ist gewissermaßen Drehbuchgrundlage (“Just a small town girl …”) und zentrale Hymne dieses Films, der sich anschickt, die wahre Religion des Rock vor den dunklen Mächten des Pop zu bewahren. Doch woran soll man noch glauben, wenn die selbsternannten Priester längst selbst einen Deal mit dem vermeintlichen Teufel geschlossen haben und eine unverhohlene filmische Manifestation von “The Man” als Neues Testament darreichen. Dann lieber zum zehnten Mal This is Spinal Tap gucken. Dort wird der bizarre Pomp und Circumstance jener Spätauswüchse des Rock ‘n’ Roll auch lächerlich gemacht, aber er wird wenigstens ernst genommen. Wie heißt es in “Don’t stop believing”? “Some were born to sing the blues.” Ja, und andere halt nicht.

*Cruise, der als reale Persönlichkeit mindestens genauso umstritten ist wie seine Filmfigur Stacee Jaxx, ist das einzig Sehenswerte an Rock of Ages. In seinen Szenen schillert manchmal für Sekundenbruchteile etwas von der Hassliebe durch, die man zu 80s-Bombastorock gefälligst zu pflegen hat.

Work in Progress: Wie digital ist der deutsche Film?

Hell

Hell, gedreht mit der Red One MX Kamera – Bild: Paramount

Mein Kollege und Freund Bernd Zywietz (Blog) hat mich angeheuert, um einen längeren Beitrag für ein Projekt zum aktuellen deutschen Film zu schreiben, das demnächst das Licht der Welt erblicken soll (Details nenne ich sicherheitshalber hier vorerst nicht).

Mein Thema wurde mir grob mit “Digitalisierung” umrissen. Wie genau ich an dieses Thema herantreten will, ist mir überlassen. Da ich hauptsächlich wegen des erwarteten Ruhms zugesagt habe, habe ich mich entschieden, diesmal einen etwas anderen Weg zu gehen, als den gewohnten.

Ich bevorzuge es in der Regel, Struktur und Inhalt eines Artikels gänzlich mit mir selbst auszumachen und daran im stillen Kämmerlein meines Köpfchens so lange herumzuschrauben, bis das Werk “fertig” ist, also bereit ist, in Buchstaben gegossen zu werden.

Herausgefordert durch Menschen wie Jeff Jarvis will ich dieses Mal einen etwas offeneren Prozess versuchen, in dem ich meine Ideen und meinen Fortschritt in diesem Blog offenlege und zur Diskussion freigebe.

Mir ist klar, dass – mit den wenigen Lesern, die mein Blog hat – und angesichts der 90-9-1-Pyramide, das Feedback wahrscheinlich eher klein ausfallen wird, aber man kann es ja mal versuchen. Wer weiß, was passiert. Vielleicht passiert auch nichts.

Mein momentanter Stand ist, dass ich mir überlegt habe, den Weg eines Films von der Produktion bis zur Kinoauswertung zu verfolgen und auf jedem Schritt des Weges zu überprüfen, wie stark die digitale Technik dort bereits dominiert (oder nicht) – in einer Mischung aus Interviewstatements und Fakten, die ich aus anderen Veröffentlichungen zum Thema ziehen will. Als sehr inspirierend empfand ich in dieser Hinsicht David Bordwells Blogserie Pandora’s Digital Box, die einen ähnlichen Weg wählt.

Ich fange mit der Produktionsseite an. Heute habe ich mehrere Filmschulen, die deutsche Produzentenallianz und zwei Dokumentarfilmer angeschrieben und um Interviews gebeten. Diese Woche nehme ich mir die letzten zwei Jahrgänge des “Filmecho” vor und suche Artikel zum Thema. Wenn ich mich auf dem Produktionsterrain sicher fühle, ist die Postproduktion und Auswertung dran.

Klingt das sinnvoll? Ich werde (hoffentlich) in Blogeinträgen von meinem Fortschritt berichten, gesammelte Ideen in den Raum werfen und auf Feedback hoffen (das dann später im Artikel durch Nennung gedankt wird). Wenn jemand jetzt schon etwas beitragen will, immer her damit. Was immer hilft ist auch: weitererzählen, vielleicht landet das work in progress so bei jemandem, der etwas dazu beitragen möchte.